Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna, Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dipl.Ing. Otto Beer und Johann Friesenbichler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef M***, Kraftfahrer, Kirchberg am Walde Nr. 106, vertreten durch Dr. Johann Rathbauer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G*** Warenhandelsgesellschaft mbH in Wien 1., Färbergasse 3, vertreten durch Dr. Helmut Neudorfer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 57.043,36 brutto und S 404,15 netto je s. A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 18. Juli 1985, GZ 1 Cg 5/85-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Gmünd vom 20. Dezember 1984, GZ Cr 4/83-18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.597,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.200,-- Barauslagen und S 308,85 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei, seiner ehemaligen Arbeitgeberin, im Revisionsverfahren noch die Zahlung eines der Höhe nach außer Streit stehenden Betrages von S 57.043,36 sA an Kündigungs- und Urlaubsentschädigung, Urlaubsabfindung und Weihnachtsremuneration sowie Abfertigung mit der Behauptung, am 18. März 1983 ungerechtfertigt entlassen worden zu sein. Er begehrt ferner die Zahlung eines restlichen Entgeltbetrages von S 404,15 sA. Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie habe den Kläger gerechtfertigt entlassen, weil er am 8. März 1983 mit einem ihm für Dienstfahrten überlassenen LKW unberechtigte Fahrten unternommen habe. Dies sei der beklagten Partei am 18. März 1983 bekannt geworden.
Der Kläger bestritt dieses Vorbringen. Die erwähnten Fahrten nach Arbeitsschluß seien zum Aufsuchen eines Nachtquartiers notwendig gewesen. Im übrigen habe er den Fahrtenschreiber bereits am 10. März 1983 bei der beklagten Partei abgegeben, sodaß die am 18. März 1983 ausgesprochene Entlassung verspätet erfolgt sei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im wesentlichen mit der Begründung statt, Privatfahrten des Klägers seien von der beklagten Partei nicht bewiesen worden.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es dem Klagebegehren nur mit S 304,15 sA stattgab und das Mehrbegehren von S 57.043,36 brutto sowie S 100,-- je sA abwies. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende für das Revisionsverfhren noch wesentliche Feststellungen:
Der Kläger war am 8. März 1983 mit einem von ihm gelenkten Tankwagenzug der beklagten Partei unterwegs. Er begann seine Arbeit an diesem Tag um 1,00 Uhr früh und beendete sie gegen 14,30 Uhr. Der Kläger fuhr sodann in der Zeit von 14,25 Uhr bis 14,30 Uhr in Wien zum Cafe W***. Dort gibt es zwar kein zumutbares Nachtquartier, doch hätte die Möglichkeit bestanden, telefonisch ein geeignetes Quartier ausfindig zu machen. Der Kläger nützte diese Möglichkeit nicht. Er hielt sich bis 16,10 Uhr in diesem Cafehaus auf. Dann fuhr er zu einem rund 8 km entfernten Alteisenhändler, wo er bis 16,45 Uhr blieb. Anschließend fuhr er bis 16,50 Uhr 4 km nach Schwechat. In der Folge wurden vom Kläger mit dem Tankwagen der beklagten Partei folgende weitere Fahrten unternommen: Von 18,oo Uhr bis 18,05 3 km, von 18,15 Uhr bis 18,20 Uhr wieder 3 km, von 21,45 Uhr bis 22,05 Uhr 5 km und von 22,35 Uhr bis 22,40 Uhr wieder 5 km.
Diese Fahrten des Klägers erfolgten ohne Auftrag und nicht im Interesse der beklagten Partei; sie wurden ebensowenig zum Zwecke des Aufsuchens eines Quartiers unternommen. Die Fahrten lagen ausschließlich im privaten Interesse des Klägers. Dieser ist nach Arbeitsschluß insgesamt rund 35 km gefahren; davon lagen höchstens 15 km im Interesse der beklagten Partei.
