TE OGH 1986/2/4 4Ob397/85

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Veröffentlicht am 04.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Herrn Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Herren Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna sowie Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ÖSTERREICHISCHER VERBAND DER MARKENARTIKEL INDUSTRIE, Wien 3., Am Heumarkt 12, vertreten durch DDr. Walter Barfuss, DDr. Hellwig Torggler, Dr. Christian Hauer und Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Karl SCH***, Kaufmann, Neunkirchen, Lagergasse 5, vertreten durch Dr. Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 395.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 4.Juli 1985, GZ 1 R 115,116/85-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Kreis- als Handelsgerichtes Wr.Neustadt vom 27. Dezember 1984, GZ 1 Cg 644/84-21, teils abgeändert, teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.956,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.920,- an Barauslagen und S 1.185,15 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, beim Vertrieb von Süßwaren Aktionsangebote anzukündigen, die aus einer Reihe von Süßwaren sowie einem Non-Food-Artikel - beispielsweise einem Fahrrad, einem Orientteppich, einer Superflor-Decke oder einem Elektroschneider - bestehen, wenn für den Non-Food-Artikel ein Einzelpreis angegeben wird, der genau dem für das Gesamtangebot eingeräumten Aktionsrabatt entspricht oder von diesem um nicht mehr als 30 % abweicht. Mit diesem Unterlassungsbegehren verband sie ein näher bezeichnetes Urteilsveröffentlichungsbegehren. Zur Begründung führte die klagende Partei im wesentlichen aus, der Beklagte gewähre für eine bestimmt angegebene Menge von Süßwaren einen um 15 % verminderten Aktionspreis. In dem Koppelungsangebot sei auch ein mit den Süßwaren in keinem Zusammenhang stehender sogenannter Non-Food-Artikel enthalten, dessen Preis genau mit dem 15 % betragenden, auf die Süßwaren in Form eines Aktionspreises gewährten Rabatt entspreche. Das Publikum müsse daher den Eindruck gewinnen, daß dieser letztgenannte Artikel unentgeltlich abgegeben werde. Dies verstoße gegen das Zugabengesetz und gegen den § 1 UWG. Die beklagte Partei beantragte zunächst Klagsabweisung und bestritt, daß das von der klagenden Partei an sich richtig wiedergegebene Verhalten wettbewerbswidrig sei.

In der am 1.10.1984 stattgefundenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anerkannte der Beklagte das Klagebegehren mit Ausnahme jenes Teiles, der die Abweichung von nicht mehr als 30 % betrifft ("....oder von diesem um nicht mehr als 30 % abweicht."); er anerkannte außerdem das Veröffentlichungsbegehren in Ansehung der Zeitungen "Der Lebensmittelkaufmann" und "Regal". Die klagende Partei beantragte, nachdem sie einige Urkunden vorgelegt und auf die Streitwertbemängelung des Beklagten geantwortet hatte, die Fällung eines Teilanerkenntnisurteils hinsichtlich des anerkannten Teils und legte Kostennote; sie beantragte ferner die Fällung eines Endurteils "mit der Modifikation", daß das oben zitierte, vom Teilanerkenntnis nicht umfaßte restliche Begehren wie folgt zu lauten habe:

".....oder der zwar nicht genau dem für das gesamte Angebot eingeräumten Aktionsrabatt entspricht, aber von diesem um nicht mehr als 30 % abweicht."

