Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ilse Maria H***, Angestellte, Wien 10, Weitmosergasse 28, vertreten durch Dr. Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien
1.) Verlassenschaft nach Maria H***, verstorben am 11. November 1982, zuletzt wohnhaft gewesen in Wien 13, Bergheidengasse 98, vertreten durch die erbserklärten Erben Hilde F*** und Kurt F***, beide Wien 13, Dommayergasse 10/1/3, diese vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, und
2.) öffentlicher Notar Dr. Kurt W***, Wien 1, Hoher Markt 4, vertreten durch Dr. Heinz Giger und Dr. Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, und die Nebenintervenienten auf Seiten der erstbeklagten Partei Prof.Dr. Kurt W***, öffentlicher Notar, Wien 1, Hoher Markt 4, vertreten durch Dr. Heinz Giger und Dr. Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, sowie Viktor und Franziska P***, Pensionisten, Aigen-Voglhub, Ramsau 20, vertreten durch Dr. Dieter Wille, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert S 3,150.000,-) und
S 2,613.600,- s. Ngb. infolge Revision der erstbeklagten Partei und des Nebenintervenienten Prof.Dr. Kurt W*** gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. April 1985, GZ. 13 R 51/85-32, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei und des Nebenintervenienten Prof.Dr. Kurt W*** das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Oktober 1984, GZ. 39 b Cg 199/83-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung:
Nach dem am 4.2.1961 vor dem Zweitbeklagten als öffentlichem Notar mit Amtssitz in Wien in gleichzeitiger Gegenwart des öffentlichen Notars Dr. Theodor G*** errichteten Protokoll erklärte der Generaldirektor Oskar H*** seinen letzten Willen wie folgt:
"I. Zur Alleinerbin meines gesamten, wo immer befindlichen und wie immer gearteten beweglichen und unbeweglichen Vermögens ernenne ich meine Gattin Maria H***, geb. L***, Wien 13,
Bergheidengasse 98.
II. Sollte meine Gattin vor mir oder gleichzeitig mit mir versterben oder aus einem anderen Grunde nicht nach mir Erbin werden, so treffe ich für diesen Fall folgende Anordnungen:
1.) Zur Alleinerbin ernenne ich meine Nichte Frau Eva U***, geb. H***, Wien 18, Weimarerstraße 17, die Tochter meines Bruders Hermann H***.
Sollte die Erbin innerhalb von 10 Jahren ab meinem Todestag das Grundstück mit dem darauf befindlichen Haus und Nebenbaulichkeiten in Wien 13, Bergheidengasse 98, im ganzen oder in Teilen verkaufen, so hat sie die Hälfte des jeweiligen Verkaufserlöses, mindestens jedoch die Hälfte des Verkehrswertes in barem an ihre Schwester Ilse H***, Wien 10, Weitmosergasse 28 - im Falle deren Vorablebens an deren eheliche Nachkommen - unverzüglich auszuzahlen. Der Verkehrswert ist über Wunsch meiner Nichte Ilse H*** durch einen von ihr und meiner Nichte Eva U*** einverständlich zu bestimmenden Sachverständigen festzustellen.
Diese Verfügung entspringt dem Wunsch, daß unser Haushalt auch nach unserem Ableben so wie bisher weitergeführt, seine Auflösung dadurch vermieden werden soll.
2.) Aus dem an meinem Todestag vorhandenen
Bargeld......sind......nachfolgende Legate zu entrichten: ........
a) der Erbin Eva U*** als Vorausvermächtnis S 100.000,-,
b) Frl. Ilse H*** jun., Wien 10,
Weitmosergasse 28 S 100.000,-,
........."
Nach dem am 29.11.1962 vor dem Zweitbeklagten als öffentlichem Notar mit Amtssitz in Wien in gleichzeitiger Gegenwart des öffentlichen Notars Dr. Friedrich A*** errichteten Protokoll erklärte Generaldirektor Oskar H*** seinen letzten Willen wie folgt:
I. Ich habe am 4. Februar 1961 vor dem öffentlichen Notar Dr. Kurt W*** zu dessen Geschäftszahl 156 meinen letzten Willen mündlich zu Protokoll gegeben. In Ergänzung und teilweiser Abänderung dieses meines letzten Willens verfüge ich nachfolgendes:
II. Ich habe das an meine Liegenschaft in Wien 13, Bergheidengasse 98, angrenzende Grundstück EZ 1031 KG Speising erworben. Dasselbe wird, wenn der im Punkt II. meines Testamentes vom 4. Februar 1961 vorgesehene Fall eintreten sollte, in das Eigentum meiner Alleinerbin Eva U*** übergehen. Ich möchte hiezu ausdrücklich feststellen, daß die im zweiten Absatz des Punktes II. Ziffer 1. meines Testamentes vom 4. Februar 1961 getroffene Verfügung - bei Verkauf des Grundstückes mit dem darauf befindlichen Haus und Nebenbaulichkeiten in Wien 13, Bergheidengasse 98, innerhalb von 10 Jahren ab meinem Todestag - für das oberwähnte Grundstück Nr. 415/9, inneliegend in der EZ 1031 der KG Speising, nicht gilt. Weiters möchte ich hiemit ausdrücklich klarstellen, daß die vorerwähnte Verfügung in Punkt II. 1.) Absatz zwei meines letzten Willens vom 4. Februar 1961 auch nicht die beweglichen Gegenstände im Haus Wien 13, Bergheidengasse 98, samt Nebenbaulichkeiten (Wohnungseinrichtung, Hausrat usw.) betrifft.
