TE OGH 1985/12/18 3Ob131/85

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Veröffentlicht am 18.12.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand A, Angestellter, 8503 St.Josef, Wetzelsdorfberg Nr.34, vertreten durch Dr.Bernd Fritsch, Dr.Hans-Peter Benischke, Dr.Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei B Real- und Personalkreditbank AG, 1060 Wien, Theobaldgasse 19, vertreten durch Dr.Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen eine Exekution zur Hereinbringung von S 47.444,59 infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 24.Juli 1985, GZ.4 R 194/85-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Stainz vom 17.April 1985, GZ.C 190/84-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 3.069,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 257,25 Umsatzsteuer und S 240,- Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei schuldete der beklagten Partei auf Grund eines gewährten Darlehens den Betrag von S 238.810,-- samt 16 % Zinsen seit 16.September 1981, über welche Forderung die beklagte Partei das Versäumungsurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15.Oktober 1981, 10 Cg 424/81, erwirkt hatte.

Zur Sicherung dieser Forderung war auf der seinerzeit im Eigentum des Klägers stehenden Liegenschaft EZ.287 Katastralgemeinde Laa ein Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von S 273.000,-- einverleibt. Eine Nebengebührenkaution war nicht eingetragen. Zur Hereinbringung dieser Forderung führte die beklagte Partei gegen die klagende Partei u.a. das Zwangsversteigerungsverfahren 12 E 3/82 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, worauf die Liegenschaft am 18.November 1982 einem Ersteher zugeschlagen wurde.

Im Meistbotsverteilungsverfahren, bei dem u.a. auch aus dem Verschulden der beklagten Partei (erfolglose Rekurserhebung, unvollständige Forderungsanmeldung) erhebliche Verzögerungen eintraten, wurden der beklagten Partei die Hauptsache, 16 % Zinsen bis zum Zuschlagstag und alle für richtig erkannten Kosten zugewiesen. Über den Zuschlagstag hinaus angemeldete Zinsen wurden als unberechtigt nicht zugesprochen, obwohl auch sie im Meistbot ohne weiteres Deckung gefunden hätten. Die tatsächliche Auszahlung der zugewiesenen Beträge durch das Exekutionsgericht erfolgte erst am 18.Juli 1984.

Zur Hereinbringung von 16 % Zinsen aus S 238.810,-- vom 19. November 1982 bis 15.Februar 1984 im errechneten Betrag von S 47.444,59, strengte die beklagte Partei wider die klagende Partei in der Folge das Exekutionsverfahren E 709/84 beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz an.

Unter Hinweis auf die volle Befriedigung der beklagten Partei im Meistbotsverteilungsverfahren zu 12 E 3/82, erhob der Kläger eine Oppositionsklage.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung dieser Klage und wendete ein, daß zwischen den Streitteilen in der Pfandbestellungsurkunde vereinbart worden sei, daß die klagende Partei den Ausfall zu tragen habe, der sich ergebe, wenn die Zahlung der Schuld im Wege einer Zwangsversteigerung erfolge und der auf die Bank (= beklagte Partei) entfallende Teilbetrag des Meistbotes geringer sein sollte als der ihr unter Berücksichtigung der bedungenen Zinsen zustehende Betrag.

Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab, weil es die genannte Vereinbarung in der Pfandbestellungsurkunde als wirksam ansah, so daß die Forderung der beklagten Partei noch nicht zur Gänze erloschen sei.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne einer Klagsstattgebung ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es vertrat die Auffassung, daß der Anspruch aus dem Exekutionstitel 10 Cg 424/81 trotz der Vertragsklausel in der Pfandbestellungsurkunde durch die Zuweisung im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens 12 E 3/82 zur Gänze erloschen sei. Der beklagten Partei könne höchstens außerhalb des Exekutionstitels auf Grund einer privatrechtlichen Verpflichtung das Recht zustehen, weitere Zinsen zu begehren, was aber im Rahmen einer Überprüfung der Berechtigung der Exekutionsführung zu E 709/84 nicht zu untersuchen sei.

In ihrer außerordentlichen Revision macht die beklagte Partei geltend, die Revision sei entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes "im Widerspruch zur oberstgerichtlichen Spruchpraxis" stehe, ohne daß jedoch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zitiert werden, und wegen der im heutigen Wirtschaftsleben wachsenden Zahl von Liegenschaftszwangsversteigerungen die Klärung der gegenständlichen Rechtsfrage von "erheblicher, um nicht zu sagen grundsätzlicher Bedeutung für die Wahrung der Sicherheit und Einheitlichkeit der Judikatur" sei.

