TE OGH 1986/2/13 8Ob63/85

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Veröffentlicht am 13.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zahradnik, RA in Lambach, wider die beklagten Parteien 1) Verlassenschaft nach Dr. Nina G*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, RA in Wels, 2) Josefine M*****, vertreten durch Dr. Herta Schreiber, RA in Wels, und 3) Anna P*****, vertreten durch Dr. Siegfried Schwab, RA in Wels, wegen S 33.900,- s.A. und Feststellung (S 61.000,-), Revisionsstreitwert S 36.400,- hinsichtlich der klagenden Partei und je S 22.750,- hinsichtlich der erst- und der zweitbeklagten Partei, infolge Revision der klagenden Partei und der erst- und zweitbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. September 1984, GZ 5 R 144/84-61, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 27. März 1984, GZ 7 Cg 31/81-45, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte sind schuldig, dem Kläger an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von je S 504,- (darin Barauslagen von S 85,06 und Umsatzsteuer von S 38,08) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Der Kläger ist schuldig, der Drittbeklagten an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 1.575,20 (darin Umsatzsteuer von S 143,20, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 16. Oktober 1974 ereignete sich um 8,45 Uhr auf der Vorchdorfer Bezirksstraße im Gemeindegebiet von Vorchdorf ein Verkehrsunfall, an dem die Drittbeklagte als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen O ***** und der Kläger als Lenker und Halter des bei der Ersten Allgemeinen Versicherungs-Aktiengesellschaft haftpflichtversicherten PKW mit dem Kennzeichen ***** beteiligt waren. Die beiden Fahrzeuge stießen im Begegnungsverkehr zusammen, wobei die Drittbeklagte verletzt wurde. Sie war damals im 7. Lunarmonat (28. Schwangerschaftswoche) schwanger und gebar am 7. November 1974 die mj. Karin P*****, die während ihrer Frühgeburt einen Gehirnschaden erlitt und seither behindert ist.

Mit der am 4. November 1977 zu 6 Cg 451/77 des Kreisgerichtes Wels eingelangten Klage begehrten Heinrich P***** (der Vater der mj. Karin P***** und Ehegatte der Drittbeklagten) sowie die mj. Karin P***** selbst von den dort beklagten Parteien Josef R***** und E*****Aktiengesellschaft aus jenem Unfall Schadenersatz für Behandlungskosten, Fahrtauslagen, Pflegekosten und anderes sowie Schmerzengeld; überdies begehrten sie die Feststellung der Haftung der dort beklagten Parteien für alle künftigen Schäden aus dem Unfall.

Mit rechtskräftigem Teilurteil des Kreisgerichtes Wels vom 27. Juli 1979 wurde in diesem Verfahren festgestellt, daß die dort beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für alle künftigen Schäden des Heinrich und der mj. Karin P***** aus dem genannten Unfall zu haften haben, der Haftpflichtversicherer allerdings nur nach Maßgabe des Versicherungsvertrages. Dieser rechtskräftigen Entscheidung lagen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:

Die Drittbeklagte fuhr mit ihrem PKW auf der 6 m breiten Vorchdorfer Bezirksstraße von Vorchdorf in Richtung Kirchham, wobei sie einen Seitenabstand von 1,2 m zum rechten Straßenrand einhielt. Ihre Geschwindigkeit betrug etwa 40 – 50 km/h. Der nunmehrige Kläger kam ihr mit seinem PKW schleudernd aus einer Rechtskurve (gesehen in seiner Fahrtrichtung) entgegen. Er hatte diese Rechtskurve mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 – 80 km/h durchfahren (Grenzgeschwindigkeit für diese Kurve). Infolge der Schleuderbewegungen geriet er mit seinem PKW über die Straßenmitte, worauf der Zusammenstoß mit dem PKW der Drittbeklagten erfolgten; die Zusammenstoßstelle lag etwa 20 m nach dem Ende dieser Rechtskurve. Die Drittbeklagte hätte den Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PKW des Klägers nur dann verhindern können, wenn sie 1,2 m weiter rechts, also ganz am rechten Straßenrand gefahren wäre. Selbst bei Einhaltung eines Seitenabstandes von nur 0,2 m wäre es zu einer Streifkollision gekommen. Bei jedem Seitenabstand vom mehr als 0,5 m wäre mit größter Wahrscheinlichkeit das gleiche Unfallsergebnis eingetreten.

Die Drittbeklagte erlitt bei diesem Verkehrsunfall Abschürfungen an beiden Handrücken und beiden Unterschenkel mit mäßigen Blutungen sowie Kontusionen im Bereich des unteren Brustbeinanteiles, der rechten Kniescheibe und an der Außenseite des rechten Unterschenkels. Sie wurde mit der Rettung ins Krankenhaus Gmunden gebracht, wo sie nach der Versorgung in der chirurgischen Abteilung zur Kontrolle in die gynäkologische Abteilung überstellt wurde. Dort erfolgte eine vaginale Untersuchung, wobei eine intakte Schwangerschaft festgestellt wurde; Blutungen waren nicht vorhanden. Vom untersuchenden Arzt wurde ihr aber trotzdem zu einer stationären Behandlung geraten. Da sie sich dazu jedoch nicht bereit fand, wurde sie gegen Revers entlassen.

Noch am Abend des Unfallstages traten leichtere Schmerzen auf, die in den folgenden Tagen teils stärker und teils schwächer waren oder vorübergehend ganz wegblieben. Die Drittbeklagte begab sich wegen dieser Schmerzen am 17. 10. 1974 in die Behandlung ihres Hausarztes Dr. N*****, von dem sie darauf hingewiesen wurde, daß die Gefahr einer Frühgeburt bestehe. Bei den genannten Schmerzen handelte es sich auch um Kreuzschmerzen, wie sie schon beiden früheren sechs Geburten der Drittbeklagten aufgetreten waren. Dr. N***** empfahl ihr, nach Möglichkeit Bettruhe einzuhalten und gab ihr am 17., 19. und 21. 10. 1974 Injektionen, wobei es sich um Luteosan (Gelbkörperhormon, das auf die Uterusmuskulatur beruhigend und somit wehenhemmend wirkt), Spasmo-Inalgon (das in ähnlicher Weise krampflösend wirkt) und Ephynal (ein Vitaminpräparat) handelte. Spätestens am 24. 10. 1974 suchte die Drittbeklagte auch den Frauenarzt Dr. S***** auf, der eine intakte Schwangerschaft feststellte; Muttermund und Cervcial-Kanal waren geschlossen. Da die Drittbeklagte über gelegentliche ziehende Schmerzen im Unterbauch klagte, wurde ihr von diesem Arzt ein Spasmolyticum verordnet; außerdem empfahl er ihr körperliche Schonung. Am 6. 11. 1974 suchte sie erneut den Facharzt Dr. S***** auf, da sie verstärkt wehenartige Schmerzen im Unterbauch verspürte. Als am Abend desselben Tages starke Schmerzen auftraten, begab sie sich in das Entbindungsheim Eberstallzell (zur Zweitbeklagten), wo sie zuletzt ihr sechstes Kind geboren hatte. Alle von der Drittbeklagten vor der Geburt der mj. Karin (7. Kind) geboren sechs Kinder waren voll ausgetragen und gesund; auch das am 15. 5. 1977 geborene achte Kind war voll ausgetragen und gesund.

Die Drittbeklagte wurde am 7. 11. 1974 um 19,30 Uhr von der mj. Karin entbunden. Das Kind hatte nur ein Gewicht von 1700 Gramm; alle Neugeborenen mit einem Gewicht von 2500 Gramm und darunter werden als Frühgeburten eingestuft. Die Frühgeburt wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch das Unfallsergebnis ausgelöst. Zu einer Frühgeburt kann es nämlich u.a. durch Stöße gegen den Körper der Schwangeren, Erschütterungen, Erhöhung des Druckes im Bauchraum und Unfallstreß kommen; diese exogenen Ursachen für eine Frühgeburt sind im vorliegenden Fall überwiegend wahrscheinlich.

