Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Hugo A, Angestellter, 2) Herta A, Hausfrau, beide Hallein, Kahlspergweg 7, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Hans (Johann) B, Pensionist, 2) Anna Maria B, Angestellte, beide Hallein, Pfarrhof, Maria
Zechnerstraße 3, vertreten durch Dr. Matthias Mayr, Rechtsanwalt in Bischofshofen, 3) C, Maklerbüro für unbewegliche Wirtschaftsgüter Gesellschaft m.b.H., Hallein, Maraldstraße 16, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in St.Johann im Pongau, wegen S 294.886,70 s.A. infolge Rekurses der drittbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21.Jänner 1985, GZ 1 R 332/84-29, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5.September 1984, GZ 2 Cg 584/82-21, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er als Urteil zu lauten hat:
Die drittbeklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit den erst- und zweitbeklagten Parteien schuldig, den klagenden Parteien den Betrag von S 194.886,70 samt 4 % Zinsen seit 18.5.1982 und den Betrag von S 100.000,- samt 4 % Zinsen seit 11.1.1982 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die drittbeklagte Partei ist weiters schuldig, den klagenden Parteien die mit S 79.237,34 bestimmten Kosten des Verfahrens (hievon S 8.790,- Barauslagen und S 5.964,22 Umsatzsteuer), hievon S 54.984,50 zur ungeteilten Hand mit den erst- und zweitbeklagten Parteien, binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erst- und Zweitbeklagten sind oder waren je zur Hälfte Eigentümer von 493/4377 Anteilen an der Liegenschaft EZ 480 KG Thurnberg, verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Nr.9. Am 25.11.1981 erteilten sie der drittbeklagten Partei den Alleinvermittlungsauftrag zum Verkauf der Eigentumswohnung um S 810.000,--. Die Kläger setzten sich mit dem Geschäftsführer der drittbeklagten Partei Markus C in Verbindung, worauf eine Besichtigung der Wohnung stattfand. Dabei erwähnte der Erstkläger, daß er vollständiger Laie sei, worauf Markus C erklärte, er werde alles für ihn regeln. Es wurde schließlich Einigung über den Kaufpreis von S 810.000,-- erzielt, wovon S 450.000,-- in bar, der Rest in monatlichen Teilbeträgen von S 3.000,- bezahlt werden sollten. Die Erst- und Zweitbeklagten verpflichteten sich zur lastenfreien Übergabe; Markus C informierte die Kläger dahin, daß auf der Liegenschaft Pfandrechte lasteten, die aber mit den Kaufpreisteilzahlungen abgedeckt werden könnten. Die Kläger unterfertigten am 8.1.1982 in der Kanzlei der drittbeklagten Partei ein Kaufanbot, wonach die Erst- und Zweitbeklagten zur Übergabe des Liegenschaftsanteils frei von allen finanziellen Lasten, etwaigen Pfandrechten und Darlehensforderungen verpflichtet waren. Punkt II weist den Kaufpreis lediglich mit S 450.000,-- aus und enthält die Bestimmung, daß bei Unterfertigung des Kaufvertrages als Anzahlung ein Betrag von S 100.000,-, der Rest von S 350.000,- am Tag der Übergabe, dem 1.6.1982, bar und abzugsfrei zu bezahlen ist. Punkt IV sieht vor, daß Rechtsanwalt Dr. Martin D mit der Errichtung des Kaufvertrages beauftragt wird. Das Anbot wurde von den Erst- und Zweitbeklagten am 8.1.1982 unterfertigt. Der Betrag von S 100.000,-
wurde am 11.1.1982 Markus C übergeben, der über den Erhalt eine Bestätigung folgendes Wortlauts ausstellte: "ÖS 100.000,-- habe ich heute, den 11.Jänner 1982, treuhändisch von Familie B erhalten". Die Anzahlung wurde von Markus C zur Gänze an die Verkäufer weitergeleitet. Am selben Tag wurde von den Klägern, den Erst- und Zweitbeklagten eine von der drittbeklagten Partei verfaßte Urkunde unterfertigt, wonach sich die Kläger zur Leistung einer Summe von S 360.000,--, zahlbar in 120 Monatsraten, verpflichteten. Der drittbeklagten Partei lag zu diesem Zeitpunkt ein Grundbuchsauszug vor, aus dem sich folgende Belastungen ergaben: In COZ 23 das Pfandrecht für die Forderung der Salzburger Sparkasse von
