TE OGH 1986/1/22 3Ob616/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Herta A, Arbeiterin, 8274 Unterbuch 133, vertreten durch Dr. Othmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Karl A, Maurer, 8230 Penzendorf 175, vertreten durch Dr. Gerald Carli, Rechtsanwalt in Hartberg, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 5. August 1985, GZ 1 R 156/85-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom 23. Februar 1985, GZ F 2/84-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des erfolglosen Revisionsrekurses hat die Antragstellerin selbst zu tragen.

2.) Der Revisionsrekurs des Antragsgegners wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 11. Juli 1983 wurde die Ehe der Streitteile gemäß § 55 a EheG geschieden. Mit Vergleich vom gleichen Tage vereinbarten die Streitteile, daß die elterlichen Rechte hinsichtlich der vier ehelichen Kinder, geboren 1968, 1970, 1971 und 1974 der Antragstellerin "zugeordnet" werden sollen, während sich der Antragsgegner verpflichtete, pro Kind einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.000 S, zusammen 4.000 S, und für die Antragstellerin einen monatlichen Unterhalt von 1.500 S zu leisten. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung und Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, das sie mit der Liegenschaft EZ 417 KG Unterbuch mit dem Haus Unterbuch 133 beschrieben, behielten sich die Streitteile vor.

Am 7. Juni 1984 stellte die Antragstellerin den Antrag, ihr an der im Hälfteeigentum beider Streitteile stehenden Liegenschaft EZ 417 KG Unterbuch das Alleineigentum zu übertragen, ohne sie zu einer Ausgleichszahlung an den Antragsgegner zu verpflichten. Die Antragstellerin verwies vor allem auf ihre schwierige wirtschaftliche Lage und die mangelnde Unterhaltsleistung durch den Antragsgegner. Weiters führte sie aus, daß ihr von ihren Eltern die an Stelle des Antragsgegners für den Unterhalt der vier Kinder aufgekommen seien, deren Anspruch gemäß § 1042 ABGB in Höhe von 100.000 S abgetreten worden sei, welchen Anspruch sie aufrechnungsweise geltend mache.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrages bzw. für den Fall der Übertragung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft an die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragstellerin zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 600.000 S. Den Hausrat erwähnte der in erster Instanz der nicht rechtsfreundlich vertretene Antragsgegner nicht.

Das Erstgericht übertrug den Hälfteanteil des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 417 KG Unterbuch unter Mitübertragung einer Hypothekenlast von 286.000 S zusätzlich einer Nebengebührenkaution von 50.000 S an die Antragstellerin und verpflichtete diese zur Leistung eines Ausgleichsbetrages von 40.820 S in monatlichen Raten zu 1.500 S.

Das Erstgericht stellte fest: Der Wert der Liegenschaft beträgt 810.640 S (davon 40.640 S Grundwert) und der Wert der Liegenschaftshälfte daher 405.320 S. Den Grund haben die Streitteile seinerzeit günstig von der Großmutter der Antragstellerin um 8.000 S erworben. Das Haus ist überwiegend vom Antragsgegner und seinen Verwandten errichtet und finanziert worden, die Antragstellerin hat aber immer den Haushalt geführt und den Antragsgegner und die vier ehelichen Kinder betreut.

Seit November 1983 ist die Antragstellerin berufstätig und verdient einschließlich der Familienbeihilfe 14 x jährlich 10.000 S. Für die Beaufsichtigung der Kinder zahlt sie ihren Eltern monatlich 4.000 S. Sie wohnt derzeit mit den Kindern im strittigen Haus der Streitteile.

Der Antragsgegner bezieht ein Einkommen von etwa 12 x jährlich 8.000 S. Vor zwei Jahren hat er einen PKW um 24.000 S gekauft. Er wohnt in einer Wohnung in Penzendorf.

Für die ehelichen Kinder zahlte er seit längerer Zeit statt der im Vergleich genannten 4.000 S monatlich zusammen nur 3.800 S und leistete entgegen dem Vergleich für die Antragstellerin keinen Unterhalt. Der Unterhaltsrückstand für die Antragstellerin beträgt vom 1. August 1983 bis 28. Februar 1985 28.500 S.

