TE OGH 1986/2/20 7Ob519/86

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Veröffentlicht am 20.02.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** Transportgesellschaft m. b.H. in Liquidation, Internationale Speditions- und Lagerhausgesellschaft, Graz, Riedweg 9, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei S*** - Oberglas AG, Wien 9., Liechtensteinstraße 22, vertreten durch Dr. Anton Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wegen 8,411.596,20 S s.A., infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28. Oktober 1985, GZ 3 R 140/85-131, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgerichtes vom 3. Mai 1985, GZ 19 Cg 134/81-124, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten 19.339,12 S an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben im Jahre 1974 miteinander eine Vereinbarung getroffen, derzufolge die Klägerin auf die Dauer von sechs Jahren für die Beklagte die Sodatransporte von Ebensee zu ihren Werken in Graz und Köflach durchzuführen hatte. Die ursprünglich vereinbarte Frachtrate sollte dem zum Zeitpunkt der Vereinbarung geltenden ÖBB-Tarif entsprechen und jeweiligen Änderungen dieses Tarifes angepaßt werden. Die von der Beklagten jeweils der Klägerin mitgeteilten Frachtraten wurden von dieser vorerst ohne Nachprüfung akzeptiert. Tatsächlich entsprach die ursprünglich bekanntgegebene Frachtrate ungefähr dem bis 30. April 1975 in Geltung gestandenen Ausnahmetarif 85 der ÖBB, der auch für Sodatransporte galt. Dann wurden derartige Transporte aus dem Ausnahmetarif herausgenommen, sodaß nunmehr keinerlei allgemein gültiger Ausnahmetarif für solche Transporte bestand. Erst mit 1. Jänner 1979 wurde ein solcher wieder eingeführt. Tatsächlich haben die ÖBB im Laufe des Jahres 1977 der Beklagten unter dem veröffentlichten Tarif liegende individuelle Beförderungspreise angeboten. Diesbezüglich war die Beklagte mit Hilfe eines Spediteurs in Kontakt zu den ÖBB getreten. Nachdem die Beklagte von dem dem Spediteur gemachten Anbot Kenntnis erlangt hatte, teilte sie mit Schreiben vom 13. September 1977 die angebotenen Preise der Klägerin mit und erklärte mit Schreiben vom 22. September 1977, Fakturen nur mehr anzuerkennen, wenn die Abrechnung zu diesen Raten erfolgt. Als sich die Klägerin weigerte darauf einzugehen, kündigte die Beklagte die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung.

Im ersten Rechtsgang, der mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 15. Jänner 1981, 7 Ob 504/81-44, abgeschlossen wurde (die Klagseinbringung erfolgte am 24. Februar 1978) hatte die Klägerin einen Betrag von 287.559,87 S als Differenz zwischen den von der Beklagten ab September 1977 für die Zulieferungen zum Werk Graz tatsächlich bezahlten Frachtraten und den von der Klägerin nach den gültigen ÖBB-Tarifsätzen errechneten Frachten und einen weiteren Betrag von 2,912.000 S mit der Begründung begehrt, daß die Klägerin infolge des unberechtigten Stornos der Beklagten die von ihr eigens für die Sodatransporte angeschafften Silofahrzeuge nicht zum Einsatz habe bringen können. Gegenstand des ersten Rechtsganges war außerdem ein Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Sodalieferungen durch die Klägerin zu den von den ÖBB veröffentlichten und allgemein gültigen Ausnahmetarifsätzen durchführen zu lassen. Dieses Feststellungsbegehren wurde in der Zwischenzeit wegen Ablaufes der ursprünglich vereinbarten vertraglichen Frist fallengelassen. Im zweiten Rechtsgang dehnte die Klägerin ihr Begehren um 248.598,13 S für frustrierten Investitionsaufwand, 7,655.256 S Verdienstentgang und 1,902.106 S an Umsatzsteuer aus (es wurde als Rechtsgrund Schadenersatz geltend gemacht), sodaß das gesamte Klagebegehren nunmehr 13,005.520 S betrug. Die erste dieser Ausdehnungen erfolgte am 12. März 1981.