Jede Frühgeburt ist eine Risikogeburt; so ist die Erstickungsgefahr (die eine Cerebralschädigung zur Folge haben kann) bei Frühgeburten viermal so groß wie bei ausgetragenen Kindern. Das besondere Risiko einer solchen Geburt besteht darin, daß der Schädel des noch nicht ausgetragenen Kindes noch unvollständig verknöchert und weich ist, sodaß es beim Auspressen durch den Geburtskanal zu einer starken Traumatisierung des Schädels bzw. Gehirns und damit zu einer Gehirnschädigung kommen kann. Außerdem kann eine solche Schädigung auch durch einen bei der Frühgeburt möglicherweise auftretenden Sauerstoffmangel – sei es nun im Zusammenhang mit dem Schädeltrauma oder unabhängig davon – bewirkt werden.

Die mj. Karin P***** erlitt während ihrer Frühgeburt einen cerebralen Schaden. Als Folge davon besteht bei ihr eine schwere Entwicklungsstörung, die sich vor allem in einer Behinderung der Feinmotorik der Hände, der Wahrnehmungsfunktionen, der Sprache und des Sozialverhaltens äußert. In welcher Form und in welchem Ausmaß sich dies auf das weitere Leben des Kindes auswirken wird und welche materiellen Schäden damit verbunden sein werden, ließ sich damals noch nicht beurteilen. Der Vater Heinrich P***** bezahlte die wegen der Behinderung des Kindes erforderlichen Behandlungsmaßnahmen; auch hier können die in Zukunft noch entstehenden Belastungen nicht überschaut werden.

In rechtlicher Hinsicht wurde davon ausgegangen, daß der Drittbeklagten ein Mitverschulden am Zustandegekommen des Verkehrsunfalles nicht angelastet werden könne. Ausgehend von der festgestellten natürlichen Kausalität zwischen der Handlung des Klägers und den Verletzungen des Kindes wurde auch die Adäquanz bejaht. Die der Mutter, der Hebamme und den behandelnden Ärzten vorgeworfenen Fehlhandlungen, wären sie erwiesen, lägen nicht so außerhalb allgemeiner Lebenserfahrung, daß man von einer ganz atypischen Zwischenursache (oder auch einer sogenannten Unterbrechung des Kausalzusammenhanges) sprechen müßte. Gerade eine Frau, die schon mehrere Kinder geboren habe, könne die Gefahren einer Geburt eher gelassener beurteilen als eine unerfahrene Frau. Daß sie sich also entgegen ärztlichem Rat nicht sofort nach dem Unfall in stationäre Behandlung begeben habe, daß sie bei den nachher auftretenden Schmerzen nicht sofort einen Facharzt aufgesucht und sich zur Entbindung nicht in ein Krankenhaus, sondern in ein Entbindungsheim begeben habe, seien keine so ungewöhnlichen Verhaltensweisen einer Schwangeren. Es sei durchaus nicht ungewöhnlich, daß Verkehrsverstöße, wie sie der Kläger gesetzt habe, folgenschwere Unfälle herbeiführten und daß es im Zusammenhang mit einer durch einen solchen Unfall ausgelösten Frühgeburt auch zu Hirnschädigungen des zur Zeit des Unfalles noch ungeborenen Kindes kommen könne.

Am 28. 1. 1981 leistete die E*****-Aktiengesellschaft als Haftpflichtversicherer des Klägers der mj. Karin P***** eine Teilzahlung von S 33.900,--. Die dem Versicherer zustehende Regreßforderung wurde dem Kläger abgetreten. Mit Endurteil des Kreisgerichtes Wels vom 30. Juni 1983, 6 Cg 468/82-104, wurde der mj. Karin P***** ein Schmerzengeldbetrag von S 300.000,-- s.A. zugesprochen. Den von beiden Seiten gegen dieses Urteil erhobenen Berufungen wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 5. April 1984, 5 R 10/84, in der Hauptsache nicht Folge gegeben. Eine Revision wurde nicht erhoben.

Mit der vorliegenden, am 29. Juni 1979 überreichten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, daß ihm alle drei Beklagten für sämtliche Leistungen zur ungeteilten Hand regreßpflichtig seien, die er dem Heinrich P***** oder der mj. Karin P***** aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen habe. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 9. Jänner 1984 erweiterte der Kläger dieses Feststellungsbegehren um ein Leistungsbegehren, wonach die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, ihm S 33.900,-- samt 4 % Zinsen seit 29. 1. 1981 im Regreßweg zu bezahlen. Der Kläger brachte im wesentlichen vor, daß der Zustand des Kindes (Cerebralschaden) von den Beklagten schuldhaft wie folgt herbeigeführt worden sei:

Die (inzwischen verstorbene) Dr. Nina G***** habe es als Gemeindeärztin am 7. 11. 1974 um etwa 8 Uhr früh unterlassen, die Drittbeklagte vaginal zu untersuchen. Sie habe der Zweitbeklagten eine Ampulle Syntocinon (Wehenmittel) mit dem Auftrag übergeben, dieses im Bedarfsfalle zu spritzen; danach sei die Erstbeklagte auf Urlaub gefahren. Insbesondere habe sie es trotz Kenntnis der fehlenden Eignung der Entbindungsstation Eberstallzell für Frühgeburten unterlassen, die sofortige Überführung der Drittbeklagten in eine gynäkologische Fachabteilung zu veranlassen, sie habe nicht einmal ihr Beatmungsgerät in der Entbindungsstation zurückgelassen.

Auch der Zweitbeklagten seien wesentliche Fehler unterlaufen. Der Umstand, daß die Drittbeklagte schon im 8. Lunarmonat zur Entbindung kam, habe sie in Alarmstimmung versetzt; sie habe es jedoch unterlassen, die Drittbeklagte sofort in eine gynäkologische Fachabteilung, z.B. Wels oder Linz, einzuweisen. Da die Geburt nach dem Blasensprung keine guten Fortschritten gemacht habe, habe die Zweitbeklagte das ihr von der Erstbeklagten zurückgelassene Medikament Syntocinon gespritzt; dieses habe die Wehentätigkeit gefördert und um 19,30 Uhr zu einer Spontangeburt geführt. Die Zweitbeklagte habe es auch unterlassen, einen Dammschnitt auszuführen, obwohl dies zur Entweiterung und Erleichterung des Geburtsweges unbedingt notwendig gewesen wäre. Das Wehenmittel hätte im Hinblick auf die Frühgeburt überhaupt nicht verabreicht werden dürfen. Da das Kind nach der Geburt keine Spontanatmung gezeigt habe, habe die Zweitbeklagte eine Mund-zu-Mund-Beatmung vorgenommen; richtig wäre eine Sauerstoffbeatmung gewesen, für die aber in der Entbindungsstation die Voraussetzungen gefehlt hätten. Mit Verabreichung von wehenhemmenden Mitteln und Anlegung einer Cerclage hätte auch in diesem Fall die Entbindung hinausgezögert werden können.

Wenn die Drittbeklagte am 16. 10. 1974 dem ärztlichen Rat folgend in stationärer Behandlung verblieben wäre, hätte durch eine entsprechende fachärztliche Behandlung die Entbindung solange hinausgezögert werden können, daß die mj. Karin zu einem normalen Zeitpunkt geboren und jedes Frühgeburtsrisiko ausgeschaltet worden wäre. Die Drittbeklagte habe es auch am 6. 11. 1974 unterlassen, sich dem Rat des Facharztes Dr. S***** entsprechend in stationärer Behandlung in einer gynäkologischen Abteilung zu begeben.

