TE OGH 1986/2/27 8Ob519/86

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Veröffentlicht am 27.02.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***

T***-Gesellschaft m.b.H., Landscha 8, 8461

Ehrenhausen, vertreten durch Dr. Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei S*** F***

Gesellschaft m.b.H., 8280 Fürstenfeld, vertreten durch Dr. Erich Portschy und Dr.Gerhard Schweiger, Rechtsanwälte in Graz, wgen 592.914,39 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. November 1985, GZ 7 R 175/85-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgericht vom 11.Juli 1985, GZ 8 Cg 37/85-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 16.104,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.464,05 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Inhaberin eines steirischen Fleischhauereibetriebes, die Klägerin jene Tierkörperverwertungsanstalt nach der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Fortswirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamte für Volksernährung vom 19.April 1919, betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung), StGBl. Nr. 241, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 14.Dezember 1977 über die Tragung der Kosten für die Beseitigung von Tierkörpern, BGBl. Nr. 660 (im folgenden kurz Tierkörperverwertungsgesetz = TKVG), an welche nach der zur 1.Jänner 1980 in Kraft getretenen Verordnung des Landeshauptmannes der Steiermark vom 28.November 1979 über die Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (Tierkörperverwertungsverordnung), LGBl. Nr. 90, in der Fassung der Kundmachung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 14. September 1984, BGBl. Nr. 376, (im folgenden kurz Tierkörperverwertungsverordnung = TKVV), die in der Steiermark anfallenden, nach den zitierten Vorschriften dem Ablieferungszwange unterliegenden Gegenstände zur Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung abzuliefern sind. Nach Punkt 2 des Tarifes der TKVV sind für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände an die Klägerin von den Inhabern von Fleischhauereibetrieben für Pferde, Rinder, Schweine, Kälber, Schafe und Ziegen entsprechende Entgelte zu entrichten. Demnach hätte die Beklagte mit Rücksicht auf die Anzahl der von ihr in der Zeit von 1981 bis 1983 geschlachteten Tiere, sowie unter Bedachtnahme auf die für das Jahr 1984 zu leistenden Vorauszahlungen zuzüglich der Umsatzsteuer der Klägerin den nunmehr von dieser eingeklagten Betrag von 592.914,39 S zahlen müssen, wobei die Zahlung zum 1.Jänner 1985 fällig gewesen wäre. Eine derartige Zahlung ist jedoch nicht erfolgt. Mit der am 28.Jänner 1985 erhobenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten im Hinblick auf die erwähnte Rechtslage die Bezahlung des Betrages von 592.914,39 S s.A.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Rechtsgrundlage, auf welche sich die Klägerin stützt, also die TKVV, in den hier maßgeblichen Normen gesetzwidrig sei, und zwar deshalb, weil sie einerseits dem TKVG widerspreche, zum anderen aber das TKVG selbst mit bundesverfassungsgesetzlichen Vorschriften nicht im Einklang stehe. Die Beklagte beantragte daher schon in erster Instanz die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens beim Verfassungsgerichtshof.

Das Erstgericht lehnte die Einleitung eines derartigen Verfahrens beim Verfassungsgerichtshof ab und erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens ist bereits in Rechtskraft erwachsen. Es vertrat den Rechtsstandpunkt, daß die TKVV eine einwandfreie Rechtsgrundlage für den Klageanspruch bilde, die dagegen von der Beklagten ins Treffen geführten Bedenken demnach nicht gerechtfertigt seien.

Das Gericht zweiter Instanz wies die vom Beklagten an das Berufungsgericht herangetragenen "Anträge", beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des § 6 Abs 3 und 4 der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamte für Volksernährung vom 19.April 1919 (betreffend die Tierkörperverwertung), in der Fassung des Bundesgesetzes vom 14.Dezember 1977, BGBl. Nr. 660, als verfassungswidrig und die Aufhebung der Z 2 des bereits mehrfach genannten Tarifes als gesetzwidrig zu beantragen, zurück und gab der Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Erstgerichtes keine Folge. In rechtlicher Hinsicht führte es im wesentlichen folgendes aus:

