Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §114 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des P, geboren 1964, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Juni 2002, Zl. SD 2/02, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Juni 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 5. März 2001 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 26. November 1992 erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 iVm § 114 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer scheine erstmals ab 24. September 1987 im Bundesgebiet als gemeldet auf und habe über einen vom 1. Juli 1988 bis 6. April 1989 gültigen, von seiner Ehegattin abgeleiteten Sichtvermerk für die mehrmalige Wiedereinreise verfügt. Mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 27. Mai 1988 sei über ihn wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung eine Geldstrafe verhängt worden. Eine weitere Verurteilung des Beschwerdeführers sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 15. März 1989 wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Geldstrafe erfolgt. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass er am 30. Oktober 1988 einen Mann durch einen Schlag mit einer Kunststofftasche in das Gesicht - das Opfer habe dadurch eine Prellung des Nasenbeins und Hautabschürfungen an der Nase erlitten - vorsätzlich am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt habe.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. September 1992 sei über den Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 1, § 130 zweiter Fall StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren, davon zehn Monate unbedingt, rechtskräftig verhängt worden. Den Entscheidungsgründen des Urteils sei zu entnehmen, dass er gemeinsam mit weiteren Mittätern in professioneller Art und Weise gewerbsmäßig in insgesamt sechs Wohnungen eingebrochen und dort vor allem Bargeld und Schmuck im Gesamtwert von ca. ATS 430.000,-- (EUR 31.249,32) gestohlen habe. Die Wohnungen seien im Zeitraum vom 13. August 1991 bis zum 4. November 1991 gewaltsam unter Zuhilfenahme eines Kistenöffners bzw. eines Schraubenziehers aufgebrochen worden. Ein Nachbar habe am 4. November 1991 die Tatausführung beobachtet und die Polizei verständigt, welche in der Folge den Beschwerdeführer und die Mittäter habe festnehmen können.
Daraufhin habe die Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) mit Bescheid vom 26. November 1992 das unbefristete Aufenthaltsverbot erlassen und den Beschwerdeführer in Vollstreckung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme am 14. Jänner 1993 in sein Heimatland abgeschoben.
Trotz des Aufenthaltsverbotes sei der Beschwerdeführer wieder in das Bundesgebiet eingereist. Am 14. Juni 1993 sei er von einem Sicherheitswachebeamten der Erstbehörde in Wien einer Personenkontrolle unterzogen und wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Unterschlagung zur Anzeige gebracht worden. Der Beschwerdeführer, der sich mit einem kroatischen Reisepass ausgewiesen habe, stehe im Verdacht, einen Berufsdetektiv eines Großkaufhauses durch einen Stoß zu Fall gebracht und dadurch verletzt zu haben. Gegenüber dem Sicherheitswachebeamten habe der Beschwerdeführer damals angegeben, dem Detektiv tatsächlich einen Stoß versetzt zu haben, als dieser ihn wegen des Verdachtes der Unterschlagung einer gefundenen Geldbörse zur Rede gestellt und ihm angekündigt habe, die Polizei zu verständigen. Er hätte ihn jedoch nicht verletzen wollen, sondern lediglich "verschwinden wollen, um nicht bei der Polizei aufzufallen". Das diesbezügliche Gerichtsverfahren sei derzeit noch anhängig.
Über den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers sei zunächst nichts bekannt gewesen. Am 9. September 1998 sei ein Sicherheitswachebeamter der Erstbehörde in die Kinderabteilung des Krankenhauses SMZ-Ost beordert worden. Der diensthabende Oberarzt habe ausgeführt, dass Frau H. (die Exgattin des Beschwerdeführers), die sich mit ihrem kranken Kind in der Kinderabteilung befunden hätte, von einem Mann dort aufgesucht und mit dem Umbringen bedroht worden wäre. Frau H. habe dazu befragt angegeben, dass der Beschwerdeführer seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes immer wieder mit vermutlich gefälschten Dokumenten nach Österreich eingereist wäre und zuletzt ca. vor einer Woche wieder gekommen wäre und in Wien Unterkunft genommen hätte. Ihr Exgatte hätte sie schon öfters schwer verletzt und bedroht. So wäre sie im August 1998 in Jugoslawien von ihm geschlagen worden, wobei sie eine schwere Körperverletzung (Nasenbeinfraktur) erlitten hätte.