Abgesehen davon, daß sich der Anteil der einzelnen Beklagten am eingetretenen Schaden nicht bestimmen lasse, habe jede der Beklagten eine Bedingung für den gesamten Schaden gesetzt; die Beklagten seien daher dem Kläger gegenüber solidarisch regreßpflichtig.

Die Beklagten wendeten Verjährung ein, bestritten das Vorliegen ihrer Solidarhaftung und verneinten jeweils ein eigenes schuldhaftes Fehlverhalten:

Die Erstbeklagte sei lediglich wegen einer erhöhten Temperatur zur Drittbeklagten gerufen worden. Sie sei im Begriff gewesen, auf Urlaub zu fahren, habe jedoch gefälligkeitshalber kurz „vorbeigesehen“. Sie habe die Drittbeklagte an Brust und Rücken abgehorcht, die Füße wegen einer Venenentzündung angesehen, jedoch das Hebammentagebuch nicht eingesehen. Von einer Wehentätigkeit habe sie keine Kenntnis gehabt. Auch habe sie geraten, eine stationäre Krankenhausbehandlung aufzunehmen, was aber die Drittbeklagte abgelehnt habe. Das Mittel Syntocinon habe sie nicht zurückgelassen mit dem Auftrag, bei Bedarf zu spritzen.

Die Zweitbeklagte bestritt jeden Kunstfehler. Das Mittel Syntocinon habe sie nicht vor, sondern nach der Geburt zur Lösung der Placenta verabreicht. Eine Mund-zu-Mund-Beatmung sei weder erforderlich gewesen, noch vorgenommen worden. Der vom Kind erlittene Schaden sei entweder anlagebedingt oder durch einen Sauerstoffmangel im Mutterleib entstanden, was mehrere Ursachen haben könne.

Die Drittbeklagte bestritt, von wem immer die Empfehlung zur Aufnahme einer stationären Behandlung erhalten zu haben. Sie habe nicht voraussehen können, daß es bei der Geburt ihres Kindes im Entbindungsheim Eberstallzell zu Komplikationen kommen werde.

Das Erstgericht stellte fest, daß die drei Beklagten dem Kläger jeweils zu 25 % hinsichtlich sämtlicher Leistungen regreßpflichtig seien, die er dem Heinrich P***** oder der mj. Karin P***** aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen habe. Weiters erkannte es die Beklagten schuldig, dem Kläger je einen Betrag von S 8.475,-- samt 4 % Zinsen seit 29. 1. 1981 zu bezahlen. Feststellungs- und Leistungsmehrbegehren wurden abgewiesen.

Das Erstgericht stellte – abgesehen von dem bereits wiedergegebenen Sachverhalt – im wesentlichen folgendes fest:

Die vaginale Untersuchung der Drittbeklagten am Unfallstag in der gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses Gmunden ergab keinen Hinweis auf eine Frühgeburt, sondern es wurde eine intakte Schwangerschaft konstatiert. Ungeachtet dessen wurde vom behandelten Arzt zur Beobachtung eine zweitätig stationäre Untersuchung empfohlen. Die Drittbeklagte lehnte dies wegen ihrer großen Familie ab und unterfertigte einen Revers, worin sie erklärte, das Krankenhaus gegen den ärztlichen Rat auf eigenen Wunsch und eigene Gefahr trotz ärztlicher Aufklärung über etwaige die Gesundheit schädigende Folgen zu verlassen. Die Ablehnung dieser stationären Behandlung ist allerdings nicht kausal für die spätere Frühgeburt.

Daß sich die Drittbeklagte am 17. 10. 1974 in gynäkologische Behandlung des Prim. Dr. S***** begeben habe, kann ebensowenig festgestellt werden, wie daß sie bei den Besuchen bei Dr. N***** am 17., 19. und 21. 10. 1974 angegeben hätte, an wehenartigen Schmerzen zu leiden. Tatsächlich erklärte sie, es handle sich bei ihr um Kreuzschmerzen, wie sie auch bei den vorangegangen Geburten aufgetreten waren. Am 22. 10. 1974 erschien die Drittbeklagte abermals bei dem Arzt Dr. N*****, allerdings nicht wegen eigener Beschwerden, sondern um ein Medikament für ihren Gatten abzuholen. Auf die Frage des Arztes nach ihrem Befinden erklärte sie, daß es ihr gut gehe. Auch dieser Umstand ist für die Frühgeburt nicht kausal, da am 24. 10. 1974 noch eine intakte Schwangerschaft festgestellt wurde.

Am 6. 11. 1974 suchte die Drittbeklagte wegen verstärkter wehenartiger Schmerzen im Unterbauch den Facharzt Prim. Dr. S***** auf. Dieser stellte eine Verkürzung der Portio uteri fest, doch waren Muttermund und Cervical-Kanal noch geschlossen. Wegen der erhöhten Wehenbereitschaft und des Zustandes einer drohenden Frühgeburt, was Prim. Dr. S***** der Drittbeklagten auch mitteilte, empfahl er ihr dringend, eine stationäre Behandlung aufzunehmen, um die Wehentätigkeit zu hemmen. Diese Empfehlung wurde in der Ordination wiederholt ausgesprochen und auch von der anwesenden Gattin des Dr. S***** in der Weise formuliert, daß die Drittbeklagte „ihre Sachen zusammenpacken“ und in das Krankenhaus Gmunden fahren solle. Die Drittbeklagte verstand diesen Rat wohl und lehnte ihn auch nicht ausdrücklich ab, leistete ihm aber keine Folge. Sie hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit in das Krankenhaus Gmunden kommen können.

Die Drittbeklagte hatte sich für die bevorstehende Geburt schon vor längerer Zeit im Entbindungsheim der Zweitbeklagten in Eberstallzell angemeldet und zwar für etwa Anfang Jänner 1975. Dies deshalb, weil sie bereits mehrfach bei Geburten erfolgreich Beistand der Zweitbeklagten erfahren hatte, nämlich 1968, 1969, 1970 und 1972.

Die Drittbeklagte hat inzwischen 10 Kinder geboren; mit Ausnahme der hier in Frage stehenden 7. Geburt waren alle Kinder voll ausgetragen.

Am späten Nachmittag bzw. frühen Abend des 6. 11. 1974 verspürte die Drittbeklagte starke Wehen in Abständen von jeweils 15 Minuten. Sie wartete noch etwa bis 21 Uhr. Bis dahin war sie völlig sicher, daß dies nicht andere Bauchschmerzen, sondern eindeutige Wehen waren. Sie ließ sich von ihrem Schwager in das Entbindungsheim der Zweitbeklagten nach Eberstallzell fahren, welches etwa 30 km von ihrem Wohnort entfernt liegt. Auf dem Weg dorthin mußte sie die Stadt Gmunden durchfahren, wo sich ein Krankenhaus mit einer gynäkologischen Fachabteilung befindet. Sie traf nach 23 Uhr im Entbindungsheim der Zweitbeklagten ein und wurde von dieser erstaunt gefragt, was sie hier wolle, da sie doch erst für Jänner angemeldet sei. Die Drittbeklagte erklärte, daß sie Wehen verspüre und auch einen Unfall erlitten habe. Dieser Umstand, insbesondere daß sich die Drittbeklagte erst im 8. Lunarmont befand, versetzte die Zweitbeklagte in eine gewisse Alarmstimmung. Sie meinte, ob die Drittbeklagte nicht lieber in eine Klinik gehen möchte, zumal sie selbst in der Regel keine Frühgeburten mache. Die Drittbeklagte erwiderte, sie komme von einer Klinik und gehe nicht wieder dorthin zurück; sie würde in diesem Fall dann auch lieber zu Hause entbinden. Daraufhin wurde sie um etwa 23,30 Uhr in dem Entbindungsheim stationär aufgenommen. Sie teilte auch mit, daß sie seit etwa 13 Uhr wehenartige Beschwerden verspüre. Die Zweitbeklagte trug dies im Hebammentagebuch ein und untersuchte auch die Patientin, insbesondere vaginal, wobei sie feststellte, daß die Wehen wieder relativ leicht waren und der Muttermund 2 cm geöffnet war. Da eine Geburt nicht unmittelbar bevorstand, wurde vorerst ärztlicher Beistand nicht gerufen.

