Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Waltraud K***, Bedienerin, 8010 Graz, Vogelweiderstraße 44, vertreten durch Dr. Friedrich Piffl-Percevic, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Herbert K***, Beamter, 8073 Feldkirchen, Mittermühlweg 11, vertreten durch Dr. Guido Held, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 22.Oktober 1985, GZ 1 R 356/85-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 28. August 1985, GZ 33 F 26/85-7, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Im Sinne der zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner während des Verfahrens erfolgten Einigung hat das Erstgericht unter Punkt 3. und 4. seines Beschlusses ON 7 die Zuteilung des Hausrates und Rückzahlung eines offenen Darlehensbetrages geregelt und unter Punkt 1. und 2. der Entscheidung ausgesprochen, daß auf Grund der vom Antragsgegner erklärten Zustimmung die Antragstellerin an dessen Stelle in das zwischen ihm als Mieter und der B*** Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft für Bundesbedienstete GesmbH, Wien, als Vermieterin bestehende Mietverhältnis hinsichtlich der Wohnung Nr.8 in 8010 Graz, Vogelweiderstraße 44/3, eintritt und die Vermieterin verpflichtet wird, diesen Mieterwechsel zur Kenntnis zu nehmen und das Mietverhältnis fortzusetzen. Zur Begründung führte es ua. aus, bei der genannten, von den Parteien vor der Scheidung ihrer Ehe als Ehewohnung benutzten Wohnung handle es sich um eine Dienstwohnung des Antragsgegners, die ihm als Beamten des Gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Graz und somit als aktivem Bundesbediensteten zwecks Wohnversorgung in der unter Heranziehung öffentlicher Förderungsmittel erbauten Wohnanlage zur Verfügung gestellt worden sei. Die nach den Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und den hiezu ergangenen Durchführungsbestimmungen erstellte monatliche Mietzinsvorschreibung betrage S 2.754,03, wovon ein Betrag von S 824,34 auf die Annuität, Eigenmittelverzinsung und Instandhaltungskosten, der Rest auf Verwaltungskosten und Akontozahlungen für Betriebs-, Aufzugs- und Heizungskosten sowie Mehrwertsteuer entfalle. Die vom Antragsgegner bereits verlassene Wohnung werde von der Antragstellerin und dem ehelichen Kind der Parteien zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses benützt. Bei der gegebenen Sachlage sei eine Zuteilung der Wohnung an die Antragstellerin nur unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 88 Abs1 EheG möglich. Die B*** habe sich mit Schreiben vom 9.7.1985 gegen die Übertragung der Mietrechte an die Antragstellerin ausgesprochen, weil zufolge eines zweckgewidmeten, äußerst günstigen Gesellschafterdarlehens ein erheblich verminderter Hauptmietzinz von lediglich S 824,34 statt eines nach den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes S 2.031,79 betragenden Mietzinses verrechnet würde. Hiedurch sei jedoch der Tatbestand des § 88 Abs1 Z 2 EheG, der die Benützung der Wohnung gegen ein bloß geringfügiges wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt fordere, nicht erfüllt, weil vorliegendenfalls gemäß Punkt II. 1. des Mietvertrages vom 28.2.1973 die Zinsfestsetzung ja nach den - günstigen - Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes erfolge.
