TE OGH 1986/1/15 3Ob615/85

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Veröffentlicht am 15.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hannelore A, Verkäuferin, 8120 Peggau, Hinterberg 378, vertreten durch Dr.Wilfried Haidacher, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Gottfried A, Schlosser, 8111 Judenburg, Murfeldsiedlung 24, vertreten durch Dr.Gerhard Rene Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft EZ.1666 Katastralgemeinde Judendorf-Straßengel (Streitwert: S 357.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 27.Juni 1985, GZ7 R 94/85-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20.März 1985, GZ26 Cg 320/84-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 12.861,45 (darin S 1.081,95 Umsatzsteuer und S 960,-- sonstige Auslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Parteien, deren Ehe mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7.Oktober 1981, 15 Cg 93/81-12, geschieden worden ist, sind je zur Hälfte Miteigentümer der nur aus dem Grundstück 309/17, Wohnhaus in Judendorf, Murfeldsiedlung 24, bestehenden Liegenschaft EZ.1666 Grundbuch Judendorf-Straßengel, deren Einheitswert zum 1.Jänner 1983 S 357.000,-- betrug.

In der am 14.Dezember 1984 eingebrachten, mit S 357.000,-- bewerteten, als Teilungsklage bezeichneten Klage behauptete die Klägerin, die Parteien hätten vereinbart, daß die gemeinsame Liegenschaft verkauft und der Verkaufserlös unter Berücksichtigung der Pfandbelastung je zur Hälfte auf die Parteien aufgeteilt werden solle. Die Klägerin bemühe sich, Käufer zu finden, der Beklagte habe aber jeden die Liegenschaft besichtigenden Interessenten durch übertriebene Kaufpreisforderungen abgeschreckt. Deshalb sei eine Verwertung der Liegenschaft, deren Realteilung nicht möglich sei, nur durch gerichtliche Feilbietung möglich. Die Klägerin beantragte daher, die Eigentumsgemeinschaft der Parteien an der erwähnten Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung aufzuheben (ON 1). Der Beklagte beantragte, dieses Begehren abzuweisen. Er behauptete, die Parteien hätten sich im Scheidungsverfahren gerichtlich dahin verglichen, für den (eingetretenen) Fall, daß der Beklagte keinen zum Erwerb des Hälfteanteils der Klägerin (durch ihn nötigen) Kredit bekommen sollte, die Liegenschaft gemeinsam freiwillig feilzubieten. Es sei nicht richtig, daß der Beklagte von der Klägerin gefundene Kaufinteressenten durch übertriebene Kaufpreisforderungen abschrecke. Die Klägerin wolle die gemeinsame Liegenschaft, bei der er sich um ein Gebäude in bester Wohnlage handle, dessen Wert keinen Schwankungen unterliege, zum Schaden des Beklagten und der gemeinsamen Kinder verschleudern, daher werde "vor allem im Hinblick auf die allgemeine und insbesondere auf seine Wirtschaftslage" "Unzeit" eingewendet. Es sei dem Beklagten nicht zuzumuten, sich mit einer Geldsumme zu begnügen, von der er "nach dem Stand der Dinge annehmen müsse, daß sie entwertet in seinem Besitz bleiben werde (vgl. Klang, Kommentar zum § 830)". Da die begehrte Zivilteilung nur bei Unmöglichkeit oder Untunlichkeit einer Realteilung zulässig sei und die diesbezüglich beweispflichtige Klägerin dazu kein Vorbringen bzw. Beweisanbot erstellt habe, wäre die Klage wegen Unschlüssigkeit a limine zurückzuweisen gewesen (ON 2).

In der einzigen Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am 21. Februar 1985 ergänzte die Klägerin, eine Realteilung sei nicht möglich, weil die nur 759 m 2 große Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus bebaut sei. Als mit der beklagten Partei erörtert wurde, warum unter diesen Umständen im besonderen Fall eine Realteilung möglich sein soll, brachte der den Beklagtenvertreter vertretende Rechtsanwaltsanwärter vor, daß an die Aufteilung des Hauses in Miteigentumsanteile, verbunden mit Wohnungseigentum, gedacht sei. Bei der Erörterung, welche Besonderheiten der wirtschaftlichen Lage der beklagten Partei bestünden, konnte vom erwähnten Vertreter des Beklagten "keine Stellungnahme abgegeben werden".

