TE OGH 1986/2/20 13Os189/85 (13Os190/85)

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Veröffentlicht am 20.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Februar 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Huber als Schriftführers in der Strafsache gegen Siegfried M*** und Margot M*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 PornG. über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 9. Mai 1985, GZ. 27 Vr 3028/83-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, und des Angeklagten Siegfried M*** jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Margot M*** und des Verteidigers, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Eheleute Siegfried und Margot M*** wurden des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a PornG. schuldig erkannt, weil sie am 29. September 1983 in Innsbruck in gewinnsüchtiger Absicht die Videofilme "Vanessa" und "Der Fluch der schwarzen Schwestern" zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hielten, indem sie diese in ihrem "Videocenter" zum Verleih anboten.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagte mit in einem Schriftsatz gemeinsam ausgeführten, auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerden. Dieser Nichtigkeitsgrund liege zunächst darin, daß ihnen das Erstgericht einen Rechtsirrtum nicht zugebilligt habe. Indes gehen hier die Rügen ins Leere, weil das Erstgericht ohnedies als erwiesen angenommen hat, daß sie das Unrecht der Tat wegen eines ihnen unterlaufenen Rechtsirrtums über die Unzüchtigkeit der vertriebenen Videofilme nicht erkannt haben (S. 89, 90). Allerdings hat das Erstgericht diesen Rechtsirrtum als vorwerfbar angesehen (§ 9 Abs. 2 StGB.). Die dagegen erhobenen Beschwerdeeinwände versagen. Denn die Angeklagten waren zufolge ihrer Tätigkeit als Verleiher von Videofilmen verpflichtet, sich mit den einschlägigen Vorschriften des Pornographiegesetzes bekannt zu machen. Daß die unzüchtige Beschaffenheit einer Darstellung eine nicht vom Sachverständigen zu lösende Rechtsfrage ist, wie das Erstgericht bei der Abweisung eines diesbezüglichen Beweisantrags (S. 79) zutreffend ausführte, steht dem nicht entgegen. Die Ausformung des Begriffs der absoluten Unzüchtigkeit durch die Judikatur (SSt. 51/51 - verstärkter Senat) gehört zu jenem Rechtsbestand, den ein Kaufmann, der mit solchen Fragen im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit ständig konfrontiert ist, kennen muß, damit er das durch die Unzüchtigkeit der Darstellung bewirkte Unrecht erfaßt.

Der Hinweis auf die von den Angeklagten angeblich erwartete Prüfung der Erlaubtheit der aus dem Ausland eingeführten Videofilme durch die Zollbehörden versagt: Auf eine nach österreichischem Recht gar nicht statthafte "Vorzensur" von Filmen ausländischer Herkunft durch solche Behörden bei der Einfuhr nach Österreich durften sich die Beschwerdeführer nicht verlassen (Leukauf-Steininger, Nebengesetze 2 , ENr. 84 zu § 1 PornG.). Da die Angeklagten ihre Informations- und Prüfungspflicht in bezug auf die durch sie angebotenen Filme auch nicht auf ihre Lieferfirma abwälzen können, selbst wenn diese ansonsten die Auswahl der Filme "streng nach den einschlägigen Vorschriften" vornehmen sollte, hat das Erstgericht die Vorwerfbarkeit des ihnen zugebilligten Rechtsirrtums zutreffend bejaht. Im übrigen haben beide Angeklagten zugegebenermaßen (S. 40, 45, 77) gewußt, daß die Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzucht verboten ist. Szenen mit solchem Inhalt sind aber Grundlage des Schuldspruchs (S. 85).

Soweit in den Beschwerden ausgeführt wird, die Angeklagten hätten "nicht damit rechnen können, daß die gegenständlichen Filme einen unzüchtigen Inhalt" haben, wird damit kein Rechtsirrtum, sondern ein den Vorsatz ausschließender Tatirrtum geltend gemacht (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.). Insofern sind die Nichtigkeitsbeschwerden nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie in unzulässiger Weise von der den Rechtsrügen zugrundezulegenden Tatsachenfeststellung eines bedingten Vorsatzes bei beiden Angeklagten abweichen, derzufolge es diese ernstlich für möglich hielten, daß die Filme auch die Darstellung (gleichgeschlechtlicher, absolut) unzüchtiger Szenen enthielten und sich damit abfanden (S. 87).

Schließlich liegen auch die von den Beschwerdeführern hilfsweise geltend gemachten Voraussetzungen des § 42 StGB. nicht vor. Ungeachtet des vom Erstgericht festgestellten Rechtsirrtums der Angeklagten ist ihre Schuld schon zufolge ihres professionellen Vorgehens einer wiederholten Vermietung der Videokassetten nicht gering. Überdies entspricht die Sozialschädlichkeit und der Störwert für die Umwelt bei den gegenständlichen Taten durchaus der Norm derartiger Delikte, bleibt also keineswegs hinter dem sonst für Vergehen nach dem Pornographiegesetz typischen, das Maß der Schuld mitbestimmenden Unrechtsgehalt zurück (§ 42 Abs. 1 Z. 1 StGB.). Auch ist eine Bestrafung geboten, um einer Tatwiederholung durch die Angeklagten und der Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen durch andere ("Videoverleiher") entgegenzuwirken.

Die Angeklagten wurden nach § 1 Abs. 2 PornG. unter Anwendung von § 37 StGB. zu für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Geldstrafen verurteilt, Siegfried M*** zu hundert Tagessätzen (je 150 S), seine Gattin Margot zu achtzig Tagessätzen (je 300 S).

Mildernd waren das teilweise Tatsachengeständnis beider Angeklagten und bei Margot M*** überdies deren Unbescholtenheit; erschwerend nichts.

Die Tagessatzzahl bekämpfen beide Angeklagten als zu hoch. Auch den Berufungen bleibt ein Erfolg versagt.

Siegfried M*** meint, daß die lange zurückliegenden Vorstrafen nicht erschwerend sein können. Indes hat das Erstgericht diese Vorstrafen ohnehin ausdrücklich nicht als erschwerend berücksichtigt (S. 90).

Margot M*** hat bezüglich der geschäftlichen Verwertung der Videokassetten keineswegs eine untergeordnete Rolle gespielt; sind doch nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Angeklagten diese gleichermaßen und gleich verantwortlich mit dem Einkauf der Kassetten befaßt (ON. 7, ON. 8). Berücksichtigt man überdies, daß zwei Videokassetten Gegenstand der Aburteilung waren, so ist die jeweils ausgemessene Tagessatzzahl nicht überhöht.

Anmerkung

E07699

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00189.85.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19860220_OGH0002_0130OS00189_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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