TE OGH 1985/11/26 4Ob394/85

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Veröffentlicht am 26.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zeitungsverlag A & B Gesellschaft m.b.H. & Co., Wien 19., Muthgasse 2, vertreten durch Dr.Karl Bäck und Dr.Ewald Weiß, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) C D Verlagsgesellschaft m.b.H. & Co.KG, Salzburg, Bergstraße 14, 2.) C D Verlagsgesellschaft m.b.H., ebendort, beide vertreten durch Dr.Walter Vavrovsky, Dr.Hartmut Ramsauer, Dr.Karl Ludwig Vavrovsky und Dr.Rudolf Wäran, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 800.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 9. September 1985, GZ.3 R 205/85-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 4.August 1985, GZ.14 Cg 326/85-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die Klägerin hat die Kosten der Rekursbeantwortung ON 5 und des Revisionsrekurses ON 8 vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift 'Neue Kronen-Zeitung' bzw. 'Salzburger Neue Kronen-Zeitung'. Die erstbeklagte KG ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift 'Salzburger Nachrichten', die zweitbeklagte G.m.b.H. persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten. Die Parteien stehen miteinander im Wettbewerb.

Mit der - insoweit vom Rekursgericht bestätigten und daher in Rechtskraft erwachsenen - einstweiligen Verfügung vom 1.Mai 1985, 14 Cg 159/85-7, hat das Landesgericht Salzburg auf Antrag der Klägerin den Beklagten (u.a.) die 'graphische und wörtliche Darstellung der 'Salzburger Zeitungslandschaft', auch in Form der Wiedergabe von Daten der Media-Analyse 1985, wenn hiebei die Anzahl der Leser der 'Salzburger Nachrichten' und der 'Neuen Kronen-Zeitung' in verschiedenen Verbreitungsgebieten einander gegenübergestellt wird' untersagt. Es hatte damals als bescheinigt angenommen, daß in den 'Salzburger Nachrichten' vom 2./3.März 1985

im Rahmen eines redaktionellen Berichtes über die Ergebnisse der Media-Analyse 1985 unter der Überschrift 'Die Salzburger Zeitungslandschaft' eine Graphik veröffentlicht worden war, in welcher die Umrisse des Bundeslandes Salzburg und etwa in Form eines Wasserstandspegels die Anzahl der Leser verschiedener Tageszeitungen graphisch dargestellt war, wobei in der dazugehörigen Legende für die 'Salzburger Nachrichten' 178.000, für die 'Krone' 101.000, für die 'Volkszeitung' 30.000 und für das 'Tagblatt' 23.000 Leser angegeben worden waren. Nach dem Hauptbericht der Media-Analyse 1985 hatten die 'Salzburger Nachrichten' in ganz Österreich 178.000, im Land Salzburg aber nur 148.000 Leser; die entsprechenden Zahlen für die 'Neue Kronen-Zeitung' lauteten 2,511.000 und 101.000. In der Folge veröffentlichten die Beklagten im Anzeigenteil der 'Salzburger Nachrichten' vom 26.Juli 1985 eine Eigeneinschaltung, in welcher unter dem Titel 'Media-Daten' und dem Hinweis 'Betrifft: Die Leser der Salzburger Tageszeitungen' folgende Leserzahlen angeführt wurden:

'Tägliche Leser: Salzburger Nachrichten      178.000

Salzburger Kronen-Zeitung                (einschließlich der hier am

Abend vertriebenen Wiener Ausgabe)                    101.000

Salzburger Volkszeitung      30.000

Salzburger Tagblatt          23.000.' Mit der Behauptung, daß dieses

Inserat nur eine Umgehung der einstweiligen Verfügung vom 1.Mai 1985 und damit ein neuerlicher Verstoß gegen §§ 1, 2 und 7 UWG sei, weil hier abermals die Anzahl der Leser der 'Salzburger Nachrichten' im gesamten Bundesgebiet derjenigen der Leser der 'Salzburger Kronen-Zeitung' im Land Salzburg gegenübergestellt werde, beantragt die Klägerin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 'die graphische und/oder wörtliche Wiedergabe von Daten der Media-Analyse oder ähnlicher Leserzahlenangaben, wenn nicht klargestellt wird, auf welches Verbreitungsgebiet sich diese Angaben beziehen, oder wenn hiebei die Anzahl der Leser der 'Neuen Kronen-Zeitung' und der 'Salzburger Nachrichten' in verschiedenen Verbreitungsgebieten wiedergegeben wird', zu unterlassen. Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es sah abermals als bescheinigt an, daß nach dem Hauptbericht der Media-Analyse 1985 die 'Neue Kronen-Zeitung' im Bundesgebiet 2,511.000 und im Land Salzburg 101.000, die 'Salzburger Nachrichten' hingegen im Bundesgebiet 178.000

und im Land Salzburg 148.000 tägliche Leser haben, und bejahte auf dieser Sachverhaltsgrundlage einen Verstoß der Beklagten gegen §§ 1, 2 und 7 UWG.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteigt. Angesichts der wörtlichen Übereinstimmung des nunmehrigen Sicherungsantrages mit der einstweiligen Verfügung vom 1. Mai 1985 wäre die Klägerin in der Lage gewesen, auf Grund dieser einstweiligen Verfügung im Wege der Exekutionsführung nach § 355 EO auch die Unterlassung des jetzt beanstandeten Wettbewerbsverstoßes zu erwirken.

