Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.November 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Huber als Schriftführers in der Strafsache gegen Helmut A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB. und anderer strafbaren Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Helmut A und Walter
B gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 30.Juli 1985, GZ. 7 Vr 1273/84-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter B wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der genannte Angeklagte die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ferner in der Beurteilung der Diebstähle als gewerbsmäßig nach § 130, zweiter Fall, StGB. und in dem ihn betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.
Im übrigen werden seine Nichtigkeitsbeschwerde und die des Angeklagten Helmut A zurückgewiesen.
Der Angeklagte Walter B wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Helmut A werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Text
Gründe:
Der am 2.Februar 1951 geborene, zuletzt keiner Beschäftigung nachgegangene Helmut A und der am 10.Juli 1955 geborene Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen Walter B wurden des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130, zweiter Fall, StGB. (I), ersterer auch des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB. (VI), letzterer auch des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 StGB. (III) schuldig erkannt. Darnach haben sie als Diebsgenossen (auch mit andern) in verschiedenen Orten Österreichs gewerbsmäßig, A vom 19.Februar bis Ende März 1984 in vierzehn Angriffen Sachen (festgestellter Gesamtwert mindestens 318.371 S; I 1, 2 a bis g, 4 a bis c und 6), B vom 19.März bis 12.April 1984 in drei Angriffen Sachen (festgestellter Gesamtwert mindestens 156.600 S; I 1, 5 und 6) gestohlen; A hat ferner im Juni und Juli 1982 Bargeld (insgesamt 6.397 S) veruntreut (VI 1 und 2) und B Ende März 1984 Sachen (Wert 12.400 S) verhehlt (III 3). Die Angeklagten A und B fechten sie
betreffende Schuldsprüche aus dem § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO., B auch aus der Z. 4 leg. cit. mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden an.
Der Angeklagte A hält in seiner Mängelrüge die Konstatierung, daß er beim Einbruchsdiebstahl in die Bahnhofsrestauration Velden (I 6) zumindest Aufpasserdienste geleistet habe, für nicht begründet. Indes wurde eine solche Feststellung nur bedingt getroffen. Ist das Erstgericht doch davon ausgegangen, daß A C B mit einem Montiereisen
die Eingangstür und eine Bürotür sowie einen Schrank aufbrachen (II. Bd. S. 117, 120, 122), hat diese Urteilskonstatierung ausdrücklich auf die Angaben des Mitangeklagten B gestützt (II. Bd. S. 99, 100, 122) und bloß eventualiter Aufpasserdienste nur für den Fall angenommen, daß A nicht selbst, wie B
sagt (II. Bd. S. 99 unten), die Eingangstür zur Bahnhofsrestauration aufgebrochen haben sollte.
Der Angeklagte B gründet seine den Schuldspruch I 1 betreffende Verfahrensrüge (Z. 4) auf die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vornahme eines Ortsaugenscheins zum Beweis dafür, "daß vom Parkplatz der Kanzelbahn aus auf das Haus der Monika D keine Sicht besteht und dieses nicht eingesehen werden kann" (II. Bd. S. 100, 101). Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen hat B seine drei Komplizen in seinem Kraftwagen in die Nähe des erwähnten Hauses (Tatorts) zum Parkplatz der Kanzelbahn gebracht, um von dort aus Aufpasserdienste zu leisten und im Fahrzeug nicht nur gewartet, um aufzupassen, sondern insbesondere auch "durch seine Anwesenheit bei der Tatausführung, da er ja mit seinem eigenen Personenkraftwagen mit A zum Haus der Monika D gefahren ist, den Diebstahl gefördert und erleichtert ... (und) somit seinen Willen ausgedrückt, nötigenfalls in den Ereignisablauf der bereits Handelnden einzugreifen" (II. Bd. S. 112, 113).
Daß das Schöffengericht eine Begründung für das abweisliche Zwischenerkenntnis schuldig geblieben ist, verschlägt nichts, weil zumindest die Beförderung der Diebsgenossen in voller Kenntnis des Tatvorhabens (II. Bd. S. 113, 121) zum Tatort und die Bereitschaft zum Eingreifen einen von den Sichtverhältnissen unabhängigen Tatbeitrag herstellt. Daß der Nichtigkeitswerber die ihn belastenden Angaben seiner Mitangeklagten E und F, anders als
das Gericht (II. Bd. S. 121), nicht für überzeugend hält, ist ein im Nichtigkeitsverfahren unbeachtlicher Einwand, weil hier eine Anfechtung der Beweiswürdigung verwehrt ist.