In der Nacht zum 7. 11. 1984 hatten sich die Wehen wieder beruhigt, was die Zweitbeklagte bei den mehrmaligen nächtlichen Kontrollen feststellen konnte. Auch am folgenden Morgen stellte sie fest, daß Wehen nicht mehr vorhanden waren und meinte, daß daher die sich abzeichnende Geburt zum Stillstand gekommen sei. Die Drittbeklagte sagte allerdings, daß ihr so heiß sei. Eine Temperaturmessung ergab ein leichtes Fieber. Daraufhin verständigte die Zweitbeklagte die Gemeindeärztin Dr. G*****, die auch als Betreuerin des Entbindungsheimes in komplizierten Fällen fungierte. Die Ärztin erklärte, daß sie an sich heute keinen Dienst mehr verrichte, sondern im Begriff sei, auf Urlaub zu fahren, erklärte sich aber dann doch bereit, kurz vorbeizusehen. Sie erschien kurz nach 8 Uhr früh im Entbindungsheim. Die Zweitbeklagte zeigte ihr das Hebammentagebuch und legte ihr dar, daß es sich allenfalls um eine Frühgebärende handle, die Fieber habe. Beiläufig erwähnte sie auch, daß die Drittebeklagte einen Unfall erlitten habe; sie schilderte der Ärztin auch den Zustand des Muttermundes am Vorabend und erwähnte, daß derzeit keine Wehen bestünden.

Die Erstbeklagte untersuchte sodann die Drittbeklagte auf das mitgeteilte Fieber, horchte sie ab und kontrollierte die Herztöne des Kindes, die als gut empfunden wurden. Eine vaginale Untersuchung fand nicht statt. Nach der Untersuchung sagte die Erstbeklagte zunächst zur Zweitbeklagten, daß man die Patientin wegen der bevorstehenden Frühgeburt wegschicken solle. Sie erklärte sich bereit, eine Einweisung in ein Krankenhaus zu schreiben. Daß sie eine solche Einweisung tatsächlich geschrieben habe, kann nicht festgestellt werden. Die Erstbeklagte vermeinte dann auch zur Drittbeklagten, daß jede Frühgeburt eine Risikogeburt sei, für welche das Entbindungsheim nicht eingerichtet sei und daß es daher zweckmäßig wäre, in eine Krankenanstalt zu gehen. Daß die Erstbeklagte oder die Zweitbeklagte an die Drittbeklagte mehrmals die eindringliche Aufforderung vorgenommen hätten, das Entbindungsheim zu verlassen und eine Krankenanstalt aufzusuchen, kann nicht festgestellt werden.

Der Rat zum Aufsuchen einer Krankenanstalt wurde von der Drittbeklagten abgelehnt, auch dann, als ihr mitgeteilt wurde, daß ja auch das Kind (eine Frühgeburt unter 2,5 kg) nicht im Entbindungsheim verbleiben könne, sondern in eine geeignete Krankenanstalt eingeliefert werden müsse. Die Erstbeklagte entfernte sich sodann mit dem Bemerken, bei Bedarf sei ihr Vertreter Dr. K***** in Anspruch zu nehmen. Sie übergab der Zweitbeklagten eine Ampulle Syntocinon mit dem Bemerken, dieses Mittel bei Bedarf nach der Geburt zur schnelleren Lösung der Placenta zu injizieren. Daß sie das Mittel mit dem Auftrag übergehen hätte, es vor der Geburt zur Verstärkung der Wehentätigkeit zu injizieren, kann nicht festgestellt werden.

Um 17,10 Uhr kam es dann plötzlich zum spontanen Blasensprung. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Zweitbeklagte nach dem Blasensprung bis zur Geburt um 19,30 Uhr irgendein wehenverstärkendes Mittel injiziert hätte. Das Mittel Syntocinon, ein wehenverstärkendes Mitte, welches im Jahr 1974 in einigen Spitälern noch zur Beschleunigung der Wehentätigkeit intramuskulär verabreicht wurde, allerdings nur bei normal ausgetragenen Geburten, ist bei Frühgeburten kontraindiziert.

Die Zweitbeklagte hätte eine Frühgeburt in ihrem Entbindungsheim ohne ärztlichen Beistand nicht durchführen dürfen. Die Diagnose einer drohenden Frühgeburt kann auf mehrere Arten erfolgen. Anzeichen des Beginnes einer drohenden Frühgeburt lagen bei der Drittbeklagten erstmals am 6. 11. 1974 bei der Untersuchung durch Dr. S***** vor. Auch bei ihrer Aufnahme im Entbindungsheim lagen solche Anzeichen vor, wobei der Muttermund bereits 2 cm weit geöffnet war. Diese Anzeichen wurden am nächsten Morgen der Gemeindeärztin mitgeteilt.

Bei der Geburt um 19,30 Uhr unterließ die Zweitbeklagte den bei einer Frühgeburt erforderlichen Dammschnitt, weil sie meinte, dies sei bei einer Siebtgebärenden nicht notwendig. Ein Dammschnitt wäre aber unbedingt notwendig gewesen, um die Traumatisierung des weichen und kleines Kopfes des Kindes zu vermeiden. Nach dem Austritt des Kindes aus dem Geburtskanal stellte die Drittbeklagte fest, daß dieses Kind im Gegensatz zu den früher geborenen Kindern nicht schrie. Die Zweitbeklagte nahm sodann die mehrfache Absaugung und eine Mund-zu-Mund-Beatmung vor. Erst nach etwa 20 Minuten gab das Kind den ersten Laut von sich. Die Mund-zu-Mund-Beatmund nach dem Austritt des Kindes war ebenfalls nicht zweckentsprechend; es hätte eine Beatmung durch reinen Sauerstoff mit einem geeigneten Sauerstoffgerät vorgenommen werden müssen. Die Entbindungsstation verfügte allerdings nicht über ein derartiges Gerät; auch deshalb wäre die Durchführung der Geburt in einer Krankenanstalt angezeigt gewesen.

Nach der Geburt injizierte die Zweitbeklagte das Mittel Syntocinon zur schnelleren Lösung der Nachgeburt.

Wäre die Geburt nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen worden, dann hätte folgendes beachtet werden müssen: Die kindlichen Herztöne hätten laufend vom Abend des 6. 11. 1974 an bis zum Austritt überwacht werden müssen. Dabei hätte erkannt werden können, daß sich das Kind unter der Geburt in einem schlechten Zustand befand. Es hätte der entlastende Dammschnitt durchgeführt werden müssen, um dem Kind eine zusätzliche Belastung zu ersparen. Nach der Geburt hätte die Beatmung des Kindes mit einem geeigneten Sauerstoffgerät vorgenommen und das wiederholte Absaugen unterlassen werden müssen. Im übrigen hätte die Drittbeklagte nach ihrer Untersuchung durch Prim. Dr. S***** unbedingt eine Krankenanstalt aufsuchen müssen, um mit wehenhemmenden Substanzen die drohende Frühgeburt hinauszuschieben. Dies geschieht durch intensive Infusionsbehandlung. Mit über 80 % Wahrscheinlichkeit hätte hiebei erwartet werden können, daß der Geburtstermin um mehr als zwei Wochen hinausgeschoben wird.