Wie aus dem erstinstanzlichen Bescheid bzw. dem Akteninhalt hervorgehe, werde der Beschwerdeführer mit Haftbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr gesucht, weil er - laut Gericht - "im Hinblick auf die Deliktsmehrheit und Tatwiederholung eine relativ hohe zumindest teilbedingte Freiheitsstrafe zu erwarten" hätte.
Den vorliegenden Aufhebungsantrag begründe der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass die seinerzeitigen Vorstrafen bereits aus dem Strafregister getilgt wären, die im Aufenthaltsverbotsbescheid angeführte Verurteilung fast neun Jahre zurückläge und er in der Zwischenzeit genug Zeit gehabt hätte, über das von ihm gesetzte Unrecht nachzudenken. Er hätte sich bereits seit vielen Jahren wohlverhalten. Die von seiner Exgattin erhobenen Anschuldigungen entsprächen in keiner Weise den Tatsachen. Auch gälte zudem bezüglich dieser Anzeigen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 EMRK. Zudem lebte im Bundesgebiet seine langjährige Freundin, eine österreichische Staatsbürgerin, die von ihm ein Kind erwartete. Außerdem wären hier neben seiner Exgattin die beiden aus dieser Ehe stammenden Kinder, zu denen er weiterhin Kontakt haben wollte, aufhältig.
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid sei im Wesentlichen gerügt worden, dass die Erstbehörde entgegen der Unschuldsvermutung des Art. 6 EMRK eine Vorverurteilung des Beschwerdeführers vorgenommen hätte. Dieser bestritte nicht, seinerzeit nach Österreich eingereist zu sein, weil er in großer Sorge um sein plötzlich erkranktes Kind gewesen wäre. Zudem hätte sich die Erstbehörde nicht mit der geänderten familiären Situation auseinandergesetzt. Am 17. November 2001 wäre sein (weiteres) Kind, B., in Wien geboren worden.
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 2 StGB und vor allem wegen schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch rechtskräftig verurteilt worden sei. Die ihm zur Last liegenden mehrfachen Wiederholungstaten rechtfertigten die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. Entgegen seiner Auffassung sei auch nicht erkennbar, dass bei Erlassung des Aufenthaltsverbots die nach § 37 leg. cit. durchzuführende Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausgegangen wäre. Da besondere Umstände weder vorgebracht noch aktenkundig seien, hätte die Erstbehörde bei fiktiver Geltung des FrG zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 leg. cit. eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch machen können. Diesbezüglich sei festzuhalten, dass mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 Monaten mit einem unbedingten Strafteil von zehn Monaten beinahe jenes Strafausmaß erreicht sei, welches eine positive Ermessensübung von vornherein ausschließe.
Auch die aufenthaltsverfestigenden Bestimmungen des FrG wären der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegengestanden, zumal der Beschwerdeführer erst seit 1. Juli 1988 im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei. Zwar habe er bei seiner Vernehmung am 12. Oktober 1992 angegeben, seit sieben Jahren in Österreich gelebt zu haben, es hätten sich jedoch im Akt dafür keine Anhaltspunkte finden lassen. Ungeachtet dessen sei bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes von einem 7-jährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ausgegangen worden. Er sei daher frühestens im Alter von ca. 21 Jahren in das Bundesgebiet eingereist, weshalb er nicht von "klein auf im Inland" aufgewachsen sei. Zum Zeitpunkt der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes (jenes Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, das zu dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. September 1992 geführt habe und im Zeitraum vom 13. August 1991 bis zum 4. November 1991 gesetzt worden sei) sei er somit höchstens sechs Jahre im Bundesgebiet niedergelassen gewesen.
Der Beschwerdeführer habe nicht darzulegen vermocht, dass sich die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Umstände zu seinen Gunsten geändert hätten. Weder in seiner privaten noch in seiner familiären Situation seien relevante Änderungen eingetreten.
Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mehrmals, zumindest zweimal, trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes in das Bundesgebiet zurückgekehrt sei und ein Verhalten gesetzt habe, welches das Landesgericht für Strafsachen Wien sogar veranlasst habe, gegen ihn einen Haftbefehl zu erlassen. In diesem Zusammenhang habe er zu Recht ausgeführt, dass für ihn betreffend die anhängigen gerichtlichen Verfahren die Unschuldsvermutung gelte. Die Feststellung, dass er mit Haftbefehl gesucht werde, stelle lediglich eine Tatsache und keine Präjudizierung der Gerichte dar. Feststehe dennoch, dass er durch die mehrfache illegale Einreise - dass er, wie von seiner Exgattin behauptet, mittels gefälschter Dokumente in das Bundesgebiet gelangt sei, habe auf Grund der Aktenlage nicht als erwiesen angenommen werden können - deutlich unter Beweis gestellt habe, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sein Aufenthalt nach wie vor eine beträchtliche Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK - vorliegend: der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen - und auch des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen darstelle, weshalb die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme weiterhin als gerechtfertigt erscheine.