Das Rekursgericht gab dem von der B*** erhobenen Rekurs Folge, hob die Punkte 1. und 2. des erstgerichtlichen Beschlusses auf und ordnete die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung durch das Erstgericht an. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es unter Hinweis auf den S 60.000 übersteigenden Geldeswert der Ehewohnung sowie auch das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung für zulässig. Es vertrat die Ansicht, die von der Rekurswerberin entgegen dem erstgerichtlichen Standpunkt bejahte Frage, ob es sich vorliegendenfalls um ein bloß geringfügiges, unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt handle, könne derzeit noch nicht beurteilt werden. Maßgebend bei dieser Beurteilung sei hier der Entgeltbegriff im Sinne des § 14 Abs1 Z 1 bis 6 sowie 8 und 9 WGG, der anstelle der Z 7 leg.cit. getretenen Bestimmungen der §§ 21 und 24 MRG sowie der Entgeltrichtlinienverordnung und Gebarungsrichtlinienverordnung. Demgemäß müsse vorliegendenfalls von dem derzeit von der Rekurswerberin im Rahmen dieser Bestimmungen vorgeschriebenen Gesamtmietzins von S 2.754,03 als "Entgelt" für die Wohnung ausgegangen werden und dieses mit dem ortsüblichen Entgelt für gleichartige Wohnungen der gleichen Ausstattungskategorie im Stadtgebiet von Graz verglichen werden. Hiefür erscheine die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Wohnungswesen unumgänglich. Von dessen Beurteilung hänge es sodann ab, ob die Zuweisung der vormaligen Ehewohnung an die Antragstellerin trotz der ablehnenden Stellungnahme der B*** zulässig sei oder nicht. Im Revisionsrekurs der Antragstellerin wird vorgebracht, bei der gegenständlichen Wohnung handle es sich nicht um eine Dienstwohnung bzw. sei das Rechtsverhältnis daran nicht im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis begründet worden, sodaß § 88 Abs1 EheG überhaupt unanwendbar sei. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, stehe doch ohnehin bereits jetzt fest, daß das hiefür von der B*** verrechnete monatliche Entgelt nicht, wie in § 88 Abs1 Z 2 EheG vorausgesetzt, "wesentlich" unter dem ortsüblichen Maß liege, zumal bei der Ermittlung des ortsüblichen Entgeltes nur wiederum "geförderten Wohnungen, für welche die Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen gelten", zum Vergleich herangezogen werden könnten.
Diesen zuletzt genannten Standpunkt vertritt auch der Antragsgegner in seinem Revisionsrekurs.
In den Rekursbeantwortungen der B*** wird der Antrag gestellt, den Revisionsrekursen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse sind nicht gerechtfertigt.
Nach der Bestimmung des § 88 Abs1 Z 2 EheG darf das Gericht in dem Falle, als eine Ehewohnung auf Grund eines Dienstverhältnisses benützt oder das Rechtsverhältnis daran im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis begründet wurde, eine Anordnung hinsichtlich der Benützung einer solchen Wohnung nur mit Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers treffen, wenn die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt wird. Der Justizausschußbericht, 916 BlgNR 14.GP, 17, führt hiezu ua. aus, in Erweiterung der bisher in § 4 der
6. DVEheG enthaltenen Regelungen sollen nunmehr nicht nur solche Wohnungen Dienstwohnungen sein, die ein Ehegatte auf Grund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehat. Für die Qualifikation als Dienstwohnung im Sinne dieser Gesetzesstelle sei vielmehr genügend, daß das Rechtsverhältnis an der Ehewohnung im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis begründet wurde.
Demgemäß liegt eine "Dienstwohnung" im Sinne des § 88 EheG auch dann vor, wenn die Wohnung im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis auf Grund eines zwischen dem Dienstnehmer und einem Dritten abgeschlossenen Vertrages, z.B., wie der Ausschußbericht ausdrücklich erklärt, auf Grund eines mit einer Wohnungsgenossenschaft abgeschlossenen Nutzungsvertrages, benützt wird.