S 250.000,-- s.A., in COZ 27 das Pfandrecht für die Forderung der Raiffeisenkasse Oberalm-Puch von S 50.000,-- s.A. Die Erst- und Zweitbeklagten versicherten Markus C, daß die im Grundbuch eingetragenen Schulden nur mehr zum Teil aushafteten, da monatlich Zahlungen geleistet worden seien. Nach Unterfertigung der Urkunden erhielt die drittbeklagte Partei die von ihr in Rechnung gestellte Provision, sie stand jedoch den Klägern weiterhin für Auskünfte und Ratschläge zur Verfügung. Die unterfertigten Schriftstücke wurden an Rechtsanwalt Dr. Martin D unter Anschluß des Grundbuchsauszuges mit der Aufforderung übersendet, eine einverleibungsfähige Urkunde so zeitgerecht zu erstellen, daß die Übereignung Ende Mai 1982 erfolgen könne. Auf Anregung Dris. Martin D wurde jener Kaufpreisteil, der als Darlehen vorgesehen war, in Form einer Ratenverpflichtung in die Kaufurkunde aufgenommen. Weiters war eine Aufteilung des Kaufpreises für die Liegenschaft und das Inventar vorgesehen, weshalb der in die Verbücherungsurkunde einzusetzende Kaufpreis noch offen blieb. Punkt V des Kaufvertrages enthielt die Verpflichtung zur lastenfreien Übergabe der Liegenschaft; die im Lastenblatt einverleibten Pfandrechte wurden im vorangeführten Umfang festgehalten; weiters war vorgesehen, daß der Restkaufpreis treuhändig zu erlegen sei und zur Lastenfreistellung Verwendung zu finden habe. Der Vertragsentwurf wurde mit einem vorbereiteten Rangordnungsgesuch an Markus C übersandt. Die Erst- und Zweitbeklagten verzögerten in der Folge die Unterfertigung der Kaufurkunde. Sie wurde am 14.5.1982 von den Klägern und am 17.5.1982 von den Erst- und Zweitbeklagten unterzeichnet und durch Einsetzen des Kaufpreises von S 613.333,-- sowie einer am Tag der Übergabe fälligen Barzahlung von S 153.333,-- ergänzt. Auf Drängen der Erst- und Zweitbeklagten, den als Möbelablöse deklarierten Teil des Kaufpreises im Betrag von S 196.667,-- zu bezahlen, setzte sich die Zweitklägerin mit der drittbeklagten Partei in Verbindung und erhielt auf ihre Anfrage, wann sie diesen Betrag bezahlen solle, von Markus C den Rat, sie solle den Betrag umgehend bezahlen, damit sie von den Ehegatten B Ruhe hätten. Die drittbeklagte Partei nahm daraufhin auf Wunsch der Kläger eine Abzinsung vor und stellte den Überweisungsauftrag über den Betrag von S 194.886,70 (S 196.667,-- abzüglich der Hälfte der Notarskosten und von Abzinsungsbeträgen) aus. Der den Erst- und Zweitbeklagten überwiesene Betrag sowie die Anzahlung von S 100.000,-- wurden nicht zur Lastenfreistellung, sondern zur Einrichtung der neuen Wohnung der Erst- und Zweitbeklagten verwendet. Am 6.6.1982 erfolgte die Übergabe der Wohnungsschlüssel an die Kläger. Am 7.6.1982 erfuhren sie, daß die Wohnung versteigert werde, weshalb die am Tag der Übergabe fällige Teilzahlung nicht mehr geleistet wurde. Als die Kläger Markus C hievon in Kenntnis setzten und einen Grundbuchsauszug verlangten, erklärte dieser, "er werde dies alles schon machen". Im Rahmen der Bemühungen des Rechtsanwalts Dr. Martin D, Freilassungserklärungen der Buchgläubiger zu erwirken, ergab sich, daß die Forderungen der Salzburger Sparkasse per 15.6.1982 mit
S 370.812,-- unberichtigt aushaftete. Am 4.6.1982 war für eine weitere Forderung dieser Gläubigerin in der Höhe von
S 19.297,-- s.A. die Einleitung der Zwangsversteigerung angemerkt worden. Die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens hätte durch Bezahlung von insgesamt S 33.369,72 bewirkt werden können. Die Forderung der Raiffeisenkasse Oberalm-Puch belief sich am 30.6.1982 unter Einbeziehung der im Kaufvertrag erwähnten Forderung von
