Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Februar 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführers, in der Strafsache gegen Andreas K*** wegen des Vergehens der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengerichts vom 27. November 1985, GZ 1 c Vr 1674/84-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Ersten Generalanwaltes Dr. Knob als Vertreters der Generalprokuratur, des Angeklagten, seiner gesetzlichen Vertreterin Elfriede K*** und des Verteidigers Dr. Bauer zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.April 1968 geborene, somit jugendliche Andreas K*** (im zweiten Rechtsgang neuerlich) des Vergehens der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 5.August 1984 in Wien versucht hatte, dem Staat in seinem Recht, Fahrzeuge, welche die materiellen Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllen, vom öffentlichen Straßenverkehr auszuschließen, absichtlich einen Schaden dadurch zuzufügen, daß er Organe der Straßenverkehrsaufsicht durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Zulassungsverhältnisse seines Motorfahrrades, zur Unterlassung des Einschreitens zu verleiten trachtete, indem er an seinem zum Verkehr nicht zugelassenen und nicht haftpflichtversicherten Motorfahrrad das (ihm für ein anderes Motorfahrrad zugewiesene) Kennzeichen W 23.976 anbrachte und mit dem (nicht zugelassenen) Fahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilnahm.
Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.
In Ausführung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrundes behauptet der Beschwerdeführer, durch das Unterbleiben einer Einvernahme des erhebenden Meldungslegers "darüber, wo die Anhaltung erfolgte", sowie auch durch das Unterbleiben der Abführung eines Ortsaugenscheines darüber, "ob es sich um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt oder eine private Grundstückszufahrt", in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden zu sein.
Rechtliche Beurteilung
Den Beschwerdebehauptungen zuwider war jedoch inhaltlich des (vollen Beweis machenden) Hauptverhandlungsprotokolls (ON 22) ein Ortsaugenschein in der Hauptverhandlung am 27.November 1985 nicht beantragt worden, sodaß es insoweit an den nötigen formalen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 4 StPO (nämlich an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung) mangelt.
Den Beweisantrag auf Vernehmung des (Meldungslegers) Franz Z*** - gemeint ersichtlich den in der Hauptverhandlung am 3. April 1985 gestellten Antrag auf Einvernahme des Meldungslegers Inspektor Franz Z*** zum Beweis dafür, daß die Anhaltung des Angeklagten nicht auf öffentlichem Grund geschah bzw daß der Angeklagte mit dem Moped nicht auf öffentlichem Grund fuhr (vgl S 62) - hielt der Verteidiger des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung am 27.November 1985 zwar "aufrecht", worin hier (noch) eine Wiederholung des Antrags vom 3.April 1985 erblickt werden kann, doch lehnte das Erstgericht die Einvernahme des Meldungslegers mit zutreffender Begründung ab (vgl S 97): Weder aus den eigenen Angaben des Angeklagten - der erklärte, in der Nebenfahrbahn (der Grenzackerstraße in Wien 10.,) gefahren und dort polizeilich beanstandet worden zu sein - noch aus der Anzeige oder aus sonstigen Beweisaufnahmen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, daß damals eine andere als eine öffentliche Verkehrsfläche benützt worden sein könnte. Nebenfahrbahnen dienen in aller Regel ebenso wie Hauptfahrbahnen dem öffentlichen Verkehr und verlieren nicht schon deshalb, weil sie getrennt neben einer Hauptfahrbahn verlaufen, den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche (vgl § 2 Abs 1 Z 4 StVO). Da weder bei der erwähnten Antragstellung angegeben wurde, aus welchen Gründen zu erwarten sei, daß die Einvernahme des beantragten Zeugen dennoch zu dem gewünschten Ergebnis führen würde, noch sonst Umstände vorlagen, welche die Annahme rechtfertigen konnten, die begehrte Zeugeneinvernahme werde die gegebene Beweislage maßgebend verändern, muß die Verfahrensrüge versagen. Nicht zielführend ist aber auch die Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO), das Erstgericht habe sich nicht mit jenem Teil der Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt, demzufolge am Moped "alles in Ordnung" gewesen sei (vgl S 96). Denn nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils mangelte es - selbst im Fall der Richtigkeit der Verantwortung des Angeklagten über die Verkehrstüchtigkeit des Mopeds - jedenfalls insoweit an den Zulassungsvoraussetzungen, als - da eine Haftpflichtversicherung fehlte - kein Versicherungsschutz bestand (vgl S 105), sodaß die (in der Nichtigkeitsbeschwerde auch in rechtlicher Beziehung bestrittene) Schädigungsmöglichkeit schon aus diesem Grund bejaht werden muß (vgl Leukauf-Steininger, StGB 2 , § 108, RN 9). Es geht daher auch die Rechtsrüge fehl, die überdies einer gesetzmäßigen Darstellung entbehrt, wenn sie (auch) behauptet, die Absicht des Angeklagten habe nicht die Schädigung eines staatlichen Rechtes umfaßt. Denn nach den (wohlbegründeten und mängelfreien) Urteilsannahmen (an denen bei Ausführung einer Rechtsrüge festgehalten werden muß), kam es dem Angeklagten geradezu darauf an, den Staat in seinem Recht zu schädigen, Fahrzeuge, welche die materiellen Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllen, vom Verkehr auszuschließen (vgl S 105).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 108 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 11 Z 1 JGG und des § 28 StGB sowie gemäß den §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 12.Oktober 1984, AZ 18 U 509/84 (§ 83 Abs 1 StGB; eine Woche Freiheitsstrafe, bedingt auf drei Jahre), eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer einer Woche und sah diese Strafe gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.
Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Geständnis und das relativ lange Zurückliegen der Tat als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte ein Absehen von der Zusatzstrafe an.
Die Berufung ist nicht begründet.
Die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe ist tat- und tätergerecht. Andreas K*** wurde bereits wiederholt straffällig. Schon aus spezialpräventiven Gründen besteht sohin für ein Absehen von der geringfügigen - ohnehin bedingt nachgesehenen - Zusatzstrafe kein Anlaß.
Der Berufung konnte daher kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E07575European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00005.86.0218.000Dokumentnummer
JJT_19860218_OGH0002_0110OS00005_8600000_000