Gegenstand des ersten Rechtsganges war ausschließlich die Klärung der Frage, ob unter den im Vertrag genannten ÖBB-Tarifen nur die veröffentlichten Tarifansätze oder auch die von den ÖBB angebotenen Individualkonditionen zu verstehen seien. Diesbezüglich hat der Oberste Gerichtshof in dem bereits erwähnten Aufhebungsbeschluß die Rechtsansicht vertreten, daß darunter, wenn man nur vom Wortlaut der festgestellten Vereinbarung ausgeht, nur die in den Tarifen der ÖBB geregelten Ansätze, nicht aber von den ÖBB gewährte Sonderbedingungen zu verstehen sind. Sollten daher keine zusätzlichen Vereinbarungen der Parteien getroffen worden sein, worüber noch weitere Erhebungen erforderlich wären, so sei der Rechtsstandpunkt der Klägerin richtig, weshalb diesfalls die Weigerung der Beklagten, ihre Transporte durch die Klägerin zu den allgemein gültigen ÖBB-Tarifen durchführen zu lassen, rechtswidrig war.

Im zweiten Rechtsgang hat das Erstgericht die Beklagte unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 12,707.634,37 S schuldig erkannt, der Klägerin 297.885,63 S s.A. zu zahlen. Es traf die Feststellung, zwischen den Parteien sei keine Vereinbarung dahin getroffen worden, daß unter den im Vertrag genannten ÖBB-Tarifen auch der Beklagten von den ÖBB gewährte Sonderkonditionen zu verstehen sind. Ferner stellte das Erstgericht die Differenz zwischen der von der Klägerin für die durchgeführten Transporte in Rechnung gestellten Frachtrate und jener Frachtrate, die der Klägerin auf Grund der Vereinbarung zugestanden wäre, mit 287.559,87 S fest. Schließlich stellte das Erstgericht fest, daß die Klägerin, hätte sie weitere ihr nach dem Vertrag zustehende Transportleistungen von 462.262 Kilometern erbracht, unter Anwendung des Regeltarifes der ÖBB einen Beförderungspreis von 7,493.801,20 S erzielt hätte. Dem wäre jedoch ein Eigenaufwand von insgesamt 5,547.144 S gegenüber gestanden. Dies ergibt einen Verdienstentgang von 1,946.657,20 S. Da sich diese Berechnung auf fünf Silofahrzeuge bezieht, die Klägerin jedoch nur den Ausfall von vier Silofahrzeugen begehrt, reduziert sich der erwähnte Betrag dem Verhältnis der Sattelfahrzeuge entsprechend auf 1,557.325,76 S. Da die Beklagte schuldhaft ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzt habe, müsse sie der Klägerin grundsätzlich den erwähnten Betrag aus dem Titel des Verdienstentganges ersetzen. Allerdings sei hiefür jener Vorteil der Klägerin abzuziehen, den diese durch die Veräußerung der Sattelfahrzeuge erlangt habe. Die Klägerin habe die Sattelfahrzeuge im Jahre 1978 veräußert. Hätte sie die Veräußerung erst im Jänner 1981 vorgenommen, so hätte sie einen wesentlich geringeren Verkaufserlös erzielt. Die Differenz zwischen dem Verkaufserlös im Jahre 1978 und dem zu erwartenden Verkaufserlös im Jänner 1981 betrage 1,547.000 S, die vom Verdienstentgang von 1,557.325,76 S abzuziehen seien. Demnach betrage die Gesamtforderung der Klägerin 297.885,63 S.

Das Mehrbegehren der Klägerin hat das Erstgericht wegen Verjährung abgewiesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, dagegen der Berufung der Klägerin teilweise Folge. Es sprach der Klägerin insgesamt 1,844.885,65 S zu. Das Mehrbegehren wies es ab. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen sowie die erstrichterliche rechtliche Beurteilung bezüglich der Vertragsauslegung und der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Differenz zwischen den tatsächlich bezahlten Frachtraten und jenen, die die Klägerin nach dem Vertrag zu verlangen berechtigt gewesen wäre. Schließlich trat das Berufungsgericht auch der Rechtsansicht des Erstgerichtes bezüglich der grundsätzlichen Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Verdienstentganges von 1,557.325,76 S bei. Hingegen lehnte es die Auffassung des Erstgerichtes über eine Reduktion dieser Forderung um die Differenz des Verkaufserlöses für die Silofahrzeuge zwischen 1978 und Jänner 1981 mit der Begründung ab, hiebei handle es sich nicht um einen Fall einer Vorteilsausgleichung. Die Beklagte habe keinen Anspruch darauf gehabt, daß die Fahrzeuge erst zu einem späteren Zeitpunkt veräußert werden. Im übrigen hätte die Beklagte gar keinen Vorteilsausgleich begehrt, sondern habe nur die Schadensminderungspflicht der Klägerin eingewendet. Auch in der Verjährungsfrage trat das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Erstgerichtes bei.

