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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des L, (nach dem angefochtenen Bescheid: geboren am 1. Jänner 1973, nach der Beschwerde: geboren am 13. Jänner 1973), vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Dezember 2002, Zl. 132.903/2- III/11/02, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 16. Dezember 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines marokkanischen Staatsangehörigen, vom 3. August 2001 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" gemäß § 23 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Nach der Aktenlage seien dem Beschwerdeführer auf Grund einer erteilten Einzelsicherungsbescheinigung als Künstler von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg mehrmals quotenfreie Niederlassungsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "Künstler", zuletzt gültig bis 19. November 2001, erteilt worden. Nunmehr sei dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice Salzburg am 6. Juni 2001 eine Beschäftigungsbewilligung als Küchengehilfe, gültig bis 4. Juni 2002, und in der Folge am 20. September 2001 eine Arbeitserlaubnis, gültig bis 19. September 2003, ausgestellt worden. Die von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg dem Beschwerdeführer erteilten Niederlassungsbewilligungen seien nicht der Quotenpflicht unterworfen gewesen und hätten ihn zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt. Mit der nunmehr erteilten Beschäftigungsbewilligung und Arbeitserlaubnis und dem vorliegenden Antrag vom 3. August 2001 hätte der Beschwerdeführer um die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck" angesucht. Dieser Antrag unterliege der Quotenpflicht. Im Hinblick auf § 23 Abs. 2 FrG sei eine Änderung des Aufenthaltszwecks jedoch nur dann möglich, wenn für den angestrebten Aufenthaltszweck ein entsprechender Quotenplatz zur Verfügung stehe.
In Salzburg stünden auf dem Boden des § 3 Abs. 5 Z. 2 der Niederlassungsverordnung 2002 höchstens 20 Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Verfügung, die außer in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG oder eine Niederlassungsbewilligung für Private nur in selbständiger Erwerbstätigkeit bestehen dürfe. Da dies im Fall des Beschwerdeführers nicht zutreffe, habe dem vorliegenden Antrag nicht stattgegeben werden können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 19 Abs. 2 FrG unterliegt die Erteilung einer (in allen übrigen Fällen gemäß Abs. 1 quotenpflichtigen) Erstniederlassungsbewilligung an Drittstaatsangehörige, die (Z. 2) Künstler sind, deren Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, sofern ihr Unterhalt durch das Einkommen gedeckt wird, das sie aus ihrer künstlerischen Tätigkeit beziehen, nicht der Quotenpflicht.
Gemäß § 22 erster Satz FrG darf eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 leg. cit. erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsvorordnung noch zur Verfügung stehen.
Beabsichtigen (bereits auf Dauer niedergelassene) Fremde in Österreich - nach Ablauf oder während der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder nach einer Einschränkung gemäß § 23 Abs. 1 FrG neuerlich - eine quotenpflichtige unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so ist ihnen gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung dann zu erteilen, wenn für sie eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen; die Erteilung dieser weiteren Niederlassungsbewilligung verringert jedoch die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 oder 2 FrG um eine. Solchen Fremden steht der Familiennachzug gemäß § 21 FrG offen. § 22 FrG gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Bewilligungen abzuweisen ist. Für sonstige quotenpflichtige Aufenthaltszwecke gelten die nicht auf das AuslBG bezogenen Bestimmungen dieses Absatzes mit der Maßgabe, dass die Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 oder Abs. 4 FrG verringert.
2. Der Beschwerdeführer verfügte bisher unstrittig über mehrere gemäß § 19 Abs. 2 FrG nicht quotenpflichtige Niederlassungsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "Künstler". Sein Antrag vom 3. August 2001 richtet sich auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck unselbständige Erwerbstätigkeit (vgl. OZ 29 der Verwaltungsakten). Dafür benötigt der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1997, BGBl. II Nr. 418. Eine derartige Niederlassungsbewilligung unterliegt gemäß § 19 Abs. 1 FrG der Quotenpflicht.
