Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. arch. Gerhard S*****, vertreten durch Dr. Franz Josef Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Hans H*****, vertreten durch Dr. Dietrich Hafner, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Ybbs, wegen 1.975.535,80 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Juli 1984, GZ 18 R 90/84-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Jänner 1984, GZ 52 Cg 21/83-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 17.450,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.586,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger erteilte am 25. Oktober 1974 dem Beklagten den Auftrag, die komplette Heizungs- und Lüftungsanlage für die Wohnhausanlage einschließlich Garage bis Ende August 1975 herzustellen. Die Garage konnte ab 1. September 1975 nicht in Benützung genommen werden. Am 5. März 1980 (im Ersturteil offenbar irrig: 3. März 1980) brachte der nunmehrige Beklagte Ing. Hans H***** gegen den nunmehrigen Kläger Mag. arch. Gerhard S***** zu 40 c Cg 63/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien die Klage auf Bezahlung des Werklohns ein.
Mit der vorliegenden, am 31. Mai 1983 eingebrachten Widerklage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung des Betrags von 1.975.535,80 S samt 4 % Zinsen seit 1. Juni 1983. Er behauptete im Wesentlichen bei vertragsgemäßer Erbringung der am 25. Oktober 1974 in Auftrag gegebenen Werkleistungen durch den Beklagten hätte die Heizungs- und Lüftungsanlage für die Garage des gegenständlichen Bauvorhabens bis längstens Ende August 1975 „mängelfrei sowie funktionsbereit fertiggestellt“ sein müssen, sodass die Garage am 1. September 1975 in eine konsensmäßige Benützung hätte genommen werden können. Der Beklagte habe seiner Verpflichtung, „sämtliche Formalitäten mit den zuständigen Magistrat-Abteilungen oder sonstigen Abnahme- oder Überwachungsstellen ... rechtzeitig ... zu erledigen“, schuldhaft nicht entsprochen. Die Magistratsabteilung 36 habe am 17. Februar 1983 eine Augenscheinsverhandlung durchgeführt und schwerwiegende Fehler und Mängel der Heizungs- und Lüftungsanlage der Garage festgestellt. Im Bescheid vom 18. Februar 1983 finde sich folgende Feststellung: „Im Hinblick auf die aufgezeigten Mängel, insbesondere im Hinblick auf den in Garagenbodennähe situierten, nicht explosionsgeschützten Abluftventilator muss die gegenständliche Lüftungsanlage als nicht betriebssicher bezeichnet werden.“ Mit Rücksicht auf den Standort der Garage und der Parkplatznot in der Umgebung hätte der Kläger ab 1. September 1975 alle 16 Stellplätze der Garage um einen monatlichen Betrag von je 1.100 S vermieten können. Im Werkvertrag sei vereinbart worden, dass die Gegenforderungen des Klägers bei der vom Beklagten zu legenden Schlussrechnung geltend gemacht werden könnten „und zwar durch Abzug von Rechnungsbetrag“. Eine ordnungsgemäße Schlussrechnung habe der Beklagte nicht gelegt, weshalb der Kläger seine Gegenforderung nicht habe geltend machen können. Die gerichtliche Geltendmachung der „Schlussforderungen“ durch den Beklagten zu 40 c Cg 63/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien sei der Anlass für den Kläger seine „Gegenforderungen im Wege der vorliegenden Widerklage geltend zu machen“.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er behauptete, die von ihm zugesicherte Montage der kompletten Heizungs- und Lüftungsanlage sei „durch den Kläger selbst durch die mangelnde Bauleitung und die ständigen Umplanungsarbeiten während der Bauzeit in ihrer Fertigstellung verzögert bzw verhindert worden“. Der Kläger habe bisher keine einwandfreien Pläne für das Gesamtobjekt vorlegen können. Zufolge gerichtlicher Auseinandersetzungen des Klägers mit der Elektrikerfirma wegen der schleppenden Zahlungsweise des Klägers seien die zur Inbetriebnahme der Lüftungsanlage bzw zu deren Probebetrieb erforderlichen elektrischen Anschlüsse nicht hergestellt worden. Der Beklagte sei zur Herstellung dieser Anschlussarbeiten nicht berechtigt gewesen. Wegen Fehlens des elektrischen Anschlusses habe eine vom Beklagten zu