Nach Vortrag des erwähnten Scheidungsaktes und des vom Beklagten vorgelegten Privatgutachtens des Zivilingenieurs für Bauwesen und beeideten gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing.Harald B vom 26. Jänner 1982 über den Verkehrswert der gemeinsamen Liegenschaft wurde die Verhandlung unter Abstandnahme von der schon beschlossenen Parteienvernehmung geschlossen (ON 3).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es ging davon aus, daß die Parteien mit gerichtlichem Vergleich vom 7.Oktober 1981 die Aufhebung ihrer Eigentumsgemeinschaft an der streitgegenständlichen Liegenschaft durch freiwillige Feilbietung vereinbarten, wobei sie sich verpflichteten, die freiwillige Feilbietung gemeinsam zu beantragen. Sodann stellte das Erstgericht im wesentlichen fest, daß die Liegenschaft EZ.1666 Grundbuch Judendorf-Straßengel 759 m 2 groß und mit einem Einfamilienhaus samt angrenzender PKW-Garage bebaut ist. Das Wohnhaus besteht aus einem im Jahre 1965 fertiggestellten Keller und Erdgeschoß sowie einem noch nicht bezugsfähigen Obergeschoß. Das Grundstück ist baulich voll ausgenützt, auf den verbleibenden Gartenflächen könnten bestenfalls untergeordnete Bauten errichtet werden. Die Liegenschaft hatte im Jänner 1982 einen Verkehrswert von S 958.000,--. Rechtlich führte das Erstgericht aus, wegen des Flächenausmaßes und der Bebauung mit einem Einfamilienhaus stünden einer Realteilung rechtliche und tatsächliche Hindernisse entgegen. Die Begründung von Wohnungseigentum sei keine Realteilung. Die Klägerin könne daher Zivilteilung verlangen. Die derzeitige allgemeine wirtschaftliche Lage und die besondere wirtschaftliche Lage des Beklagten könnten mangels eines Hinweises auf eine zu erwartende Änderung kein Teilungshindernis begründen. Ob sich aus dem Aufhebungsübereinkommen vom 7.Oktober 1981 rechtliche Hindernisse für die Berechtigung der Teilungsklage ergeben könnten, sei mangels entsprechender Einwendung des Beklagten nicht zu prüfen gewesen, doch sei eine Einigung der Parteien über die konkreten Bedingungen einer freiwilligen Feilbietung offenbar nicht erzielt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Streitgegenstand, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteigt.

Das Berufungsgericht führte unter anderem aus, daß die Parteien im seinerzeitigen Vergleich über die Bedingungen der freiwilligen Feilbietung keine Vereinbarung getroffen hätten und sich über den Ausrufspreis nicht einigen konnten, dessen gemeinsame Bestimmung durch die Miteigentümer aber für eine freiwillige Feilbietung nach § 275 AußStrG zwingend wäre. Die Klägerin könnte eine solche freiwillige Feilbietung daher weder durch den Versuch einer zwangsweisen Durchsetzung des Vergleichs, noch im Wege einer Klage auf Erfüllung dieses Vergleichs erzwingen, weshalb der Vergleich einer meritorischen Erledigung des auf § 830 ABGB gestützten Klagebegehrens nicht entgegenstehe. Die derzeitigen Verhältnisse in Österreich könnnten keine Unzeit bewirken, weil eine Beendigung des anhaltenden Preisauftriebs, aber auch ein unzureichender Verkaufserlös oder dessen plötzlicher Wertverfall nicht zu erwarten seien. In seiner Person gelegene Umstände, die die Annahme einer Unzeit indizieren könnten, habe der Beklagte nicht präzisiert. Das Erstgericht habe daher mit Recht keine Unzeit angenommen. Es habe auch ohne Rechtsirrtum bereits aus der geringen Größe und der Bebauung der Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus auf die Unmöglichkeit der Naturalteilung geschlossen, weil diese zu einem erheblichen Wertverlust führen müßte. Weil sich der Beklagte mit der Klägerin vergleichsweise auf eine Zivilteilung geeinigt habe, sei ihm die Einwendung der möglichen Naturalteilung überdies verwehrt. In seiner das gesamte Berufungsurteil bekämpfenden Revision behauptet der Beklagte Mängel beider vorinstanzlichen Verfahren, eine Aktenwidrigkeit im Berufungsurteil und unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht und beantragt, das angefochtene Urteil durch gänzliche Abweisung des Klagebegehrens abzuändern, allenfalls es aufzuheben.

Die Revisionsgegnerin erachtet die behaupteten Revisionsgründe als nicht gegeben und beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das im Hinblick auf den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes nach § 502 Abs4 Z.2 ZPO zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Die geltendgemachten Mangelhaftigkeiten und die behauptete Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs3 ZPO).

