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66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;Norm
NVG 1972 §10a;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/08/0081Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. J in L, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Gartengasse 7, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. November 2002, Zl. 62- 27n2/7-2002, betreffend Solidaritätsbeitrag gemäß § 10a Notarversicherungsgesetz, und vom 22. November 2002, Zl. 62-27n2/8- 2002, betreffend Berichtigung des Bescheides vom 19. November 2002, Zl. 62-27n2/7-2002 (mitbeteiligte Partei:
Versicherungsanstalt des österreichischen Notariats in 1082 Wien, Florianigasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates vom 24. April 2002 wurde ausgesprochen, dass von der monatlichen Alterspension des Beschwerdeführers in der Höhe von EUR 5.891,95 im Jahre 2002 gemäß § 10a Notarversicherungsgesetz 1972 (NVG 1972) "ein Solidaritätsbeitrag von 0,8 %, d. s. monatlich EUR 47,14", einbehalten werde. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 10a NVG 1972 in der Fassung der 9. Novelle, BGBl. I Nr. 139/2000, von jeder nach diesem Bundesgesetz zur Auszahlung gelangenden Pension ein von der Hauptversammlung festgesetzter Beitrag einzubehalten sei, der jedoch 2,3 % der zustehenden Leistung nicht überschreiten dürfe. Der Beitrag sei nur insoweit zu entrichten, als damit der jeweils geltende Mindestbetrag der Berufsunfähigkeitspension nicht unterschritten werde. Weiters sei im § 72 Abs. 4 Z. 6 NVG 1972 der Hauptversammlung das Recht eingeräumt worden, die Festsetzung des Beitrags gemäß § 10a zu beschließen.
Die am 26. Oktober 2001 stattgefundene Hauptversammlung der mitbeteiligten Versicherungsanstalt der österreichischen Notariates habe zum Tagesordnungspunkt "Festsetzung des Beitrages gemäß § 10a NVG 1972 (Solidaritätsbeitrag) für das Jahr 2002" beschlossen, für das Jahr 2002 einen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von 0,8 % einzuheben. Durch den Einbehalt des Solidaritätsbeitrages von 0,8 %, das seien EUR 47,14 von der Bruttopension des Beschwerdeführers von EUR 5.891,95, ergebe sich eine Pension von EUR 5.844,81. Damit sei der gemäß § 10a Abs. 2 NVG für das Jahr 2002 geltende Mindestbetrag der Berufsunfähigkeitspension in der Höhe von EUR 2.166,09 nicht unterschritten worden.
Dem gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch des Beschwerdeführers wurde durch den erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. November 2002, berichtigt durch den zweitangefochtenen Bescheid vom 22. November 2002, keine Folge gegeben. Die belangte Behörde führte - ergänzend zur ausdrücklich übernommenen Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - im Wesentlichen noch aus, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nach dem Wortlaut des § 10a NVG 1972 der Solidaritätsbeitrag nicht nur von Beziehern einer Notariatspension nach Inkrafttreten dieser Gesetzesbestimmung, sondern von jeder nach diesem Bundesgesetz zur Auszahlung gelangenden Pension einzubehalten sei. Die Hauptversammlung der mitbeteiligten Versicherungsanstalt sei bei der Festsetzung des Anpassungsfaktors nicht an den nach § 108 f ASVG festgesetzten Anpassungsfaktor gebunden, sondern habe lediglich auf die finanzielle Lage der Anstalt Bedacht zu nehmen. Zur Bemerkung des Beschwerdeführers, dass § 10a NVG 1972 nicht hätte angewendet werden dürfen, weil zuerst die Regelung des § 80 NVG 1972 anzuwenden gewesen wäre, sei zu bemerken, dass eine Kürzung der Pensionen gemäß § 80 NVG 1972 erst dann erfolgen könne, wenn in einem Geschäftsjahr bei einem Beitragssatz von 20 % die Erträge an Versicherungsbeiträgen "zuzüglich zu sonstigen Einnahmen" zur Deckung der Ausgaben voraussichtlich nicht ausreichen. Der derzeitige Beitragssatz betrage 15 %, sodass schon allein deswegen § 80 NVG 1972 keine Anwendung finden könne. Zur Behauptung des Beschwerdeführers, dass der Einbehalt eines Solidaritätsbeitrages auf einer unzulässigen und rechtswidrigen Beschlussfassung der Hauptversammlung der Versicherungsanstalt beruhe, werde ausgeführt, dass es der Hauptversammlung vorbehalten sei, gemäß § 72 Abs. 4 Z. 6 NVG 1972 den Prozentsatz für den Solidaritätsbeitrag zu beschließen, der gemäß § 107 Abs. 4 NVG 1972 den dort angeführten Prozentsatz in den betreffenden Jahren nicht überschreiten dürfe.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der erstangefochtene Bescheid dahingehend berichtigt, dass es im Spruch (im Zusammenhang mit der Bezeichnung des erstinstanzlichen Bescheides, gegen den Berufung erhoben worden war) anstatt "Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 22.4.2002" richtig "Bescheid der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates vom 24.4.2004" zu lauten habe.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2003, Zl. B 1914, 1915/02-3, ablehnte und sie mit Beschluss vom 10. April 2003, Zl. B 1914, 1915/02-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde enthält keine Begründung für die behauptete Rechtswidrigkeit des - ausdrücklich auch bekämpften - zweitangefochtenen Bescheides, mit dem der Spruch des erstangefochtenen Bescheides hinsichtlich der Bezeichnung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt wurde. Soweit sich die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid richtet, erweist sie sich daher als unbegründet.