Die klagende Partei beantragte sodann die Veröffentlichung des Endurteils in den beiden oben genannten Zeitungen und in der "Neuen Kronen Zeitung" sowie die Veröffentlichung des Teilanerkenntnisurteils in der letztgenannten Zeitung. Nachdem das Erstgericht gemäß dem § 7 RAT eine Streitwertbewertung vorgenommen hatte, schloß es die Verhandlung und behielt die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vor. In dieser erließ es das Teilanerkenntnisurteil in Übereinstimmung mit dem Teilanerkenntnis des Beklagten und gab dem restlichen Klagebegehren in der zuletzt modifizierten Fassung mit Endurteil statt. Schließlich ermächtigte es die klagende Partei, das Endurteil in den drei oben genannten Zeitungen zu veröffentlichen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Beklagte habe die Unentgeltlichkeit seiner Zugabe durch die von der klagenden Partei genannte und vom Beklagten zugestandene Preisankündigung verschleiert. Der Preis des Non-Food-Artikels habe genau dem Betrag des für die Süßwaren gewährten Aktionsrabattes entsprochen. Ein solcher unzulässiger Scheinpreis liege aber auch dann vor, wenn der Preis des Non-Food-Artikels höher (oder niedriger) sei als der auf den Aktionsrabatt entfallende Betrag. Das in diesem Zusammenhang im Klagebegehren bestimmte Ausmaß solcher Schwankungen von 30 % könne noch akzeptiert werden.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Teilanerkenntnis- und Endurteil in der Hauptsache und änderte es lediglich hinsichtlich der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in der "Neuen Kronen-Zeitung" im abweislichen Sinn ab. Es sprach aus,daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000 nicht übersteigt; der Streitwert des bestätigten Teiles sowie der Gesamtstreitwert übersteigen S 300.000. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, gegen die Erlassung des Teilanerkenntnisurteils in der schriftlichen Urteilsausfertigung gemeinsam mit dem Endurteil bestünden keine Bedenken. Die vom Beklagten dagegen vorgetragenen Berufungsausführungen seien unverständlich. Zum Endurteil führte das Berufungsgericht aus, eine Werbung sei nicht nur dann unzulässig, wenn der Gesamtpreis eines Koppelungsgeschäfts dem Einzelrpeis der Hauptware völlig gleichkomme, sondern auch dann, wenn der Gesamtpreis dem erwähnten Einzelpreis so nahe komme, daß der Aufschlag nur ein geringfügiges Scheinentgelt sei. Damit es dem Beklagten nicht möglich sei, durch eine geringfügige Abweichung des Gesamtpreises vom Einzelpreis der Hauptware die Bewilligung der Exekution gegen ihn zu verhindern, sei es notwendig, dem Unterlassungsbegehren eine etwas allgemeinere Fassung zu geben. Diesem Erfordernis werde das ab Abweichungen bis zu 30 % Bedacht nehmende Unterlassungsbegehren gerecht. Hiebei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Parteien bereits früher in einem einen ähnlichen Unterlassungsanspruch beinhaltenden gerichtlichen Vergleich das gleiche Ausmaß einer solchen Abweichung vereinbart haben.

Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der auf die Fällung eines Teilanerkenntnisurteils gerichtete Antrag des Klägers abgewiesen und auch das vom Endurteil umfaßte Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise (für den Fall der Aufhebung des angefochtenen Urteils) wird beantragt, die im Teilanerkenntnisurteil enthaltene Veröffentlichungsermächtigung aufzuheben und die Entscheidung darüber der Endentscheidung vorzubehalten sowie den die im Endurteil enthaltene Urteilsveröffentlichung betreffenden Teil des angefochtenen Urteils aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte erblickt eine Nichtigkeit des angefochtenen Urteils in dem Umstand, daß das Berufungsgericht die Berufungsausführungen zum Teilanerkenntnisurteil als unvollständig bezeichnet und die Zulässigkeit der Fällung eines Teilurteils nicht begründet habe. Der damit angesprochene Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs.1 Z 9 ZPO liegt aber nur dann vor, wenn die Fassung des Urteils so mangelhaft ist, daß dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, wenn das Urteil mit sich selbst in Widerspruch ist oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Abgesehen davon, daß die diesbezüglichen Berufungsausführungen tatsächlich nicht recht verständlich sind, hat das Berufungsgericht seine Auffassung, daß die Fällung des Teilanerkenntnisurteils zu Recht erfolgt sei, ohnehin begründet. Allfällige Begründungsmängel sind aber kein Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 477 Abs.1 Z 9 ZPO

Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).

Den zum vorgenannten Nichtigkeitsgrund vorgetragenen, in Wahrheit dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellenden Rechtsmittelausführungen zum Teilanerkenntnisurteil kann nicht zugestimmt werden. Der Beklagte meint, die Fällung eines Teilanerkenntnisurteils sei deshalb nicht mehr zulässig gewesen, weil der Kläger nach seinem Antrag auf Fällung eines solchen Urteils weiterverhandelt und insbesondere sein Urteilsbegehren "bezüglich des gesamten Unterlassungsbegehrens erneuert habe". Dies komme einer Rückziehung seines Antrages auf Fällung eines Teilanerkenntnisurteils gleich und bedeute, daß er das Anerkenntnis "nicht annehme".