Wenn der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 37 Abs. 1 und 2 FrG seine geänderte Familiensituation darstelle und geltend mache, auf Grund des Aufenthaltsverbotes nicht mit seiner österreichischen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind, das ebenso die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, im Bundesgebiet zusammenleben zu können, so sei dem zu entgegnen, dass bezüglich dieser in Anbetracht der besagten maßgeblichen öffentlichen Interessen in Kauf zu nehmenden Einschränkung keine Änderung seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten sei. Angesichts des oben näher dargestellten gravierenden Fehlverhaltens, welches der Beschwerdeführer teils vor, teils nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes gesetzt habe, mache er auch mit dem Umstand, dass er das Bundesgebiet nur (einmal) aufgesucht hätte, um bei seinem kranken Kind sein zu können, keinen Umstand geltend, der seine persönlichen Interessen - zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - so gewichtig erscheinen ließe, dass diese schwerer wögen als die durch sein Fehlverhalten massiv beeinträchtigten besagten öffentlichen Interessen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mehrfach für einen längeren Zeitraum im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, zumal er auch ausführe, dass es sich bei seiner Freundin um eine "langjährige" Lebensgefährtin handelte, die immerhin seit längerer Zeit in Wien ihren Wohnsitz habe. Zudem erführen der Umstand der Geburt eines Kindes seiner Lebensgefährtin, wobei auf Grund der Aktenlage nicht als erwiesen anzunehmen sei, dass er tatsächlich der Vater des Kindes sei - weder in der vorgelegten Geburtsurkunde noch in der Evidenz des Standesamtes Wien sei der Vater eingetragen -, und die in Aussicht gestellte Heirat mit der österreichischen Staatsbürgerin dadurch einer Relativierung, dass der Beschwerdeführer angesichts des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes nicht darauf habe bauen können, sich mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern in Österreich niederlassen zu dürfen.
Vor diesem Hintergrund sei die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG) und wögen die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation und die seiner Familie nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Aufhebung dieser Maßnahme (§ 37 Abs. 2 FrG).
Da der Beschwerdeführer auch keine besonderen, zu seinen Gunsten sprechenden Umstände dargelegt habe, könne das Aufenthaltsverbot auch nicht im Rahmen des der Behörde bei der Beurteilung nach § 44 FrG zukommenden Ermessens aufgehoben werden.
Was das auf die anhängigen gerichtlichen Strafverfahren des Beschwerdeführers gerichtete Vorbringen anlange, so sei dazu festzuhalten, dass es ihm freistehe, einen Antrag auf Erteilung eines Wiedereinreisevisums zu stellen, und er auf diese Weise die Gelegenheit erhalten könnte, sich in den jeweiligen Gerichtsverfahren zu verantworten.
Der Beschwerdeführer habe durch sein neuerliches Fehlverhalten sehr augenscheinlich dokumentiert, dass auch derzeit noch nicht vorhergesehen werden könne, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Nach der Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 3 FrG sind (auf der Grundlage früher geltender Bestimmungen erlassene) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (mit 1. Jänner 1998) noch nicht abgelaufen sind, auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlass für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht hätten erlassen werden können. Aufenthaltsverbote sind somit dann aufzuheben, wenn sie bei fiktiver Geltung des FrG im Zeitpunkt ihrer Verhängung nicht hätten erlassen werden dürfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2001/18/0053, mwN).
1.2. Die Beschwerde bringt vor, dass in Anbetracht der bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestehenden familiären Bindungen des Beschwerdeführers - dieser sei verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig gewesen - das Aufenthaltsverbot nicht hätte erlassen werden dürfen. Auch entspreche es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei einer Verurteilung zu einem unbedingten Strafausmaß von zehn Monaten eine positive Ermessensübung im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. zulässig sei und nicht dem Sinn dieses Gesetzes widerspreche.
1.3. Auf dem Boden des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes begegnet die Beurteilung der belangten Behörde unter dem Blickwinkel des § 114 Abs. 3 leg. cit. keinen Bedenken.