Kernpunkt der Kritik der Beklagten am TKVG und an der TKVV sei der Umstand, daß die Klägerin berechtigt sei, von der Beklagten selbst für solche Schlachtabfälle ein Entgelt zu fordern, ohne ihrerseits für deren Verwertung eine Vergütung an die Beklagte leisten zu müssen, die gar nicht der Ablieferungspflicht unterlägen, weil sie von der Beklagten selbst direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger verwendet werden könnten und in diesem Umfange für sie ein vermögenswertes Objekt darstellten. Dies komme einer entschädigungslosen und damit verfassungswidrigen Enteignung gleich. Bei dieser Argumentation übersehe die Beklagte jedoch, daß sie keineswegs verpflichtet sei, für nicht ablieferungspflichtige Gegenstände der Klägerin ein Entgelt zu entrichten. Die von der Beklagten erwähnten Schlachtabfälle wären nämlich nur dann von der Ablieferungspflicht ausgenommen, wenn sie tatsächlich direkt für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung fänden. Für diese Auslegung spräche schon der Wortlaut dieser Bestimmung (".... Verwendung finden"), der auf ein effektives Geschehen hindeute, aber auch die Gesetzessystematik. Grundsätzlich seien nämlich Schlachtabfälle nach dem § 3 Abs 1 lit b des TKVG sowie des § 2 Abs 1 Z 1 der TKVV ablieferungspflichtig, d.h., die Ablieferungspflicht sei in Ansehung aller Schlachtabfälle die Regel. Nur dann, wenn solche Schlachtabfälle - ausnahmsweise - direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung fänden, seien sie von der Ablieferungspflicht ausgenommen. Da nun Ausnahmebestimmungen, die eine Regelanordnung durchbrechen, im Zweifel einschränkend auszulegen seien, bedeute dies, daß dann, wenn weder eine direkte anderweitige Verwendung für industrielle Zwecke noch als Dünger effektiv vorgenommen werde, die potentiell für alle Schlachtabfälle bestehende Ablieferungspflicht jeweils aktualisiert werde. Handle es sich nicht um abfuhrpflichtige Gegenstände, wäre ja der Tarif der TKVV überhaupt nicht anzuwenden, wie deren § 10 und der Einleitungssatz dieses Tarifes in der Anlage dieser Verordnung deutlich mache. Die Abfuhrpflicht sei daher Voraussetzung dafür, daß ein Entgeltsanspruch der Klägerin nach der TKVV überhaupt entstehen könne.

Daß aber im besonderen Falle im Betriebe der Beklagten sämtliche Schlachtabfälle von ihr direkt für industrielle Zwecke oder als Dünger effektiv Verwendung gefunden hätten und daher ihrerseits ablieferungspflichtige Gegenstände gar nicht angefallen wären, habe die Berufungswerberin nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen. Es sei demnach davon auszugehen, daß es sich bei den im Betriebe der Beklagten angefallenen Schlachtabfällen tatsächlich um solche Gegenstände gehandelt habe, die ablieferungspflichtig gewesen seien, für die somit die Beklagte an die Klägerin nach den angeführten Normen ein Entgelt zu entrichten gehabt hätte.

Daß die von der Klägerin vorgenommene Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung derartiger ablieferungspflichtiger Gegenstände mit Aufwendungen verbunden seien, die durch einen Tarif abgegolten werden dürften, bestreite auch die Beklagte nicht. Sie meine allerdings, es sei verfassungswidrig, daß die Klägerin für derartige Gegenstände, die bei einer direkten Verwendung für industrielle Zwecke oder als Dünger sicherlich einen gewissen Wert repräsentierten, auch dann von ihr als der Betriebsinhaberin ein Entgelt verlangen dürfe und keine Vergütung leisten müsse, wenn sie diese Gegenstände nicht bloß einsammle, abführe oder beseitige, sondern selbst - auf welche Weise auch immer - gewinnbringend verwerte.

