TE OGH 1986/1/28 4Ob159/85

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Veröffentlicht am 28.01.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Viktor Schlögelbauer und Dr. Gerald Mezriczky als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei minderjähriger Thomas KRATOCHWILL, Lehrling, Linz, Willingerstraße 23, vertreten durch seinen Vater Gerhard KRATOCHWILL, technischer Angestellter, ebendort, dieser vertreten durch Wolfgang GRUBER, Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich in Linz, dieser vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei L*** Elektro- und Automationsgesellschaft mbH in Linz, Reitzenbeckweg 14-16, vertreten durch Dr. Viktor V. Supplit, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 13.671,78 sA (Revisionsstreitwert S 5.822,19) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 8. Mai 1985, GZ 12 Cg 9/85-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Linz vom 28. November 1984, GZ 1 Cr 267/84-4, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

I. Die Revision wird, soweit der Zuspruch eines S 5.822,19 sA übersteigenden Betrages begehrt wird, zurückgewiesen.

II. Im übrigen wird der Revision teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger S 1.038,80 brutto samt 4 % Zinsen seit 12.9.1984 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das auf Zahlung weiterer S 12.632,98 samt 4 % Zinsen seit 12.9.1984 gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.

Der Kläger hat seine Prozeßkosten selbst zu tragen". Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei 2/3 der Kosten des Rechtsmittelverfahrens, das sind S 3.330,56 (darin S 240,-- Barauslagen und S 280,96 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen. III. Der Antrag der beklagten Partei auf Verhängung einer Mutwillensstrafe über die Klagevertreter (§ 512 ZPO) oder Zuerkennung eines angemessenen Ersatzbetrages (§ 408 ZPO) wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 11.10.1967 geborene Kläger war bei der beklagten Partei vom 1.1. bis 29.2.1984 als Elektroinstallateur-Lehrling und vom 19.3. bis 16.5.1984 als Hilfsarbeiter beschäftigt. Auf beide Arbeitsverhältnisse war der Kollektivvertrag für das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe idF vom November 1983 (im folgenden: Kollektivvertrag) anzuwenden.

Mit der vorliegenden, am 12.9.1984 überreichten Klage begehrt der Kläger von der beklagten Partei die Zahlung nachstehender restlicher Entgeltbeträge:

1. Lehrlingsentschädigung (einschließ-

lich der anteiligen Sonderzahlungen) und

Urlaubsabfindung für die Zeit vom 1.1. bis

29.2.1984                                        S  6.399,22

2. restlicher Arbeitslohn für fol-

gende Zeiträume:

     a) 19.3. bis 31.3.1984 (12 Tage)        S  2.715,77

b) 1.4. bis 30.4.1984 (30 Tage)              S  6.789,44

c) 1.5. bis 16.5.1984 (16 Tage)              S  3.621,03

3. Sonderzahlungen für die Zeit vom

19.3. bis 16.5.1984                              S  2.350,19

4. Urlaubsabfindung für denselben Zeit-

raum                                             S  1.370,94

zusammen                                         S 23.246,59

nach Abzug einer Teilzahlung der beklagten

Partei von                                       S  9.574,81

verbleibe eine Restschuld von                    S 13.671,78

samt Anhang.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die für die Monate Jänner und Februar 1984 gebührende Lehrlingsentschädigung (einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen und der Urlaubsabfindung) im Betrag von S 6.399,22 habe der Kläger bereits erhalten; auch das auf der Grundlage eines Stundensatzes von S 39,20 berechnete Entgelt für die in der Zeit vom 19.3. bis 16.5.1984 insgesamt geleisteten 249,5 Arbeitsstunden sei ihm bereits überwiesen worden.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger "den Bruttobetrag von S 21.290,30 abzüglich den bereits erhaltenen Nettobetrag von S 15.329,31" sA zu bezahlen, und wies das Mehrbegehren auf Zahlung "eines weiteren Bruttobetrages von