Der Kläger hat jedoch seinen diesbezüglichen Antrag keineswegs zurückgenommen. Er hat wohl das Klagebegehren modifiziert, doch betraf diese nur eine (an sich überflüssige) Verdeutlichung beinhaltende Modifizierung den vom Teilanerkenntnis des Beklagten unberührt gebliebenen restlichen Teil des Unterlassungsbegehrens und hatte auf den anderen Teil keinen Einfluß. Das weitere "Verhandeln" der klagenden Partei beschränkte sich auf die Abgabe von Erklärungen zu den vom Beklagten noch vorgelegten Urkunden und auf die Streitwertbemängelung. Im übrigen hat die klagende Partei auch nach dieser Modifizierung ausdrücklich zwischen Teilanerkenntnis- und Endurteil unterschieden. Schließlich blieb es dem Erstgericht unbenommen, das Teilanerkenntnisurteil nicht sofort in der Verhandlung zu verkünden (§ 416 Abs.3 ZPO), sondern in die schriftliche Ausfertigung des Endurteils aufzunehmen (§ 415 ZPO). Da somit der Beklagte auf Grund des Teilanerkenntnisurteils verpflichtet ist, beim Vertrieb von Süßwaren die Ankündigung von Aktionsangeboten zu unterlassen, wenn für den (gleichzeitig angebotenen) Non-Food-Artikel ein Einzelpreis angegeben wird, der genau dem für das Gesamtangebot eingeräumten Aktionsrabatt entspricht, ist nur mehr zu prüfen, ob die dem Beklagten im Endurteil auferlegte Verpflichtung, eine solche Ankündigung auch dann zu unterlassen, wenn für den Non-Food-Artikel ein Einzelpreis angegeben wird, der zwar nicht genau dem für das Gesamtangebot eingeräumten Aktionsrabatt entspricht, aber von diesem nicht mehr als 30 % abweicht.

Der Auffassung des Beklagten, diesem Begehren fehle deshalb die Berechtigung, weil er nur einen sich mit dem Aktionsrabatt genau deckenden Einzelpreis angekündigt habe, so daß kein konkreter Wettbewerbsverstoß hinsichtlich allfälliger Abweichungen vorliege, kann nicht zugestimmt werden. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat, hätte es der Kläger, wenn eine solche Toleranzgrenze nicht angenommen würde, in der Hand, durch eine ganz geringfügige Änderung des Einzelpreises des Non-Food-Artikels die Vollstreckung des Unterlassungsurteils zu verhindern oder doch wenigstens erheblich zu erschweren. Eine Werbung nach der Art der verfahrensgegenständlichen Ankündigung ist aber nicht nur dann unzulässig, wenn der Gesamtpreis für das Koppelungsgeschäft genau dem Einzelpreis der Hauptware entspricht; sie ist schon dann unzulässig, wenn der Gesamtpreis dem Einzelpreis so nahe kommt, daß der Aufschlag nur ein geringfügiges Scheinentgelt ist (ÖBl.1982, 135 mwH). Gegen die von der klagenden Partei vorgenommene Begrenzung solcher Abweichungen mit 30 % bestehen keine Bedenken. Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes in Verbindung mit konkreten Einzelverboten ist in Wettbewerbssachen meistens schon deshalb notwendig, um dem Geschäftsverkehr Umgehungen des Verbots nicht all zu leicht zu machen. Das Unterlassungsgebot hat sich jedoch immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren und darf nicht völlig unbestimmt sein (ÖBl.1983, 134 mwH).

Entgegen der Meinung des Beklagten wird dieser Rahmen hier nicht überschritten, weil die Orientierung am konkreten Wettbewerbsverstoß, nämlich an der Übereinstimmung des in Rede stehenden Einzelpreises mit dem Gesamtpreis des Koppelungsgeschäfts, vorgenommen wird und ausschließlich eine Umgehung des Unterlassungsgebotes verhindern soll.

Hinsichtlich des vom Revisionswerber im übrigen nicht bekämpften Ausmaßes der Abweichung von 30 % kann eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes in diesem Fall nicht erblickt werden, zumal dieselben Parteien in einem eine ähnliche Unterlassungsverpflichtung betreffenden Vergleich ebenfalls eine solche Abweichung vereinbart haben.

Da in der Revision gegen die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Teilanerkenntnis- und Endurteils in der Sache selbst nichts vorgebracht wird - die Aufhebung dieses Entscheidungsteils wird nur für den Fall der Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Hauptsache beantragt - , erübrigen sich dazu weitere Ausführungen. Der Revision kann daher ein Erfolg nicht beschieden sein. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E07480

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00397.85.0204.000

Dokumentnummer

JJT_19860204_OGH0002_0040OB00397_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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