Prinzipiell können Frühgeburten durch einen Verkehrsunfall ausgelöst werden. Frühfolgen sind im vorliegenden Fall auszuscheiden, da eine Verletzung der Gebärmutter nicht vorlag. Allerdings kann eine Frühgeburt auch durch Spätfolgen nach einem Unfall ausgelöst werden. Es kann eine ganz geringfügige vorzeitige Lösung der Placenta durch Blutansammlung zwischen Placenta und Uteruswand bewirken, daß ein dauernder Reiz ausgelöst wird, der die Gebärmutter immer wieder zur Wehentätigkeit anregt. Für ein solches sogenanntes retroplacentares Hämatom sind im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte gegeben. Allerdings können als Folge eines erlittenen Unfalles Streßsituationen zu Adrenalinausschüttungen führen, die ebenfalls vorzeitige Wehen erzeugen können. Derartiges ist im vorliegenden Fall anzunehmen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Ausspruch einer Solidarhaftung nicht mehr am Platz sei, weil es sich um einen Regreßanspruch handle. Der Verjährungseinwand sei selbst bei Berücksichtigung der dreijährigen Verjährungsfrist unberechtigt. Ein erstmaliges Indiz für die Haftung der Beklagten hätte sich aus dem am 22. 6. 1978 bei Gericht eingelangten und in der Folge den Parteien zugestellten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R***** ergeben.

Was die Haftung der einzelnen Beteiligten anlange, so sei diese im Ergebnis zu je gleichen Quoten festzustellen. Zunächst dürfe an der Haftung des Klägers nicht vorbeigegangen werden. Sein Verhalten sei es ja gewesen, das die Frühgeburt ausgelöst habe. Frühgeburten seien immer Risikogeburten, wobei Risken und Schäden für das geborene Kind auch bei geeigneter ärztlicher Betreuung nie zur Gänze auszuschließen seien. Durch die Herbeiführung des Unfalls habe daher der Kläger in nicht zu vernachlässigendem Ausmaß fahrlässig zum Erfolg beigetragen.

Die erstbeklagte Ärztin habe einen Anteil von 25 % dadurch zu vertreten, daß sie es trotz Kenntnis der bestehenden Risken unterlassen habe, die sofortige Einweisung in eine Krankenanstalt zu veranlassen und auch darauf zu bestehen und daß sie es ferner unterlassen habe, die Zweit- und die Drittbeklagte eindringlich und konkret auf die eminenten Gefahren einer in einem Entbindungsheim ohne ärztlichen Beistand vorzunehmenden Frühgeburt hinzuweisen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Erstbeklagte seinerzeit gleichsam „außer Dienst“ gewesen sei und lediglich aus Gefälligkeit die Tätigkeit noch vor ihrem Urlaubsantritt vorgenommen habe. Werde nämlich eine ärztliche Tätigkeit geleistet, dann sei diese nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst vorzunehmen.

Der gleich hohe Anteil der Zweitbeklagten sei dadurch begründet, daß sie es als Hebamme gleichfalls unterlassen habe, wirklich darauf zu bestehen, daß die Drittbeklagte in geeignete fachärztliche Behandlung gelangte und daß auch nach dem Blasensprung ärztlicher Beistand nicht herbeigeholt, bei der Geburt ein Dammschnitt unterlassen und wiederholt abgesaugt worden sei. Die Unterlassung der Beatmung mit einem geeigneten Sauerstoffgerät sei bei der Bemessung des Verschuldensanteiles nicht mehr zu berücksichtigen, das diese Unterlassung ja in der Nichtherbeiholung ärztlichen Beistands bzw. dem Nichtbestehen auf Einweisung in eine Fachklinik aufgehe.

Der Anteil der Drittbeklagten im gleichen Ausmaß könne damit begründet werden, daß sie am 6. 11. und am 7. 11. 1974 den mehr oder weniger dringenden Empfehlungen des Dr. S*****, der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten nicht gefolgt sei, obwohl ihr mehrfach die Risken einer Frühgeburt dargelegt und auch erklärt worden sei, daß die Entbindungsstation an sich für Frühgeburten nicht eingerichtet sei.

Würde man diese Verschuldens- und Verursachungsanteile nicht nach deren Schwere, Fahrlässigkeitsgrad und Bedeutung für den eingetretenen Schaden werben können, würde sich im Ergebnis wiederum eine Haftung zu gleichen Teilen (§ 896 ABGB) ableiten lassen.

Dieses Urteil wurde vom Kläger und allen drei Beklagten mit Berufung bekämpft.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Drittbeklagten zur Gänze und den Berufungen der Erst- und der Zweitbeklagten teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es feststellte, daß die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte dem Kläger jeweils für ein Viertel sämtlicher Leistungen regreßpflichtig sind, die dieser dem Heinrich P***** oder der mj. Karin P***** aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat. Es erkannte die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte schuldig, dem Kläger je S 7.500,- samt 4 % Zinsen seit 9. 1. 1984 zu bezahlen. Das gegen die Drittbeklagte gerichtete Klagebegehren wies das Berufungsgericht zur Gänze ebenso ab wie das gegen die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte gerichtete Leistungs- und Feststellungsmehrbegehren. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich jeder der drei Beklagten S 60.000,- übersteigt, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich der Drittbeklagten S 15.000,- übersteigt und daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, hinsichtlich jeder der drei Beklagten S 300.000,- übersteigt.

Das Berufungsgericht stellte ergänzend fest, daß sich der vom Haftpflichtversicherer des Klägers am 28. 1. 1981 bezahlte Betrag aus S 30.000,- an Kapital und S 3.900,- an Zinsen zusammensetzt und daß die entsprechende Regreßforderung erstmals am 9. 1. 1984 geltend gemacht wurde. Im übrigen übernahm es die Feststellungen des Erstgerichtes.

Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, daß gemäß § 1302 letzter Halbsatz ABGB demjenigen, welcher den Schaden ersetzt habe, der Rückersatz gegen die übrigen vorbehalten bleibe. Der Umfang des Regreßanspruches eines Schädigers gegen die mithaftenden Mitschädiger sei nach § 896 ABGB zu beurteilen. Eine solidarische Regreßpflicht der Beklagten sei daher abzulehnen.

Gemäß § 896 ABGB hafteten mehrere Schadensverursacher untereinander nach Kopfteilen, es sei denn, daß eine vertragliche Vereinbarung oder eine aus der Rechtsordnung ableitbare Regel etwas anderes bestimme. Eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung liege nicht vor. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des internen Ausgleichs finde sich im § 11 Abs. 1 EKHG: Der Ausgleich solle sich danach richten, ob der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Beteiligten verursacht worden sei. Dieses Abstellen auf die Schwere der Zurechnungsmomente, die beim einzelnen Gesamtschuldner vorliegen, werde auch sonst vorzunehmen sein. Dafür spreche, daß die erwähnte Norm einen der analogiefähigen allgemeinen Grundgedanken ausdrücke, der in etwas anderem Zusammenhang auch im ABGB aufscheine. Nach § 1304 ABGB sei der Schaden bei Mitverschulden des Geschädigten nach der Schwere des den Schädiger und den Geschädigten treffenden Verschuldens zu teilen. Daraus könne ebenfalls die allgemeine Regel abgeleitet werden, daß unter mehreren Personen, die einen Schaden gemeinsam zu tragen hätten, die Aufteilung nach der Schwere der bei ihnen gegebenen Zurechnungsmomente zu erfolgen habe. Seien insofern keine Unterschiede feststellbar, greife die Regel des § 896 ABGB ein und die Aufteilung erfolge nach Köpfen.