S 1.956,29" - insoweit rechtskräftig - ab. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß der Kläger in der Zeit vom 19.3. bis 16.5.1984 zwar mit Erlaubnis der beklagten Partei, aber ohne gesetzliche Verpflichtung, an jedem Donnerstag - mit Ausnahme des Gründonnerstages - die Berufsschule besucht habe. Einschließlich dieser Berufsschulzeit habe er wöchentlich mindestens 40 Stunden gearbeitet; nur an zwei Freitagen sei er von der Gattin des Geschäftsführers der beklagten Partei mangels Arbeit nach Hause geschickt worden. Nach dem Kollektivvertrag habe der Mindeststundenlohn eines jugendlichen Hilfsarbeiters damals S 39,20 betragen. Während der Zeit vom 1.1. bis 16.5.1984 habe der Kläger von der beklagten Partei insgesamt

S 15.329,31 erhalten. Da ihm für die Tage des Berufsschulbesuches kein Entgelt gebühre, seien die noch offenen Entgeltansprüche wie folgt zu berechnen:

1. Lehrlingsentschädigung (einschließlich

der anteiligen Sonderzahlungen) und Urlaubsab-

findung für die Zeit vom 1.1. bis 29.2.1984      S  6.399,22

2. restlicher Arbeitslohn für folgende

Zeiträume:

a) 19.3.-31.3.1984 (10 Tage)                 S  2.263,15

b) 1.4.-30.4.1984 (27 Tage)                  S  6.110,50

c) 1.5.-16.5.1984 (14 Tage)                  S  3.168,41

3. Sonderzahlungen für die Zeit vom

19.3. bis 16.5.1984                              S  2.115,17

4. Urlaubsabfindung für denselben Zeit-

raum                                             S  1.233,85

zusammen                                         S 21.290,30

Der - ohne nähere Begründung - abgewiesene Bruttobetrag von

S 1.956,29 ist ersichtlich die Differenz zwischen der in der Klage

geltend gemachten Gesamtforderung von S 23.246,59 und den vom

Erstgericht errechneten S 21.290,30. Die spruchmäßige Abweisung

eines weiteren, aus der Differenz zwischen der vom Erstgericht

festgestellten Teilzahlung der beklagten Partei von S 15.329,31 und

der vom Kläger selbst anerkannten Zahlung von S 9.574,81

resultierenden Mehrbegehrens von S 5.754,50 ist offenbar

versehentlich unterblieben.

In ihrer fristgerecht erhobenen Berufung wendete die beklagte Partei unter Hinweis auf Pkt. XX des Kollektivvertrages den Verfall "aller Ansprüche vor dem 17.4.1984" ein. Der Kläger sei grundlos ausgetreten und habe deshalb nach dem Kollektivvertrag keinen Anspruch auf Sonderzahlungen oder Urlaubsabfindung. Der ihm für die Monate April und Mai 1984 zustehende Entgeltanspruch von zusammen S 7.904,40 brutto sei durch Zahlungen der beklagten Partei im Gesamtbetrag von S 7.646,61 netto erfüllt worden.

In der mündlichen Berufungsverhandlung stellten die Parteien außer Streit, daß die hier eingeklagten Ansprüche erstmals mit einem Schreiben des Klagevertreters vom 17.7.1984 gegenüber der beklagten Partei geltend gemacht wurden und daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nach der Beendigung des Lehrverhältnisses ab 19.3.1984 fortgesetzt wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung teilweise und zwar dahin Folge, daß es die beklagte Partei zur Zahlung von S 138,80 brutto sA verurteilte und das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 13.532,98 sA abwies. Es führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG von neuem durch und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Während seiner Beschäftigung als jugendlicher Hilfsarbeiter besuchte der Kläger an jedem Donnerstag - ausgenommen den 19.4.1984 (Gründonnerstag) - die Berufsschule. Eine Vereinbarung, wonach dem Kläger auch diese Zeiten als Arbeitszeit bezahlt würden, wurde von den Parteien nicht getroffen. An zwei Freitagen wurde der Kläger von der Frau des Geschäftsführers der beklagten Partei mit der Begründung nach Hause geschickt, daß keine Arbeit da sei. Am Donnerstag den 17.5.1984 erschien der Kläger nicht zur Arbeit, weil er an diesem Tag die Berufsschule besuchte. Sein Vater rief den Geschäftsführer der beklagten Partei an und fragte ihn, ob er das Arbeitsverhältnis seines Sohnes jederzeit lösen könne. Der Geschäftsführer der beklagten Partei bejahte diese Frage und nahm hierauf zur Kenntnis, daß der Kläger am folgenden Tag nicht mehr zur Arbeit erscheinen werde. Diese Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte ihren Grund darin, daß der Kläger eine andere Stelle gefunden hatte. Daß zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zustande gekommen wäre, ist nicht erwiesen.