erbringende „Einregulierungsarbeit und Mängelbehebung hinsichtlich des Ablaufventilators nicht durchgeführt werden können“. Diese Arbeiten seien „im Zuge der beginnenden Differenzen zwischen Kläger und Beklagten“ auch nicht mehr durchgeführt worden, weil die gesamte Anlage aufgrund der baulichen Veränderungen zwischen Planungsstadium und tatsächlicher Ausführung der Garage nicht mehr den Anboten des Beklagten entsprochen habe und eine Einigung über die Kosten der Umplanung nicht erzielt worden sei. Die Garage weise bautechnische Mängel auf, die der Kläger als Planer selbst zu vertreten habe. Er habe den von ihm behaupteten Mangel hinsichtlich der Lüftungsanlage der Garage erst im gerichtlichen Verfahren gerügt. Vorher sei in der in den Jahren 1975 bis 1978 geführten Korrespondenz eine Rüge nie erfolgt, da dem Kläger bewusst gewesen sei, dass die Fertigstellung der Lüftungsanlage von den Anschlussarbeiten durch eine Elektrikerfirma abhängig gewesen sei. Der Kläger habe schuldhaft die ordnungsgemäßen Abnahmen auf der Baustelle verhindert bzw verweigert, um unter Bezugnahme auf die nicht erfolgte Abnahme seine Zahlungen verweigern zu können. Die Ansprüche des Klägers seien verjährt, da sollte ihm tatsächlich ein Schaden entstanden sein, der Kläger diesen längst gegen den Beklagten hätte geltend machen können, sei doch die Werklohnklage bereits am „3. 3. 1980“ (richtig 5. März 1980) eingebracht worden.
Der Kläger bestritt eine Behinderung des Beklagten in der Ausführung des Werkes, behauptete, der Beklagte habe wiederholt unbrauchbare Einreichpläne vorgelegt und wendete ein, die Geltendmachung der Verjährung durch den Beklagten widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben und erweise sich als sittenwidrig.
Das Erstgericht wies ohne Aufnahme von Beweisen das Klagebegehren wegen eingetretener Verjährung ab. Es stelle den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus, nach dem Klagsvorbringen hätte bei vertragsgemäßer Erbringung der Werkleistung die Heizungs- und Lüftungsanlage der Garage bis längstens Ende August 1975 mängelfrei und funktionsbereit fertiggestellt sein müssen. Dem Kläger seien daher ab 1. September 1975 „der Schadenseintritt bekannt und der Eintritt künftigen Schadens vorhersehbar gewesen“.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und führte aus:
Soweit das Tatsachenvorbringen in der Berufung über das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers hinausgehe, sei es als unzulässige Neuerung unbeachtlich. Das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers enthalte nichts anderes, als dass der Kläger – wozu er auch nach dem Gesetz allein berechtigt wäre – seine Gegenforderungen gegen die Werklohnforderung des Beklagten aufrechnen dürfe. Dies besage aber nicht, dass die aufrechenbare Forderung erst zum Zeitpunkt der „Erledigung“ (gemeint wohl: Legung) der Schlussrechnung durch den Beklagten fällig werde. Dafür spreche auch der Umstand, dass Voraussetzung für die Aufrechenbarkeit die Fälligkeit der Forderung sei. Selbst wenn die Parteien die Vereinbarung im Werkvertrag über den Abzug von Gegenforderungen bei Legung der Schlussrechnung übereinstimmend so gemeint haben sollten – wofür der Wortlaut als solcher nicht spreche –, dass die Berechtigung des Klägers zur Geltendmachung von Gegenforderungen von der Legung einer Schlussrechnung durch den Beklagten abhängig sei, wäre für den Kläger damit nichts gewonnen. Einerseits sei nämlich nach seinem eigenen Vorbringen eine solche Schlussrechnung bisher nicht gelegt worden und andererseits hätten aufgrund derartiger Vereinbarungen nur Gegenforderungen bis zur Höhe der – allenfalls berechtigten – Honorarforderung des Beklagten geltend gemacht werden können. Für eine selbständige Geltendmachung von Schadenersatzforderungen durch Klage über die allenfalls berechtigte Forderung des Beklagten hinaus sei durch „die Vereinbarung mit Werkvertrag, wie sie in erster Instanz konkret dargelegt“ worden sei, keine Möglichkeit geschaffen worden. Für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist müssten dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers soweit bekannt sein, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden könne. Bezüglich der Schadenshöhe genüge die Möglichkeit der ziffernmäßigen Ermittlung. All dies sei dem Kläger nach seinem Vorbringen bereits am 1. September 1975 bekannt gewesen, da der Beklagte nach den Klagsbehauptungen schuldhaft seinen ihm bis dahin oblegenen Erfüllungspflichten nicht nachgekommen sei. Bestehe das schädigende Verhalten in einer Unterlassung (nämlich der Herstellung des übernommenen Werkes) sei Kenntnis des Schadens dann anzunehmen, sobald aus dem natürlichen Verlauf der Dinge folge und erkennbar sei, dass die pflichtwidrige Untätigkeit andauern und zum Schadenseintritt führen werde. Auch dieses Erfordernis sei ausgehend vom Vorbringen des Klägers in erster Instanz bereits am 1. September 1975 und der unmittelbar daran anschließenden Zeit erfüllt. Für den Kläger habe daher kein Grund bestanden, mit der Klage bis 31. Mai 1983 zuzuwarten. Da ihm auch bekannt gewesen sei, dass bis zur – durch wen immer bewirkten – Fertigstellung des Werkes auch in Zukunft ein Schaden in Form entgangenen Mietzinses eintreten werde, hätte er zur Vermeidung der Verjährung derartiger Ansprüche eine Feststellungsklage einbringen müssen. Inwiefern der Einwand der Verjährung sittenwidrig sein solle, sei vom Kläger nicht konkret ausgeführt worden und lasse sich auch dem aktenkundigen Tatsachenmaterial nicht entnehmen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Auf den Vorwurf des Klägers, das Berufungsgericht habe einen Teil des Berufungsvorbringens zu Unrecht als verbotene Neuerung angesehen, braucht ebensowenig eingegangen werden wie darauf, ob und inwieweit auch den Revisionsausführungen Neuerungen zugrunde liegen. Denn auch wenn man, wie es der Kläger will, von einer zwischen den Parteien zustande gekommenen Vereinbarung ausginge, wonach allfällige Schadenersatzansprüche des Klägers nicht vor der Abrechnung des Beklagten fällig werden sollten, müsste die Fälligkeit jedenfalls in dem Zeitpunkt als eingetreten angesehen werden, in welchem der hier Beklagte seinen Werklohnanspruch im Verfahren 40 c Cg 63/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien gegenüber dem Kläger klageweise geltend machte. Die für die geltend gemachte Schadenersatzforderung maßgebende Verjährungsfrist des § 1489 ABGB in der Dauer von drei Jahren wäre aber zum Zeitpunkt der Anbringung der vorliegenden Klage (31. Mai 1983) selbst dann schon abgelaufen gewesen, wenn man sie erst ab dem Zeitpunkt der Werklohnklage (eingebracht am 5. März 1980, zugestellt am 26. März 1980) laufen ließe. Entgegen der Meinung des Klägers bedurfte es daher keiner weiteren Feststellungen mehr, um den Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Klägers und der Möglichkeit der Geltendmachung derselben beurteilen zu können.
Gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts über die Verjährung der Schadenersatzansprüche für den Fall, dass man die vom Kläger behauptete Vereinbarung über die Abhängigkeit der Fälligkeit derselben von den Rechnungslegung des Beklagten nicht annimmt, bringt der Kläger in der Revision nichts vor, sodass insoweit der Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts genügen kann.
Nichts zu gewinnen ist für den Kläger mit dem Vorbringen, die Verjährung sei im Hinblick auf § 1483 ABGB, welche Bestimmung wegen der Sicherung der Schadenersatzforderung durch die vereinbarte Aufrechnung anzuwenden sei, nicht eingetreten. Der Kläger übersieht bei diesen Ausführungen, dass § 1483 ABGB nur für bestimmte Pfandrechte anzuwenden ist und selbst in seinen Anwendungsfällen die Verjährung der gesicherten Forderung nicht hindert (Klang im Klang-Kommentar2 VI, 616 ff; Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 1 ff zu § 1483).
Aus diesen Erwägungen war der Revision der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO, wobei wegen der gewährten Verfahrenshilfe keine Barauslagen zuzusprechen waren.
Textnummer
E115633European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00694.840.0213.000Im RIS seit
20.09.2016Zuletzt aktualisiert am
20.09.2016