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen sei der Verschuldensanteil des Klägers als sehr erheblich zu beurteilen. Er habe den Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 allein verursacht und verschuldet, wobei er gegen wesentlichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, insbesondere gegen § 7 Abs. 2 und § 20 Abs. 1 StVO, verstoßen habe. Daß ein derart verkehrswidriges Verhalten zu einem Unfall und damit letztlich zur schweren Verletzung von Menschen führen konnte, habe der Kläger auch voraussehen müssen. Er habe den eingetragenen Schaden primär verursacht, weil ohne den Unfall die weiteren Fehlhandlungen unterblieben wären. Ihn treffe ein wesentlich größeres Verschulden als die Erst- oder die Zweitbeklagte.

Der Erstbeklagten sei zutreffend als Verschulden angelastet worden, daß sie es trotz Kenntnis der bestehenden Risken unterlassen habe, die sofortige Einweisung der Drittbeklagten in eine Krankenanstalt zu veranlassen und sowohl die Zweitbeklagte als auch die Drittbeklagte eindringlich und konkret auf die eminenten Gefahren einer in einem Entbindungsheim ohne ärztlichen Beistand vorzunehmenden Frühgeburt hinzuweisen. Daß sie sich bereit erklärt habe, eine solche Einweisung in ein Krankenhaus zu schreiben und daß sie auch darauf hingewiesen habe, jede Frühgeburt sei eine Risikogeburt, sodaß es zweckmäßig wäre, in eine Krankenanstalt zu gehen, könne sie nicht entlasten. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Erstbeklagte keinerlei Zwangsmittel gehabt habe, um die Drittbeklagte zu einem Krankenhausaufenthalt zu bewegen, sei sie ihren ärztlichen Pflichten nicht zur Gänze nachgekommen. Gemäß § 7 Abs. 1 ÄrzteG sei der Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen; er habe hiebei nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren. Das Verschulden der Erstbeklagten liege darin, daß sie nicht eindringlich genug auf die Notwendigkeit der Krankenhauseinweisung gedrungen und diese nicht unverzüglich veranlaßt habe. Die Weigerung der Drittbeklagten, sich in stationäre Behandlung zu begeben, hätte die Erstbeklagte nur dann entlasten können, wenn sie hinsichtlich der möglichen Folgen einer solchen Weigerung ihrer ärztlichen Aufklärungspflicht restlos nachgekommen wäre. Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht sei in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Wohles des Patienten abzugrenzen und erst in zweiter Linie auch unter Bedachtnahme auf sein Selbstbestimmungsrecht. Auf die Kenntnis der nicht medizinisch geschulten Bevölkerung dürfe sich ein Arzt in der Regel nicht verlassen. Die Erstbeklagte hätte auf die konkreten Gefahren hinweisen müssen, die mit einem Verbleib der Drittbeklagten in der Entbindungsstation verbunden waren, insbesondere daß bei einer Frühgeburt unter Umständen weder ärztlicher Beistand noch die entsprechenden Geräte vorhanden sein könnten und daß insbesondere eine Frühgeburt zu den im konkreten Fall vorliegenden Schädigungen führen könne. Die Weigerung der Drittbeklagten, sich in stationäre Behandlung zu begeben, wäre nur nach einer solchen umfassenden ärztlichen Aufklärung beachtlich gewesen. Der Erstbeklagten hätte auch klar sein müssen, daß es im Hinblick auf den Antritt ihres Urlaubes Schwierigkeiten bei der Beiziehung eines Arztes (§§ 29 und 41 der Hebammen-Dienstordnung) geben könnte. Daß die Drittbeklagte selbst in dem Fall, als ihr alle konkreten Risken der Frühgeburt, insbesondere die mögliche Schädigung des neugeborenen Kindes, eindringlich vor Augen geführt worden wären, dennoch die Einweisung in eine gynäkologische Fachabteilung verweigert hätte, sei nach der Sachlage nicht anzunehmen.

Bei Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile könne in der Annahme, die Erstbeklagte sei zu einem Viertel regeßpflichtig, kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Dem Verjährungseinwand der Erstbeklagten sei entgegenzuhalten, daß Schadenersatzansprüche gemäß § 1489 ABGB grundsätzlich binnen drei Jahren ab Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Schädigers verjährten. Anhaltspunkte für eine Regreßpflicht der Erstbeklagten seien aber nicht bereits mit dem Verkehrsunfall, sondern erst durch die Beweisaufnahme im Vorprozeß, also innerhalb von drei Jahren vor Geltendmachung durch Klage, aufgetreten. Nach ständiger Rechtsprechung unterliege jedoch der Anspruch auf Rückersatz nach § 1302 letzter Halbsatz ABGB der dreißigjährigen Verjährung.

Zutreffend wende sich jedoch die Rechtsrüge der Erstbeklagten gegen den Zuspruch von Zinsen überhaupt und gegen den Zinsenlauf im konkreten Fall. Nach ständiger Rechtsprechung seien nämlich Verzugszinsen nicht regreßfähig. Da eine frühere Geltendmachung nicht behauptet worden sei, könnten von dem Regreßbetrag erst ab Geltendmachung, also ab 9. 1. 1984, Verzugszinsen begehrt werden.

Gemäß § 25 Abs. 1 der Hebammen-Dienstordnung habe die Hebamme bei allen gefahrdrohenden oder regelwidrigen Zuständen bei Schwangeren, Gebärenden usw. die Person, der Beistand geleistet werde, oder deren Angehörige unverzüglich zur Beiziehung eines Arztes aufzufordern; das gleiche gelte, wenn sich die Hebamme über den Zustand der betreffenden Person nicht volle Klarheit verschaffen könne. Kämen die Person, der Beistand geleistet werden, oder deren Angehörige der Aufforderung zur Beiziehung eines Arztes nicht nach, habe die Hebamme selbst die Beiziehung eines Arztes unverzüglich zu veranlassen (§ 25 Abs. 2). Die Hebamme dürfe – außer bei Gefahr im Verzug – nicht die Beiziehung eines bestimmten Arztes verlangen. Bei Gefahr im Verzug sei der nächste erreichbare Arzt beizuziehen (§ 25 Abs. 3). Bei Gefahr im Verzug habe die Hebamme die Ankunft des Arztes abzuwarten und die fachlichen Weisungen des Arztes genau einzuhalten (§ 25 Abs. 4). Daß die Zweitbeklagte diesen Vorschriften entsprechend gehandelt habe, sei weder ihren Behauptungen noch dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen. Einerseits hätte sie sich rechtzeitig um die Anwesenheit eines Arztes kümmern müssen, andererseits hätte sie bei Nichterreichbarkeit des Dr. K***** versuchen müssen, entweder einen anderen Arzt zu erreichen oder die Drittbeklagte unverzüglich mit der Rettung in ein Krankenhaus überführen lassen müssen. Daß ein bestimmter Arzt zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht sofort erreichbar sein werde, habe die Zweitbeklagte als erfahrene Hebamme wissen müssen.

