TE OGH 1986/1/28 5Ob110/85

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Veröffentlicht am 28.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Brigitte M***, 2. Robert A***,

2. Wilhelm R***, 4. Gertrude M***, 5. Julia P***, 6. Alfred L***, 7. Maria J***, 8. Uzun A***, 9. Alexander M***, Mieter im Haus Wien 16., Seitenberggasse 69, vertreten durch Hedwig V***, Funktionärin der Mietervereinigung Österreichs, Wien 16., Kirchstetterngasse 23, diese vertreten durch Dr. Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Dipl.Ing.

Franz S***, Wien 7., Bandgasse 20, 2. Dipl.Ing. Hedwig M***, Wien 19., Trautenauplatz 16, 3. Ingeborg W***, Wien 20., Vorgartenstraße 63/13, 4. Hermine K***, Wien 19., Krottenbachstraße 133, Hauseigentümer, vertreten durch Robert K***, Hausverwalter, Wien 1., Franz Josefs Kai 33/6, wegen § 37 Abs 1 Z 12, § 21 Abs 1 Z 2 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 26. September 1985, GZ. 41 R 749/85-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 17. April 1985, GZ. 4 Msch 6/85-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Mieter in dem den Antragsgegnern gehörenden Haus in Wien 16., Seitenberggasse 69. In der Betriebskostenabrechnung für 1983 scheinen Auslagen für die Schabenbekämpfung vom S 1.876,50 und S 6.949,50 auf. Die Antragsteller stehen auf dem Standpunkt, daß die alleinige Verursacherin für das Auftreten der Schaben im Haus in Wien 16., Seitenberggasse 69, die Firma M*** sei, die im Nachbarhaus einen Lebensmittelerzeugungsbetrieb führe. Es sei nicht einzusehen, warum sie die Kosten der Schabenbekämpfung als Betriebskosten tragen sollten. Es wäre Sache der Antragsgegner, sich diesbezüglich gegenüber dem Eigentümer der Nachbarliegenschaft zur Wehr zu setzen. Die Antragsgegner entgegnen, daß es sich bei dem Standpunkt der Antragsteller um eine bloße Vermutung handle. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß es für das Auftreten der Schaben andere Mitverursacher gebe. Es sei allerdings richtig, daß sich die Firma M*** einmal an den Kosten der Schabenbekämpfung beteiligt habe. Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle durch die rechtzeitige Anrufung des Erstgerichtes seitens der Antragsgegner außer Kraft getreten war, wies das Erstgericht den Antrag der Antragsteller auf Feststellung, die Antragsgegner hätten bei der Vorschreibung der Betriebskosten für das Jahr 1983 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um die Beträge von S 1.876,50 und S 6.949,50 den Antragstellern gegenüber anteilsmäßig überschritten, aus folgenden Erwägungen ab:

§ 21 Abs 1 Z 2 MRG nenne als Betriebskosten unter anderem die Kosten der Schädlingsbekämpfung. § 21 MRG stelle nicht darauf ab, ob es einen konkreten Verursacher für das Auftreten von Schädlingen gebe und ob in dem Fall, daß ein solcher vorhanden sei, dieser allein die Kosten der Schädlingsbekämpfung zu tragen habe. Aus dem Wortlaut des § 21 MRG sei vielmehr abzuleiten, daß der Vermieter die Kosten der notwendigen Schädlingsbekämpfung, die er für das Haus aufwende, auf die Mieter des Hauses als Betriebskosten überwälzen dürfe. Es sei daher im gegenständlichen Verfahren nicht geprüft worden, ob die Schädlinge tatsächlich von der Nachbarliegenschaft auf die Liegenschaft Seitenberggasse 69 eindringen oder wer sonst für das Auftreten der Schädlinge verantwortlich zu machen sei. Die tatsächlich aufgewendeten Schädlingsbekämpfungskosten stellten Betriebskosten im Sinne des § 21 Abs 1 Z 2 MRG dar. Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluß und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte aus:

