Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinrich A, Bäckermeister, Am Corso 5, 9220 Velden am Wörthersee, vertreten durch Dr. Heinz Napetschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1) Johann B, Kaufmann, 8423 Perbersdorf 29, und 2) C D
E, Schottenring 15, 1010 Wien, beide vertreten durch Dr. Otto Siegmund, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen S 107.850,-- s. A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 18. April 1985, GZ. 7 R 47/85-28, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20. Dezember 1984, GZ. 17 Cg 39/84-24, und das ihm vorangegangene Verfahren in Ansehung des Erstbeklagten als nichtig aufgehoben und die gegen den Erstbeklagten gerichtete Klage zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs wird, soweit er sich gegen die vom Berufungsgericht getroffene Kostenentscheidung richtet, zurückgewiesen. Im übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der Antrag des im Konkurs über das Vermögen des Erstbeklagten bestellten Masseverwalters Dr.Leo H*** auf Zuspruch von Kosten für seine am 17.12.1985 eingelangte Äußerung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Wie sich aus dem Akt 20 S 66/82 des Landesgerichtes für ZRS Graz ergibt, wurde über das Vermögen des Erstbeklagten mit Beschluß vom 18. November 1982 (am gleichen Tag an der Gerichtstafel angeschlagen) der Konkurs eröffnet. Zum Masseverwalter wurde Dr. Leo H***, Rechtsanwalt in Leibnitz, bestellt.
Im vorliegenden Rechtsstreit (die Klage wurde am 26. Jänner 1984 beim Erstgericht eingebracht) begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus einem Verkehrsunfall vom 2. Juni 1982 (der Erstbeklagte wurde als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen St 266.457 und die Zweitbeklagte als Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges in Anspruch genommen) die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 107.850,-- s.A. Nach dem Akteninhalt wurden Klage und Ladung zur ersten Tagsatzung nur der Zweitbeklagten zugestellt. Die für den Erstbeklagten bestimmte Klage samt Ladung zur ersten Tagsatzung langte mit Postfehlbericht am 1. Februar 1984 an das Erstgericht zurück, wobei der Name des Erstbeklagten durchgestrichen und daneben vermerkt war: "Masseverwalter Dr. Leo H***, 8430 Leibnitz" (ON 2). Von diesem Fehlbericht verständigte das Erstgericht den damaligen Klagevertreter mit ZP-Form. 51. Die erste Tagsatzung vom 7. Februar 1984 wurde nur zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten abgewickelt; der Zweitbeklagten wurde die Überreichung der Klagebeantwortung bis spätestens 21. Februar 1984 aufgetragen (ON 3). Am 20. Februar 1984 langte eine von Rechtsanwalt Dr. Otto F namens beider Beklagter verfaßte Klagebeantwortung beim Erstgericht ein; sie enthielt den Vermerk "Vollmacht gemäß § 30 ZPO erteilt" (ON 4). In der Folge wurde das Verfahren nach dem Akteninhalt zwischen Kläger und beiden Beklagten durchgeführt, wobei für beide Beklagte Dr. Otto F auftrat. Er legte in einem beim Erstgericht am 9. März 1984 eingelangten Schriftsatz (ON 8) das den Erstbeklagten betreffende Konkurseröffnungsedikt vor und teilte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. Juni 1984 (ON 13) mit, daß das Konkursverfahren über das Vermögen des Erstbeklagten nach wie vor aufrecht sei. "Ein Unterbrechungsantrag werde derzeit nicht gestellt."
Mit Urteil vom 20. Dezember 1984 (ON 24) wies das Erstgericht das gegen beide Beklagte gerichtete Klagebegehren ab. Dieses Urteil wurde seinem gesamten Umfang nach vom Kläger mit Berufung bekämpft.
Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Berufungsgericht aus Anlaß dieser Berufung das Urteil des Erstgerichtes, soweit es den Erstbeklagten betrifft, einschließlich des diesen Beklagten betreffenden der Urteilsfällung vorausgegangenen Verfahrens (ab Klagebeantwortung) als nichtig auf und wies die gegen den Erstbeklagten gerichtete Klage zurück (Punkt A des Spruches der Entscheidung). Die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten hob es auf (Punkt B des Spruches der Entscheidung).