Der Zweitbeklagten sei vorzuwerfen, daß sie nicht mit allem Nachdruck darauf bestanden habe, daß die Drittbeklagte in geeigneter fachärztliche Behandlung gelangte, daß sie die rechtzeitige Herbeiholung ärztlichen Beistandes unterlassen habe, daß sie den entlastenden Dammschnitt nicht vorgenommen habe und daß sie das Kind wiederholt abgesaugt habe. Wenngleich nicht bestritten werden könne, daß eine Überstellung der Drittbeklagten in eine Krankenanstalt gegen ihren Willen nicht durchzuführen gewesen wäre, so hätte es doch auch hier einer eindringlichen Aufklärung bedurft. Die Zweitbeklagte hätte nicht erst nach dem Blasensprung versuchen dürfen, ärztlichen Beistand herbeizuführen, sondern sie hätte rechtzeitig, nämlich bereits im Laufe des 7. 11. 1974, Maßnahmen treffen müssen, daß im Notfall ein geeigneter Arzt auch tatsächlich zur Verfügung gestanden wäre. Sie habe sich nicht damit begnügen dürfen, gleichsam in letzter Minute den Vertreter der auf Urlaub befindlichen Gemeindeärztin anzurufen, weil sie mit dessen Nichterreichbarkeit rechnen habe müssen. Sie habe daher gegen die Bestimmungen des § 25 Abs. 1 bis Abs. 4 der Hebammen-Dienstordnung verstoßen. Auch die Unterlassung des Dammschnittes sei ihr als Verschulden anzulasten. Sei es bei Gefahr im Verzug unmöglich, ärztliche Hilfe rechtzeitig zu erlangen, dann erlaube § 26 Abs. 3 der Hebammen-Dienstordnung auch der Hebamme die Dammspaltung, die sonst dem Arzt vorbehalten sei. Nach den Feststellungen hätte diese Dammspaltung wesentlich zur Entlastung des Kindes bei der Geburt beigetragen. Richtig sei, daß eine Vorschrift, wonach bei Frühgeburten eine Dammspaltung vorgenommen werden müsse, nicht existiere. In vorliegenden Fall wäre sie jedoch notwendig und angebracht gewesen; daß die Zweitbeklagte dies als Hebamme verkannt habe, falle ihr zur Last.

Was das wiederholte Absaugen des Kindes betreffe, so komme dies durchaus als Mitursache für die Schädigung des Kindes in Frage. Da aber insoweit die Zweitbeklagte sich im Rahmen ihrer Ausbildung richtig verhalten habe, könne ihr dieses Absaugen nicht als Verschulden angelastet werden. Es handle sich hier nur um eine Folge der Nichtbeiziehung ärztlichen Beistandes bzw. der Nichtveranlassung der Einweisung in eine gynäkologische Station.

Setze man das Fehlverhalten der Zweitbeklagten in Beziehung zu dem der Erstbeklagten und des am Verkehrsunfall schuldigen Klägers, dann sei die Annahme der Haftung der Zweitbeklagten für ein Viertel des Schadens nicht rechtsirrig.

Das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Leistungsbegehren sei aus den bei der Behandlung der Berufung der Erstbeklagten dargestellten Gründen nur in Ansehung eines Betrages von S 7.500,- samt 4 % Zinsen seit 9. 1. 1984 berechtigt.

Da eine entsprechende ärztliche Aufklärung der Drittbeklagten weder behauptet noch festgestellt worden sei, komme ihrer Weigerung, sich in stationäre Krankenhausbehandlung zu begeben, keine erhebliche Bedeutung zu. Bei Beurteilung ihres Verschuldens seien alle jene besonderen Umstände heranzuziehen, in denen sie sich befunden habe. Sie habe vor der mj. Karin bereits sechs Kinder zur Welt gebracht; diese Geburten hätten nie in einer Krankenanstalt stattgefunden. Der Drittbeklagten sei die Entbindungsanstalt der Zweitbeklagten, von der sie vorher zu ihrer Zufriedenheit behandelt worden sei und der sie vertraut habe, bekannt gewesen. Dazu komme, daß eine Schwangerschaft für sich allein zumal kurz vor der Niederkunft einen Ausnahmezustand darstelle. Die Drittbeklagte habe sich zweifelsohne nach dem Unfall und den privat vorhandenen Problemen neben dem Zustand der Schwangerschaft zusätzlich in einem Ausnahmezustand befunden, sodaß sie für ihr Fehlverhalten nicht verantwortlich zu machen sei. Sie habe das getan, was sie in ihrer Not als richtig empfunden habe, nämlich jene Stelle aufgesucht, in der sie mehrmals zu ihrer Zufriedenheit entbunden worden sei. Die Tatsache, daß eine Wehenhemmung im Krankenhaus Gmunden im Jahr 1974 nicht möglich gewesen sei, lasse erwarten, daß auch in diesem Krankenhaus am Nachmittag des 6. 11. 1974 die Frühgeburt nicht mehr aufzuhalten gewesen wäre. Selbst wenn man aber ein Verschulden der Drittbeklagten annehmen wollte, müßte dieses angesichts der übrigen Schadensverursacher in den Hintergrund treten und als entschuldbare Fehlleistung qualifiziert werden. Eine Regreßpflicht der Drittbeklagten sei daher grundsätzlich zu verneinen.

Was die Gesamtabwägung der einzelnen Verschuldensanteile betreffe, sei davon auszugehen, daß der Kläger durch schuldhafte Herbeiführung des Verkehrsunfalles eine wesentliche Bedingung für die später eingetretenen Schäden gesetzt habe. Auch bei bester ärztlicher Betreuung hätten die Risken für das Kind (Frühgeburt, Gehirnschädigung) nicht völlig ausgeschlossen werden können. Es sei daher die Hälfte des Schadens auf den Kläger selbst aufzuteilen, während die Erst- und die Zweitbeklagte je ein Viertel des Schadens zu tragen hätten. Ihnen sei nicht nur eine geringere Fahrlässigkeit vorzuwerfen als dem Kläger, sondern auch eine geringere Verursachung, wobei ihre Anteile zusammen aber doch wieder das gleiche Gewicht hätten wie der Anteil des Klägers. Das allfällige Mitverschulden der Drittbeklagten sei, wie bereits ausgeführt, zu vernachlässigen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen des Klägers und der Erst- und der Zweitbeklagten. Der Kläger bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtenen Urteil dahin abzuändern, „daß die Regreßpflicht der Erst- und der Zweitbeklagten zu je 40 % und die der Drittbeklagten zu 10 % für sämtliche künftige Leistungen festgestellt wird, die der Kläger dem Heinrich P***** und der mj. Karin P***** aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat und daß die Erst- und die Zweitbeklagte dem Kläger je S 12.000,- s.A. und die Drittbeklagte S 3.000,- s.A. zu bezahlen haben“; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Erstbeklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes gleichfalls aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das gegen sie gerichtete Klagebegehren vollinhaltlich abgewiesen werde. Auch die Zweitbeklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes aus dem gleichen Revisionsgrund mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des gegen sie gerichteten Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Alle Streitteile haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Die Revisionen sind im Hinblick auf die Bewertungsaussprüche des Berufungsgerichtes ohne die im § 503 Abs. 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Die Erstbeklagte macht in ihrer Revision zunächst geltend, daß das Feststellungsbegehren des Klägers inhaltlich verfehlt und daher aus diesem Grund abzuweisen sei und daß ein allfälliger Regereßanspruch des Klägers verjährt sei. Der erste Einwand wird nicht näher ausgeführt. Gegen die Formulierung des Feststellungsbegehrens bestehen keine Bedenken, zumal es eindeutig auf Feststellung der Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger für jene Leistungen gerichtet ist, die der Kläger der mj. Karin P***** bzw. deren Vater aus Anlaß der Schädigung des Kindes durch den Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat. Warum dieses Feststellungsbegehren „dem Inhalt nach verfehlt“ sein sollte, wird in der Revision der Erstbeklagten nicht näher ausgeführt und ist auch nicht erkennbar. Mit ihrem zweiten Einwand übersieht die Erstbeklagten, daß Regreßforderungen im Sinne des § 1302 letzter Halbsatz ABGB nach einhelliger Rechtsprechung nicht der kurzen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, sondern der ordentlichen dreißigjährigen Verjährung (§ 1479 ABGB) unterliegen (SZ 37/182; SZ 43/15 mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen; ZVR 1974/38; SZ 52/91 ua.).