III. Das von mir erworbene Landhaus in Ramsau 23, Post Aigen-Voglhub bei Strobl vermache ich als Legat meiner Nichte Ilse H***.
IV. Ich erhöhe hiemit das in Punkt II. Ziffer 2, lit. p meines notariellen Testaments vom 4.2.1961 verfügte Barlegat an Frau Rosy F***......
V. Sämtliche in meiner letztwilligen Anordnung vom 4.2.1961 getroffenen Verfügungen, soweit sie nicht wie oben ausgeführt, geändert oder ergänzt worden sind, bleiben unverändert aufrecht."
Generaldirektor Oskar H*** starb am 28.1.1963, seine Frau Maria H*** am 11.11.1982.
Mit der am 8.4.1983 eingelangten Klage stellt die Klägerin das Begehren, 1.) die erstbeklagte Partei sei schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu Gunsten der Klägerin Ilse Maria H*** (geb. am 2.12.1939) ob der Liegenschaft
EZ 141 KG Lindau (Gerichtsbezirk Bad Ischl) mit den Grundstücken Nr. 216/2 Wiese, 261/2 Wald, 262/18 Wald, 262/19 Wald, 262/20 Weide, 216/5 Wiese und 216/6 Wiese einzuwilligen; 2.) die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin S 388.800,- (Ausdehnung Schriftsatz ON 20: S 2,613.600,--) samt Anhang zu bezahlen. Die Klägerin bringt vor, der Zweitbeklagte sei in der Verlassenschaftsabhandlung nach Oskar H*** als Erbenmachthaber für dessen erblasserische Witwe eingeschritten. Nach den vom Zweitbeklagten am 11.9.1963 gestellten Schlußanträgen sollte auch die Liegenschaft EZ 141 KG Lindau der erblasserischen Witwe eingeantwortet und in deren grundbücherliches Eigentum übertragen werden. Als der Verlassenschaftsrichter des Bezirksgerichtes Hietzing, O*** Dr. S***, am 26.9.1963 den Zweitbeklagten auf das in der letztwilligen Anordnung vom 29.11.1962 enthaltene Legat zu Gunsten der Klägerin hingewiesen habe, habe der Zweitbeklagte angegeben, der Erblasser habe in bezug auf sein gesamtes Vermögen seine Gattin zur Universalerbin eingesetzt, seine sämtlichen Legate seien nur für den Fall gedacht gewesen, daß er seine Gattin überlebe. Der Verlassenschaftsrichter habe den Zweitbeklagten daraufhin aufgefordert, dies dem Gericht binnen vier Wochen nachzuweisen, außerdem aber, "um der Form zu genügen", "der in Punkt III genannten Ilse H***" Abschriften beider letztwilligen Anordnungen zu übersenden. Nach einer vom Zweitbeklagten verfaßten und am 1.10.1963 dem Bezirksgericht Hietzing vorgelegten Erklärung bestätige die Klägerin, in Kenntnis der letztwilligen Anordnungen ihres Onkels zu sein. Sie anerkenne, "daß sich die letztwillige Verfügung vom 29.11.1962 ihrem gesamten Inhalt nach, sohin auch in bezug auf die Legatsverfügung Punkt III auf den Punkt II des Testaments vom 4.2.1961" beziehe. Der Zweitbeklagte habe der Klägerin, als sie diese Erklärung unterfertigt habe, Kopien der letztwilligen Verfügung nicht ausgefolgt. Er habe lediglich der Klägerin gegenüber festgestellt, daß ein ihr ausgesetztes Legat ebenso wie die Erbseinsetzung ihrer Schwester nur für den Fall zum Tragen gekommen wäre, daß Maria H*** als Ehefrau des Oskar H*** vor diesem oder gleichzeitig mit diesem verstorben wäre, was jedoch nicht der Fall sei, so daß die Klägerin und ihre Schwester nichts erhalten. Die Klägerin habe den Erklärungen des Zweitbeklagten vertraut. Sie sei sich nicht bewußt gewesen, ein ihr ausgesetztes Legat nicht in Anspruch zu nehmen. Das Verlassenschaftsgericht habe sodann am 3.10.1963 die Einantwortungsurkunde erlassen. Seither sei Maria H*** grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 141 KG Lindau. Als der Rechtsvertreter der Schwester der Klägerin die Sach- und Rechtslage nach dem Tode der Maria H*** recherchiert habe, sei ihm Punkt III der Testamentsergänzung vom 29.11.1962 aufgefallen. Erst durch die Mitteilung dieses Rechtsvertreters sei der Klägerin bekannt geworden, daß ihr ein Legatsanspruch auf die Liegenschaft EZ 141 KG Lindau zugestanden wäre und noch immer zustehe. Die Auslegung des letzten Willens vom 29.11.1962 sei nämlich völlig zweifelsfrei.