Gegen den Zuspruch von 1,844.885,65 S s.A. richtet sich die Revision der Beklagten, während die Klägerin mit ihrer Revision den Zuspruch eines weiteren Betrages von 6,566.710,55 S begehrt. Die Klägerin macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung, die Beklagte darüber hinaus auch Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie Aktenwidrigkeit geltend.

Rechtliche Beurteilung

Keine der Revisionen ist gerechtfertigt.

A) Zu der Revision der Beklagten:

Die Ausführungen zu den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit stellen in Wahrheit nur eine unzulässige Bekämpfung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen dar. Was es mit der angeblichen Aktenwidrigkeit wegen des Umsatzsteuerbetrages von 51.760,77 S auf sich haben soll, ist überhaupt unerfindlich, weil dieser Betrag, wie das Berufungsgericht deutlich dargelegt hat, nicht mehr Gegenstand des Verfahrens war. Ob bezüglich des gesamten Klagsbetrages Verjährung eingewendet worden ist, ist unerheblich, weil den Ausführungen der Revision auch nicht andeutungsweise entnommen werden kann, inwiefern diese Einrede bezüglich des Betrages von 287.559,87 S berechtigt sein sollte. Dieser Betrag war nämlich bereits Gegenstand der Klage, die am 24. Februar 1978 eingebracht worden ist. Da es sich hiebei nach den unbestrittenen Feststellungen um Transportkosten ab Herbst 1977 handelt, käme eine Verjährung dieser Forderung auf keinen Fall in Betracht.

Der Oberste Gerichtshof hat die Aktenlage überprüft, wobei keinerlei Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens oder Aktenwidrigkeit festgestellt werden konnte. Es erübrigt sich daher eine weitere Begründung zu diesen Revisionsgründen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Was die Rechtsrüge anlangt, so kann bezüglich der Auslegung des von den Parteien im Vertrag verwendeten Begriffes der ÖBB-Tarife auf die Ausführungen im Beschluß vom 15. Jänner 1981, 7 Ob 504/81-44, verwiesen werden.

Nach den nunmehrigen ergänzenden Feststellungen der Vorinstanzen wurde keine zusätzliche Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen, derzufolge dieser Begriff eine andere Auslegung - wie bereits dargelegt - zu finden hätte. Soweit die Revision daher eine andere Auslegung vorzunehmen versucht, entfernt sie sich von den vorinstanzlichen Feststellungen.

Es ergibt sich sohin, daß das Verlangen der Beklagten, die Klägerin habe weitere Transporte zu den der Beklagten von den ÖBB gewährten Sonderbedingungen durchzuführen, nicht berechtigt war. Die Beklagte hat durch die Ablehnung weiterer Transporte durch die Klägerin und die Vornahme solcher Transporte durch die Österreichischen Bundesbahnen gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen, was schon nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 1293 ff. ABGB zur Schadenersatzpflicht führen muß. Die Beklagte hat der Klägerin für die tatsächlich durchgeführten Transporte die dem Vertrag entsprechenden Leistungen zu erbringen. Die Klägerin konnte daher auf jeden Fall die Differenz zwischen den tatsächlich bezahlten Beträgen und den von ihr auf Grund des Vertrages zu fordernden Beträgen verlangen. Dieser Betrag wurde von den Vorinstanzen mit 287.559,87 S festgestellt. An eine derartige Feststellung ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Der Zuspruch dieses Betrages ist daher schon auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen gerechtfertigt.