Der Kläger erhielt von der beklagten Partei nachstehende Beträge als Lehrlingsentschädigung bzw. Lohn auf sein Konto überwiesen und dort gutgeschrieben:

Monat        Bruttoentgelt   Nettoentgelt    Wert

Jänner 1984    S  2.500,--   S  2.426,--    3.2.1984

Februar 1984   S  3.500,--   S  3.328,50    6.3.1984

März 1984      S  2.058,--   S  1.928,20    3.4.1984

April 1984     S  4.625,60   S  3.852,80    3.5.1984

Mai 1984       S  4.016,40   S  3.519,81    4.6.1984

           S 16.700,--   S 15.055,31

In der Lehrlingsentschädigung für Februar 1984 ist eine

Sonderzahlung von S 1.000,-- brutto enthalten. Der Bruttolohn für

Mai 1984 enthält S 900,--, welche unter dem Titel

Urlaubs-Abfertigung gezahlt wurden.

Nach dem Kollektivvertrag (Pkt. IX) haben jugendliche Arbeitnehmer Anspruch auf einen Mindeststundenlohn von S 39,20. Gemäß Pkt. XVII Z 9 des Kollektivvertrages haben Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet, Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses, entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit; dieser Anspruch entfällt ua. bei Austritt ohne wichtigen Grund. Gemäß Pkt. XVIII Z 3 des Kollektivvertrages haben (ua) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Dezember endet, Anspruch auf einen ihrer Dienstzeit entsprechenden Teil der Weihnachtsremuneration; auch dieser Anspruch entfällt gemäß Z 4 der angeführten Kollektivvertragsbestimmung, wenn das Arbeitsverhältnis durch Austritt ohne wichtigen Grund gelöst wird.

Pkt. XX des Kollektivvertrages ("Verfall von Ansprüchen") hat folgenden Wortlaut:

"1. Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen bei sonstigem Verfall innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit bzw. Bekanntwerden - wenn sie nicht anerkannt werden - schriftlich geltend gemacht werden.

2. Als Fälligkeitstag gilt der Auszahlungstag für jene Lohnperiode, in welcher der Anspruch entstanden ist.

3. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist gewahrt.

..........".

Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers war auf fünf Tage

verteilt.

Rechtlich meinte das Berufungsgericht, daß nur bei Ansprüchen mit nicht von vornherein bestimmter Fälligkeit die Verfallsfrist des Pkt. XX des Kollektivvertrages erst ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens zu berechnen wäre; bei Entgeltansprüchen, wie sie auch hier geltend gemacht würden, laufe diese Frist hingegen immer schon ab dem Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit, wobei nach Z 2 der Kollektivvertragsbestimmung als Fälligkeitstag der Auszahlungstag für jene Lohnperiode gelte, in welcher der Anspruch entstanden ist. Die vom Kläger für die Zeit vom 1.1. bis 31.3.1984 erhobenen Ansprüche seien demgemäß verfallen, so daß das Klagebegehren in Ansehung eines Teilbetrages von S 9.114,99 brutto schon aus diesem Grund abgewiesen werden müsse. Der Zeitraum vom 1.4. bis 16.5.1984 habe insgesamt 33 Arbeits- und Feiertage umfaßt; nach Abzug von fünf Arbeitstagen, an denen der Kläger die Berufsschule besucht habe, verblieben demnach 28 zu entlohnende Arbeitstage. Für diese (28 x 8 =) 224 Arbeitsstunden habe der Kläger unter Zugrundelegung des kollektivvertraglichen Mindeststundenlohnes von S 39,20 einen Entgeltanspruch in der Höhe von S 8.780,80; tatsächlich habe er jedoch für den angeführten Zeitraum nur S 8.642,-- brutto erhalten, so daß sich seine noch offene Restforderung auf S 138,80 brutto sA belaufe. Da der Kläger grundlos ausgetreten sei, habe er weder Anspruch auf Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration (Pkt. XVII Z 9, Pkt. XVIII Z 4 des Kollektivvertrages) noch auf Urlaubsabfindung (§ 10 Abs. 2 des Urlaubsgesetzes).