Eine Schilderung der gegen beide Beklagte behaupteten Schadenersatzansprüche erübrigt sich, weil das Erstgericht die Verhandlung auf Punkt 1 des Klagebegehrens beschränkt hat. Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage.
Die Erstbeklagte wendet ein, die letztwilligen Verfügungen vom 4.2.1961 und vom 29.11.1962 seien als Einheit anzusehen. Eine isolierte Auslegung des Punkte III. des Testamentsnachtrages sei unzulässig. Die Punkte II. und IV. des Testamentsnachtrages bezögen sich lediglich auf die Ersatzerbschaft. Dies könne daher bei Punkt III. nicht anders sein. Der wahre Wille des Erblassers sei dahin gegangen, daß die streitgegenständliche Liegenschaft seiner Ehegattin zukomme. Die Erklärung der Klägerin vom 30.9.1963 sei voll wirksam. Die Klägerin sei weder getäuscht, noch irregeführt worden. Der Anspruch der Klägerin sei daher verjährt.
Der Zweitbeklagte wendet ein, Oskar H*** habe mit dem Testamentsnachtrag vom 29.11.1962 Verfügungen nur für den Fall des Eintritts der Ersatzerbschaft treffen wollen. Auf Grund des Hinweises des Verlassenschaftsrichters, daß in Punkt III. der letztwilligen Anordnung vom 29.11.1962 kein Bezug auf den Fall der Ersatzerbschaft enthalten sei, habe der Zweitbeklagte die Klägerin zu einer Besprechung in seine Kanzlei gebeten, habe ihr die letztwilligen Verfügungen vorgelesen und habe ihr erklärt, man könne nach der Fassung des Testamentsnachtrages die Meinung vertreten, die Klägerin erhalte das Landhaus bei Bad Ischl sogleich. Der wahre Wille ihres Onkels sei aber dahin gegangen, daß die Klägerin das Landhaus nur dann erhalte, wenn Maria H*** nicht erben könne. Über Ersuchen des Zweitbeklagten habe die Klägerin die Erklärung abgegeben, den wahren Willen des Erblassers anzuerkennen. Die Klägerin habe mit dieser Erklärung einerseits mit konstitutiver Wirkung anerkannt, daß der Witwe ausschließliche Ansprüche zum gesamten Nachlaß zustehen, und andererseits auf die Geltendmachung allfälliger Ansprüche aus Punkt III. des Nachtrages vom 29.11.1962 verzichtet. Eine Anfechtung der Erklärung wegen Irrtums sei verjährt. Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Klagebegehren in seinem Punkt 1. statt und traf zusätzlich zu dem bereits wiedergegebenen Inhalt der letztwilligen Verfügungen vom 4.2.1961 und 29.11.1962 folgende Feststellungen:
Oskar H*** teilte dem Zweitbeklagten mit Schreiben vom 28.8.1962 mit, daß er ein Landhaus in Ramsau bei Strobl erworben habe und ersuchte den Zweitbeklagten, dieses Schreiben dem Testament zwecks Information der Erben anzuschließen. Oskar H*** äußerte auch den Wunsch, die Bargeldlegate zu erhöhen und verständigte den Zweitbeklagten davon, daß er das an seine Liegenschaft in Wien 13, Bergheidengasse, angrenzende Grunstück erworben habe. Am 4.9.1962 teilte der Zweitbeklagte dem Oskar H*** mit, er habe das Schreiben über den Ankauf des Landhauses in Ramsau dem Testament angeschlossen. Gleichzeitig übersandte er einen Entwurf bezüglich der Erhöhung des Legates an Rosy F***. In diesem Entwurf heißt es: "In Abänderung meines am 4.2.1961 zu Protokoll......gegebenen letzten Willens erhöhe ich hiemit das in Punkt II, 2 lit. p verfügte Barlegat.....im übrigen bleiben sämtliche in meinem vorzitierten letzten Willen getroffenen Anordnungen.....vollinhaltlich und unverändert aufrecht."