Was den noch zugesprochenen Betrag von 1,557.325,76 S anlangt, so kann dahingestellt bleiben, ob dieser der Klägerin aus dem Titel des Schadenersatzes oder auf Grund des Werkvertrages gebührt. Immerhin bestand zwischen den Streitteilen ein Dauerschuldverhältnis. Selbst wenn man dem Standpunkt der Beklagten folgen würde, wäre die Ausführung des Werkes aus einem Umstand unterblieben, der auf Seite der Beklagten lag. Da die Klägerin zur Leistung bereit war, konnte sie das vereinbarte Entgelt verlangen. Sie mußte sich jedoch das anrechnen lassen, was sie infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Der vom Berufungsgericht zugesprochene weitere Betrag von 1,557.325,76 S ergibt sich aus einer Differenzrechnung zwischen jenem Betrag, den die Klägerin von der Beklagten im Falle der vertragsmäßig durchgeführten Leistung hätte verlangen können und jenem Betrag, den sich die Klägerin durch die Nichtleistung erspart hat. Der Klägerin wurde also gerade jener Differenzbetrag zugesprochen, den § 1168 ABGB vorsieht. Die auf § 1168 ABGB gestützte Argumentation der Beklagten ist daher nicht zielführend, weil gerade diese Ausführungen das Klagebegehren in diesem Punkt rechtfertigen würden. Was den vom Erstgericht vorgenommenen angeblichen Wertausgleich anlangt, ist der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß hier von einem vorzunehmenden Ausgleich keine Rede sein kann und daß ein solcher Ausgleich von der Beklagten gar nicht verlangt wurde. Letzteres gesteht die Beklagte in der Revision auch zu (S 345 d.A.). Sie will nämlich einen Abzug aus dem Titel der Schadensminderungspflicht. Die Klägerin war aber nicht verpflichtet, ihre Silofahrzeuge zu einem bestimmten Zeitpunkt zu veräußern und damit die Basis für allenfalls mögliche spätere Verdienste zu zerstören. Im übrigen hat sie durch die Veräußerung der Fahrzeuge im Jahre 1978 dem entsprochen, was die Beklagte wünscht, weshalb die Beklagte aus dem Titel der Schadensminderungspflicht nicht eine Differenz verlangen kann, die auf einen Zeitpunkt abstellt, bis zu dem die Klägerin nach Auffassung der Beklagten mit der Veräußerung nicht zuwarten hätte dürfen. Aufwendungen für oder auf die Fahrzeuge sind aber nicht Gegenstand des Zuspruches.

Im übrigen käme eine Schadensminderungspflicht gegenüber dem Anspruch nach § 1168 ABGB nicht in Frage.

Die Revision der Beklagten erweist sich sohin als nicht gerechtfertigt.

B) Zu der Revision der Klägerin:

Die Revisionsbehauptung, daß die Mehrwertsteuer zugleich mit dem ursprünglichen Klagsbetrag geltend gemacht worden sei, widerspricht der Aktenlage. Das sogenannte "Standgeld" machte die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Juni 1978 (S 94 des Aktes) mit dem Betrag von 2,912.000 S geltend, aus dem der nunmehrige Zuspruch errechnet wurde. Dagegen wurde eine Mehrwertsteuer erst mit Schriftsatz vom 30. Juni 1981 (S 271 d.A.) verlangt. Für diesen Mehrwertsteuerbetrag gelten daher dieselben Grundsätze wie für sämtliche anderen Forderungen, um die das Klagebegehren erst nach dem bereits erwähnten Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes ausgedehnt worden ist.