Da der Beschwerdeführer bisher über eine nicht der Quotenpflicht unterliegende Niederlassungsbewilligung als Künstler verfügte und nunmehr die Ausübung einer quotenpflichtigen Beschäftigung beabsichtigt, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag zu Recht dem § 23 Abs. 2 FrG subsumiert. Ferner ist die Auffassung der belangten Behörde, dass die vom Beschwerdeführer beantragte Niederlassungsbewilligung in der Quote gemäß § 3 der Niederlassungsverordnung 2002 - NLV 2002, BGBl. II Nr. 2, keinen Platz findet, unbedenklich. Dies deshalb, weil sich weder aus der Beschwerde noch aus dem bekämpften Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in einer von der maßgeblichen Quotenregelung des § 3 Abs. 5 Z. 2 NLV 2002 geforderten selbständigen Erwerbstätigkeit bestehen soll.
Von daher steht die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers vom 3. August 2001 mit dem Gesetz in Einklang. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/18/0025.) Es kann demnach dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer "die Voraussetzungen des zweiten Abschnittes (§§ 5 bis 16) des FrG" - wie von ihm behauptet - erfüllt. Weiters ist für die Beschwerde nach dem Gesagten auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, zu überprüfen, inwieweit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Quotenplätze für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für jeglichen Zweck vorhanden gewesen seien, nichts gewonnen.
3. Im Zusammenhang mit einer auf § 23 Abs. 2 FrG gestützten Abweisung einer weiteren Niederlassungsbewilligung wegen Ausschöpfung der Quote hat nach der hg. Rechtsprechung eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK nicht zu erfolgen (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2003/18/0025). Für diese Auslegung spricht die in § 23 Abs. 2 dritter Satz FrG gebrauchte imperative Formulierung "der Antrag ... abzuweisen ist" im Gegensatz zu der bei Normierung der eine Interessenabwägung erfordernden Versagungsgründe in § 10 Abs. 2 FrG gebrauchten Formulierung "kann ... versagt werden". Art. 8 EMRK erfordert nicht, einem bisher als Künstler niedergelassenen Fremden - der gemäß § 23 Abs. 1 FrG die Möglichkeit hat, bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen eine weitere Niederlassungsbewilligung für denselben Zweck zu erhalten - eine Niederlassungsbewilligung, welche die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gestattet, zu erteilen (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 2003/18/0025). Damit ist dem mit Blick auf § 37 FrG erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei bereits seit 1998 durchgehend rechtmäßig in Österreich niedergelassen und hier über vier Jahre durchgehend einer Berufstätigkeit nachgegangen, der Boden entzogen.
4. Schließlich geht der Einwand des Beschwerdeführers, seinem ausgewiesenen Vertreter sei Akteneinsicht nicht gewährt und ihm damit die Möglichkeit genommen worden, in dem dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren sein Recht auf Parteiengehör zu wahren, fehl. Nach der Beschwerde hat der Vertreter des Beschwerdeführers am 16. September 2002, am 19. Oktober 2002 sowie am 2. Dezember 2002 bei der belangten Behörde Akteneinsicht beantragt. Nach der Aktenlage findet sich der erste Antrag des Rechtsvertreters auf Akteneinsicht und Gewährung der Herstellung einer Aktenkopie in dem in der Beschwerde genannten Schreiben vom 16. September 2002, bei der belangten Behörde eingelangt am 19. September 2002. Darin beantragte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, "den ausgewiesenen Vertretern Akteneinsicht zu gewähren", und ersuchte weiters "zur Vornahme der Akteneinsicht den gegenständlichen Akt" an die Erstbehörde "zu übersenden". Am 18. Oktober 2002 wurde dieses Ersuchen offenbar nochmals an die belangte Behörde gerichtet.
Nach der hg. Rechtsprechung verpflichtet § 17 Abs. 1 AVG die Behörde nicht zu einer Aktenübersendung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/03/0342). Wenn die belangte Behörde entgegen dem Begehren des Beschwerdeführers die Verwaltungsakten nicht an die Erstbehörde übermittelte, handelte sie daher nicht rechtswidrig. Ferner ist weder aus der Beschwerde noch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich, dass der Beschwerdeführervertreter - entsprechend dem § 17 Abs. 1 AVG - versucht hätte, bei der belangten Behörde Einsicht in die Verwaltungsakten zu nehmen bzw. daraus dann Abschriften anzufertigen oder Kopien anfertigen zu lassen, weshalb damit auch kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass dem Beschwerdeführer entgegen § 17 Abs. 1 AVG die Akteneinsicht verweigert worden wäre.
5. Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 30. Juni 2005
Schlagworte
Auslegung Diverses VwRallg3/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003180031.X00Im RIS seit
02.08.2005