Am 17.11.1962 übersandte der Zweitbeklagte dem Oskar H*** Entwürfe der von diesem und seiner Frau zu errichtenden letztwilligen Anordnungen, womit die am 4.2.1961 errichteten Testamente abgeändert werden sollten. Punkt II. des Entwurfs der letztwilligen Anordnung des Oskar H*** lautet: "Für den Fall, als meine Gattin Maria H***, geb. Lang, gemäß Punkt I. meines letzten Willens vom 4.2.1961 meine Alleinerbin wird, vermachte ich der Frau Rosy F***.....ein Barlegat in der Höhe von S 100.000,-". Dieser Punkt wurde in der Folge gestrichen. Punkt III. des Entwurfes wurde als Punkt IV. in die letztwillige Anordnung vom 29.11.1962 aufgenommen, Punkt IV. des Entwurfes als Punkt II., Punkt V. des Entwurfes als Punkt III. und Punkt VI. des Entwurfes als Punkt V. Im Entwurf für die letztwillige Anordnung der Maria H*** scheint unter Punkt IV. (ausgebessert auf Punkt III.) die Liegenschaft in Ramsau als Legat für die Klägerin auf.
Maria H*** widerrief alle ihre früheren letztwilligen Verfügungen in dem Testament vom 13.11.1978, in dem sie Hilde und Kurt F*** als Erben einsetzte und das Landhaus in Ramsau Rosy und Eva F*** vermachte.
Der Zweitbeklagte schritt im Verlassenschaftsverfahren nach Oskar H*** als Erbenmachthaber der Maria H*** ein, legte am 11.9.1983 beim Bezirksgericht Hietzing als dem Verlassenschaftsgericht ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis vor und stellte die Schlußanträge. Im Entwurf der Einantwortungsurkunde scheint auch das Landhaus in Ramsau auf.
Der damalige Abhandlungsrichter des Bezirksgerichtes Hietzing, O*** Dr. S***, nahm am 26.9.1963 ein Protokoll auf, wonach der Zweitbeklagte angab, der Erblasser habe in seiner letztwilligen Anordnung vom 29.11.1962 in bezug auf sein gesamtes Vermögen seine Gattin zur Universalerbin einsetzen wollen; seine sämtlichen Legate seien nur für den Fall gedacht gewesen, daß er seine Gattin überlebe. Der Zweitbeklagte erhielt daraufhin den Auftrag, dies dem Gericht binnen 4 Wochen nachzuweisen und, "um der Form zu genügen", der Klägerin Abschriften der beiden letztwilligen Anordnungen zu übersenden.
Der Zweitbeklagte kam diesem Auftrag nicht nach. Er erbrachte keinen Nachweis dafür, daß die letztwillige Anordnung vom 29.11.1962 so zu verstehen sei, daß sämtliche Legate nur für den Fall gedacht waren, daß der Erblasser seine Gattin überlebe. Der Zweitbeklagte übersandte der Klägerin auch nicht Abschriften der letztwilligen Anordnungen, sondern lud sie als Erbenmachthaber in seinen Amtssitz als öffentlicher Notar vor und ließ sie - am 30.9.1963 - ein vorbereitetes Schriftstück unterfertigen. Dieses Schriftstück trägt den Titel "Erklärung" und hat folgenden Wortlaut: "Ich.....bestätige hiemit für das Verlassenschaftsgericht....., in Kenntnis zu sein, daß mein Onkel.....nachfolgende letztwillige Anordnungen hinterlassen hat:.....(es folgen wörtliche Abschriften der Verfügungen vom 4.2.1961 und 29.11.1962)...... Ich erkenne an, daß sich die letztwillige Verfügung vom 29.11.1962 ihrem gesamten Inhalt nach, sohin auch in bezug auf die Legatsverfügung Punkt III., auf den Punkt II. des Testaments vom 4.2.1961 bezieht." Das Schriftstück umfaßt 14 Seiten. Der Zweitbeklagte las der Klägerin den gesamten Inhalt vor und gab Erklärungen dahingehend ab, das Testament gelte nur dann, wenn Herr und Frau H*** gleichzeitig sterben sollten oder die Tante der Klägerin vorverstirbt. Der Zweitbeklagte sagte der Klägerin nicht, der Nachtrag sei mangelhaft formuliert worden. Er gab ihr in keiner Richtung irgendeine Rechtsbelehrung und klärte sie auch nicht auf, daß er als Erbenmachthaber fungiere und nicht als "öffentlicher Notar in seinem Amtssitz" (gemeint wohl: Gerichtskommissär). Der Zweitbeklagte sagte der Klägerin auch nicht, was geschehen würde, wenn sie nicht bereit sei zu unterfertigen. Der Zweitbeklagte legte die Erklärung der Klägerin mit Eingabe vom 1.10.1963 dem Abhandlungsgericht vor und führte darin aus, er habe die Klägerin eingehend über den letzten Willen des Erblassers informiert; die Klägerin habe das festgehaltene ausdrückliche Anerkenntnis abgegehen.