Im übrigen wenden sich die Revisionen des Klägers und der Erst- und der Zweitbeklagten gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensaufteilung. Während der Kläger darzutun versucht, daß bei seiner Meinung nach richtiger rechtlicher Beurteilung er nur für ein Zehntel der Schäden des durch den Verkehrsunfall geschädigten Kindes hafte, während die Erst- und die Zweitbeklagte für je vier Zehntel dieser Schäden und die Drittbeklagte für ein Zehntel dieser Schäden einzustehen hätten, stellen sich die Erst- und die Zweitbeklagte auf den Standpunkt, daß sie für diese Schäden überhaupt nicht ersatzpflichtig seien, weil sie kein schuldhaftes Fehlverhalten gesetzt hätten.

Dem ist nicht zu folgen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, bestimmt sich die endgültige Haftung mehrerer Schädiger im Innenverhältnis im Sinne der §§ 1302 letzter Halbsatz, 896 ABGB nach den sie treffenden Verursachungs- und Verschuldensanteilen, also nach der Schwere der beim einzelnen Gesamtschuldner vorliegenden Zurechnungsmomente (siehe dazu Koziol, Haftpflichtrecht2 I 304; Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz. 6 zu § 896 und die dort jeweils angeführte Judikatur).

Entscheidend für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites ist daher, ob und in welchem Ausmaß die Streitteile ein Verschulden an der Schädigung des Kindes der Drittbeklagten trifft.

Wenn der Kläger aus der Vorschrift des § 1299 ABGB abzuleiten versucht, daß das Fehlverhalten der Erst- und der Zweitbeklagten als weitaus schwerwiegender zu beurteilen sei als sein eigenes, übersieht er, daß diese Gesetzestelle gegenüber der Vorschrift des § 1297 ABGB den anzuwendenden (objektiven) Sorgfaltsmaßstab anhebt, daß dieser erhöhte Sorgfaltsmaßstab aber nicht nur etwa für Ärzte oder vergleichbare Berufsgruppen, sondern auch für Kraftfahrzeuglenker bezüglich der von ihnen zu fordernden technischen und rechtlichen Kenntnisse anzuwenden ist (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz. 33 zu § 1299 und die dort angeführte Judikatur).

Daß nun den Kläger, der nach den Feststellungen der Vorinstanzen durch Mißachtung grundlegender Verkehrsvorschriften (§ 7 Abs 2, § 20 Abs. 1 StVO) den Unfall herbeiführte, der eine Ursache für den Schaden des Kindes der Drittbeklagten war, ein sehr erhebliches Verschulden an dem Eintritt dieses Schadens trifft, bedarf keiner weiteren Erörterung. Daß die nachfolgenden adäquaten Zwischenursachen, nämlich das Fehlverhalten der Erst- und der Zweitbeklagten, vom Kläger nicht mehr beeinflußbar waren, ändert daran nichts.

Was das Fehlverhalten der Erstbeklagten betrifft, so umfaßt zunächst der gegen sie vom Kläger erhobene Vorwurf, sie habe es trotz Kenntnis der fehlenden Eignung der Entbindungsstation Eberstallzell für Frühgeburten (Risikogeburten) unterlassen, die sofortige Überführung der Drittbeklagten in eine gynäkologische Fachabteilung zu veranlassen, auch den Vorwurf der Verletzung ihrer ärztlichen Aufklärungspflicht. Diese umfaßt die Pflicht des Arztes, den Patienten über mögliche Gefahren und schädliche Folgen einer Behandlung oder ihrer Unterlassung zu unterrichten und hat nicht zuletzt den Zweck, den Patienten instandzusetzen, die Tragweite seiner Erklärung zu überblicken (JBl. 1982, 491 mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall hatte nun die Erstbeklagte sicher keine Möglichkeit, die Drittbeklagte gegen deren Willen zu zwingen, die Entbindungsstation der Zweitbeklagten zu verlassen und ein geeignetes Spital aufzusuchen, in dem die erforderlichen Voraussetzungen für die möglichst gefahrlose Betreuung der zu erwartenden Frühgeburt gegeben waren. Es mußte aber im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht von ihr verlangt werden, der Drittbeklagten die mit dem Verbleib in der Entbindungsstation der Zweitbeklagten verbundenen Risken im besonderen für das Kind so klar und eindeutig darzustellen, daß die Drittbeklagte in die Lage versetzt wurde, ihre Entscheidung bei völliger Kenntnis über ihre Bedeutung zu treffen. Dieser Verpflichtung ist die Erstbeklagte durch ihre von den Vorinstanzen allein festgestellte Äußerung gegenüber der Drittbeklagten, daß jede Frühgeburt eine Risikogeburt sei, für welche das Entbindungsheim nicht eingerichtet sei und daß es daher zweckmäßig wäre, in eine Krankenanstalt zu gehen, keinesfalls in ausreichender Weise nachgekommen, weil durch diese allgemeine Erklärung die Drittbeklagte gar nicht in die Lage versetzt wurde, die mögliche Tragweite ihrer Entscheidung (Verbleiben im Entbindungsheim) für sich selbst und insbesondere für das erwartende Kind zu überblicken.

In gleicher Weise mußte aber auch eine entsprechende Aufklärung der Drittbeklagten seitens der Zweitbeklagten verlangt werden, die auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung ebenso wie die Erstbeklagte in der Lage war, die mit dem Verbleiben der Drittbeklagten in ihrer Entbindungsstation verbundenen Gefahren für das erwartende Kind zu erkennen. Auch die von den Vorinstanzen festgestellte Erklärung der Zweitbeklagten gegenüber der Drittbeklagten, ob sie nämlich nicht lieber in eine Klinik gehen möchte, zumal die Zweitbeklagte selbst in der Regel keine Frühgeburten mache, entsprach in keiner Weise dem dargestellten Erfordernis, die Drittbeklagte in die Lage zu versetzen, die Tragweite ihrer Entscheidung zu überblicken. Dazu kommt noch, daß die Drittbeklagte, als es dann in ihrer Entbindungsanstalt zur Frühgeburt kam und sie ärztliche Hilfe nicht erreichen konnte, den erforderlichen Dammschnitt unterließ, obwohl sie dazu auf Grund ihrer Ausbildung in der Lage gewesen wäre.

Die Beurteilung eines allfälligen Verschuldens der Drittbeklagten ist davon abhängig, ob sie durch entsprechende Aufklärung in die Lage versetzt wurde, die Trageweite ihrer Entscheidung, in der Entbindungsstation zu verbleiben, zu überblicken. War dies, wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, nicht der Fall, dann kann in ihrer Entscheidung, im Entbindungsheim zu bleiben und die Überweisung in ein entsprechend ausgestattetes Krankenhaus abzulehnen, im Sinne des § 1297 ABGB ein haftungsbegründendes Verschulden nicht erblickt werden.

Zieht man das vom Kläger gesetzte grob verkehrswidrige Verhalten in Betracht und berücksichtigt man, daß die Ausbildung der Erstbeklagten als Ärztin diese zweifellos eher in die Lage versetzte, die Bedeutung einer entsprechenden Aufklärung der Drittbeklagten über mögliche Folgen ihrer Entscheidung zu erkennen als dies hinsichtlich der Zweitbeklagten auf Grund ihrer Ausbildung als Hebamme der Fall war, dann ist in der Entscheidung des Berufungsgerichtes, das die Haftung für den dem Kind der Drittbeklagten entstandenen Schaden im Innenverhältnis zwischen Kläger und Erst- und Zweitbeklagter im Sinne der §§ 1302 letzter Halbsatz, 896 ABGB im Verhältnis von 2 : 1 : 1 aufteilte, ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen.

Den vorliegenden Revisionen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E131301

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00063.850.0213.000

Im RIS seit

22.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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