TE Vfgh Erkenntnis 2001/9/24 B870/01

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Veröffentlicht am 24.09.2001
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Index

50 Gewerberecht
50/02 Sonstiges Gewerberecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Quasi-Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §359b Abs4 GewO 1994, idF BGBl I 88/2000, mit E v 24.09.01, G98/01 ua.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beteiligte Partei des vorliegenden Beschwerdeverfahrens stellte am 13. April 1999 einen Antrag auf Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Hotels auf den Grundstücken 782/1 und 792, KG Loipersdorf. Die Beschwerdeführer betreiben - in unmittelbarer Nähe des eben erwähnten Projekts - selbst Hotels.

Die gewerbebehördliche Genehmigung wurde der beteiligten Partei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 21. Juli 1999, Zl. 4.1-25/99, erteilt. Dagegen erhoben die (nunmehrigen) Beschwerdeführer Berufung. Mit dem im zweiten Rechtsgang (siehe das hg. Erkenntnis vom 3. März 2001, B2071/99) ergangenen (Ersatz)Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark wurde - u.a. gemäß §66 Abs4 AVG 1991, §74 Abs2 GewO 1994, §359b Abs1 und §359b Abs4 GewO 1994, idF BGBl. I 88/2000 - festgestellt, daß dieses Hotel nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung so beschaffen sei, "dass das vereinfachte Verfahren anzuwenden ist".

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Der Landeshauptmann von Steiermark hat als belangte Behörde innerhalb der ihm gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Die beteiligte Partei erstattete innerhalb der ihr gesetzten Frist ebenfalls eine Äußerung, in der sie mit ins Einzelne gehender Begründung den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und den Antrag stellt, der Beschwerde "den Erfolg zu versagen".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G98/01 und G112/01, hob der Verfassungsgerichtshof §359b Abs4 GewO 1994, idF BGBl. I 88/2000, als verfassungswidrig auf.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind dem im Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall jene Fälle gleichzuhalten, die - bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung - im Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 11.711/1988); dies gilt auch dann, wenn das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes auf Grund eines Antrages des Verwaltungsgerichtshofes eingeleitet wurde (VfSlg. 10.139/1984).

3. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 7. Juni 2001 eingelangt, die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren über §359b Abs4 GewO 1994, idF BGBl. I 88/2000, fand am 24. September 2001 statt; die Gesetzesaufhebung wirkt daher auch für sie.

4. Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung angewendet. Nach der Lage des Beschwerdefalles ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Anwendung des §359b Abs4 GewO 1994, idF BGBl. I 88/2000, für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von ATS 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von ATS 4.500,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B870.2001

Dokumentnummer

JFT_09989076_01B00870_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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