TE OGH 1985/12/12 12Os170/85

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Veröffentlicht am 12.12.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Dezember 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, HONProf. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Erwin A wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 10.September 1985, GZ 3 b Vr 594/85-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Nurscher, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Leon zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Erwin A, der auch einen Romanverkauf und -verleih ("Romanservice") betreibt, wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG schuldig erkannt, weil er am 1.April 1985 in Wien in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Druckwerke, nämlich 18 im Urteil namentlich aufgezählte Magazine, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten hat. Diese Druckerzeugnisse enthielten Darstellungen intensiver gleichgeschlechtlicher, vorwiegend lesbischer Kontakte und in einem Fall eine Szene sadomasochistischen Charakters. Die beanstandeten Stellen wurden in den Urteilsgründen detailliert beschrieben. Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, in der er zunächst ausführt, es enthalte das Urteil keinerlei Feststellungen darüber, daß durch die homoerotischen Darstellungen auch ein propagandistischer Effekt erzielt würde; eine derartige Feststellung sei aber für die Beurteilung der Darstellungen als harte und damit absolut verbotene Pornographie nötig.

Rechtliche Beurteilung

Damit wird der Sache nach der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend gemacht, der jedoch nicht vorliegt:

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist nämlich eine solche propagandistische Wirkung der Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzucht nicht erforderlich; wohl aber muß sie eine nach objektiven Kriterien zu beurteilende Werbekomponente enthalten, die bei Druckwerken, wie sie hier vorliegen, regelmäßig gegeben ist (vgl. Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 , ENr. 28, 29 zu § 1 PornG).

Auch die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, mit denen er die Richtigkeit der Judikatur zum Begriff der sogenannten "harten Pornographie" bezweifelt, geben keinen Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung abzuweichen, wonach die Darstellung von intensiven Unzuchtshandlungen mit Personen gleichen Geschlechts unter die von der Rechtsordnung verpönte "harte Pornographie" fällt (vgl. EvBl 1977/186; verstärkter Senat).

Soweit der Beschwerdeführer aber in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO vorbringt, er hätte wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 42 StGB freigesprochen werden müssen, ist er nicht im Recht. Die im § 42 StGB normierten Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit der Tat müssen kumulativ vorliegen. Von geringer Schuld des Täters kann nur gesprochen werden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die fallbezogen im Rahmen des in der Strafdrohung des betreffenden Deliktes (hier des § 1 PornG) typisierten Schuld- und Unrechtsgehalts die inkriminierte Tat deliktsspezifisch als deutlich unter der Norm liegend erscheinen lassen (ÖJZ-LSK 1984/5 u.a.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Verschulden des Beschwerdeführers liegt nicht unter dem Maß, wie es in vergleichbaren Fällen festgestellt werden kann. Der Angeklagte betreibt ein nicht als Sexladen deklariertes Geschäft, in dem pornographische Erzeugnisse feilgeboten wurden. Schon deshalb hätte er die Verpflichtung gehabt, sich über den Begriff der "harten" (absolut verbotenen) Pornographie eingehend zu informieren. Angesichts der Unterlassung jeglicher Erkundigung bei zu solcher Auskunft berufenen Stellen und der beträchtlichen Menge (mindestens 18 Stück) der feilgehaltenen pornographischen Druckwerke ist sein Verschulden nicht als auffallend gering und unter der Norm liegend zu beurteilen.

Weil die im § 42 StGB normierten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, um die Anwendung dieser Gesetzesstelle zu ermöglichen, erübrigt sich somit ein Eingehen auf die Frage, ob die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, ob dem Beschwerdeführer eine günstige spezialpräventive Prognose gestellt werden kann, und ob auch Gründe der Generalprävention nicht gegen die Anwendung des § 42 StGB sprechen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war somit zu verwerfen.

Anmerkung

E07190

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00170.85.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19851212_OGH0002_0120OS00170_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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