Die Rechtsrüge ist aus folgende Gründen nicht berechtigt:

Nach ständiger Rechtsprechung begründet ein gerichtlicher Vergleich nicht die Prozeßeinrede der Rechtskraft sondern die materiellrechtliche Einwendung der verglichenen Streitsache (SZ 40/115; EvBl1959/115; EvBl1952/377; SZ 22/52) bzw. des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses (ÖBl.1979, 81; SZ 21/124 u.a.). Dieser Rechtsprechung pflichtet unter anderem Fasching bei (Kommentar III, insbesondere 7, 169 ff., 697; sowie Lehr- und Handbuch, insbesondere Rz 1358 f.).

Daß hinsichtlich des eingeklagten Anspruches ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde, ist daher - anders als zum Beispiel die Rechtskraft eines die Streitsache betreffenden Urteils (§ 240 Abs3 ZPO) - nicht jederzeit von amtswegen zu berücksichtigen, sondern nur auf Grund einer in erster Instanz erhobenen Einwendung zu prüfen (EvBl1959/115; SZ 21/124 u.a.; Fasching,

Kommentar III 171).

Eine solche Einwendung kann jedoch dem erstinstanzlichen Vorbringen des Beklagten nicht entnommen werden. Darin wurde nämlich nicht behauptet, daß hinsichtlich des nunmehr klageweise geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung des Miteigentums durch gerichtliche Feilbietung ein exekutionsfähiger gerichtlicher Vergleich der Parteien vorliege, sondern lediglich vorgebracht, daß sich die Parteien gerichtlich dahin verglichen hätten, die gemeinsame Liegenschaft gemeinsam freiwillig feilzubieten, also (außergerichtlich) verkaufen.

Da die Einwendung der verglichenen Streitsache somit vom Beklagten in erster Instanz nicht erhoben wurde und eine amtswegige Berücksichtigung dieses Umstands unzulässig ist, ist die Rechtsmeinung des Revisionswerbers, der vorangegangene gerichtliche Vergleich stehe einer Sachentscheidung, jedenfalls aber einer klagestattgebenden Entscheidung entgegen, unrichtig. Ob dies anders wäre, wenn der Beklagte diese Einwendung in erster Instanz erhoben hätte, kann daher unerörtert bleiben.

Aus der Unbedingtheit des Teilungsanspruches ergibt sich u.a., daß die beklagte Partei die Behauptungs- und Beweislast für Teilungshindernisse trifft (MietSlg.36.043, 36.054, 36.055, 34.068, 32.046 u.a.). Dazu genügt nicht schon die allgemeine Behauptung, das Teilungsbegehren werde zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen erhoben. Es müssen vielmehr konkrete vorübergehende Umstände vorgebracht werden, die ein Teilungshindernis begründen können und den Rahmen der diesbezüglichen Prüfung bilden (MietSlg.36.054, 36.055, 34.068 u.a.). Da derartige konkrete Umstände vom Beklagten in erster Instanz trotz diesbezüglichen Bemühens des Erstrichters im Sinn des § 182 Abs 1 ZPO nicht einmal behauptet wurden, konnten solche Umstände entgegen der Meinung des Revisionswerbers auch nicht geprüft werden und daher auch nicht die Abweisung des Teilungsbegehrens begründen.

Die in der Klagebeantwortung vertretene Behauptungs- und Beweislastregel, die auf Zivilteilung klagende Partei habe zu behaupten und zu beweisen, daß die Realteilung unmöglich oder untunlich sei (MietSlg.36.056 u.a.) wird (ausnahmsweise) durchbrochen, wenn die gemeinsame Liegenschaft - wie im vorliegenden Fall - aus einer mit einem Haus verbauten kleinen Baufläche besteht. In einem solchen Fall muß der Beklagte konkret behaupten und beweisen, daß ausnahmsweise eine Naturalteilung möglich ist (MietSlg.36.055, 34.080 u.a.).

Diesbezüglich wurde vom Beklagten in erster Instanz trotz richterlicher Anleitung im Sinn des § 182 Abs 1 ZPO nur vorgebracht, daß an die Aufteilung des Hauses in Miteigentumsanteile, verbunden mit Wohnungseigentum, gedacht sei. Da die Einräumung des Wohnungseigentums überhaupt keine Teilung der gemeinsamen Liegenschaft, sondern eine Fortsetzung der Miteigentumsgemeinschaft darstellt (MietSlg.32.057, 31.063, 30.077 u.a.) wurden vom Beklagten überhaupt keine konkreten Umstände behauptet oder gar bewiesen, nach denen die Naturalteilung der nur aus einem 759 m 2 großen, mit einem Einfamilienhaus samt angebauter PKW-Garage bestehenden Liegenschaft ausnahmsweise möglich oder tunlich wäre, so daß solche Umstände auch nicht zur Abweisung des Klagebegehrens herangezogen werden können.

Der in jeder Hinsicht unbegründeten Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07251

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00615.85.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19860115_OGH0002_0030OB00615_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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