Richtig ist, daß die dreijährige Verjährung beginnt, wenn dem Beschädigten der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers soweit bekannt ist, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann (Schubert in Rummel, Rdz 3 zu § 1489 ABGB, SZ 40/40, JBl 1964, 371 ua.). Die Verjährung beginnt allerdings auch dann, wenn noch nicht der ganze Umfang des Schadens bekannt war (SZ 41/147, EvBl 1963/482 ua.). Für den Beginn der kurzen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB ist die Kenntnis der Höhe des Schadens also nicht erforderlich. Es genügt die Möglichkeit der Ermittlung der Schadensziffer (JBl 1967, 32, JBl 1966, 371 ua.). Gefordert wird die Kenntnis der schädlichen Wirkungen des schädigenden Ereignisses. Nicht erforderlich ist, daß die im voraus erkennbaren Wirkungen bereits eingetreten sind (ZVR 1979/287; ZVR 1964/284 ua.). Demnach beginnt die Verjährungsfrist bereits zu laufen, wenn das schädigende Ereignis und der Schädiger bekannt und die Schäden voraussehbar sind. Bei künftigen, jedoch voraussehbaren Schäden kann der Verjährung nur durch eine Feststellungsklage begegnet werden (Schubert in Rummel, Rdz 7 zu § 1497; Klang 2 VI, 635, EvBl 1974/110, ZVR 1974/36, ZVR 1979/287 ua.). Beispielsweise beginnt die Verjährung bei Unterlassungen sobald erkennbar ist, daß die pflichtwidrige Untätigkeit anderer zum Schadenseintritt führen wird (EvBl 1966/237). Bei vertragswidriger vorzeitiger Auflösung eines Bestandverhältnisses (mit dem vorliegenden Fall deshalb vergleichbar, weil es sich auch in diesen Fällen um ein Dauerschuldverhältnis handelt) beginnt die Verjährungszeit, sobald dem Bestandnehmer der Schaden soweit bekannt ist, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstellen kann (MietSlg. 35.280). Vor allem beginnt die Verjährung bezüglich der vom Schädiger zu vertretenden Folgeschäden in jenem Zeitpunkt, in dem die Rechtsgutbeeinträchtigung, deren Folge sie sind, bekannt wird (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I, 318).

Beurteilt man, wie dies die Beklagte wünscht, den Anspruch nach § 1168 ABGB, so hätte die Verjährung auf jeden Fall mit der Erfüllungsverweigerung durch die Beklagte zu laufen begonnen. Im vorliegenden Fall war die Erklärung der Beklagten im Jahre 1977 derart eindeutig, daß die Klägerin keinesfalls mehr mit einem vertragsgemäßen Verhalten der Beklagten rechnen konnte. Mit Schreiben vom 17. Februar 1978 hat die Beklagte darüber hinaus klar ausgesprochen, daß die getroffene Vereinbarung als aufgelöst zu betrachten sei (Feststellung S II/182 d.A.). Zu diesem Zeitpunkt war also klar, daß durch das vertragswidrige Verhalten der Beklagten Schäden im Vermögen der Klägerin eintreten müssen, wobei auch deren Natur bekannt war. Lediglich die Höhe konnte noch nicht im einzelnen festgestellt werden. Der der Klägerin erwachsende Schaden war aber bereits voraussehbar. Aus diesem Grunde hat die Verjährungsfrist bereits im Oktober 1977 (zumindest aber im Februar 1978) zu laufen begonnen, und zwar bezüglich sämtlicher Schäden, die zu diesem Zeitpunkt bereits voraussehbar waren. Bei allen von der Klägerin nunmehr geltend gemachten Schäden handelt es sich um solche, deren Eintritt im Hinblick auf das eindeutige Verhalten der Beklagten voraussehbar war. Demnach hätte die Klägerin einer Verjährung ihrer Schadenersatzforderungen nur mit einer Feststellungsklage begegnen können. Da bezüglich jener Forderungen, die Gegenstand der Klagsabweisung waren, weder eine Feststellungsklage noch eine Leistungsklage innerhalb der dreijährigen, spätestens ab Februar 1978 laufenden Verjährungsfrist eingebracht worden ist, erweist sich die Entscheidung der Vorinstanzen betreffend diese Forderungen als richtig. Die gesamte Argumentation der Revision geht zwar von der richtigen Rechtsansicht aus, daß die Verjährung erst mit Kenntnis des Schädigers und des grundsätzlichen Schadenseintrittes zu laufen beginnt. Sie übersieht aber, daß die mangelnde Kenntnis der genauen Höhe voraussehbarer Schäden den Beginn der Verjährungsfrist nicht hinausschiebt.

Es erweist sich sohin auch die Revision der Klägerin als nicht gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, wobei der Beklagten die Differenz der Kosten für die beiden Revisionsbeantwortungen zuzusprechen war.

Anmerkung

E07654

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00519.86.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19860220_OGH0002_0070OB00519_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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