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem abweisenden Teil vom Kläger mit Revision aus dem Grund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO bekämpft. Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben (richtig: abzuändern) und ihm einen weiteren Betrag von S 10.776,40 sA zuzusprechen; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsantrag des Klägers auf Zuspruch weiterer S 10.776,40 ist insoweit verfehlt, als nach der rechtskräftigen Abweisung eines Teilbegehrens von S 7.710,79 sA durch das Erstgericht und dem Zuspruch von S 138,80 sA durch das Berufungsgericht in dritter Instanz nur noch ein Betrag von S 5.822,19 streitverfangen ist. Die Revision war daher insoweit, als mit ihr ein darüber hinausgehender Betrag begehrt wird, zurückzuweisen.

Im übrigen ist die Revision nur zum Teil berechtigt.

Soweit sich der Kläger gegen die Rechtsansicht des

Berufungsgerichtes wendet, die von ihm für die Zeit vom 1.1. bis

31.3.1984 erhobenen Entgeltansprüche seien gemäß Pkt. XX des

Kollektivvertrages verfallen, kann ihm nicht gefolgt werden. Wie der

Oberste Gerichtshof bereits in der - restliche Entgeltansprüche

desselben Klägers gegen den Rechtsvorgänger der nunmehrigen

beklagten Partei aus der Zeit vom 12.9. bis 31.12.1983

betreffenden - Entscheidung vom 10.9.1985, 4 Ob 102/85, dargelegt

hat, beginnt der Lauf der dreimonatigen Fallfrist mit der Fälligkeit

des jeweiligen Anspruches; nur dann, wenn dem Anspruchsberechtigten

der tatsächliche Entstehungsgrund der Forderung oder der Zeitpunkt

ihrer Fälligkeit nicht bekannt ist, entscheidet der Zeitpunkt des

Bekanntwerdens solcher Umstände. Dieses "Bekanntwerden" bezieht sich

also auf den jeweiligen Entgeltanspruch und nicht, wie der Kläger

meint, auf den vom Schuldner nicht erfüllten Teil eines dem

Berechtigten im Sinne der obigen Ausführungen bereits bekannten

Anspruches. Die vom Kläger vertretene gegenteilige Auslegung des

Punktes XX des Kollektivvertrages findet weder im Wortlaut noch im

Sinn dieser Bestimmung eine Stütze. Da dem Kläger das Entstehen

seiner Ansprüche und deren Fälligkeit aus den von ihm jeweils

unterfertigten Abrechnungen und aus den auf sein Konto überwiesenen

Beträgen bekannt war, hat die kollektivvertragliche Fallfrist für

die den Zeitraum vom 1.1. bis 31.3.1984 betreffenden Ansprüche

spätestens am 3.4.1984 - dem Tag der Gutschrift des für März 1984

überwiesenen Betrages von S 1.928,20 - zu laufen begonnen. Daß der

Kläger erst später von der (vermeintlichen) Unrichtigkeit der

überwiesenen Beträge erfahren hat, ist nach dem Gesagten für den

Lauf der Frist ohne Bedeutung. Auch der Einwand des

Revisionswerbers, daß eine solche Argumentation gegenüber dem über

seine kollektivvertraglichen Ansprüche nicht ausreichend

informierten Kläger "geradezu sittenwidrig" sei, hat der Oberst

Gerichtshof schon in 4 Ob 102/85 mit dem Hinweis widerlegt, daß sich

die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht auf die Information des

Arbeitnehmers über die angebliche Unrichtigkeit einer Entgeltzahlung

erstreckt, zumal dem Arbeitgeber ein solcher Umstand regelmäßig

nicht bekannt sein wird. Das von der beklagten Partei für richtig

gehaltene Entgelt hat der Kläger durch die monatlichen Abrechnungen

und Überweisungen erfahren; es wäre seine Sache gewesen, diese

Zahlungen rechtzeitig auf ihre Richtigkeit zu prüfen oder prüfen zu

lassen.

