TE OGH 1985/11/26 5Ob99/85

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Veröffentlicht am 26.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Eveline A, Angestellte, Arbesbachgasse 11/9, 1190 Wien, vertreten durch Josef B, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, Gentzgasse 45, 1180 Wien, wider die Antragsgegner 1) Dkfm. Karl C, Steuerberater, und 2) Dr. Margarete C, Angestellte, beide Kienmayergasse 19, 1140 Wien wohnhaft und beide vertreten durch Dr. Manfred Roland, Rechtsanwalt in Wien, wegen Angemessenheit des Hauptmietzinses, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 13. August 1985, GZ 41 R 621/85-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 27. März 1985, GZ 5 Msch 4/85-4, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5. September 1985, GZ 5 Msch 4/85-8, bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses wird ausgesprochen:

Die Antragsgegner haben gegenüber der Antragstellerin durch Vorschreibung eines Hauptmietzinses für die Wohnung Nr. 9 im Hause Arbesbachgasse 11 im 19. Wiener Gemeindebezirk a) von monatlich S 3.168,-- (Kategorie A) anstatt S 2.376,--

(Kategorie B) in der Zeit vom 1.3.1982 bis 31.1.1984 um S 792,-- monatlich und b) von monatlich S 3.168,-- (Kategorie A) anstatt S 2.635,20

(Kategorie B) in der Zeit vom 1.2.1984 bis 30.4.1984 um S 532,80 monatlich das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten. Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Antragstellerin S 165,-- an Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen; sie haben die ihnen erwachsenen Kosten dieses Verfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin der Wohnung Nr. 9 im Hause Arbesbachgasse 11 im 19. Wiener Gemeindebezirk; das Haus steht im Miteigentum der Antragsgegner. Die Antragstellerin erwarb ihre Hauptmietrechte zum 1.3.1982 durch Eintritt in das Mietrecht ihrer Mutter, die im Jahre 1938 die Wohnung gemietet hat. Die Antragsgegner haben der Antragstellerin für die 144 m 2 Wohnfläche umfassende Wohnung ab 1.3.1982 einen Hauptmietzins von monatlich S 3.168,-- unter Zugrundelegung der Kategorie A vorgeschrieben. Nach Befassung der Schlichtungsstelle mit der Sache durch die Antragstellerin stellte das Erstgericht fest, daß die Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin durch Vorschreibung des genannten monatlichen Hauptmietzinses in der Zeit vom 1.3.1982 bis 30.4.1984 das gesetzliche Zinsausmaß für die bezeichnete Wohnung um monatlich S 792,-- überschritten hätten.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes. Zur Begründung führte es u.a. an:

Hier könne im Sinne des § 16 Abs 2 MRG unter Zugrundelegung der Ausstattungskategorie B zur Zeit des seinerzeitigen Vertragsschlusses (1938) von den vermietenden Antragsgegnern lediglich eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem Betrag begehrt werden, der sich solcherart berechnet; die in Abs 1 leg. cit. angeführten Kriterien könnten nicht herangezogen werden. Es bleibe nur fraglich, welche Auswirkungen die zum 1.2.1984 erfolgte Anhebung der Kategoriehöchstsätze habe, denn das Erstgericht habe auch über den Zeitraum danach bis zum 30.4.1984 abgesprochen. Während nämlich die Kategorie grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgerichtet sei, bestimme sich die Höhe des Kategoriemietzinses, auf den angehoben werde, nach den gemäß § 16 Abs 4 MRG angehobenen Sätzen, die für den dem Eintritt folgenden Zinstermin gelten. Mangels einer Wertsicherungsvereinbarung sehe das Gesetz eine weitere Erhöhung des angehobenen Mietzinses nicht vor, uzw auch nicht im Sinne des § 16 Abs 4 MRG. Diese Ansicht werde auch von Würth (in Würth-Zingher, MRG 2 Anm. 4 zu § 46 und in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 46 MRG) vertreten, denn es fehle an einer ausdrücklichen Regelung im MRG, die solches vorsehe. Selbst bei Abschluß eines neuen Mietvertrages sei dem Vermieter nur bei einer ausdrücklich vereinbarten Wertsicherung des Hauptmietzinses eine Anhebung gemäß § 16 Abs 4 MRG möglich; deshalb könne der gegenteiligen Ansicht Derbolavs (MRG 126 f) nicht gefolgt werden, die von der Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke ausgeht und im Wege der Analogie zu dem Ergebnis komme, daß auch der einmal angehobene Mietzins ohne Wertsicherungsvereinbarung entsprechend der Dynamisierung weitersteige. Im Falle einer Unternehmensveräußerung nach § 12 Abs 3 MRG habe der Oberste Gerichtshof die Anhebung auf den angemessenen Mietzins unter Berücksichtigung einer Wertsicherung auch mangels einer vertraglichen Regelung als zulässig erachtet (5 Ob 66/84), doch lasse sich daraus für den hier strittigen Fall nichts ableiten, weil es hier um die Anhebung auf den Kategoriemietzins für eine Wohnung gehe, dort aber die Frage eines angemessenen Mietzinses für ein Geschäftslokal zu beantworten war, dem das dynamische Element der Mietzinsgestaltung immanent sei. Mit der Begründung, daß die hier aufgeworfene Rechtsfrage mangels einer Beantwortung durch den Obersten Gerichtshof grundsätzlicher Art sei, ließ das Gericht zweiter Instanz den weiteren Rechtszug zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Vermieter gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ist berechtigt.

Das im MRG nicht ausgesprochene, aber in Einzelbestimmungen verschlüsselt ausgedrückte Prinzip der grundsätzlichen Fortgeltung des alten Rechts des MG für Hauptmietzinse von Altverträgen (vgl. Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 362) ist jedenfalls im Falle des Eintritts nicht begünstigter Angehöriger nach § 46 Abs 2 MRG durchbrochen: Der Vermieter kann ab dem auf den Eintritt in den bestehenden Mietvertrag folgenden Zinstermin die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Kategoriemietzins (§ 16 Abs 2 MRG) begehren. Damit ist dem Vermieter ein den Mietvertrag veränderndes Gestaltungsrecht eingeräumt worden, das ihm unter Abkehr vom Versteinerungssystem - wie es für das alte Recht des MG charakteristisch war und sonst in Altverträgen fortwirkt - die Anpassung der Höhe des Hauptmietzinses an die für Neuvereinbarungen - seien es neu geschlossene Mietverträge oder frühere Mietverträge abändernde Vereinbarungen - in § 16 Abs 2

MRG festgelegten Höchstsätze ermöglicht. Führt aber, wie nicht bezweifelbar ist, die Ausübung dieses Gestaltungsrechts durch den Vermieter - das der eintretende Mieter durch gesetzliche Anordnung dulden muß - zu einer Änderung des Mietvertrages über die Höhe des Hauptmietzinses, so findet auch ohne besondere Verweisungsnorm - die Würth als nötig erachtet: aaO 372; ferner in Rummel, ABGB Rdz 4 zu § 46 MRG und in Würth-Zingher, MRG 2 213 - die Dynamisierungsnorm des § 16 Abs 4 MRG hier Anwendung.

Aus diesem Grunde muß in Stattgebung des Rekurses der Vermieter die Entscheidung der Vorinstanzen so abgeändert werden, daß die Dynamisierung des Hauptmietzinses für die der Kategorie B zugeordnete Wohnung ab 1.2.1984 berücksichtigt wird. Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 37 Abs 3 Z 19 MRG und 41,50 ZPO. Die Antragstellerin war mit der ursprünglich von den Antragsgegnern bekämpften Einstufung der vermieteten Wohnung in die Kategorie B anstatt A, wie die Antragsgegner meinten, im Recht, so daß ihr die Barauslagen, die ihr für ihr diesbezügliches Begehren erwuchsen, zuzuerkennen sind. Die Antragsgegner haben zwar mit ihrem Rekurs in dieser Instanz voll Recht bekommen, jedoch keine Barauslagen verzeichnet, die ihnen allein gebührt hätten (§ 37 Abs 3 Z 19 erster Satz schließt den Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich für dieses Verfahren aus).

Anmerkung

E06950

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00099.85.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19851126_OGH0002_0050OB00099_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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