Daß eine solche Verwertung nicht im Gegensatz zu den Zielsetzungen des TKVG und der TKVV stehe, ja gar nicht stehen könne, mache deutlich, wenn man sich die Titel der erwähnten Normen vor Augen halte, in denen ausdrücklich von einer Verwertung die Rede sei, und wenn man weiters bedenke, daß nach § 1 Abs 1 TKVG Tierkörperverwertungsanstalten als solche umschrieben würden, in welchen "die unschädliche Verwertung von Tierkörpern ... gewährleistet ist". Auch § 1 Abs 3 leg.cit. ließe implicite zu, daß solche Anstalten gewerbsmäßig, also gewinnorientiert, betrieben würden. Darüberhinaus sei zu bedenken, daß jeder Verwertung geradezu zwangsläufig ein Einsammeln und ein Abführen der Tierkörper vorangehen müsse. Schließlich habe auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81-19, (BGBl. Nr. 376/1984) darauf verwiesen, daß eine Verwertung solcher Gegenstände durch die Klägerin gesetzlich erlaubt sei. Stehe aber fest, daß nicht bloß gegen die Befugnis der Klägerin zum entgeltlichen Einsammeln, Abführen und Beseitigen von Schlachtabfällen keine Bedenken bestünden, sondern auch nicht gegen deren - gegebenenfalls auch gewinnbringende - Verwertung, so reduziere sich die hier zu lösende Rechtsfrage darauf, ob nicht wegen der Möglichkeit der Erzielung von Gewinnen durch die Klägerin im Falle einer solchen Verwertung der Schlachtabfälle Tierkörperverwertungsanstalten überhaupt von gesetzeswegen zwingend verhalten werden müßten, Betriebsinhabern wie der Beklagten für die Überlassung solcher Gegenstände auch eine Vergütung zu leisten, wie dies § 6 Abs 1, 2. Halbsatz des TKVG vor seiner Derogation durch das Bundesverfassungsgesetz (vgl. VfSlg.Nr. 7936/1976) immerhin als möglich ("... allfällige Vergütung ...") vorgesehen habe. Eine derartige Verpflichtung des einfachen Gesetzgebers, die Leistung einer Vergütung in Fällen der vorliegenden Art anordnen zu müssen, könne jedoch aus keiner verfassungsgesetzlichen Norm zwingend abgeleitet werden, insbesonders auch nicht aus jenen Vorschriften, die den Schutz des Eigentums gewährleisteten, weil nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes selbst entschädigungslose Enteignungen verfassungsrechtlich unbedenklich seien (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes 5 , 409). An diesem Ergebnis vermöge auch der Hinweis der Beklagten auf die Futtermittelverordnung 1976, BGBl. Nr. 28/1977, in der Fassung der Novelle 1983, BGBl. Nr. 226/1983, nichts zu ändern, weil diese Norm als Durchführungsverordnung zu § 4 Abs 1 des Futtermittelgesetzes, BGBl. Nr. 97/1952, in der Fassung des BGBl. Nr. 402/84 bloß den Rahmen für sogenannte "Mischungen" festlege. Diese Verordnung stehe, worauf schon das Erstgericht zutreffend hingewiesen habe im Stufenbau der Rechtsordnung nicht etwa über der TKVV, d.h., sie bilde nicht den Maßstab für deren Rechtmäßigkeit. Daß Gegenstände, die als "Schlachtabfälle" im Sinne der TKVV anzusehen seien, unter bestimmten Voraussetzungen nach der Futtermittelverordnung zur Herstellung von Hunde- und Katzenfutter verwendet werden dürften, nehme ihnen keineswegs die Eigenschaft von ablieferungspflichtigen Schlachtabfällen nach der TKVV, sondern stelle bloß klar, daß eben derartige Schlachtabfälle verwertet werden dürften. Es sei nicht ersichtlich, wieso durch die Futtermittelverordnung die Gültigkeit des in Rede stehenden Tarifes der TKVV berührt sein sollte.

Auch der Hinweis der Berufungswerberin auf Artikel 20 B-VG versage, weil im Rahmen dieses Rechtsstreites nicht zu untersuchen sei, auf welche Weise die Klägerin zur Kenntnis der maßgeblichen Schlachtziffern der Beklagten gelangt sei, sondern bloß, ob diese Ziffern richtig seien. Die Zivilgerichte seien jedenfalls nicht dazu berufen, die allfällige Verantwortlichkeit der zuständigen Organe für die von der Beklagten in diesem Zusammenhange behaupteten Verstöße gegen Art. 20 B-VG wahrzunehmen.