Der Zweitbeklagte war der Meinung, die Klägerin habe durch die Unterschriftsleistung kein Recht verloren.
Zusammenfassend wird festgestellt, daß der Inhalt des Protokolls vom 29.11.1962 den wahren Willen des Oskar H*** wiedergibt und mit keinem "Redaktionsfehler" behaftet ist.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die letztwillige Verfügung des Oskar H*** vom 29.11.1962 gebe den wahren Willen des Erblassers wieder. Es liege die zweifelsfreie Verfügung eines Legates zugunsten der Klägerin vor. Die undeutliche Erklärung der Klägerin vom 30.9.1963 könne keine Rechtswirkungen haben, insbesondere nicht in der Richtung, daß hiedurch ein konstitutives Anerkenntnis abgegeben worden wäre. Die Frage der Verjährung stelle sich daher gar nicht.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000,- übersteige. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes führte das Berufungsgericht aus, die Interpretation einer letztwilligen Verfügung habe sich am subjektiven Willen des Erblassrs zu orientieren. Auszugehen sei von der gewöhnlichen Bedeutung der Worte, doch dürfe man nicht am Wortlaut der Verfügung haften. Hauptziel sei die Erforschung des wahren Willens des Erblassers. Bei der Ermittlung dieses Willens seien alle Umstände, insbesondere mündliche und schriftliche Äußerungen des Erblassers, zu berücksichtigen. Auch Zeugenbeweise seien möglich. Der Absicht des Testators dürfe aber nur gefolgt werden, wenn sie noch irgend eine Grundlage im Wortlaut der letztwilligen Verfügung selbst finde, weil sonst die Formvorschriften umgangen werden würden. Die Auslegung dürfe vor allem der völlig unzweideutigen Erklärung nicht gerade zuwiderlaufen. Die Auslegung müsse immer darauf beschränkt sein, den Sinn des Wortlautes einer Verfügung zu klären. Selbst eine noch so deutlich erwiesene Absicht des Testators sei unbeachtlich, wenn sie im letzten Willen keinen Ausdruck gefunden habe. Die von den Beklagten angestrebte Auslegung, das Vermächtnis sei nach dem Willen des Testators davon abhängig gewesen, daß dessen Gattin vorversterbe oder aus anderen Gründen nicht Erbin werde, finde in der letztwilligen Verfügung selbst keinen Anhaltspunkt, sodaß eine solche Auslegung der letztwilligen Anordnung nicht zulässig sei. Es müsse deshalb dahingestellt bleiben, ob eine derartige Absicht des Testators vorhanden gewesen sei, weil eine solche in der letztwilligen Anordnung selbst keinen Ausdruck gefunden habe. Berücksichtige man, daß der damals noch sehr jungen, rechtsunkundigen Klägerin vom Zweitbeklagten eine 14 Seiten lange Erklärung, die im wesentlichen den Wortlaut der beiden letztwilligen Verfügungen enthielt, vorgelesen und ihr im Anschluß daran eine vorformulierte Erklärung, die keineswegs eindeutig, sondern kryptisch und für einen Laien, wie es die Klägerin sei, unverständlich formuliert gewesen sei, zur Unterschrift vorgelegt worden sei, könne man in deren Unterfertigung kein konstitutives Anerkenntnis erblicken. Eine Bindung an ein konstitutives Anerkenntnis sei nur dann anzunehmen, wenn es der Erklärende in voller Kenntnis aller wesentlichen Umstände abgegeben habe. Diese Voraussetzung mangle aber hier schon deshalb, weil der Zweitbeklagte selbst angegeben habe, der Klägerin sicher nicht gesagt zu haben, daß ihr, falls sie nicht unterschreibe, ein Rechtsverlust drohe. Gleiche Erwägungen gelten auch für den subsidiär behaupteten Verzicht. Ein solcher sei nur dann anzunehmen, wenn er eindeutig sei. Für die Klägerin habe jedoch bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund bestanden, auf das wertvolle Legat zu verzichten, sodaß der undeutlichen Erklärung auch nicht diese Bedeutung beigemessen werden könne. Der Erklärung der Klägerin vom 30.9.1963 komme somit keine rechtliche Relevanz zu.