Das Berufungsgericht führte aus, daß das Urteil des Erstgerichtes und das ihm vorangegangene Verfahren an einer von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit leide, weil über eine nicht auf den streitigen Rechtsweg gehörige Sache erkannt worden sei. Über das Klagebegehren hätte zwar das ordentliche Gericht, aber nicht im streitigen, sondern im Konkursverfahren zu entscheiden gehabt. Über das Vermögen des Erstbeklagten sei bereits vor Klagseinbringung der Konkurs eröffnet worden und das Konkursverfahren sei noch während des erstgerichtlichen Verfahrens anhängig gewesen. Nach § 6 KO könnten Rechtsstreitigkeiten, die die Geltendmachung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezweckten, nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden. Dies habe zur Folge, daß über derartige Ansprüche der streitige Rechtsweg unzulässig sei, weil zur Feststellung solcher Ansprüche die Konkursordnung in ihrem
5. Abschnitt ohnehin ein besonderes Verfahren im Rahmen des Konkurses vorsehe. Ein Gläubiger habe daher gegen einen Gemeinschuldner ausschließlich diesen Weg der Forderungsfeststellung und -durchsetzung zu beschreiten, wobei erst im Falle einer Bestreitung der Forderungsanmeldung im Konkursverfahren im Sinne der §§ 110 ff KO der streitige Rechtsweg offenstünde, wobei freilich nicht ein Leistungsbegehren, sondern nur ein Feststellungsbegehren erhoben werden könne. Gemäß § 61 KO könne auf Grund einer im Konkurs festgestellten und vom Gemeinschuldner nicht ausdrücklich bestrittenen Forderung auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis Exekution geführt werden.
Es müsse daher das Urteil des Erstgerichtes und das ihm vorangegangene Verfahren hinsichtlich des Erstbeklagten als nichtig aufgehoben und die gegen den Erstbeklagten gerichtete Klage zurückgewiesen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers. Er bekämpft sie ihrem gesamten Inhalt nach mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, allenfalls ihn dahin abzuändern, daß dem Erstbeklagten die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens auferlegt werden.
Der Erstbeklagte hat keine Rekursbeantwortung erstattet. Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluß vom 21.11.1985, 8 Ob 40/85, dem im Konkursverfahren über das Vermögen des Erstbeklagten bestellten Masseverwalter Dr.Leo H*** eine Frist von 14 Tagen gesetzt, innerhalb welcher es ihm freigestellt wurde, zu erklären, ob er in den vorliegenden Rechtsstreit eintritt und das bisher durchgeführte Verfahren in Ansehung des Erstbeklagten genehmigt.
In einem am 17.12.1985 beim Obersten Gerichtshof eingelangten Schriftsatz erklärte der Masseverwalter, nicht in den Rechtsstreit einzutreten und das bisher durchgeführte Verfahren in Ansehung des Erstbeklagten nicht zu genehmigen. Für diesen Schriftsatz verzeichnete der Masseverwalter Kosten in der Höhe von S 377,85. Der vorliegende Rekurs des Klägers ist, soweit er sich gegen die vom Berufungsgericht getroffene Kostenentscheidung richtet, gemäß § 528 Abs.1 Z 2 ZPO unzulässig und daher in diesem Umfang zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Im übrigen ist er gemäß § 519 Abs.1 Z 2 ZPO zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seinem in dieser Rechtssache ergangenen Beschluß vom 21.11.1985, auf dessen ausführliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, ausgeführt hat, wurde der Erstbeklagte infolge der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen derart in seiner Prozeßfähigkeit beschränkt, daß er nicht befähigt war, selbständig als Beklagter im vorliegenden Rechtsstreit aufzutreten. Der der Prozeßführung gegen den Erstbeklagten trotz anhängigen Konkursverfahrens anhaftende Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 477 Abs.1 Z 5 ZPO ist in jeder Lage des Verfahrens unter der Voraussetzung von Amts wegen wahrzunehmen, daß die Prozeßführung nicht nachträglich ordnungsgemäß genehmigt wurde. Der mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 21.11.1985 vorgenommene Sanierungsversuch ist gescheitert, weil der im Konkurs über das Vermögen des Erstbeklagten bestellte Masseverwalter erklärt hat, nicht in den Rechtsstreit einzutreten und das bisher durchgeführte Verfahren in Ansehung des Erstbeklagten nicht zu genehmigen. Unter diesen Umständen hat das Berufungsgericht mit Recht das Urteil des Erstgerichtes, soweit es den Erstbeklagten betrifft, einschließlich des diesen Beklagten betreffenden der Urteilsfällung vorausgehenden Verfahrens als nichtig aufgehoben und die gegen den Erstbeklagten gerichtete Klage zurückgewiesen.
Dem Rekurs des Klägers mußte daher soweit er zulässig ist, ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kosten seines teils unzulässigen und teils erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger selbst zu tragen.
Der Antrag des Masseverwalters auf Zuspruch von Kosten für seine am 17.12.1985 eingelangte Äußerung war abzuweisen, weil dem Masseverwalter lediglich freigestellt wurde, zu erklären, ob er in den Rechtsstreit eintritt und das bisher durchgeführte Verfahren in Ansehung des Erstbeklagten genehmigt. Der gleiche Effekt wie durch die ausdrückliche Erklärung des Masseverwalters wäre durch die Unterlassung einer Erklärung innerhalb der gesetzten vierzehntägigen Frist erreicht worden. Die Abgabe der Erklärung durch den Masseverwalter war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (§ 41 ZPO) und konnte schon deshalb nicht zu einem Kostenzuspruch an den Masseverwalter führen.
Anmerkung
E07180European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00040.85.1218.000Dokumentnummer
JJT_19851218_OGH0002_0080OB00040_8500000_000