Dem neuerlichen Unterlassungsbegehren fehle damit das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes abzuändern.

Die Beklagten beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Ob dem Sicherungsantrag die Einrede des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses entgegensteht, hängt davon ab, ob die Klägerin schon einen Exekutionstitel zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruches hat. Das ist vom Rekursgericht zu Unrecht bejaht worden:

Gemäß § 7 Abs 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel neben der Person des Berechtigten und des Verpflichteten auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind. Bei den zur Unterlassung verpflichtenden Exekutionstiteln darf allerdings das Gebot der Bestimmtheit nicht allzu eng ausgelegt werden, weil es vielfach praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben; (nur) für solche Fälle vertritt die Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Unterlassungsgebot auch gleichartige oder ähnliche Handlungen umfaßt. Im übrigen ist aber die Exekution nur auf Grund eines Verhaltens des Verpflichteten zu bewilligen, das eindeutig gegen das im Exekutionstitel ausgesprochene Unterlassungsgebot verstößt (ÖBl 1983, 16 mit weiteren Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung).

Mit der einstweiligen Verfügung vom 1.Mai 1985 ist den Beklagten die

'graphische und wörtliche' Wiedergabe bestimmter Daten der Media-

Analyse 1985 in Form einer zur Irreführung geeigneten

Gegenüberstellung von Leserzahlen verboten worden. Ob der Klägerin

auf Grund dieses Titels die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung

einer ausschließlich wörtlichen Werbeaussage, wie sie den Gegenstand

des nunmehrigen Sicherungsantrages bildet, bewilligt werden könnte,

ist zumindest zweifelhaft. Schon aus diesem Grund kann der Klägerin

das Interesse an einer neuerlichen Klageführung nicht abgesprochen

werden, gehen doch nach ständiger Rechtsprechung Unklarheiten

darüber, ob ein bestimmtes Verhalten durch das Gebot oder Verbot des

Exekutionstitels noch gedeckt ist, immer zu Lasten der betreibenden

Partei (ÖBl 1983, 16 mit weiteren Nachweisen). Auf die rechtliche

Tragweite der sonstigen Abweichungen des Sicherungsantrages vom

Wortlaut der einstweiligen Verfügung vom 1.Mai 1985 braucht bei

dieser Sachlage nicht weiter eingegangen zu werden.

In der Sache selbst ist der Klägerin zuzustimmen, daß die

beanstandete Gegenüberstellung der Anzahl der täglichen Leser der

'Salzburger Nachrichten' im gesamten Bundesgebiet (178.000) mit der

Anzahl der täglichen Leser der 'Neuen Kronen-Zeitung' im Land Salzburg (101.000) abermals zur Irreführung im Sinne des § 2 UWG geeignet ist, weil das angesprochene Publikum mangels entsprechender Aufklärung durch die beklagten Parteien annehmen wird, der hier angestellte Vergleich der Leserzahlen beziehe sich auf die täglichen Leser der beiden Zeitungen im selben Verbreitungsgebiet. An diesem irreführenden Gesamteindruck des Inserates ändert auch der Umstand nichts, daß die Beklagten die Zahl 101.000 jetzt nicht mehr der 'Neuen Kronen-Zeitung' schlechthin, sondern der 'Salzburger Kronen-Zeitung' zuordnen. Die Meinung der Beklagten, sie hätten dadurch sowie durch den Hinweis:

'Betrifft: Die Leser der Salzburger Zeitungen' unmißverständlich klargestellt, daß es sich diesmal um einen bundesweiten Vergleich der Gesamtleserzahlen der 'Salzburger Nachrichten' einerseits und der - als selbständige Zeitung anzusehenden - 'Salzburger Kronen-Zeitung' ('Salzburg Krone') andererseits handle, wird schon durch den Hinweis des beanstandeten Inserates auf die 'hier' - also in Salzburg - 'am Abend vertriebene Wiener Ausgabe' der 'Kronen-Zeitung' und durch die nachfolgende Bezeichnung der 'Salzburger Nachrichten' als das 'vorrangige Werbemedium in Salzburg' widerlegt. Sie findet auch in der Media-Analyse 1985 keine Deckung, wo die Zahl 101.000 den 'Lesern der Regionalausgabe und der Wiener Ausgabe (Nachtkolportage)' der 'Neuen Kronen-Zeitung' im Land Salzburg zugeordnet wird.

Dem berechtigten Revisionsrekurs der Klägerin war daher Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die einstweilige Verfügung der ersten Instanz wiederzerzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E06942

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00394.85.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19851126_OGH0002_0040OB00394_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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