Gerügt wird ferner, daß der Beschwerdeführer zum Anklagevorwurf des gewerbsmäßigen Diebstahls (II. Bd. S. 23, 29, 33) nicht vernommen wurde; desgleichen zum Diebstahl an August G (I 5), wobei die Beschwerde im Widerspruch zu dieser Behauptung selbst anführt, daß B bei der Hauptverhandlung erklärt habe, bei dieser Straftat nicht anwesend gewesen zu sein und sich im übrigen an einen solchen Sachverhalt verläßlich erinnern zu müssen, hätte er daran mitgewirkt (II. Bd. S. 138 unten, 141 oben). Abgesehen davon, daß mit diesem Vorbringen weder eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO., noch eine solche nach einer anderen Ziffer dieser Gesetzesstelle dargetan wird, hatte der Angeklagte B, der Beschwerde zuwider, Gelegenheit, sich im Sinn des § 245 StPO. zu äußern und diese Gelegenheit auch genützt (II. Bd. S. 98 bis 100). Die Mängelrüge (Z. 5) hält die Feststellung, daß B die Diebstähle durch Einbruch gewerbsmäßig, d.h. in der Absicht begangen habe, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (II. Bd. S. 107), für unzureichend begründet, weil der Beschwerdeführer dazu nicht gehört worden sei und auch der ihn belastende Mitangeklagte F als unrichtig bezeichnet hat, daß er mit A, E oder B die Begehung künftiger Einbruchsdiebstähle vereinbart habe. Das Erstgericht gründet die Feststellung gewerbsmäßiger Tatbegehung (II. Bd. S. 107, 112) zwar nicht auf die Verantwortung des Mitangeklagten F, dessen dazu leugnende Einlassung es sogar ausdrücklich zitiert, allerdings als "reine Schutzbehauptung" ansieht (II. Bd. S. 120, 121). Es hält die gewerbsmäßige Tatbegehung (unterschiedslos aller Angeklagten) vielmehr "im Hinblick auf die zahlreichen erfolgten Einbruchsdiebstähle und im Hinblick darauf" für erwiesen, "daß die Angeklagten bis auf B keiner Beschäftigung nachgingen" (S. 121).
Rechtliche Beurteilung
Diese Argumente treffen indes, wie das Schöffengericht sohin selbst zum Ausdruck bringt, auf B, der einer Arbeit nachging und übrigens nur an drei Diebstählen beteiligt war, nicht voll zu. Zwar stünde dies einer gewerbsmäßigen Tatbegehung auch durch ihn an sich nicht entgegen, für die ja unter Umständen auch eine einzige Tat genügt (Leukauf-Steininger 2 RN. 6 bei § 70 StGB.). Es hätte allerdings einer eingehenden Begründung bedurft, weshalb ungeachtet des Fehlens der nur auf die Mitangeklagten uneingeschränkt zutreffenden, für die Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung vom Gericht als entscheidend angesehenen Kriterien dennoch auch dem Beschwerdeführer persönlich diese die Schuld betreffende Qualifikation (LSK. 1977/359) anzulasten ist.
Da sich sohin zeigt, daß das Urteil, insoweit es dem Angeklagten B die Gewerbsmäßigkeit der Begehung von Diebstählen zur Last legt, an dem geltend gemachten Begründungsmangel leidet, war dieses in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde im Ausspruch, daß B die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ferner in der rechtlichen Beurteilung der ihn betreffenden Diebstaten als gewerbsmäßig nach § 130, zweiter Fall, StGB. und in dem ihn betreffenden Strafausspruch schon bei einer nichtöffentlichen Beratung (§ 285 e StPO.) aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen. Im übrigen war seine Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO., teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. gleichfalls in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
In der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A war weder der angerufene noch sonst ein im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO. aufgezählter Nichtigkeitsgrund zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung gelangt. Auch sie war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285 a Z. 2, 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO.).
Der Angeklagte B war mit seiner Berufung auf die ihn betreffende kassatorische Entscheidung zu verweisen. Die verschiedene Spruchreife zur Strafverhängung bewirkt trotz objektiver Konnexität ein ab nun getrenntes prozessuales Vorgehen hinsichtlich der beiden Rechtsmittelwerber, sodaß über die Strafen demnach gesondert zu entscheiden sein wird (vgl. 13 Os 99/85). Angesichts der prozessual getrennten Weiterführung des Verfahrens gegen den Angeklagten B sowie mangels einer die
ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung des Angeklagten A (§ 296 StPO.) begründenden Sachentscheidung über dessen Nichtigkeitsbeschwerde waren daher die Akten zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten A zunächst an das zuständige Oberlandesgericht zu leiten (RZ. 1970 S. 17, 18, 1973 S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a., zuletzt 13 Os 159/85). Dieses wird nach seiner Berufungsentscheidung die Sache zwecks Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung hinsichtlich des Angeklagten B an das Erstgericht weiterzugeben haben.
Anmerkung
E07195European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00170.85.1128.000Dokumentnummer
JJT_19851128_OGH0002_0130OS00170_8500000_000