S 50.000,-- s.A. insgesamt auf S 283.591,27. Am 8.2.1982 war für diese Gläubigerin die Einleitung der Zwangsversteigerung angemerkt worden. Am 27.4.1982 wurde zur Hereinbringung der Forderung des Dr. Ernst E von S 11.799,40 s.A. die Einleitung der Zwangsversteigerung angemerkt und das Pfandrecht für eine Forderung der F Franz F.G Gesellschaft m.b.H. von
S 21.279,65 s.A. einverleibt. Angesichts der aushaftenden Beträge konnten Löschungsquittungen der Buchgläubiger nicht erlangt werden; die aufgelaufenen Belastungen waren mit dem noch offenen Kaufpreisteil nicht abzudecken. Mit Schreiben vom 7.9.1982 traten die Kläger vom Kaufvertrag zurück, weil eine lastenfreie Übergabe nicht möglich sei. Die Erst- und Zweitbeklagten wurden aufgefordert, die bezahlten Beträge zuzüglich Zinsen und Kosten zurückzubezahlen; sie sind dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen. Die Kläger begehren, die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, den Betrag von S 294.886,70 s.A. zu bezahlen. Die Kläger brachten zur Begründung des gegen die drittbeklagte Partei erhobenen Klagebegehrens vor, diese hafte solidarisch mit den Erst- und Zweitbeklagten, weil sie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes verletzt habe, indem sie die Kläger zur Bezahlung des Klagsbetrages veranlaßt habe, ohne sich hinreichend zu vergewissern, ob eine lastenfreie Übertragung der Liegenschaft möglich sein werde. Die drittbeklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe den Klägern auf Grund des Alleinvermittlungsauftrages der Erst- und Zweitbeklagten ein Kaufanbot erstellt, das die lastenfreie Übergabe des Kaufgegenstandes vorgesehen habe. Das Anbot sei von den Klägern am 8.1.1982 angenommen worden; damit sei die Vermittlungstätigkeit der drittbeklagten Partei beendet gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätten auf der vermittelten Liegenschaft Pfandrechte für Forderungen gehaftet, die mittels des von den Klägern zu leistenden Kaufpreises leicht abgedeckt werden konnten.
Das Erstgericht erkannte die Erst- und Zweitbeklagten rechtskräftig schuldig, den Klägern den Betrag von S 194.886,70 s.A. zu bezahlen. Ein Teilbegehren an Zinsen und das gegen die drittbeklagte Partei erhobene Klagebegehren wies es ab. Die drittbeklagte Partei übe das konzessionierte Gewerbe eines Immobilienmaklers gemäß den §§ 259 ff.GewO 1973 aus. Auf den Mäklervertrag seien gemäß § 29 HVG die dort angeführten Bestimmungen anzuwenden. Nach § 2 HVG habe der Handelsvertreter das Interesse des Geschäftsherrn mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. Ein Immobilienmakler müsse imstande sein, die Belastung eines Grundstückes festzustellen und hafte im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht demgemäß für die Zusage, daß eine lastenfreie Übergabe bewirkt werden könne. Aus dem ihr vorgelegenen Grundbuchsauszug habe die drittbeklagte Partei erkennen können, daß die kaufgegenständliche Liegenschaft mit Pfandrechten für Forderungen im Betrag von S 250.000,-- s.A. und S 50.000,-- belastet sei. In Anbetracht der Zusicherungen der Erst- und Zweitbeklagten sei die den Klägern gemachte Zusage, daß die Liegenschaft lastenfrei übergeben werde, unbedenklich. Auch die Übergabe der Anzahlung an die Erst- und Zweitbeklagten könne nicht als Verletzung der kaufmännischen Sorgfaltspflicht angesehen werden. Der von der drittbeklagten Partei den Klägern erteilte Rat, den als Möbelablöse deklarierten Betrag umgehend und direkt den Verkäufern zu überweisen, sei nach Abschluß der Vermittlungstätigkeit erteilt worden. Es handle sich dabei um eine als Gefälligkeit anzusehende Beratung, die außerhalb rechtlicher Verantwortung liege. Das Berufungsgericht gab in Ansehung der drittbeklagten Partei der Berufung der Kläger teilweise Folge, hob das Ersturteil, soweit das Begehren auf Zuspruch von