Aus dem Gesagten folgt, daß im Zeitpunkt der erstmaligen

schriftlichen Geltendmachung der eingeklagten Entgeltforderungen

(17.7.1984) die für die Monate Jänner, Februar und März 1984

erhobenen Ansprüche bereits verfallen waren. Da aber ein verjährter

oder verfallener Anspruch nach ständiger Rechtsprechung (JBl. 1958,

522 ua) auch nicht aus dem Titel der Bereicherung geltend gemacht

werden kann, versagt auch die Berufung des Klägers auf diesen - im

übrigen erstmals in dritter Instanz und damit als unzulässige

Neuerung - hilfsweise geltend gemachten Rechtsgrund.

Berechtigung kommt der Revision nur insoweit zu, als der Kläger

für die Zeit vom 1.4. bis 16.5.1984 den Zuspruch eines weiteren

Betrages von S 900,-- verlangt: Wie das Berufungsgericht aus dem

Lohnkontoblatt des Klägers (Beilage 2) festgestellt hat, enthält der

dort für Mai 1984 ausgewiesene Bruttolohn von S 4.016,40 einen

Betrag von S 900,--, welcher unter dem Titel Urlaubs-Abfertigung

(richtig wohl: "U-Abf." = Urlaubsabfindung) gezahlt wurde. Da der

Kläger der Widmung nicht widersprochen hat, was gemäß § 1416 ABGB

als Zustimmung zu dieser Willenserklärung der beklagten Partei zu

werten ist (siehe dazu Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 1416),

ist der Betrag von S 900,-- bei der Ermittlung des dem Kläger für den Monat Mai 1984 überwiesenen Arbeitsentgeltes nicht zu berücksichtigen. Die ihm für die Zeit vom 1.4. bis 16.5.1984 gebührende Entgeltdifferenz erhöht sich infolgedessen um S 900,-- auf S 1.038,80 brutto.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 41, 43 Abs. 1 und § 50 ZPO. Obgleich der Kläger im Verfahren erster Instanz im Ergebnis nur mit knapp 8 % seines Begehrens durchgedrungen ist, kann der beklagten Partei für diesen Verfahrensabschnitt kein Kostenersatz zuerkannt werden, weil sie bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung keine Kosten verzeichnet hat. Im Berufungsverfahren hat der Kläger mit rund einem Sechstel des Berufungsstreitwertes von S 5.960,99 obsiegt; die beklagte Partei hat daher Anspruch auf Ersatz von zwei Dritteln ihrer Kosten des Verfahrens zweiter Instanz. Auch der Prozeßerfolg des Klägers im Revisionsverfahren (Zuspruch weiterer S 900,--) beträgt rund ein Sechstel des Revisionsstreitwertes von S 5.822,19, so daß er der beklagten Partei zwei Drittel der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung ersetzen muß. Die Zurückweisung der Revision in Ansehung eines S 5.822,19 übersteigenden Teilbegehrens war dabei nicht zu berücksichtigen, weil die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf diese Unzulässigkeit nicht hingewiesen hat. Der Antrag der beklagten Partei auf Verhängung einer Mutwillensstrafe über die Klagevertreter "bzw." Zuerkennung eines angemessenen Entschädigungsbetrages iSd § 408 ZPO war abzuweisen, weil über einen Parteienvertreter gemäß § 512 ZPO idF der ZVN 1983 eine Mutwillensstrafe überhaupt nicht mehr verhängt werden kann.

Anmerkung

E07482

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00159.85.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19860128_OGH0002_0040OB00159_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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