Da somit das Berufungsgericht die in Rede stehenden Normen als taugliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin ansehe, habe der Berufung keine Folge gegeben werden können. Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

In ihrer Revision beharrt die Beklagte auf ihrem Standpunkt, die Klägerin sei nicht berechtigt, für die ihr abgelieferten Schlachtabfälle Entgelte zu verlangen; sie wiederholt auch ihre Ansicht, der bereits mehrfach genannte Tarif könne hier nicht angewendet werden. In ihrer Rechtsrüge führt die Revisionswerberin aus, daß die Klägerin die ihr abgelieferten Gegenstände einer Verwertung zuführe und aus diesen ein marktgängiges Finalprodukt herstelle. Daraus meint sie den Schluß ziehen zu können, daß sie nicht dem Ablieferungszwang unterliegende Schlachtungsabfälle der Klägerin abführe, diese Schlachtungsabfälle von der Klägerin daher nicht beseitigt, sondern gewinnbringend verarbeitet würden. Bei diesem Schluß geht sie aber nicht von der hier allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage aus. Die Beklagte übersieht nämlich die der Tatsachengrundlage zuzuordnende Annahme der Vorinstanzen, daß auf Grund des eigenen Vorbringens der Beklagten nicht davon ausgegangen werden kann, die Beklagte habe überhaupt keine Schlachtabfälle abgeliefert oder bei ihr seien überhaupt keine der Ablieferungspflicht unterliegende Schlachtabfälle angefallen (vgl. jeweils S 11 des Ersturteils und der Berufungsentscheidung). Insoweit die Beklagte in der Folge davon ausgeht, daß sämtliche von ihr abgeholten Schlachtungsabfälle einerseits nicht dem Ablieferungszwang unterlegen seien, anderseits aber von der Klägerin direkt einer anderweitigen industriellen Verwendung und gewinnbringenden Verwertung zugeführt worden seien, wird die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht. Im übrigen wiederholt die Revisionswerberin die Meinung, nach § 10 der TKVV seien nur für die Einsammlung, die Abfuhr und Beseitigung der nach § 2 abzuliefernden Gegenstände Entgelte zu entrichten und daß diese Verordnung sehr wohl zwischen Beseitigung und Verwertung unterscheide. Auch hier kann der Revisionswerberin nicht gefolgt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt (5 Ob 504 bis 507/86; 6 Ob 506, 507/86) zu dieser Frage wie folgt Stellung genommen:

Die auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehende (VfSlg. 7936/1976 u.a.). vom Staatsamt für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Staatsamt für Volksernährung am 19.April 1919 erlassene Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung), StGBl. Nr. 241, idF des Bundesgesetzes BGBl. 1977/660 (TKVG), bestimmt in ihrem § 1 Abs 1, daß Tierkörperverwertungsanstalten im Sinne dieser Vollzugsanweisung Anstalten sind, in welchen die unschädliche Verwertung von Tierkörpern, deren Teilen und sonstigen Gegenständen animalischer Herkunft, insbesondere aber die Vernichtung aller Seuchenkeime gemäß § 14 TierseuchenG gewährleistet ist. Nach § 2 TKVG sind die Tierkörperverwertungsanstalten verpflichtet, die einlaufenden Gegenstände auf Futter und Fett zu verarbeiten und diese Verarbeitung in rationellster Weise durchzuführen. Nach § 3 Abs 1 TKVG kann der Landeshauptmann anordnen, daß aus einem bestimmten Umkreis folgende Gegenstände an eine solche Anstalt abzuführen sind: ...lit b): ....sowie die Schlachtungsabfälle. Als Schlachtungsabfälle gelten zum menschlichen Genuß nicht verwertbare Abfälle im Schlachtbetrieb, soweit sie nicht direkt anderweitig für industrielle Zwecke oder als Dünger Verwendung finden. § 6 Abs 1 TKVG in seiner ursprünglichen Fassung sah vor, daß die Landesregierung (nunmehr: der Landeshauptmann) nähere Bestimmungen über die Anzeige, Verwahrung und Zufuhr der abzuliefernden Gegenstände zu treffen und die allfällige Vergütung für abgelieferte Gegenstände sowie die Gebühren für die Abholung und Verarbeitung festzusetzen hat. Nach § 7 TKVG werden die Anordnungen der Tierseuchengesetze durch die vorstehenden Bestimmungen (des TKVG) nicht berührt.

