TE OGH 1986/1/21 10Ns27/85

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Veröffentlicht am 21.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch und Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Regen als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert L*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 2 und 3, Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über den Antrag auf nachträgliche Strafmilderung der über ihn mit den Urteilen des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 28.März 1983, GZ 23 Vr 803/81-68, und des Obersten Gerichtshofes vom 25.Juni 1985, GZ 10 Os 178/84-19, verhängten Freiheitsstrafe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Strafmilderung gemäß § 410 StPO wird dahin Folge gegeben, daß die über Herbert L*** verhängte Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt wird.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 28. März 1983, GZ 23 Vr 803/81-68, wurde der am 16.Juli 1927 geborene Antiquitätenhändler Herbert L*** (zu A) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB sowie (zu B) des Verbrechens des schweren Diebstahls als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 2 und 3, Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach §§ 28 Abs 1, 128 Abs 2 StGB zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Die gegen den Schuldspruch gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 16.April 1985, GZ 10 Os 178/84-11, zurückgewiesen; hingegen wurde seiner gleichzeitig erhobenen, auf Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe abzielenden Berufung mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 25.Juni 1985, GZ 10 Os 178/84-19, teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre herabgesetzt. Als Vergehen der Hehlerei (A) lag dem Angeklagten zur Last, folgende, von anderen durch Diebstahl erlangte Sachen, angekauft zu haben:

1. zu Anfang des Jahres 1978 den einen Bischofskopf darstellenden Teil einer Holzplastik unbekannten Wertes;

2. im Spätherbst 1977 und einige Zeit danach vier Perserteppiche im Gesamtwert von mindestens 42.000 S (lt. Urteilsgründen allerdings im Wert von mehr als 324.000 S);

3. zu Anfang des Jahres 1978 eine Christusfigur im Wert von 7.000 S.

Der Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Diebstahls (B) erfolgte deshalb, weil der Angeklagte zu Ende des Jahres 1977 die abgesondert verfolgten Franz B*** und Sigmund G*** dazu bestimmt hat, anderen jeweils in einem der Religionsausübung dienenden Raum dem Gottesdienst gewidmete Sachen zum Teil von allgemein anerkanntem künstlerischem, insgesamt 100.000 S übersteigenden Wert zu stehlen, und zwar:

1. in Persenbeug der Pfarrgemeinde eine Holzplastik (Taufgruppe) im Wert von mindestens 20.000 S,

2. in Aggsbach-Markt der Pfarrgemeinde insgesamt fünf Holzplastiken im Gesamtwert von 11.000 S;

3. in Krems/D dem Piaristenkollegium eine barocke Holzplastik "Mariendarstellung" im Wert von 50.000 S;

4. in Mautern/D der Pfarrgemeinde ein Ölgemälde des Meisters "Kremser Schmidt" im Wert von mindestens 500.000 S. Bei der Berufungsentscheidung ging der Oberste Gerichtshof zunächst von den bereits vom Erstgericht richtig festgestellten Erschwerungsgründen der einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und des Zusammentreffens mehrerer strafbarer Handlungen, sowie den Milderungsgründen des längeren Zurückliegens der Tatzeiten und der Zustandebringung des Gemäldes des "Kremser Schmidt" im Wert von 500.000 S (die verhehlten Gegenstände und die übrige Diebsbeute konnten nicht mehr ergriffen werden) aus. Dem Berufungseinwand des Angeklagten, er habe die bestellte Diebsbeute letztlich doch nicht angekauft, wurde keine mildernde Wirkung zuerkannt, weil der Angeklagte, solcherart die Kunstgegenstände einem ungewissen Schicksal überlassend, in keiner Weise auch nur den Versuch unternommen hatte, weitere nachteilige Folgen seiner Tat zu verhindern und - jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung - auch keinerlei Schadensgutmachung geleistet hatte.

Rechtliche Beurteilung

Wenngleich - worauf in der Berufungsentscheidung hingewiesen wurde - das Schöffengericht bei den Erschwerungsgründen übersehen hatte, daß das Vergehen der Hehlerei in mehreren Angriffen begangen worden war und die Schadenssummen sowohl bei der Hehlerei als auch beim Diebstahl jeweils ein Vielfaches der angenommenen Qualifikationsbeträge ausgemacht haben, zudem das Verbrechen des Diebstahls noch dadurch beschwert war, daß neben der strafsatzbestimmenden Qualifikation noch zwei weitere Qualifikationen gegeben waren und der Angeklagte die unmittelbaren Täter zur Tat bestimmt hatte sowie der Milderungsgrund der Zustandebringung eines (nämlich des - wertmäßig - größten) Teiles der Diebsbeute (Gemälde des "Kremser Schmidt") dadurch beeinträchtigt erschien, daß dieses Bild nur mit erheblichen Kosten restauriert werden konnte, nichtsdestoweniger aber beträchtlich an Wert verloren hatte, hielt der Oberste Gerichtshof dennoch eine mäßige Reduktion des Strafausmaßes vor allem deshalb für gerechtfertigt, weil die letzte einschlägige Verurteilung des Angeklagten (wegen Betruges zu zweieinhalb Jahren schweren Kerkers) aus dem Jahre 1968 datiert, jene Tat sohin fast zwei Jahrzehnte zurücklag und auch seit den nunmehr verfahrensgegenständlichen Straftaten bereits ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren verflossen war.