Nach der vor dem Mietrechtsgesetz geltenden Rechtslage seien im Rahmen des § 2 Abs 2 Z 6 MG nur die Kosten der behördlich angeordneten Rattenvertilgung nach den hiefür bestehenden Tarifen den Betriebskosten zugezählt worden. Nunmehr würden die Kosten der Schädlingsbekämpfung im Betriebskostenkatalog des § 21 Abs 1 MRG ausdrücklich angeführt (§ 21 Abs 1 Z 2 MRG). Durch diese Neuregelung trete eine Erweiterung insoweit ein, als es auf die behördliche Anordnung der Arbeiten und eine tarifmäßige Bestimmung der Kosten nicht ankomme. Ferner schließe der weitgefaßte Begriff auch die Bekämpfung anderer Schädlinge ein (vgl. Palten in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 405). Zutreffend habe das Erstgericht auch bereits darauf hingewiesen, daß die Eigenschaft von Kosten als Betriebskosten gemäß § 21 MRG nicht dadurch verloren gehe, daß diese Kosten von jemandem verursacht oder verschuldet worden seien. Ob Betriebskosten durch jemanden verschuldet worden seien, von dem der Hauseigentümer Schadenersatz verlangen könnte, sei bei der Überprüfung der Vorschreibung solcher Kosten als Betriebskosten im Verfahren nach § 37 MRG nicht zu prüfen (vgl. MietSlg 4.429). Dieser von der jüngeren Rechtsprechung zum Einfluß des Verschuldens oder einer Verursachung von Erhaltungsarbeiten entwickelte Grundsatz (vgl. MietSlg 20.303/33, 21.329, 22.261, 29.248 ua.) gelte auch im Verfahren nach § 37 (Abs 1 Z 12) MRG. Entgegen der Meinung der Antragsteller habe das Erstgericht daher zu Recht keine Feststellungen über ein Verschulden am Schädlingsbefall getroffen. Da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Prüfung des Verschuldens anläßlich der Überprüfung von Betriebskosten im Verfahren nach § 37 MRG fehle, sei der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zuzulassen gewesen.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß (sowie den erstgerichtlichen Sachbeschluß) aufzuheben und dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung die Entscheidung im Sinne des Antrages der Antragsteller aufzutragen.