S 194.886,70 samt 4 % Zinsen ab 18.5.1982 und von S 100.000,-- samt 4 % Zinsen ab 11.1.1982 abgewiesen wurde, unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Abweisung eines Teilbegehrens an Zinsen bestätigte das Berufungsgericht. Die Tätigkeit der drittbeklagten Partei sei mit der Unterfertigung des Kaufanbots durch die Kläger am 8.1.1982 nicht abgeschlossen gewesen. Markus C habe den Klägern zugesagt, daß er "alles regeln" werde. Der den Klägern Mitte Mai 1982 erteilte Rat, den Betrag von S 194.886,70 direkt an die Erst- und Zweitbeklagten zu bezahlen, sei somit ebenso von der vertraglichen Sorgfaltspflicht umfaßt wie die den Klägern empfohlene Bezahlung des Betrages von S 100.000.-- im Jänner 1982. Die drittbeklagte Partei habe bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen müssen, daß die Ausfolgung von Teilbeträgen des Kaufpreises an die Erst- und Zweitbeklagten mit der Gefahr widmungswidriger Verwendung und damit der Unmöglichkeit, die versprochene Lastenfreistellung zu bewirken, verbunden sei. Es stehe aber nicht fest, ob den Klägern ein Schaden erwachsen sei. Ein Schaden läge vor, wenn die Kläger nach ihrem berechtigten Rücktritt vom Vertrag die von ihnen geleisteten Zahlungen nicht wieder erlangt hätten. Ein präzises Vorbringen in dieser Richtung hätten die Kläger nicht erstattet. Behauptet worden sei nur, daß weder die Erst- und Zweitbeklagte noch die drittbeklagte Partei die geleisteten Beträge refundiert hätten. Die Verfahrensergebnisse ließen die Möglichkeit als gegeben erscheinen, daß die Erst- und Zweitbeklagten zur Rückerstattung des erhaltenen Kaufpreises nicht imstande seien, was die Annahme eines den Kläger erwachsenen Schadens rechtfertigen würde. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht auf eine Präzisierung des Prozeßvorbringens in dieser Richtung zu dringen haben. Stünde der Schaden der Kläger ziffernmäßig noch nicht fest, könnte ein Feststellungsbegehren gerechtfertigt sein. Dem gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurs der drittbeklagten Partei kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Auf die drittbeklagte Partei, die als Immobilienmakler (§ 259 GewO) tätig ist, finden gemäß § 29 HVG die dort genannten Bestimmungen dieses Gesetzes, insbesondere § 2 HVG, wonach der Handelsvertreter das Interesse des Geschäftsherrn mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen hat, Anwendung. Auch § 2 der Verordnung des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16.6.1978, BGBl. Nr.323, über Ausübungsregeln für Immobilienmakler normiert, daß Immobilienmakler ihren Beruf gewissenhaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuüben haben. Zwischen dem Makler und seinem Auftraggeber besteht ein besonderes Treueverhältnis, das den Makler verpflichtet, bei seiner Tätigkeit das Interesse des Auftraggebers zu wahren. Dem Makler obliegen Schutz- Sorgfalts- und Beratungspflichten (Schwerdtner in Münchener Kommentar, Rz 65 zu § 652 BGB) besonders dann, wenn es sich beim Auftraggeber um eine geschäftlich ungewandte und unerfahrene Person handelt oder wenn entsprechende Vereinbarungen über eine über die eigentliche Vermittlungstätigkeit hinausgehende Tätigkeit des Maklers getroffen wurden (Schwerdtner a.a.O.Rz 71 zu § 652 BGB, Soergel-Mormann, BGB 11 , § 652 Rz 30). Die Tätigkeit des Immobilienmaklers besteht entweder in der bloßen Nachweisung der Vertragsgelegenheit, der Zuführung von Vertragsinteressenten, oder in der Vermittlung im engeren Sinn, wenn der Makler die Verhandlungen nicht nur einleitet, sondern durch sein Zutun auch fördert (SZ 44/35; EvBl.1950/474; Ehrenzweig, System 2 II/1, 532). Der Immobilienmakler, der die Beratung eines unerfahrenen Käufers übernimmt, haftet dann für die Folgen fehlerhafter oder unterlassener Beratung.