Vorliegendenfalls wurde in Punkt IV. des zwischen dem Antragsgegner und der B*** "als dem von der Republik Österreich zur Durchführung von Wohnungsfürsorgemaßnahmen für Bundesbedienstete gegründeten Unternehmen" geschlossenen Mietvertrag (siehe ON 5) hinsichtlich der Begründung des Mietverhältnisses ausdrücklich auf ein aufrechtes Dienstverhältnis des Mieters zum Bund verwiesen und die Auflösung dieses Dienstverhältnisses als Grund für die Beendigung des Bestandverhältnisses vereinbart.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin unterliegt es somit aber keinem Zweifel, daß der vom Antragsgegner mit der B***, Gemeinnützige Baugenossenschaft für Bundesbedienstete GesmbH, geschlossene Mietvertrag zum "Mietvertrag" siehe nunmehr § 13 WGG, BGBl.1979/139 idgF) betreffend die Ehewohnung der Parteien im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis des Antragsgegners zum Bund steht und diese Ehewohnung daher der Aufteilung nur unter den Voraussetzungen des § 88 Abs1 Z 1 bis 3 EheG unterliegt. Da der B*** als der vertraggschließenden Genossenschaft die Rechtsstellung des in § 88 Abs1 EheG genannten, die Vergabe durchführenden Rechtsträgers zukommt, ist sie im Aufteilungsverfahren verfahrensbeteiligter Dritter im Sinne des § 229 Abs1 AußStrG und ihre auf § 88 Abs1 Z 2 EheG gestützte Verweigerung der Zustimmung zur Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin daher auf ihre Berechtigung zu prüfen. Eine diesbezügliche Beurteilung ist im Sinne der zutreffenden rekursgerichtlichen Ansicht derzeit noch nicht möglich:
Nach der Bestimmung des § 88 Abs1 Z 2 EheG ist entscheidend, ob die Wohnung "gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt wird". Maßgebend erscheint demnach das bisher vom Antragsgegner als Mieter insgesamt monatlich in der Form des Mietzinses oder der Nutzungsentschädigung "für die Benützung" geleistete Entgelt in seinem Verhältnis zum ortsüblichen monatlichen Entgelt. Zu diesem Gesetzesbegriff "ortsübliches Entgelt" hat der Justizausschuß (aaO) folgendes ausgeführt: "Der erste Satz des Abs2 stellt klar, daß das Gericht im Falle einer Zuweisung der Ehewohnung an den Ehegatten, der nicht Dienstnehmer ist, auch das (neue) Benützungsentgelt festzusetzen hat. Für dessen Höhe ist das ortsübliche Entgelt maßgebend, das für Wohnungen vergleichbarer Größe und Qualität bezahlt wird". Entgegen der Ansicht beider Rekurswerber unterliegt es im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut und diese zusätzliche Klarstellung durch den Justizausschußbericht keinem Zweifel, daß hier unter "ortsüblichem Entgelt" dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend das auf dem örtlichen Wohnungsmarkt allgemein übliche Benützungsentgelt gemeint ist. Diese Auslegung hat der erkennende Senat auch bereits zu 2 Ob 528/81 = EFSlg.38.900 vorgenommen. Dafür, daß bei der Entgeltfestsetzung gegebenenfalls nur von gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften errichtete, "besonders geförderte" Wohnungen berücksichtigt werden dürften, bietet der Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt.
Vorliegendenfalls ist das vom Antragsgegner bisher an die B*** in der Form eines S 2.754,03 betragenden, in den Punkten 7. bis 10. des Mietvertrages grundsätzlich aufgegliederten, Mietzinses entrichtete monatliche Benützungsentgelt der Höhe nach von allen Verfahrensbeteiligten unbestritten geblieben. Daß es den Bestimmungen der §§ 13 ff. WGG bzw. anzuwendenden sonstigen gesetzlichen Bestimmungen und Richtlinien nicht entspreche, wurde also gar nicht behauptet. Auch das Rekursgericht hat den vorgenannten Betrag als den von ihm aufgezählten Berechnungsvorschriften gemäß erachtet. Es ist daher von einer tatsächlich geleisteten monatlichen Gesamtzahlung für die Wohnung von S 2.754,03 und einem hierin enthaltenen Hauptmietzins von monatlich S 824,34 auszugehen. Da die Betriebs-, Aufzugs- und Heizungskosten aber nur durchlaufende Verrechnungsposten darstellen, bildet dieser letztere Betrag das der B*** als Vermieterin für die Benützung der Wohnung tatsächlich zukommende Entgelt. Dieses ist gemäß § 88 Abs1 Z 2 EheG dem auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt für der Größe und tatsächlichen Qualität nach vergleichbare Wohnungen im Rahmen der gesetzlichen Höchstmietzinse geleisteten Entgelt gegenüberzustellen. Ergibt der Vergleich der beiden vorgenannten Größen, daß der Betrag von S 824,34 ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt darstellt, dann ist wegen der von der B*** erfolgten Verweigerung einer Zustimmung eine gerichtliche Anordnung hinsichtlich der Benützung der Wohnung durch die Antragstellerin nicht zulässig. Da vorliegendenfalls die Höhe des ortsüblichen Entgeltes vom Erstgericht infolge dessen abweichender Rechtsansicht nicht festgestellt wurde, kann die Frage eines solchen allfälligen Mißverhältnisses noch nicht beurteilt werden. Demgemäß bedarf es der vom Rekursgericht angeordneten Verfahrensergänzung. Den Revisionsrekursen konnte somit kein Erfolg zuteil werden. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf § 232 AußStrG, § 52 ZPO.
Anmerkung
E07618European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00507.86.0218.000Dokumentnummer
JJT_19860218_OGH0002_0020OB00507_8600000_000