Eine weitere Ermäßigung der Freiheitsstrafe oder deren bedingte Nachsicht erschien dem Obersten Gerichtshof jedoch mit Rücksicht auf den hohen Unrechtsgehalt der Taten und das immerhin belastete Vorleben des Angeklagten - auch mit Bedacht auf das vom damaligen Berufungswerber im Gerichtstag erklärte Anbot, die von ihm erlegte Haftkaution zur Schadloshaltung der Bestohlenen zur Verfügung zu stellen - nicht mehr vertretbar, weil eine solche Verwendung zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung weder rechtlich noch tatsächlich gewährleistet war. Zugleich wurde im Straferkenntnis jedoch zum Ausdruck gebracht, daß eine nachträgliche tatsächliche Schadensgutmachung allenfalls im Rahmen einer Maßnahme gemäß § 410 StPO berücksichtigt werden könnte.

Mit Eingabe vom 17.September 1985 (ON 86) ersuchte der Verurteilte nunmehr um eine solche nachträgliche Strafmilderung, wobei er offenbar in erster Linie die bedingte Strafnachsicht anstrebt, wie sich aus einem Klammerzitat ("§ 43 Abs 2 StGB") und dem seinerzeitigen Berufungsantrag ergibt. Er brachte vor, daß er entsprechend seinem bereits im Gerichtstag gemachten Angebot nunmehr umfangreiche Schadensgutmachung geleistet habe und legte entsprechende Bescheinigungsmittel vor.

Nach Überprüfung der Gesuchsangaben stellte das Erstgericht beim Oberlandesgericht Linz einen (nicht näher präzisierten) Antrag (ON 93) auf nachträgliche Strafmilderung, dem der genannte Gerichtshof zweiter Instanz beitrat, wonach er ihn dem zur Entscheidung hierüber berufenen Obersten Gerichtshof (§ 410 Abs 3 StPO; EvBl. 1966/47) vorlegte.

Nach den unbedenklichen Gesuchsbeilagen hat der Verurteilte an die nachgenannten Geschädigten folgende Zahlungen geleistet:

1. am 1. Juli 1985 an das Pfarramt Persenbeug 1.700 DM (d.s. ca. 12.000 öS);

2. am 29. Juni 1985 an das Pfarramt Aggsbach-Markt 1.000 DM (d.s. ca. 7.000 öS);

3. am 29. Juni 1985 an das Piaristenkollegium Krems/D 2.300 DM (d.s. ca. 16.000 öS);

4. am 29.Juni 1985 an das Pfarramt Mautern/D 5.000 öS. Die verantwortlichen Organe aller genannten Geschädigten erklärten ausdrücklich, daß mit diesen (im Vergleich zu den im Urteil angenommenen Schadensbeträgen geringeren) Zahlungen alle Schadenersatzansprüche aus den bezüglichen Diebstählen (B/1 bis 4) abgegolten sind. Eine fernmündliche Erhebung des Erstgerichtes beim Pfarramt Mautern/D ergab, daß entgegen den ursprünglichen, auch in der Berufungsentscheidung zum Ausdruck gebrachten Annahmen (vgl. S 585 f/II) die Restaurierung des "Kremser Schmidt" tatsächlich nur 5.000 S (nicht 100.000 S) gekostet hat und auch eine Wertminderung des Gemäldes nicht eingetreten ist (S 275/IV).

Somit ist davon auszugehen, daß der Verurteilte nach Rechtskraft des Urteils den gesamten (restlichen) Schaden (in der Höhe von ca. 40.000 S) aus den von ihm (mit-) zu verantwortenden Kirchendiebstählen (B) gutgemacht hat, wobei es angesichts der Differenzen zwischen den urteilsmäßigen Schadensbeträgen und den nunmehr geleisteten, als vollständig anerkannten Schadenersatzzahlungen für die Entscheidung über die nachträgliche Strafmilderung dahingestellt bleiben kann, ob die ursprünglich angegebenen Schadensbeträge zu hoch waren oder die Geschädigten sich aus anderen Gründen mit einer geringeren Schadenersatzleistung zufrieden gegeben haben. Jedenfalls stellt diese nunmehr erfolgte volle Gutmachung des Schadens aus den vom Verurteilten initiierten Diebstählen einen nach eingetretener Rechtskraft des Strafurteils hervorgekommenen, nicht unerheblichen Milderungsgrund dar, der zur Zeit der Urteilsfällung noch nicht vorhanden war und der daher an sich eine nachträgliche Strafmilderung rechtfertigt (§ 410 Abs 1 StPO). Diese erachtet der Oberste Gerichtshof allerdings nur in Form einer Reduktion des Strafausmaßes um vier Monate für angebracht, weil mit Rücksicht auf die Größenverhältnisse der nachträglichen Schadenersatzleistung zu der schon bisher berücksichtigten (teilweisen) Schadensgutmachung durch Zustandebringung ("Kremser Schmidt") einerseits und zur Höhe des nach wie vor offenen Schadens aus der Hehlerei, sowie unter Bedacht auf die insoweit bereits in der Berufungsentscheidung zum Ausdruck gebrachten und weiterhin gültigen Argumente die in § 43 Abs 2 StGB geforderten besonderen Voraussetzungen für eine bedingte Strafnachsicht nicht gewährleistet sind.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E07411

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100NS00027.85.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19860121_OGH0002_0100NS00027_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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