Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des S in W, geboren 1986, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. November 2004, Zl. 253.270/0-IX/49/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Juli 2004 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 21. Mai 2004 gemäß § 7 AsylG abgewiesen, seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und gemäß § 8 Abs. 2 AsylG die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt.
Dieser Bescheid war wie folgt adressiert: "S.L. (Beschwerdeführer) (12.01.1986 geb.) SOS-Mitmensch, Zollergasse 15, 1070 Wien". In Bezug auf diese Anschrift hatte der Beschwerdeführer am 29. Juli 2004 eine Meldebestätigung vorgelegt, wonach er an dieser Anschrift mit der "Wohnsitzqualität obdachlos" gemeldet war. Die Sendung wurde am 4. August 2004 (nach zwei erfolglosen Zustellversuchen) beim Zustellpostamt hinterlegt und in der Folge als "nicht behoben" an das Bundesasylamt zurückgesandt.
Über Ersuchen des Beschwerdeführers und einer Mitarbeiterin des "Vereins Menschenrechte Österreich" wurde dem Beschwerdeführer am 17. September 2004 eine Bescheidkopie übermittelt, worauf der Beschwerdeführer am 22. September 2004 beim Bundesasylamt eine Berufung gegen den Bescheid vom 30. Juli 2004 einbrachte.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2004 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die verspätete Erhebung der Berufung vor und forderte ihn zur Stellungnahme auf. Nach Einholung einer zentralen Melderegisterauskunft - die keine aktuellen Meldedaten des Beschwerdeführers erbrachte - wurde dieses Schreiben am 21. Oktober 2004 von der belangten Behörde gemäß § 8 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 ZustG im Akt hinterlegt. Bis 10. November 2004 langte bei der belangten Behörde keine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 11. November 2004 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Juli 2004 gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen. In der Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, der Bescheid des Bundesasylamtes sei dem Beschwerdeführer "nachweislich am 4. August 2004 durch Hinterlegung zugestellt" worden, weshalb die Berufung bis längstens 18. August 2004 entweder beim Bundesasylamt oder bei der belangten Behörde einzubringen bzw. der Post zur Beförderung an eine dieser beiden Behörden zu übergeben gewesen wäre. Die Berufung sei jedoch unbestritten erst am 22. September 2004 eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte am 4. August 2004 durch Hinterlegung an der Anschrift 1070 Wien, Zollergasse 15. Einer von der belangten Behörde am 11. November 2004 eingeholten Anfrage aus dem zentralen Melderegister ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer unter der genannten Anschrift von 24. Juni 2004 bis 6. September 2004 mit der "Wohnsitzqualität obdachlos" gemeldet war. Eine Zustellvollmacht hatte der Beschwerdeführer damals nicht erteilt.
Der Beschwerdeführer war an der Zustellanschrift, an die der erstinstanzliche Bescheid adressiert war (Zollergasse 15, 1070 Wien), als Obdachloser gemeldet. Da sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob diese Anschrift im Zeitpunkt der Zustellung eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes war und damit für Zustellungen an den Beschwerdeführer zur Verfügung stand, steht nicht fest, ob die am 4. August 2004 erfolgte Hinterlegung des erstinstanzlichen Bescheides wirksam war, sodass eine Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung erfolgen konnte. Insofern gleicht der vorliegende Beschwerdefall in seinen wesentlichen Sach- und Rechtsfragen dem mit dem hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2003/01/0621, entschiedenen Fall. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Aus den im zitierten Erkenntnis genannten Gründen war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005200166.X00Im RIS seit
03.08.2005