2. § 10a Notarversicherungsgesetz 1972 (NVG 1972), BGBl. Nr. 66/1972, in der Fassung der 9. NVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/2000, lautet:
"Solidaritätsbeitrag
§ 10a. (1) Von jeder nach diesem Bundesgesetz zur Auszahlung gelangenden Pension ist ein von der Hauptversammlung (§ 72 Abs. 4 Z 6) festgesetzter Beitrag einzubehalten, der jedoch 2,3 % der zustehenden Leistung nicht überschreiten darf.
(2) Der Beitrag ist nur so weit zu entrichten, als damit der jeweils geltende Mindestbetrag der Berufsunfähigkeitspension (§ 48 Abs. 8 und 9) nicht unterschritten wird."
Die Festsetzung bzw. Neufestsetzung des Beitrages gemäß § 10a ist gemäß § 72 Abs. 4 Z. 6 NVG 1927 der Hauptversammlung vorbehalten.
Gemäß § 107 Abs. 2 NVG 1972 treten die §§ 10a samt Überschrift, 72 Abs. 4 Z. 6 und Abs. 5 in der Fassung der 9. NVG-Novelle BGBl. I Nr. 139/2000 mit 1. Jänner 2002 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft. Gemäß § 107 Abs. 4 NVG 1972 darf der Beitrag gemäß § 10a in der Fassung BGBl. I Nr. 139/2000 in den Kalenderjahren 2002 bis 2004 1,3 % nicht überschreiten.
3. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend den erstangefochtenen Bescheid ist ausschließlich der von der belangten Behörde im Instanzenzug ausgesprochene Abzug eines Solidaritätsbeitrages in der Höhe von 0,8 % von der an den Beschwerdeführer zur Auszahlung gelangenden Alterspension im monatlichen Betrag von EUR 5.891,95 im Jahr 2002.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, bei seiner Pension sei die Inflationsrate unzureichend abgegolten worden, die Notarversicherungsanstalt lasse näher bezeichnete Rechtsvorschriften unbeachtet und könne nach Gutdünken schalten und walten, sowie die Einhebung des Solidaritätsbeitrages fuße auf einer "rechtswidrigen und anfechtbaren Beschlussfassung" und es bestehe zu einer solchen Beitragsleistung kein Anlass, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die Rechtmäßigkeit der durch den angefochtenen Bescheid erfolgten Vorschreibung des Solidaritätsbeitrages von all diesen Umständen angesichts des klaren Gesetzeswortlautes nicht beeinträchtigt werden könnte, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.
Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen allenfalls auch zum Ausdruck bringen wollte, er halte die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig und die Festsetzung des Solidarbeitrages durch Verordnung der Notarversicherungsanstalt für gesetzwidrig, so ist er auf den in dieser Sache ergangenen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2003,
B 1914, 1915/02, zu verweisen, in welchem näher begründet wurde, aus welchen Gründen der Verfassungsgerichtshof seine Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind aus Anlass dieser Beschwerde keine Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide entstanden.
4. Schließlich vermeint der Beschwerdeführer, dass § 10a NVG 1972 nicht hätte angewendet werden dürfen, da eine Kürzung der Pensionen gemäß § 80 NVG 1972 nicht erfolgt sei. Nach § 80 NVG 1972 in der Fassung der 3. NVG-Novelle BGBl. Nr. 343/1978 könne die Hauptversammlung die Versicherungsleistungen verhältnismäßig kürzen, wenn in einem Geschäftsjahr bei einem Beitragssatz von 20 % die Erträge an Versicherungsbeiträgen zur Deckung der Ausgaben voraussichtlich nicht ausreichten. Der derzeit von den aktiven Notaren zu leistende Beitragssatz liege weit unter 20 %. Damit habe keine sachliche Rechtfertigung bestanden, § 10a NVG anzuwenden, "weil sicher auch diese Voraussetzungen ebenso für die Anwendung des § 10a NVG zu gelten haben, selbst wenn sich im Gesetz kein Verweis auf diese Norm befindet". Eine Begründung für diese Behauptung gibt der Beschwerdeführer nicht; aus der gesetzlichen Bestimmung des § 10a lässt sich eine derartige - vom Beschwerdeführer offenbar als implizit gegeben angenommene - Verweisung nicht entnehmen.
5. Auch wenn der Beschwerdeführer schließlich darauf verweist, dass gemäß § 80 NVG ohnedies eine Legitimation der Hauptversammlung bestehe, Pensionskürzungen zu beschließen, so zeigt er damit eine Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides nicht auf, da die Einbehaltung des Solidaritätsbeitrages nach § 10a NVG 1972 nicht davon abhängig ist, ob eine Leistungskürzung gemäß § 80 NVG 1972 erfolgt ist.
6. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080080.X00Im RIS seit
22.08.2005