Am 30.Oktober 1961 erließ der Landeshauptmann von Steiermark, gestützt auf die §§ 14 und 61 TierseuchenG, RGBl. 1909/177, in der geltenden Fassung und die hiezu ergangene Ministerialverordnung in der geltenden Fassung (§ 14 TierseuchenG enthält Bestimmungen über die unschädliche Beseitigung, Verarbeitung und Bearbeitung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Abfällen, § 61 TierseuchenG unter anderem Bestimmungen über die Tragung der Kosten hiefür) sowie unter anderem auf die §§ 3 und 6 TKVG, eine Verordnung über die Abfuhr und Verwertung von Tierkörpern (TKVV LGBl. 1961/128). Der im § 1 dieser Verordnung normierten Abfuhrpflicht unterlagen unter anderem auch Schlachtungsabfälle. Die Abfuhr angemeldeter Schlachtungsabfälle hatte nach § 6 dieser Verordnung durch die Tierkörperverwertungsanstalt zu erfolgen. Nach § 11 dieser Verordnung hatten die Gemeinden für die Abfuhr und die unschädliche Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände in den Tierkörperverwertungsanstalten jährlich Gebühren (Bauschbeträge) an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung zu entrichten. Mit Erkenntnis vom 3.Dezember 1976, VfSlg. 7936/1976, hat der Verfassungsgerichtshof dargetan, daß der ursprünglich im § 6 Abs 1 TKVG enthaltene zweite Halbsatz "und die allfällige Vergütung ...."

wegen Verstoßes gegen Art. 18 Abs 2 B-VG in die vom Bundesverfassungsgesetz beherrschte Rechtsordnung nicht Eingang gefunden hat. Daraufhin wurden dem § 6 TKVG durch das Bundesgesetz BGBl. 1977/660 (vgl. dazu den Initiativantrag Nr. 67/A, II 2838 BlgNR 14. GP) nachstehende Absätze 3 und 4 angefügt:

"(3.) Der Landeshauptmann hat das Entgelt für die Einsammlung, die Abfuhr und die Beseitigung der abzuliefernden Gegenstände in einem kostendeckend begrenzten Entgelttarif durch Verordnung festzulegen. Bei der Berechnung des Tarifs sind die voraussichtlichen durchschnittlichen Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sowie Rücklagen für die Erhaltung und Verbesserung der hiefür bestimmten Einrichtungen und für deren Amortisierung zu berücksichtigen.

(4) Die auf Grund des Entgelttarifes nach Abs 3 zu entrichtenden Entgelte sind von den Besitzern von Gegenständen, die dem Ablieferungszwang nach § 3 unterliegen, zu leisten."

Am 28.November 1979 erließ der Landeshauptmann der Steiermark, gestützt auf die §§ 14 und 61 TierseuchenG in der geltenden Fassung sowie auf die §§ 1 bis 5 und 6 Abs 3 und 4 TKVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 1977/660, eine Verordnung über die Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und Tierkörperteilen (TKVV LGBl. 1979/90, in der Folge kurz TKVV genannt), die unter gleichzeitigem Außerkrafttreten der TKVV 1961 am 1. Jänner 1980 in Kraft getreten ist. Nach § 1 Abs 1 TKVV sind die in der Steiermark anfallenden, dem Ablieferungszwang unterliegenden Gegenstände unter Einhaltung veterinär- und gesundheitspolizeilicher Vorschriften an die S*** T***FT mbH