Im vorliegenden Fall beschränkte sich die drittbeklagte Partei nicht darauf, den Klägern eine Vertragsgelegenheit nachzuweisen, sie war, wie das in der Kanzlei der drittbeklagten Partei gefertigte Anbot vom 8.1.1982 zeigt, auch beim Vertragsabschluß und durch Entgegennahme eines Treuhanderlages von S 100.000,-- auch bei der Abwicklung des Vertrages tätig. Es mag zutreffen, daß die finanzielle Abwicklung des ermittelten Vertrages nicht zum Aufgabenbereich des Maklers gehört. Wenn die drittbeklagte Partei aber diese Tätigkeit übernahm und den Klägern über die eigentliche Vermittlungstätigkeit hinaus für Auskünfte und Ratschläge zur Verfügung stand, hatte sie auch dabei mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorzugehen und das Interesse der Kläger zu wahren, zumal der Erstkläger dem Geschäftsführer der drittbeklagten Partei mitgeteilt hatte, daß er geschäftlich vollkommen unerfahren sei.
Ohne Belang ist es, ob die drittbeklagte Partei bei ihrer Tätigkeit die gewerberechtliche Befugnis überschritten hat. Da es eine "private Sphäre" einer Gesellschaft m.b.H. nicht gibt, ist ihr das Tätigwerden ihres Geschäftsführers, soweit er in dieser Funktion handelte, jedenfalls zuzurechnen. Die Rekurswerberin räumt ein, daß ein Immobilienmakler gehalten ist, eine Partei auf Gefahren, die mit dem vermittelten Rechtsgeschäft verbunden sind, hinzuweisen, sofern dem Makler bei Anwendung gehöriger Sorgfalt ein Sachverhalt bekannt wird, der zur Gefährdung der Rechtsstellung einer Partei führen kann. Die vom Geschäftsführer der drittbeklagten Partei Markus C erteilten und der drittbeklagten Partei zuzurechnenden Ratschläge bewirkten eine eminente Gefährdung der Rechtsstellung der Kläger, die bei Anwendung gehöriger Sorgfalt erkennbar war. Auf die bloße Zusicherung, die bücherlich sichergestellten Forderungen hafteten nicht mehr voll aus, darf sich ein Makler nicht verlassen. Es ist nicht ungewöhnlich, daß sich der Lastenstand bis zur Verbücherung des Eigentums der Käufer zum Beispiel durch exekutive Pfandrechte erhöht; auch hierauf muß ein Makler, der den Käufer einer Liegenschaft bei der finanziellen Abwicklung berät, Bedacht nehmen. Dessen scheint sich Markus C zunächst auch bewußt gewesen zu sein. Übernahm er doch die zunächst bezahlten S 100.000,-- nur treuhändig und hätte den Betrag daher nur zur Durchführung der Lastenfreistellung verwenden oder nach Lastenfreistellung den Erst- und Zweitbeklagten ausfolgen dürfen. Der den Klägern im Mai 1982 von Markus C erteilte Rat, den Betrag von S 194.886,70 an die Erst- und Zweitbeklagten zu bezahlen, lief nicht nur dem Inhalt des von Rechtsanwalt Dr. Martin D verfaßten Kaufvertrages, der einen unter den gegebenen Umständen üblichen und allein zu verantwortenden Treuhanderlag des Kaufpreises vorsah, zuwider, er war in gleicher Weise wie die Auszahlung des Betrages von S 100.000,- mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns nicht zu vereinbaren, weil eine Verwendung der Vorauszahlungen zur Lastenfreistellung nicht sichergestellt war. Die drittbeklagte Partei kann sich nicht darauf berufen, daß sie angenommen habe, Rechtsanwalt Dr. Martin D werde alles vorkehren, was zur Wahrung der Rechtsstellung der Käufer erforderlich sei. In dem von Rechtsanwalt Dr. Martin D verfaßten Vertragsentwurf war ohnehin ein Treuhanderlag des bis zur Übergabe zu entrichtenden Teils des Kaufpreises vorgesehen, der aber in Ansehung des Betrags von S 194.886,70 nicht zum Tragen kommen konnte, weil die drittbeklagte Partei den Kläer die unmittelbare Bezahlung des Klagsbetrages empfohlen hat. Eine widmungswidrige Verwendung von Vorauszahlungen durch verschuldete zur Lastenfreistellung verpflichtete Verkäufer ist, wie schon der Entwurf durch den Rechtsanwalt Dr. Martin D zeigt, und Markus C zunächst selbst erkannt zu haben scheint, keine atypische Folge, sondern von einem gewissenhaften Makler ins Kalkül zu ziehen. Für die Annahme in der Revision, die drittbeklagte Partei wäre nur Erfüllungsgehilfe des Rechtsanwalts Dr. Martin D gewesen, bieten die Verfahrensergebnisse keinen Anhaltspunkt.
