TE OGH 1985/12/12 7Ob678/85

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Veröffentlicht am 12.12.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 30.5.1985 verstorbenen Gunda P***, Berufsschuloberlehrerin i.R., wohnhaft gewesen in Saalfelden, Pabing Nr.62, infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erbin Gerda L***, Hausfrau, St.Michael im Lungau Nr.70, vertreten durch Dr.Peter Zumtobel, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 3.Oktober 1985, GZ.33 R 602/85-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 21. August 1985, GZ. A 101/85-13, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 30.5.1985 verstorbenen Gunda P*** hat in dem schriftlichen Testament vom 4.4.1985, ON 6, ihre Mutter Gerda L*** zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt. Ihren Ehegatten Prof.Anton P*** hat die Verstorbene unter Angabe von Gründen enterbt, ihn aber "jedenfalls", "sollte die Enterbung nicht rechtens sein", auf den Pflichtteil beschränkt.

Gerda L*** hat zum Nachlaß ihrer Tochter die unbedingte Erbserklärung auf Grund dieses Testamentes abgegeben und beantragt, die Abhandlung auf schriftlichem Weg - durch ihren Vertreter Dr.Peter Z***, Rechtsanwalt in Salzburg - zu genehmigen (ON 4). Prof.Mag.Anton P*** hat sich gegen eine Durchführung der Abhandlung durch diesen oder einen anderen Vertreter der erbserklärten Erbin ausgesprochen (ON 8).

Das Erstgericht wies den Antrag der Mutter der Erblasserin ON 4 ab. Dem Ehegatten der Erblasserin komme trotz einer Enterbung im Verlassenschaftsverfahren Parteistellung zu. Die Führung des Verlassenschaftsverfahrens unter Ausschaltung des Gerichtskommissärs komme nur bei diesbezüglich einheitlichem Parteiwillen in Frage. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die sogenannte "schriftliche Abhandlungspflege" sei im § 117 Abs1 AußStrG verankert. § 3 Abs1 GerichtskommissärsG wiederhole und verdeutliche die Anordnung des § 117 AußStrG. Das Recht, schriftliche Eingaben direkt an das Gericht zu richten, räume

§ 3 Abs1 GerichtskommissärsG "den Parteien" des Abhandlungsverfahrens ein. Da das Abhandlungsverfahren nur ein einheitliches sein könne, setze seine Führung auf schriftlichem Weg - unter Ausschaltung des Notars als Gerichtskommissärs - voraus, daß sich sämtliche Parteien darüber einig seien. Die Abhandlung könne nur entweder durch einen Gerichtskommissär oder durch die Erbengemeinschaft (meist durch einen gemeinsamen Vertreter) geführt werden; eine Mischform sei undenkbar. Auch dem Pflichtteilsberechtigten komme Partei- und Beteiligtenstellung im Sinne des § 9 AußStrG zu. Die Parteistellung könne dem pflichtteilsberechtigten Ehegatten auch nicht unter Hinweis auf die Enterbung, deren Rechtsmäßigkeit noch dahinstehe, streitig gemacht werden.

Die erbserklärte Erbin bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs. Sie macht offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs1 AußStrG geltend, da sie die einzige Erbin sei, weshalb es nicht geschehen könne, daß sie widerstreitende Erklärungen abgebe. Es bestehe daher kein Grund, die Abhandlung nicht auf schriftlichem Weg durchzuführen. Der Pflichtteilsberechtigte sei nicht als Partei im Verlassenschaftsverfahren anzusehen.

Rechtliche Beurteilung

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs1 AußStrG liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann, und trotzdem anders entschieden wurde (SZ 46/98, MietSlg.32.747 ua.).

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit der Beschlüsse der Vorinstanzen liegt nicht vor.

Es trifft zu, daß § 117 AußStrG, dessen Bestimmungen die Grundlage für die sogenannte schriftliche Abhandlungspflege bilden, sich ausdrücklich auf den Erben bezieht. § 3 Abs1 GKoärG, wonach die Parteien jederzeit die für den Fortgang des Verfahrens erforderlichen Erklärungen, Anträge oder Ausweise schriftlich verfassen und unmittelbar dem Gericht vorlegen können, wiederholt und verdeutlicht die Aussage des § 117 AußStrG, ohne allerdings den Begriff der "Parteien" klarzustellen. Aus der Bestimmung des § 3 Abs1 GKoärG, wonach ein Antrag "der Parteien" notwendig ist, wurde die Notwendigkeit eines Antrages aller Parteien abgeleitet (EvBl.1977/44), da andernfalls die Einheitlichkeit des Abhandlungsverfahrens nicht gewährleistet sei. Die Frage, ob der Noterbe unter den Begriff des Erben (oder der Partei iS des § 3 Abs1 GKoärG) fällt, ist - mag hiezu auch eine einheitliche Lehre und Rechtsprechung vorhanden sein (vgl. Welser in Rummel, ABGB, Rdz 3 vor § 762, Rdz 6 zu § 762 bis 764) - weder im ABGB, noch auch im Außerstreitgesetz oder in anderen gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich und klar geregelt (6 Ob 552/78). Auch die Rechtsmittelwerberin vermag eine eindeutige Gesetzesvorschrift, die der von ihr als offenbar gesetzwidrig bekämpften Auffassung der Vorinstanzen entgegenstünde, nicht zu bezeichnen.

Die Ansicht der Vorinstanzen, die schriftliche Abhandlungspflege setze das Einverständnis auch des Noterben voraus, ist daher nicht offenbar gesetzwidrig (vgl. 3 Ob 524/83 und 2 Ob 642/85). Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E07345

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00678.85.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19851212_OGH0002_0070OB00678_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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