(die Klägerin) zur Einsammlung, Abfuhr, Beseitigung und Verwertung abzuliefern. Nach § 1 Abs 2 TKVV hat die Klägerin auf Grund dieser Verordnung und der mit dem Land Steiermark eingegangenen vertraglichen Verpflichtung die anfallenden Gegenstände einzusammeln, abzuführen, zu beseitigen oder zu verwerten. Nach § 2 Abs 1 Z 2 TKVV unterliegen unter anderem die Schlachtabfälle dem Ablieferungszwang. § 2 Abs 2 Satz 2 TKVV, der eine eigene Definition der Schlachtabfälle enthielt, wurde vom Verfassungsgerichtshof auf Grund eines Verordnungsprüfungsverfahrens, das (im Zuge des gegenständlichen und anderer Prozesse) auf Antrag des Erstgerichtes eingeleitet worden war, mit Erkenntnis vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81, als gesetzwidrig aufgehoben (Kundmachung dieses Erkenntnisses durch den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz: BGBl. 1984/376) und ist daher in den gegenständlichen Verfahren nicht anzuwenden. Zur raschen Durchführung der Abfuhr sowie aus gesundheits-, veterinärpolizeilichen, verkehrs- und betriebstechnischen Gründen sind unter anderem von den Schlachtbetrieben, Fleischhauereien, fleischverarbeitenden Betrieben usw. im Einvernehmen mit der Tierkörperverwertungsanstalt Sammelbehälter in ausreichender Anzahl zur Aufnahme der ablieferungspflichtigen Gegenstände aufzustellen. Die Sammelbehälter hat die Tierkörperverwertungsanstalt zur Verfügung zu stellen (§ 7 Abs 1 TKVV).

§ 10 TKVV lautet auszugsweise:

"(1) Für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der nach § 2 abzuliefernden Gegenstände sind kostendeckende Entgelte zu entrichten. Die Höhe dieser Entgelte ist in der einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Anlage festgelegt (Tarif).

(2) Die Entgelte nach Z 1 des Tarifs sind von den Gemeinden, die Entgelte nach Z 2 des Tarifs von den jeweiligen Betriebsinhabern an die Tierkörperverwertungsanstalt zu leisten. Die Gemeinden sind berechtigt, einen Teil des auf sie entfallenden Kostenanteils auf die Zucht- und Nutztierhalter zu überwälzen.

.......

(4) Die auf Fleischhauereien, Schlachtstätten, Schlachthöfe, sonstige Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe jährlich entfallenden Kosten der Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung sind von der Tierkörperverwertungsgesellschaft gemäß Z 2 des Tarifs an Hand der Schlachtziffern und Mengen an zugekauftem Fleisch des Vorjahres zu berechnen und den Betriebsinhabern bis spätestens Ende März eines jeden Jahres bekanntzugeben."

Nach dem in § 10 Abs 1 TKVV genannten Tarif sind für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der abfuhrpflichtigen Gegenstände an die Tierkörperverwertungsanstalt von den Fleischhauereien, Schlachtstätten, Schlachthöfen und sonstigen Schlachtbetrieben auf Grund der Schlachtziffern je geschlachtetem Tier die von den Vorinstanzen im einzelnen festgestellten Entgelte zu entrichten.

Aus Anlaß des oben erwähnten Verordnungsprüfungsverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof auch die Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs 1 und 3 TKVG geprüft. Er gelangte in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1983, G 85/81, G 61/83, zu dem Ergebnis, daß diese auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehenden Vorschriften nicht verfassungswidrig seien. In dem das Verordnungsprüfungsverfahren abschließenden Erkenntnis vom 12.Juni 1984, V 14, 15/81, mit dem unter anderem der Antrag des Erstgerichtes, auch § 10 Abs 4 TKVV als gesetzwidrig aufzuheben, abgewiesen wurde, führte der Verfassungsgerichtshof aus, daß es das TKVG dem Verordnungsgeber überlasse, auf welche Weise er die Umlegung der Kosten auf die Benützer vornehme, ob nämlich nach den konkret abgelieferten Gegenständen oder aber nach einer anderen, sinnvolle Annäherungswerte ergebenden Methode. Abgesehen davon, daß es offenbar im Sinne einer Verrechnungsvereinfachung sowohl für die Behörde als auch für die Betriebsinhaber liege, wenn die TKVV die zweitgenannte Berechnungsmethode wähle, lege es eine Sinninterpretation geradezu nahe, sowohl auf die Zahl der im Betrieb geschlachteten Tiere (die "Schlachtziffer") als auch auf das im Betrieb verarbeitete, nicht aus eigenen Schlachtungen stammende Fleisch (die "Menge an zugekauftem Fleisch") abzustellen und nicht etwa auf die tatsächlich abgelieferten Gegenstände im Sinne des § 2 TKVV. Aus der Menge des beim Betriebsinhaber anfallenden Fleisches ergebe sich bei einer - hier gemäß § 6 Abs 3 Satz 2 TKVG gebotenen - Durchschnittsbetrachtung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Menge der anfallenden Gegenstände im Sinne des § 2 TKVV.