Die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte in seiner Eigenschaft als Nebenintervenient der Erstbeklagten hinsichtlich Punkt 1. des Klagebegehrens (Schriftsatz ON 12) bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs. 1 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung
machen die Beklagten geltend, man müsse die letztwilligen
Erklärungen des Erblassers als Einheit in ihrem gesamten
Zusammenhang betrachten. Diese Zusammenschau könne ebensogut Zweifel
der grammatikalischen Auslegung beseitigen, wie Zweifel am Sinn
einzelner grammatikalisch eindeutiger Punkte wecken. Das
Berufungsgericht selbst habe bei seiner Entscheidung im
Provisorialverfahren ON 18 festgestellt, daß der Testator die
Aussetzung des im Punkt III. des Nachtrages enthaltenen Legates "in
auffälligem Gegensatz zur Verfügung Punkt II." nicht davon abhängig
gemacht habe, daß die Gattin des Testators vorversterbe. Aus der
Zusammenschau der beiden Verfügungen vom 4.2.1961 und
29.11.1962 - die nur einen Anhang darstelle - ergebe sich, daß der
gesamte letzte Wille des Erblassers von einer zentralen Vorstellung
ausgegangen sei, nämlich dem Umstand, seine Ehegattin zur
Universalerbin einzusetzen und ihr sein gesamtes Vermögen zukommen
zu lassen. Das Testament vom 4.2.1961 enthalte davon abweichende
Verfügungen ausschließlich für den in Punkt II. genannten Fall, daß
die Ehegattin nicht Erbin werde. Für den Fall des Eintritts der
Ersatzerbschaft sei im Testament vom 4.2.1961 Eva U*** zur Erbin
eingesetzt worden, die Klägerin dagegen mit Liegenschaftsbesitz
überhaupt nicht bedacht worden. Die Bestimmung des Punktes III. des
Nachtrages vom 29.11.1962 stehe damit in auffallendem Widerspruch,
weil sie so formuliert sei, daß sie einerseits die
Universalerbseinsetzung der Ehegattin nicht unbeträchtlich aushöhle,
und andererseits eine völlig systemwidrige, der ansonsten
dokumentierten ungleichen Behandlung der beiden Nichten
widersprechende Regelung enthalte: Die ansonsten privilegiert
behandelte Nichte Eva U*** sollte nur im Fall der Ersatzerbschaft
zum Zuge kommen, die Klägerin aber plötzlich unvergleichlich viel
besser gestellt sein. Dies könne dem Willen des Erblassers nicht
entsprochen haben. Es lasse sich die Absicht des Testators auch aus
dem Wortlaut der letztwilligen Verfügung (als Gesamtheit) in einer
ganz anderen Richtung erkennen. Es bestehe auch kein Anlaß, dem
Anerkenntnis der Klägerin vom 30.9.1962 seinen konstitutiven
Charakter abzuerkennen: Denn die Klägerin sei dabei in voller Kenntnis aller wesentlichen Umstände gewesen und sei sich auch über die Rechtsfolgen ihrer Erklärung klar gewesen. Gleiche Erwägungen galten auch für den subsidiär behaupteten Verzicht. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung zur Frage der Auslegung letztwilliger Verfügungen in zutreffender Weise wiedergegeben.
Die Auslegung muß, so tief es geht, in die persönlichen Vorstellungen des Testators eindringen (Kralik, Erbrecht 121). Sie hat sich, da es bei letztwilligen Verfügungen keinen Erklärungsempfänger gibt, weit mehr am subjektiven Willen des Erklärenden zu orientieren als bei Geschäften unter Lebenden (Kralik aaO, Koziol-Welser, Grundriß 7 II 298, Welser in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 552). Zur Ermittlung des Willens sind alle Umstände, insbesondere mündliche und schriftliche Äußerungen des Erblassers, zu berücksichtigen (Welser in Rummel, aaO, Rdz 8). Die Erklärung ist als Einheit in ihrem ganzen Zusammenhang zu betrachten, wobei diese Zusammenschau sowohl Zweifel der grammatikalischen Auslegung beseitigen, als auch Zweifel am Sinn einzelner grammatikalisch eindeutiger Punkte wecken kann (Kralik aaO). Die Auslegung einer letztwilligen Erklärung findet ihre Grenze darin, daß einerseits eine noch so deutlich erwiesene Absicht des Testators unbeachtlich ist, wenn sie durch den Wortlaut der letztwilligen Verfügung nicht gedeckt wird, andererseits aber der Wortlaut nach dem Willen des Erblassers beurteilt werden muß (1 Ob 583/77). Die Auslegung muß im Testament daher irgend einen, wenn auch noch so geringen Anhaltspunkt finden und darf nicht völlig dem unzweideutig ausgedrückten Willen gerade zuwiderlaufen (SZ 25/203, SZ 38/221, NZ 1969, 90, Koziol-Welser, Grundriß 7 299). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die hier strittige Erklärung des letzten Willens überhaupt einer Auslegung bedarf, oder ob diese Erklärung ohnedies völlig eindeutig ist. Nur wenn die Erklärung nicht völlig unzweideutig ist, hat eine Auslegung stattzufinden. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß die Erklärung Punkt III. des Nachtrages vom 29.11.1962, isoliert und für sich betrachtet, einer Auslegung nicht bedarf. Dies verkennen die Beklagten in der Revision auch nicht. Die gebotene Zusammenschau der beiden Erklärungen vom 4.2.1961 und 29.11.1962 sowie ein Vergleich mit der - festgestellten - letztwilligen Verfügung der Ehegattin des Testators vom 23.11.1962 läßt jedoch entgegen der Ansicht der Vorinstanzen Zweifel am Sinn dieses Punktes aufkommen. Es ist doch gewiß überraschend, daß der Testator, nachdem er in seinem Testament vom 4.2.1961 primär seine Ehegattin zur Alleinerbin seines gesamten Vermögens bestimmte und kein einziges Legat verfügte (die zahlreichen Vermächtnisse in Punkt II. 2. sind ausnahmslos für den Fall, daß die Ehegattin des Testators nicht Erbin werden wollte), sodaß sein Nachlaß völlig ungeschmälert auf seine Ehegattin übergegangen wäre, als Ersatzerbin aber die Schwester der Klägerin einsetzte, während die Klägerin nur dann etwas (außer dem Legat von S 100.000,- laut Punkt II. 2. b) erhalten sollte, wenn ihre Schwester die Liegenschaft in Wien 13, Bernheidengasse 98, innerhalb von 10 Jahren verkauft. In der letztwilligen Verfügung vom 29.11.1962 hingegen, die zwar eine "Ergänzung und teilweise Abänderung" der Anordnung vom 4.2.1961 darstellen, diese aber doch im wesentlichen unverändert aufrecht erhalten lassen sollte (Punkt V.) weicht der Erblasser von der in der Verfügung vom 4.2.1961 enthaltenen Grundrichtung in zweifacher Weise - betrachtet man Punkt III. der Anordnung vom 29.11.1962 isoliert - wesentlich ab. Denn die Ehegattin des Testators ist danach zwar weiterhin Alleinerbin, doch wird ihre Erbschaft durch Punkt III. des Nachtrages in beträchtlichem Ausmaß geschmälert. Die Schwester der Klägerin würde im Fall der Ersatzerbschaft zwar weiterhin das Haus in Wien 13, Bergheidengasse 98 (und überdies das vom Testator dazu erworbene Nachbargrundstück) erhalten und im Falle des Verkaufes des Hauses dessen halben Erlös an die Klägerin herauszugeben haben. Diese Ersatzerbschaft würde sich jedoch nicht auf das Landhaus bei Bad Ischl erstrecken, weil dieses nach Punkt III. bereits direkt an die Klägerin vermacht erscheint. Die Klägerin erhielte damit jedenfalls einen erheblichen Teil des Nachlasses ihres Onkels, ihre als Ersatzerbin eingesetzte Schwester dagegen - wenn der Fall der Ersatzerbschaft nicht eintritt - nichts.
Dazu kommt nicht nur, daß die Punkte II. und IV. des Nachtrages Regelungen für den Fall des Eintritts der Ersatzerbschaft enthalten, sodaß Punkt III., sieht man darin ein Direktlegat, in seltsamer, zumindest aber auffallender Weise isoliert in Verfügungen anderer Art eingefügt erscheint, sondern daß auch nach dem letzten Willen der Gattin des Testators vom 23.11.1962, der in seinen Punkten II. und IV. eine völlige Angleichung an den Nachtrag vom 29.11.1962 enthält (vgl. auch das korrespondierend zum Testament des Oskar H*** vom 4.2.1961 errichtete Testament der Maria H*** vom gleichen Tage, Bgl. 6), in dessen Punkt III. das Landhaus bei Bad Ischl der Klägerin vermacht wird. Eine derartige Verfügung aber hat doch zur selbstverständlichen Voraussetzung, daß das genannte Landhaus zunächst in das Eigentum der Maria H*** übergeht. Der Sinn des Punktes III. des Testamentsnachtrages vom 29.11.1962 ist damit nicht mehr völlig unzweifelhaft. Es ist daher geboten, im Wege der Auslegung zu erforschen, ob Oskar H*** tatsächlich entsprechend dem Wortlaut dieses Punktes den Willen hatte, die Liegenschaft bei Bad Ischl der Klägerin als Direktlegat zu vermachen.