Der Kläger gab entweder am Abend des 10. März 1983 oder am 14. März 1983 den Tagesbericht für den 8. März 1983 sowie das diesbezügliche Tachographenblatt bei der beklagten Partei ab. Darin war vom Kläger als Arbeitsbeginn 1,00 Uhr und als Arbeitsende 16,oo Uhr eingetragen. Der Kläger verrechnete hiefür 8 Normalstunden, ferner 1 Überstunde mit einem Zuschlag von 5o % und 5 Überstunden mit einem solchen von 100 %. Das Tachographenblatt weist ab etwa 14,25 Uhr die festgestellten Fahrten auf. Stefan P***, ein Angestellter der beklagten Partei, hatte wöchentlich die Fahrtberichte und Tachographenblätter von insgesamt 20 Fahrzeugen zu kontrollieren. Am 18. März 1983 stellte er die vorerwähnten Fahrtzeiten und Fahrtstrecken des Klägers fest. Als er den Kläger am selben Tag zur Rede stellte, entgegnete dieser, es sei ohnehin allen bekannt, daß er derartige Privatfahrten unternehme. Stefan P*** meldete noch am selben Tag seine Wahrnehmungen dem Leiter der Personalabteilung der beklagten Partei, der den Kläger in Anwesenheit P*** sofort zur Rede stellte. Der Kläger gab zu, daß er seine Arbeit um 14,25 Uhr beendet habe; er habe deshalb als Arbeitsende 16,00 Uhr eingetragen, weil dies seiner normalen Arbeitszeit entspreche. Für die Zeit von 16,50 Uhr bis 22,40 Uhr und die in diesem Zeitraum zurückgelegten Fahrten verweigerte er jede Erklärung. Er berief sich nicht etwa darauf, ein Quartier gesucht oder den Armaturenkasten des Tankwagens gereinigt zu haben. Er wurde daraufhin entlassen.
Im April 1979 waren dem von der beklagten Partei wiederholte unerlaubte Privatfahrten im Zusammenhang mit dem Handel von Alteisen vorgehalten und ihm mitgeteilt worden, daß eine firmeninterne "Verordnung" herausgegeben werde, wonach Privatfahrten mit Firmenfahrzeugen verboten seien und daß ein Verstoß gegen dieses Verbot die Entlassung nach sich ziehen werde. Diese in der Folge von vielen Arbeitnehmern der beklagten Partei unterschriebene "Verordnung" wurde vom Kläger nicht unterfertigt. Ob er sie zu Gesicht bekommen hat, kann nicht festgestellt werden. Der Inhalt war ihm auf Grund des vorerwähnten Gespräches aber bekannt. Stefan P*** hat den Kläger vor dessen Entlassung wegen Privatfahrten wiederholt verwarnt.
Das Berufungsgericht erblickte in den festgestellten Privatfahrten des Klägers eine so schwerwiegende Dienstpflichtverletzung, daß der beklagten Partei eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht zugemutet werden könne und die Entlassung daher gerechtfertigt sei. Da die Privatfahrten des Klägers erst am 18. März 1983 an Hand des Tachographenblattes festgestellt worden sei, sei die Entlassung rechtzeitig ausgesprochen worden.
Gegen den das Klagebegehren abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die aus dem Grund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor. Der Kläger bekämpft unter diesen Revisionsgründen in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Ein Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens wurde von ihm nicht gestellt. Ob das Berufungsgericht die Angaben des Zeugen B*** über die Auswertung des Tachographenblattes als ausreichend ansah, um auf dieser Grundlage Feststellungen zu treffen, oblag ausschließlich seiner im Revisionsverfahren unangreifbaren Beweiswürdigung. Die Revisionsausführungen über angeblich unrichtige Fahrtstreckenangaben beruhen im übrigen auf Rechenfehlern des Revisionswerbers.
Geht man aber von den Feststellungen aus, ist den Ausführungen des Berufungsgerichts über die Berechtigung der Entlassung des Klägers beizustimmen. Im Hinblick auf die ausdrückliche Abmahnung im Jahr 1979 und die weiteren festgestellten Verwarnungen liegen wiederholte, jedenfalls in ihrem Zusammenhalt schwerwiegende und beharrliche Pflichtenverletzungen vor, die eine Weiterbeschäftigung des Klägers für die beklagte Partei unzumutbar erscheinen lassen. Ob der Kläger die schriftliche Anordnung des Verbotes von Privatfahrten unterfertigt hat, ist im Hinblick auf die mündliche Mitteilung und die Verwarnungen ohne Bedeutung.
Die Entlassung ist daher, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, gerechtfertigt. Sie ist aber auch nicht verspätet, weil die beklagte Partei erst am 18. März 1983, dem Tag der Entlassung, durch die an diesem Tag erfolgte Auswertung des Tachographenblattes von den Privatfahrten des Klägers Kenntnis erhielt. Aus welchem Grund die Abweisung eines Teilbetrages an restlichem Entgelt von S 100,-- nicht gerechtfertigt sein soll, wurde in der Revision nicht ausgeführt, so daß auf die zutreffenden Darlegungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann. Die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens aus S 304,15 für den 10. November 1983 erfolgte im Hinblick darauf, daß die Klage erst am 11. April 1983 eingebracht wurde.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E07632European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00170.85.0218.000Dokumentnummer
JJT_19860218_OGH0002_0040OB00170_8500000_000