Das Berufungsgericht erachtete weitere Sachverhaltsfeststellungen darüber erforderlich, ob im Vermögen der Kläger überhaupt ein Schaden eingetreten ist.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SZ 42/16 ausgesprochen, daß der Schaden durch eine vom Ersatzpflichtigen veranlaßte, nicht geschuldete Zahlung schon durch diese eintritt, wenn der zur Rückzahlung Verpflichtete hiezu nicht bereit oder nicht fähig ist.
In der Entscheidung JBl.1985 677 vertrat der Oberste Gerichtshof die Auffassung, der Schadenersatzanspruch gegen einen Notar als Urkundenverfasser setze nicht voraus, daß der Käufer der Liegenschaft nach Aufhebung des Kaufvertrages wegen Unmöglichkeit der Lastenfreistellung gegen den Verkäufer, dem ein Teil des Kaufpreises bereits ausbezahlt wurde, gerichtlich vorgegangen ist, es sei denn, es wäre anzunehmen, daß der Rückabwicklungsanspruch gegen den Verkäufer wahrscheinlich ohne Schwierigkeiten durchsetzbar ist. Der für das Entstehen eines Rückersatzanspruches Schadenersatzpflichtige haftet dann für den Rückersatzanspruch zur ungeteilten Hand mit dem Rückersatzpflichtigen, wenn der Anspruch gegen diesen nicht ohne Schwierigkeiten durchsetzbar war. Im vorliegenden Fall haben die Kläger die Erst- und Zweitbeklagten auf Rückzahlung des vorausbezahlten Betrages geklagt. Es wurde nicht behauptet, daß die Erst- und Zweitbeklagten die erhaltenen Beträge zurückerstattet hätten. Es kann auch nicht gesagt werden, daß die Kläger von ihnen Rückersatz voraussichtlich ohne Schwierigkeiten erhalten werden, waren die Erst- und Zweitbeklagten doch, ,was Grund für den Rücktritt vom Kaufvertrag durch die Kläger war, nicht in der Lage, die Lastenfreistellung der veräußerten Liegenschaft zu bewirken. Die erhaltenen Geldbeträge haben sie nach den Verfahrensergebnissen zur Einrichtung einer Wohnung verwendet; Barmittel, die zur Bezahlung der Schuld Verwendung finden könnten, stehen ihnen auch nach dem Inhalt des zur Erlangung der Verfahrenshilfe vorgelegten Vermögenbekenntnisses nicht zur Verfügung. Die Berechtigung der Kläger zum Rücktritt von dem mit den Erst- und Zweitbeklagten abgeschlossenen Vertrag wird von der drittbeklagten Partei nicht in Zweifel gezogen. Demnach ist der Schaden im Vermögen der Kläger als eingetreten anzusehen. Da das Verbot der Schlechterstellung im Rekursverfahren nicht gilt (NZ 1982, 138; EvBl.1956/155; SZ 22/186 u.a. Fasching, Lehrbuch Rz 2013) und die Sache spruchreif ist, ist dem Klagebegehren stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden (§ 519 Abs.2 letzter Satz ZPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 46 Abs.2, 50 ZPO.
Anmerkung
E07014European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00609.85.1127.000Dokumentnummer
JJT_19851127_OGH0002_0010OB00609_8500000_000