Auf Grund dieses Sachverhaltes zog das Erstgericht vom Wert der Liegenschaftshälfte von 405.320 S die nur auf der Hälfte des Antragsgegners lastende Hypothekarforderung samt Nebengebührenkaution in Höhe von zusammen 336.000 S, weiters den Unterhaltsrückstand von 28.500 S ab und gelangte so zu einem Restbetrag von 40.820 S. Die 100.000 S, welche der Antragstellerin angeblich von ihren Eltern abgetreten worden seien, könnten hingegen nicht berücksichtigt werden.

Dieser Beschluß wurde einerseits von der Antragstellerin mit Rekurs bekämpft, die in diesem Rechtsmittel als Neuerung geltend machte, daß sie seit 16. Februar 1985 arbeitslos sei. Andererseits erhob auch der Antragsgegner einen Rekurs, indem er als Neuerung geltend machte, daß er während des aufrechten Bestandes der Ehe Einrichtungsgegenstände in einem erheblichen Wert angeschafft habe, die ebenfalls berücksichtigt werden müßten, weiters sei der Antragstellerin im Jahr 1984 auf Grund eines vom Antragsgegner finanzierten Bausparvertrages ein Betrag von 60.000 S ausgezahlt worden. Schließlich machte der Antragsgegner im Widerspruch zu seinem ausdrücklichen Vorbringen in erster Instanz ("haftet noch zur Gänze aus", AS 63) geltend, die hypothekarisch sichergestellte Forderung von 336.000 S sei schon getilgt.

Das Gericht zweiter Instanz gab beiden Rekursen nicht Folge, sondern bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß im Spruch die Einwendung der Gegenforderung der Antragstellerin von 100.000 S abgewiesen wurde. - Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Gericht zweiter Instanz für zulässig. Zur Gegenforderung vertrat auch das Gericht zweiter Instanz die Auffassung, daß es hier an der Aufrechenbarkeit fehle. Der Hausrat sei nicht einzubeziehen, weil die Streitteile schon im Scheidungsvergleich nur die Aufteilung der Liegenschaft einer späteren Aufteilung vorbehalten hätten und auch im Verfahren erster Instanz sich die Anträge der Streitteile auf diese Liegenschaft beschränkt hätten. Der Aufteilungsantrag hinsichtlich des Hausrates sei auch wegen Zeitablaufes präkludiert. Überdies müßte der Hausrat ohnedies der Antragstellerin zugewiesen werden, da diese wegen der Kinder dringend auf ihn angewiesen sei. Auf die dem Vorbringen in erster Instanz entgegenstehende Behauptung der Tilgung des Hypothekardarlehens könne wegen des hier teilweise auch im Aufteilungsverfahren bestehenden Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden. Im übrigen entspreche die Beschlußfassung des Erstgerichtes der Sach- und Rechtslage, insbesondere dem Grundsatz der Billigkeit. Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wenden sich die Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners. Die Antragstellerin stellt den Antrag, den Beschluß der zweiten Instanz dahin abzuändern, daß ihre Gegenforderung als zu Recht bestehend festgestellt werde und ihr daher keine Ausgleichszahlung auferlegt werde. Weiters mögen die gesamten Kosten dem Antragsgegner auferlegt werden. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsgegner stellt den Antrag, den Beschluß der zweiten Instanz dahin abzuändern, daß das eheliche Gebrauchsvermögen "neu aufgeteilt" werde, in eventu, daß der angefochtene Beschluß aufgehoben werde.

Die Antragstellerin beantragte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rekurs des Antragsgegners keine Folge zu geben.

