Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Handelsregistersache der "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Bregenz infolge Revisionsrekurses dieser Gesellschaft, vertreten durch DDr. Hubert Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 15. Oktober 1985, GZ 5 R 297/85-5, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch vom 23.September 1985, GZ HRB 2470-2, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Notariatsakt vom 29.8.1985 und Nachtrag vom 20.9.1985 errichteten die in Zug (Schweiz) niedergelassene "I*** AG" und der deutsche Staatsbürger Gert H*** eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH. Sitz der Gesellschaft ist Bregenz. Ihr Stammkapital beträgt S 500.000, wovon S 498.000 von der "I*** AG" und S 2.000 von Gert H*** übernommen wurden. Im § 2 des Gesellschaftsvertrages ist der Gegenstand des Unternehmens wie folgt umschrieben: "(1) Gegenstand des Unternehmens ist der zwischenstaatliche Handel mit sowie das Ausmischen und Veredeln von Getränken, insbesondere Fruchtsäften unter der Marke "FRUCHTRIESE" und anderen Fruchtsäften und von Fruchtsaftkonzentraten, ferner der Handel mit verwandten Produkten. Die Geselschaft ist außerdem berechtigt, andere gleichartige oder ähnliche Unternehmungen zu übernehmen, solche zu pachten und sich an derartigen Unternehmungen zu beteiligen sowie derartige Tochtergesellschaften zu errichten, zu erwerben und zu besitzen. (2) Die Gesellschaft ist zu allen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes förderlich erscheinen. Sie darf Betriebsstätten im In- und Ausland errichten und betreiben und einschlägige Handelsvertretungen übernehmen. (3) Die Gesellschaft ist auch zur Geschäftsführung und Vertretung von Gesellschaften jeder Art, an denen sie beteiligt ist, berechtigt."
Unter Nr.860.067 ist beim Deutschen Patentamt zugunsten der N*** S*** AG, 7057 Winnenden, das Warenzeichen "FRUCHTRIESE" für Fruchtsäfte und Fruchtsirupe, Gemüsesäfte und Gemüsesirupe für Nahrungszwecke, Frucht- und Gemüseextrakte für Nahrungsmittel eingetragen. Die Firma N*** Getränke Gesellschaft mbH & Co. KG hat als (nunmehrige) Inhaberin des erwähnten Warenzeichens der Verwendung der Bezeichnung "FRUCHTRIESE" durch die in Bregenz errichtete "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH zugestimmt. Mit der am 19.9.1985 beim Erstgericht eingelangten Registereingabe beantragte Gert H*** als Geschäftsführer der "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH die Eintragung dieser Gesellschaft in das Handelsregister. Mit Beschluß vom 23.9.1985 bewilligte das Erstgericht die Eintragung und führte aus, daß es die von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg gegen den Firmenwortlaut geäußerten Bedenken nicht teile. Der unter Anführungszeichen gesetzte Firmenbestandteil "FRUCHTRIESE" sei als Phantasiezusatz anzusehen. Da sich aus dem Gegenstand des Unternehmens ergebe, daß die Haupttätigkeit der Gesellschaft im Handel und im Ausmischen sowie Veredeln von Fruchtsäften der in der Bundesrepublik Deutschland registrierten und eingeführten Marke "FRUCHTRIESE" und im zwischenstaatlichen Handel zwischen Deutschland und Österreich bestehe, sei eine Täuschungseignung der Bezeichnung "FRUCHTRIESE" nicht gegeben.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg Folge und trug dem Erstgericht auf, die ihm nach § 37 Abs.1 HGB bzw. §§ 140. 142 ff FGG zustehenden Befugnisse dahingehend zu verwenden, daß der Gebrauch der Firmenbezeichnung "FRUCHTRIESE" durch die "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH unterlassen wird. Es vertrat die Rechtsansicht, auch Firmenzusätze, die als Wortmarke geschützt seien, könnten zur Täuschung geeignet sein und zur Ablehnung der Firmeneintragung führen. Von einem Unternehmen, das unter der Firmenbezeichnung "FRUCHTRIESE" auftrete und sich mit dem Handel sowie mit den Ausmischen und Veredeln von Getränken und insbesondere von Fruchtsäften befasse, werde im Geschäftsverkehr angenommen werden, daß es in seinem Geschäftsbereich und insbesondere beim Handel mit Fruchtsäften eine gegenüber anderen auf dem gleichen Gebiet tätigen Betrieben dominierende, zumindest aber sehr starke Position habe bzw. eine solche Position für sich in Anspruch nehme. Es sei daher zur Täuschung geeignet, wenn es von einer neu gegründeten, nur mit dem Mindeststammkapital von S 500.000 ausgestatteten und eine marktbeherrschende Stellung für sich nicht in Anspruch nehmenden Gesellschaft mbH als Firmenbestandteil verwendet werde. Daß das Warenzeichen "FRUCHTRIESE" in Österreich bereits einen Bekanntheitsgrad erreicht hätte, daß im Geschäftsverkehr unter einem Unternehmen, das die Firma "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH führe, nur ein Betrieb verstanden werde, der sich zumindest vorwiegend mit dem Handel von Produkten befasse, welche dieses Warenzeichen führten, habe das Erstgericht nicht angenommen. Derartiges sei auch im Registerantrag nicht behauptet worden. Der Firmenbestandteil "FRUCHTRIESE" sei daher als zur Irreführung geeignet und damit im Sinne des § 18 Abs.2 HGB unzulässig. Dem Registergericht sei im Falle der Eintragung einer unzulässigen Firma aufzutragen, von den ihm nach § 37 Abs.1 HGB bzw. §§ 140, 142 ff FGG zustehenden Befugnissen Gebrauch zu machen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Gesellschaft mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung sind auf die Firma einer Gesellschaft mbH außer den Vorschriften des § 5 GmbHG auch die sonstigen firmenrechtlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuches anzuwenden (Gellis-Feil Kommentar zum GmbHG 2 101; Reich-Rohrwig GmbH-Recht 26 f; ÖBl.1971, 18; NZ 1979, 43 u.a.). Der Firma einer Gesellschaft mbH darf daher kein Zusatz beigefügt werden, der geeignet ist, eine Täuschung über die Art und über den Umfang des Geschäftes herbeizuführen (NZ 1979, 43). Daß der täuschungsfähige Firmenbestandteil einer Marke entnommen ist, macht ihn nicht zulässig (vgl. Gellis-Feil aaO 106; HS 1076).
Wendet man diese Grundsätze an, dann kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Firmenbestandteil "FRUCHTRIESE" geeignet ist, einen nicht unbeträchtlichen Teil der beteiligten Verkehrskreise über den Umfang des Geschäftes der Gesellschaft mbH zu täuschen. Unter einer "FRUCHTRIESE" Getränke Gesellschaft mbH werden die beteiligten Verkehrskreise zwanglos eine Gesellschaft verstehen, die auf dem Gebiet der Erzeugung oder des Handels mit Fruchtsäften eine Spitzenstellung einnimmt. Daß der Firmenbestandteil "FRUCHTRIESE" unter Anführungszeichen gesetzt ist, kann die Täuschungsfähigkeit nicht vermindern, zumal in keiner Weise bescheinigt ist, daß das nur in der Bundesrepublik Deutschland registrierte Warenzeichen in Österreich einen solchen Bekanntheitsgrad erreicht hätte, daß die beteiligten Verkehrskreise daraus ausschließlich die Vorstellung ableiten, eine Firma, in deren Firmennamen dieses Wort enthalten ist, vertreibe ausschließlich oder vorwiegend Fruchtsäfte dieser Marke. Daß aber von einer Spitzenstellung einer neu gegründeten und nur mit dem Mindestkapital ausgestatteten Gesellschaft mbH nicht gesprochen werden kann, hat das Rekursgericht zutreffend ausgeführt, und dies wird im Revisionsrekurs auch gar nicht bestritten. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E07329European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00035.85.1212.000Dokumentnummer
JJT_19851212_OGH0002_0060OB00035_8500000_000