Aus dieser Rechtslage ergibt sich, daß TKVG und TKVV in erster Linie auf die unschädliche Beseitigung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten abzielen, um Tierseuchen hintanzuhalten und zu bekämpfen und vor allem Gefahren abzuwehren, die der Volksgesundheit bei der Verwertung tierischer Produkte drohen, wobei die unschädliche Verwertung nur eine bestimmte Art der unschädlichen Beseitigung darstellt (VfSlg. 7936/1976; siehe auch VfGH 12.Dezember 1983, G 85/81, G 61/83, sowie VfGH 12.Juni 1984, V 14, 15/81). Aus dem Umstand, daß TKVG und TKVV in verschiedenen Bestimmungen einmal von (unschädlicher) Verwertung (Verarbeitung) und einmal von (unschädlicher) Beseitigung sprechen, sowie insbesondere daraus, daß in den das Entgelt betreffenden Bestimmungen dieser Vorschriften (§ 6 Abs 3 TKVG, § 10 TKVV samt Tarif) nur auf die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der ablieferungspflichtigen (abfuhrpflichtigen) Gegenstände abgestellt wird, kann daher noch nicht abgeleitet werden, im Falle der Verwertung dieser eingesammelten und abgeführten Gegenstände durch die Klägerin würde kein Entgelt nach der TKVV geschuldet. Schon der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1984, V 14, 15/81, darauf verwiesen, daß bei der industriellen Verwertung von Schlachtungsabfällen in speziellen Fettschmelzereien, diese Betriebe - anders als die Tierkörperverwertungsanstalten - die übernommenen Produkte zu sortieren pflegen und damit eine höhere Wertschöpfung (wenngleich mit größeren Kosten) als die Tierkörperverwertungsanstalten erzielen. Die TKVV läßt dagegen bei der Regelung betreffend die Zurverfügungstellung und Abholung der Sammelbehälter sowie bei der Festlegung der Entgeltberechnungsmethode und des Tarifs jeden Anhaltspunkt dafür vermissen, ob und wie zwischen einer (unschädlichen) Beseitigung durch (thermische oder chemische) Vernichtung und einer (unschädlichen) Beseitigung durch Verwertung unterschieden werden sollte. Es kann daher auf sich beruhen, in welchem Ausmaß die Klägerin Schlachtungsabfälle beseitigt oder zu marktgängischen Finalprodukten verwertet. Die in der Revision aufgestellte Behauptung der Beklagten, bei den von ihr abgelieferten Gegenständen handle es sich nicht um zu beseitigende Schlachtungsabfälle sondern (nur) um hochwertige Rohstoffe, die von der Klägerin gewinnbringend einer industriellen Verwertung zu marktgängigen Finalprodukten zugeführt würden, ist - wie bereits dargetan - aktenwidrig.

Der Revision konnte daher kein Erfolg beschieden sein. Zu dem von der Beklagten in der Revision wiederholten Antrag auf Befassung des Verfassungsgerichtshofes ist zu bemerken, daß den Prozeßparteien diesbezüglich kein Antragsrecht zukommt. Der Oberste Gerichtshof hat aber gleich den Vorinstanzen keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der hier anzuwendenden Bestimmungen der Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.November 1979, LGBl. Nr. 90.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07813

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00519.86.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19860227_OGH0002_0080OB00519_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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