Die Antragsgegner haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Die Antragsteller machen geltend, daß schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechtes jedermann zur Abwehr eines bereits eingetretenen bzw. eines erst drohenden Schadens verpflichtet sei. Handle es sich bei der Schädlingsbekämpfung um eine solche, die durch ein Verschulden "des Nachbargrundstückes" notwendig geworden sei, dann liege ein Schaden vor, den der Eigentümer des Nachbargrundstückes zu vertreten habe. Der Grundbzw. Hauseigentümer sei daher primär verpflichtet, diesen Schaden gegenüber den Nachbarn geltend zu machen. Die Regelung des § 21 MRG umfasse unter dem Titel der Betriebskosten nur notwendige Kosten und nicht auch solche, die etwa bloß durch ein Nichttätigwerden des Hauseigentümers entstanden seien. § 21 MRG könne nicht so verstanden werden, daß es ins Belieben des Hauseigentümers gestellt bleibe, ob er den entstandenen Schaden gegenüber dem Schädiger geltend mache oder auf die Mieter überwälze, die ihrerseits keine rechtliche Möglichkeit hätten, den Ersatz dieses Schadens gegenüber dem Schädiger durchzusetzen. Es wäre daher sehr wohl im Verfahren nach § 37 MRG die Verschuldensfrage zu prüfen gewesen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG ist unter anderem zu überprüfen (§ 37 Abs 1 Z 12 MRG), ob ein bestimmter Betrag im Sinne des § 21 Abs 1 MRG unter Betriebskosten verrechnet werden darf (Würth-Zingher, MRG 2 , 172, Anm. 23 zu § 37; Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 507). Gemäß § 21 Abs 1 Z 2 MRG gelten als Betriebskosten unter anderem die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für die Schädlingsbekämpfung (siehe dazu die bereits vom Rekursgericht zitierten Ausführungen von Palten in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 405; vgl. auch Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 21 MRG). Aus dem Schutzzweck der Zinsbestimmungen des Mietrechtsgesetzes im allgemeinen (vgl. Palten aaO 389 zur Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung des Betriebskostenaufwandes sowie Palten aaO 402 und Würth-Zingher, MRG 2 , 111 zu der in der Regierungsvorlage zum Mietrechtsgesetz zum Ausdruck kommenden Absicht des Mietrechtsgesetzgebers, zu einer gewissen Stabilisierung und Tarifisierung der Betriebskosten zu gelangen) und aus der zusammenfassenden Betrachtung des Betriebskostenkataloges des § 21 Abs 1 MRG im besonderen (Z 1: Kosten, die durch die nach den Lieferbedingungen gebotenen Überprüfungen der Wasserleitungen erwachsen, Z 2: die auf Grund der Kehrordnung regelmäßig durchzuführende Rauchfangkehrung, Z 3: die entsprechende Beleuchtung der allgemein zugänglichen Teile des Hauses, Z 4 bis 6: die angemessene Versicherung des Hauses, Z 8: der in § 23 MRG bestimmte Betrag für Hausbesorgerarbeiten) folgt zwar, daß der Vermieter nicht Betriebskosten in beliebiger Höhe auf die Mieter überwälzen darf. Es wird daher bei der Prüfung der Zulässigkeit der Vorschreibung der Kosten für die Schädlingsbekämpfung je nach Lage des Falles zu beachten sein, ob die angemessenen Kosten einer erforderlichen fachgerechten Schädlingsbekämpfung überschritten wurden. In den Rahmen der im Verfahren nach § 37 MRG vorzunehmenden Prüfung wird wohl auch noch die Untersuchung des Umstandes fallen, ob der Vermieter in der Lage war, den Ersatz der Schädlingsbekämpfungskosten von demjenigen zu erhalten, der hiezu etwa deswegen bereit ist, weil er das Auftreten der Schädlinge verursacht oder gar verschuldet hat (zum Untersuchungsgrundsatz und zur Mitwirkungspflicht der Parteien im Verfahren nach § 37 MRG siehe Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 520 ff.). Die Frage jedoch, ob der Vermieter seiner aus dem Mietvertrag abzuleitenden Pflicht nachgekommen ist, die auf den Mieter überwälzbaren Betriebskosten dadurch möglichst gering zu halten, daß er im Rahmen dessen, was von ihm bei einer mit der gebotenen Sorgfalt geführten Hausverwaltung verlangt werden kann, das Entstehen solcher Kosten verhindert oder den Ersatz solcher Kosten gegenüber denjenigen gerichtlich geltend macht, die nach dem Nachbarrecht oder nach dem Schadenersatzrecht ersatzpflichtig sind, gehört nicht mehr in das Verfahren nach § 37 MRG, sondern auf den streitigen Rechtsweg. Der Oberste Gerichtshof pflichtet also diesbezüglich der neueren Rechtsprechung des Rekursgerichtes (vgl. etwa MietSlg 3.767/52, 4.429, 7.151 ua. betreffend die Verursachung bzw. das Verschulden eines Wassermehrverbrauches) bei. Auf derselben Linie liegen die bereits im angefochtenen Beschluß zitierte und vom Obersten Gerichtshof gebilligte (vgl. etwa MietSlg 7.997, 20.303/33) Rechtsprechung des Rekursgerichtes, wonach für die Erörterung der Fragen der Verursachung und des Verschuldens in Verfahren nach §§ 24 ff. MG, insbesondere im Mietzinserhöhungsverfahren, kein Raum sei, sowie die Entscheidungen, wonach es auf die Ursachen der Unvermietbarkeit der Mietgegenstände des Hauses, die wegen dieser Unvermietbarkeit bei der Aufteilung der Betriebskosten unberücksichtigt zu bleiben haben, nicht ankomme (MietSlg 16.213/10, 22.241, 35.338 [Landesgericht für ZRS Wien] ua.). Da die Antragsteller im Verfahren nach § 37 MRG zu überprüfende Einwände gegen die hier strittige Betriebskostenvorschreibung nicht erhoben haben, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E07508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00110.85.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19860128_OGH0002_0050OB00110_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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