Nach den bereits getroffenen Feststellungen über den Inhalt der vorgelegten Urkunden erscheint hiezu beachtenswert, daß Oskar H*** den Zweitbeklagten mit Schreiben vom 28.8.1962 (Beilage 7) lediglich in Kenntnis vom Erwerb des Landhauses bei Bad Ischl und des Nachbargrundstückes zu seiner Liegenschaft in Wien 13 setzten wollte und ihn ersuchte, "dieses Schreiben" dem Testament "zwecks Information der seinerzeitigen Erbin" anzuschließen, die Errichtung eines neuen Testamentes aus dem Grunde der bezeichneten Erwerbung also offensichtlich für entbehrlich hielt und daher zumindest am Tage der Verfassung dieses Schreibens nicht die Absicht hatte, daß das Landhaus bei Bad Ischl nach seinem Tod nicht in das Eigentum seiner Ehegattin übergehen sollte.
In den Feststellungen des Erstgerichtes findet sich abschließend der Satz: "Zusammenfassend wird festgestellt, daß der Inhalt des Protokolls vom 29.11.1962 den wahren Willen des Oskar H*** wiedergibt und mit keinem 'Redaktionsfehler' behaftet ist." Weitere Feststellungen über den Willen des Erblassers hat das Erstgericht ungeachtet des hiezu bereits durchgeführten Beweisverfahrens (AS 215 ff, insbesondere 217) nicht getroffen.
Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht handelt es sich bei dem soeben zitierten Satz nicht um eine rechtliche Schlußfolgerung, sondern um eine Tatsachenfeststellung, die, mag sie auch noch so kursorisch getroffen worden sein, doch einen Anhaltspunkt dafür liefert, daß die Bestimmung Punkt III des Testamentes vom 29.11.1962 so, wie sie isoliert betrachtet zu verstehen ist, vom Erblasser auch bewußt gewollt war. Das Berufungsgericht hat sich, ausgehend von einer anderen als der vorerwähnten Ansicht darüber, ob der Sinn des Punktes III des Testamentsnachtrages vom 29.11.1962 völlig unzweifelhaft ist, mit der in der Berufung ausgeführten Beweisrüge, soweit diese den Willen des Erblassers betrifft, nicht befaßt und dementsprechend auch nicht zum Ausdruck gebracht, ob es die eben angeführte, in der Berufung ausdrücklich bekämpfte (AS 310 unten) Feststellung des Erstgerichtes übernimmt.
Das Berufungsgericht wird sich daher im fortgesetzten Verfahren auch mit der Bweis- und Mängelrüge zu befassen haben, soweit diese Feststellungen über den Willen des Erblassers betrifft. Mit Recht haben hingegen die Vorinstanzen in der Erklärung der Klägerin vom 30.9.1963, Beilage 11, ein konstitutives Anerkenntis (oder einen Verzicht) der Klägerin nicht erblickt.
Liegt ein ernstlicher Streit oder Zweifel vor, so kann dieser durch ein rechtsgeschäftliches, konstitutives Anerkenntnis bereinigt werden (Bydlinski in Klang 2 IV/2, 401). Ein konstitutives Anerkenntnis ist daher ein Feststellungsvertrag, in dem eine Partei durch einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht in vollem Umfang zugesteht (Ertl in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 1380). Ein unechtes, deklaratives Anerkenntnis dagegen ist eine bloße Wissenserklärung des Schuldners, mit der dieser keine Rechtsfolgen herbeiführen will, sondern nur bekanntgibt, daß das Recht des Gläubigers seines Wissens besteht. Es bildet keinen neuen Verpflichtungsgrund und kann auch nicht angefochten werden (Ertl aaO Rdz 7). Je mehr bei den Parteien das Bewußtsein der Unsicherheit der Rechtslage hervortritt, umso eher ist ein konstitutives Anerkenntnis anzunehmen (EvBl. 1981/122). Das Zustandekommen eines konstitutiven Anerkenntnisses setzt voraus, daß der Anerkennende die Bedeutung des Anerkenntnisses erfaßt hat (ZVR 1969/64). In ihrer Erklärung vom 30.9.1963 hat die Klägerin nicht ein von ihr bezweifeltes Recht zugestanden. Sie hat lediglich bekanntgegeben, daß das erklärte Recht ihres Wissens besteht, wobei sich dieses Wissen auf die Darlegungen des Zweitbeklagten gründete. Von einem konstitutiven Anerkenntnis kann daher keine Rede sein. Das deklarative Anerkenntnis aber bildet keinen neuen Verpflichtungsgrund und kann dementsprechend nicht angefochten werden (Ertl aaO). Das Recht der Vermächtnisklage aber verjährt in 30 Jahren (Welser in Rummel, ABGB, Rdz 14 zu § 647). Aus den dargelegten Gründen war der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.
Anmerkung
E07533European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00675.85.0116.000Dokumentnummer
JJT_19860116_OGH0002_0070OB00675_8500000_000