Dem obgenannten Aufenthaltsverbot liegt nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit weiteren Mittätern in professioneller Art und Weise gewerbsmäßig im Zeitraum vom 13. August 1991 bis zum 4. November 1991 in insgesamt sechs Wohnungen eingebrochen und dort vor allem Bargeld und Schmuck im Gesamtwert von ca. ATS 430.000,-- (EUR 31.249,32) gestohlen hatte, weshalb er vom Landesgericht Wien am 3. September 1992 zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, davon zehn Monate unbedingt, (rechtskräftig) verurteilt wurde. Schon zuvor war der seit 1987 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer wiederholt straffällig geworden. So war er u.a. am 15. März 1989 vom Bezirksgericht Hernals wegen des Vergehens der (vorsätzlichen) Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden, wobei dieser Verurteilung zu Grunde lag, dass er am 30. Oktober 1988 einen Mann durch einen Schlag mit einer Kunststofftasche in das Gesicht vorsätzlich misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt hatte.
Bei fiktiver Geltung des FrG im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides (laut der in den Verwaltungsakten enthaltenen Niederschrift der Erstbehörde vom 22. Dezember 1992:
am 18. Dezember 1992) wären angesichts der genannten strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 verwirklicht und in Anbetracht des genannten Fehlverhaltens die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt gewesen.
Ferner wäre den obgenannten (II.1.2.) persönlichen Interessen des Beschwerdeführers nicht ein solches Gewicht zugekommen, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG unzulässig gewesen wäre.
Schließlich begegnet auch die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass im Rahmen des ihr gemäß § 36 Abs. 1 leg. cit. eingeräumten Ermessens von der Erlassung dieser Maßnahme nicht Abstand zu nehmen gewesen wäre, keinem Einwand. Entgegen der Beschwerdeansicht ist nämlich bei einer (rechtskräftigen) Verurteilung eines Fremden wegen einer strafbaren Handlung zu einer in § 38 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. angeführten Freiheitsstrafe - wie im vorliegenden Fall zu einer (teilbedingten) Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren - das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eindeutig und würde eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung dieser Maßnahme offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes erfolgen (vgl. dazu eingehend den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490).
2.1. Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
Nach der hg. Judikatur kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Der Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes dient jedoch nicht dazu, die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, zu bekämpfen. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2000/18/0190, mwN.)
2.2. An konkreten Umständen, die erst nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten seien und auf die nicht bereits anlässlich der Verhängung dieser Maßnahme hätte Bedacht genommen werden können, bringt die Beschwerde vor, dass die obgenannten Verurteilungen des Beschwerdeführers mittlerweile im Strafregister getilgt worden seien, am 27. November 2001 (angesichts der mit der Berufung vorgelegten Geburtsurkunde offensichtlich gemeint:
17. November 2001) in Wien sein drittes Kind geboren worden sei und dessen Mutter, die seine Freundin und österreichische Staatsbürgerin sei, im Bundesgebiet lebe und er beabsichtige, sie zu heiraten. Auch das dritte Kind sei österreichischer Staatsbürger. Wenn die belangte Behörde bezweifle, dass der Beschwerdeführer Vater dieses Kindes sei, so hätte sie ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben und die Möglichkeit einräumen müssen, seine Vaterschaft - so unter Vorlage einer neuen Geburtsurkunde - unter Beweis zu stellen. (Mit der Beschwerde legte der Beschwerdeführer die Kopie einer Geburtsurkunde des Standesamtes Wien-Innere Stadt vom 8. Juli 2002 vor, der zufolge er der Vater des genannten Kindes sei.) Wenn die belangte Behörde ihm vorwerfe, sich am 14. Juni 1993 und im September 1998 unerlaubt in Österreich aufgehalten zu haben, so liege der erste Vorfall länger als neun Jahre zurück. Schon in der Berufung habe er vorgebracht, dass er im September 1998 sein krankes Kind im Krankenhaus in Wien habe besuchen wollen; hiebei sei ihm als medizinischem Laien der Ernst von dessen Erkrankung nicht bewusst gewesen. Seither habe er sich stets wohlverhalten und die österreichische Rechtsordnung geachtet. Ferner habe der Beschwerdeführer, der für seine beiden Kinder aus erster Ehe sorgepflichtig sei, zu diesen ein äußerst gutes Verhältnis. Es sei daher weder die von der belangten Behörde getroffene Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG noch die von ihr vorgenommene Interessenabwägung und Ermessensübung gerechtfertigt.