Der Antragsgegner erstattete keine Revisionsrekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Dem Außerstreitverfahren ist eine dem § 391 Abs 3 ZPO entsprechende Bestimmung fremd. Die der Antragstellerin aufzuerlegende Ausgleichszahlung gemäß § 94 EheG kann daher nicht mit dem ihr angeblich zustehenden Anspruch des § 1042 ABGB kompensiert werden (EFSlg. 39.538 ua.). Auf die Gegenforderung von 100.000 S kann auch nicht etwa aus Gründen der Billigkeit Bedacht genommen werden, denn im Verfahren auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sind Verfügungen des Gerichtes nur hinsichtlich dieses ehelichen Gebrauchsvermögens und hinsichtlich der ehelichen Ersparnisse möglich. Gemäß § 81 Abs 1 EheG können nur Schulden in Anschlag gebracht werden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem innigen Zusammenhang stehen. Und gemäß § 83 Abs 1 EheG kann darüber hinaus auf Schulden Bedacht genommen werden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen. Nur in diesem Umfang sind gemäß § 92 EheG Verfügungen eines Gerichtes möglich (EFSlg. 41.416). Im übrigen wird aber die Antragstellerin durch die Entscheidung der Vorinstanzen nicht benachteiligt. Beide Teile haben etwa in gleichem Ausmaß zur Schaffung des Einfamilienhauses beigetragen, die Antragstellerin dadurch, daß sie den Haushalt für die sechsköpfige Familie führte und über ihre Großmutter einen günstigen Grundkauf vermöglichte, der Antragsgegner dadurch, daß er selbst und mit seinen Verwandten Arbeitsleistungen erbrachte, im übrigen sein Arbeitseinkommen beisteuerte. Unter diesem Titel wären also beide Teile ohnedies schon dadurch gerecht bedacht, daß die Eheleute von Anfang an je zur Hälfte Eigentümer des strittigen Hauses waren. Wenn nun überhaupt dem Antragsgegner dessen Hälfteanteil entzogen wird, damit die Antragstellerin mit den Kindern eine sichere Unterkunft hat und besser bestehen kann, so wurde schon dabei auf den Grundsatz der Billigkeit Bedacht genommen. Vor allem aber lag die auferlegte Ausgleichszahlung ohnedies weit unter dem Wert dieses Hälfteanteiles, welcher nach Abzug der Hypothekarschuld 69.320 S beträgt und die Vorinstanzen hievon aus Gründen der Billigkeit noch einen Betrag von 28.500 S, entsprechend der Höhe eines der Antragstellerin selbst zustehenden Unterhaltsrückstandes abgezogen haben. Zu einer noch weiteren Herabsetzung der Ausgleichszahlung besteht kein Anlaß. Dabei war auch zu berücksichtigen, daß die von der Antragstellerin zu übernehmende Hypothek ein Darlehen betrifft, das die Großmutter der Antragstellerin den Streitteilen oder nur dem Antragsgegner (dies wurde nicht genau erhoben) gewährte, von dem aber doch angenommen werden kann, daß es die Antragstellerin hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten nicht besonders belastet.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Gemäß § 234 AußStrG entspricht es der Billigkeit, daß die Antragstellerin für die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst aufkommt.

2.) Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist verspätet. Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wurde dem ausgewiesenen Vertreter des Antragsgegners am 22. August 1985 zugestellt. Erst am 19. September 1985 brachte der Antragsgegner seinen Revisionsrekurs zur Post.

Die 14-tägige Rekursfrist des § 11 Abs 1 AußStrG wurde durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 nicht geändert (EFSlg. 44.527).

§ 11 Abs 2 AußStrG ist nicht anwendbar, weil sich die bekämpfte Verfügung nicht ohne Nachteil der Antragstellerin zugunsten des Antragsgegners abändern ließe.

Der verspätete Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne daß auf das Hauptargument des Antragsgegners eingegangen werden könnte, daß das Darlehen an Maria B entgegen der ausdrücklich gegenteiligen Aussage des Antragsgegners im Verfahren erster Instanz schon zurückgezahlt sei.

Gemäß § 234 AußStrG entspricht es der Billigkeit, daß die Antragstellerin, die in ihrer Revisionsrekursbeantwortung nicht auf die Verspätung des Rechtsmittels hingewiesen hat, die Kosten ihrer somit überflüssigen Rechtsmittelschrift selbst trägt.

Anmerkung

E07249

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00616.85.0122.000

Dokumentnummer

JJT_19860122_OGH0002_0030OB00616_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten