Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther A, Handelsvertreter, Salzburg, Lasserstraße 35, vertreten durch Dr.Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Firma G.B. B C S.p.A., I-31030 Valla di Riese, Pio X, (TV),
Italien, vertreten durch Dr.Walter Papis, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 218.894,96 sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 19. September 1985, GZ.31 R 2/85-15, womit der Beschluß des Arbeitsgerichtes Salzburg vom 21.Jänner 1985, GZ. Cr 534/84-11, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.848,25 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin sind S 1.920,-- an Barauslagen und S 720,75 an USt. enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger war für die beklagte Partei als Handelsvertreter tätig. Er begehrt von ihr die Zahlung eines Betrages von S 218.894,96 sA an restlichen Provisionen sowie an Abfertigung im Sinne des § 25 HVG. Die beklagte Partei wendete die sachliche und örtliche Unzuständigkeit des als Erstgericht angerufenen Arbeitsgerichtes sowie den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit ein.
Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes zurück (es verneinte das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses) und ging auf die beiden anderen Einreden der beklagten Partei nicht ein.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens in Richtung der Einreden der örtlichen Unzuständigkeit und des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit auf. In der Sache selbst bejahte es hingegen die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, weil ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis zwischen den Prozeßparteien bestanden habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der angefochtene Beschluß ist zwar inhaltlich abändernd, der Revisionsrekurs ist aber dennoch unzulässig.
Gemäß dem § 45 Abs.1 JN idF vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 konnten Entscheidungen eines Gerichtshofes erster Instanz über seine sachliche Zuständigkeit nicht deshalb angefochten werden, weil für die Rechtssache die Zuständigkeit eines anderen Gerichtshofs oder eines Bezirksgerichts begründet war. Diese Bestimmung war im Verhältnis zwischen Gerichtshöfen (ordentlichen Gerichten) und Arbeitsgerichten im Hinblick auf die in diesem Bereich bestehende Unheilbarkeit einer sachlichen Unzuständigkeit unanwendbar (Fasching, Komm I 284; SZ 33/88, Arb.8801 ua). Gemäß dem § 4 ArbGG hat das Arbeitsgericht seine Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Diese Rechtslage hat durch die ZV-Nov.1983 eine Änderung erfahren. Nunmehr sind gemäß dem § 45 JN nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, nicht anfechtbar. Auch die Bestimmung des § 4 ArbGG über die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrnehmung der Zuständigkeit wurde geändert, nämlich durch einen zweiten Halbsatz ergänzt, wonach die Bestimmungen über die Heilung der Unzuständigkeit (§ 104 Abs.3 JN) auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren gelten. Damit wurde die bis dahin im Verhältnis zwischen den ordentlichen Gerichten und den Arbeitsgerichten bestehende unheilbare Unzuständigkeit in eine heilbare gewandelt.
Der neue Wortlaut des § 45 JN umfaßt demnach auch die - heilbar gewordenen - Unzuständigkeit eines Arbeitsgerichtes. Überdies ist nach dem Gesagten die Grundlage der nach der alten Rechtslage verneinten Anwendbarkeit des § 45 JN weggefallen. Nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, sind somit auch im Verhältnis zwischen den Arbeitsgerichten und den allgemeinen Zivilgerichten nicht mehr anfechtbar (ebenso Fasching, Lehrbuch, Rz 231). Darauf hat Fasching auch schon vor der Gesetzesverordnung hingewiesen (JBl.1982,78), ohne daß der Gesetzgeber darauf gegenteilig reagiert hatte.
Der Rechtsmittelausschluß gilt auch für den Fall, daß die die sachliche Zuständigkeit bejahende Entscheidung von einem Rekursgericht gefällt wurde. Es genügt nach dem Wortlaut des § 45 JN, daß "ein Gericht" eine solche Entscheidung gefällt hat. Da das Rekursgericht im vorliegenden Fall die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts bejaht hat, ist der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs unzulässig.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 und 52 ZPO begründet.
Anmerkung
E07163European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00146.85.1210.000Dokumentnummer
JJT_19851210_OGH0002_0040OB00146_8500000_000