Die klagende Partei hat in der ihr gemäß § 508 a Abs2 ZPO freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen oder ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Daß im Rahmen des § 216 Abs2 EO Zinsen nur bis zum Zuschlagstag zugesprochen werden können (so die in der Revisionsbeantwortung zutreffend zitierten Entscheidungen GlUNF 830 und 1623 und SZ 10/50, aber auch die ständige Rechtsprechung seither, z.B. SZ 52/8), wird auch von der beklagten Partei nicht in Zweifel gezogen und ist eine ausjudizierte Frage, die für sich allein die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen würde. Soweit überblickbar gibt es jedoch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, welchen Einfluß die Bestimmung des § 216 Abs2 EO und die darauf gründende Zuweisung von Zinsen bis zum Zuschlagstag bzw. von Fruktifikationszinsen seit dem Zuschlagstag, auf den teilweisen Weiterbestand der in einem Vertrag näher umschriebenen Forderung hat, über welche auch ein Exekutionstitel besteht. Da die rechtliche Beurteilung des Versuches eines Kreditgebers, sich die vereinbarten höheren Vertragszinsen auch außerhalb der Möglichkeit einer Nebengebührenkaution über den Zuschlagstag hinaus zu sichern, über den vorliegenden Rechtsstreit hinaus für die Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung ist, liegen die Voraussetzungen nach § 502 Abs4 Z.1 ZPO vor.

Der damit zulässigen Revision kommt aber keine Berechtigung zu:

Gemäß § 229 Abs1 EO ist im Verteilungsbeschluß anzuführen, inwieweit die Ansprüche der Berechtigten an Kapital und Nebengebühren getilgt sind. Weil im vorliegenden Fall nicht etwa eine Zuweisung nur auf Grund eines Pfandrechtes erfolgte, wo der Höhe nach eine Differenz zwischen geschuldeter und gesicherter Schuld bestehen kann, sondern eine Exekutionsführung zur Hereinbringung aller Ansprüche aus dem strittigen Exekutionstitel stattfand und das Meistbot auch volle Deckung bot, liegt damit auf der Hand, daß durch die Zuweisung im Verfahren 12 E 3/82, welche einer Zahlung des Verpflichteten gleichzuhalten ist (RZ 1972, 150), die Forderung aus dem Exekutionstitel 10 Cg 424/81 zur Gänze erloschen sein muß.

Aber auch der nicht strittige Inhalt der zwischen den Streitteilen in der Pfandbestellungsurkunde getroffenen Vereinbarung ist so klar, daß es keiner weiteren Erörterungen über ihren Sinn bedarf. Wenn eine Partei einen bestimmten Ausfall zu tragen hat, der keinesfalls den sonst vereinbarten Vertragszinsen entspricht, sondern bestenfalls in einer Differenz zwischen diesen und den nicht von vornherein beeinflußbaren Fruktifikatszinsen bestehen kann, dann ist der Ausfallsbetrag schon der Natur der Sache nach der Höhe nach überhaupt erst feststellbar, nachdem das Versteigerungsverfahren abgewickelt wurde. Dieser zunächst unbestimmte Betrag kann naturgemäß nicht schon Gegenstand eines Leistungsurteiles sein. Gerade der vorliegende Fall zeigt besonders deutlich, daß auch die beklagte Partei, wie schon kurz angedeutet wurde, erheblich zur Verzögerung der Auszahlung des Zuweisungsbetrages beigetragen hat, was selbstverständlich auch die Höhe des von der klagenden Partei allenfalls noch geschuldeten Ausfallsbetrages beeinflußt. Es spricht daher nichts dafür, der beklagten Partei als betreibender Partei ohne Beweis der Höhe eines Ausfalles sofort eine Exekutionsführung auf Grund eines Exekutionstitels zu gestatten, der darauf gar nicht Bezug nimmt und mit einer Ausfallshaftung auch gar nichts zu tun hat. Der Anspruch, der der beklagten Partei aus dem Exekutionstitel 10 Cg 424/81 zustand, ist damit durch die Zuweisung im Versteigerungsverfahren 12 E 3/82 zur Gänze erloschen, sodaß die beklagte Partei nicht berechtigt war, auf Grund dieses damit verbrauchten Exekutionstitels neuerlich Exekution zu führen. Der beklagten Partei kann höchstens noch ein von der im Exekutionstitel erfaßten Forderung unabhängiger Ausfallsanspruch auf Grund der Pfandbestellungsurkunde zustehen. Nur diese vielleicht zu Recht bestehende "zivilrechtliche Forderung" wurde durch das Verteilungsverfahren zu 12 E 3/82 (ebenso wie durch den Exekutionstitel 10 Cg 424/81) nicht berührt und "getilgt". Unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Höhe ein solcher Anspruch allenfalls zu Recht besteht, ist in diesem Verfahren nicht zu beurteilen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Anmerkung

E07260

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00131.85.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19851218_OGH0002_0030OB00131_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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