2.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid über das den obgenannten Verurteilungen gemäß § 83 Abs. 2 StGB und gemäß den §§ 127 ff StGB zu Grunde liegende Fehlverhalten hinaus dem Beschwerdeführer angelastet, dass er entgegen dem gegen ihn mit Bescheid vom 26. November 1992 erlassenen Aufenthaltsverbot zumindest zweimal - nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen wurde er am 14. Juni 1993 von einem Sicherheitswachebeamten in Wien betreten und suchte er laut Angaben seiner geschiedenen Ehegattin am 9. September 1998 die Kinderabteilung des Krankenhauses SMZ-Ost (in Wien) auf - in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist. Ein weiteres Fehlverhalten des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt. Diese führte in ihrem Bescheid vielmehr aus, dass die Behauptung seiner geschiedenen Ehegattin, dass er immer wieder mit gefälschten Dokumenten eingereist sei, nicht als erwiesen angenommen werden könne und in Bezug auf die gegen ihn anhängigen Strafverfahren die Unschuldsvermutung gelte.
Die aus dem für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Fehlverhalten des Beschwerdeführers resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit hat somit insoweit eine Relativierung erfahren, als er auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen seit dem Jahr 1991 gerichtlich nicht mehr straffällig geworden ist. Von einem gänzlichen Wohlverhalten des Beschwerdeführers kann zwar in Anbetracht seiner zweimaligen unerlaubten Einreise in das Bundesgebiet nicht gesprochen werden. Wenn der Beschwerdeführer dazu - wie bereits in seiner Berufung - vorbringt, dass die erste unerlaubte Einreise vor über neun Jahren stattgefunden habe und seine zweite Einreise (im Jahr 1998) aus Sorge um sein krankes Kind, das sich unstrittig damals im Krankenhaus befunden hat, erfolgt sei, so wurden diese Behauptungen im angefochtenen Bescheid nicht als unrichtig festgestellt. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, dass der Beschwerdeführer (mehrfach) "für einen längeren Zeitraum" im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, so fehlen dazu präzise Feststellungen, wie lange diese inländischen Aufenthalte gedauert haben.
An - zu den vorgenannten öffentlichen Interessen - gegenläufigen persönlichen Interessen macht der Beschwerdeführer geltend, dass er (bezogen auf den Zeitraum seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes) zu seinen beiden Kindern aus erster Ehe ein äußerst gutes Verhältnis habe und er mit einer österreichischen Staatsbürgerin ein im Jahr 2001 geborenes Kind habe, das wie seine Mutter, die er zu heiraten beabsichtige, in Österreich lebe und österreichischer Staatsbürger sei. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer mit seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid (u.a.) die Geburtsurkunde und den (österreichischen) Staatsbürgerschaftsnachweis des vom Beschwerdeführer genannten Kindes vorgelegt. Der belangten Behörde ist zwar insoweit darin beizupflichten, dass sich aus der mit der Berufung vorgelegten Geburtsurkunde nicht ergibt, wer der Vater des Kindes ist. Zu Recht macht die Beschwerde jedoch geltend, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ihre Bedenken gegen die Richtigkeit seiner Angaben zu seiner Vaterschaft zur Kenntnis und ihm Gelegenheit geben hätte müssen, diese unter Beweis zu stellen.
Es ist somit der angefochtene Bescheid insoweit mit Mängeln behaftet, als die belangte Behörde einerseits keine präzisen Feststellungen zur Dauer der zweimaligen inländischen Aufenthalte des Beschwerdeführers seit Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides getroffen hat und überdies die vorgenannten Zweifel hinsichtlich der Vaterschaft des Beschwerdeführers diesem im Berufungsverfahren nicht vorgehalten hat. Diesen Verfahrensmängeln kommt Relevanz zu: Sollte sich der Beschwerdeführer seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach den beiden unerlaubten Einreisen nur jeweils kurze Zeit im Bundesgebiet aufgehalten haben und er die von ihm ins Treffen geführten familiären Bindungen in Österreich aufweisen, so wäre das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes nicht mehr von solchem Gewicht, dass dem gegenüber die gegenläufigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers in den Hintergrund träten oder lediglich gleich zu gewichten wären.
3. Die belangte Behörde hat somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002180173.X00Im RIS seit
27.07.2005