Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache Friederike S***, Wien 3.,
Prinz Eugenstraße 3/17, infolge Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 13.November 1985, GZ44 R 209/85-44, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16. Oktober 1984, GZ 8 SW 113/84-20, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht hat im Jahre 1983 von Amts wegen das Verfahren zur Entmündigung der Betroffenen eingeleitet und mit Beschluß ON 10 Dr.Ingrid R*** zum vorläufigen Beistand bestellt. Mit Beschluß vom 16.10.1984 (ON 20) bestellte das Erstgericht Dr.Ingrid R*** zum einstweiligen Sachwalter der Betroffenen zu deren Vertretung im Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters und überhaupt zu ihrer Vertretung vor den Gerichten und bei Verwaltungsbehörden. Zur Begründung seiner trotz
Art.X Z.4 SachwalterG getroffenen Verfügung führte es unter anderem aus, die Betroffene habe den Beschluß über die Bestellung des vorläufigen Beistandes angefochten, so daß er nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Dieser Beschluß wurde der Betroffenen am 8.11.1984 zugestellt. Ihrem gegen den Beschluß ON 10 erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge (ON 37); den dagegen von ihr ergriffenen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof zurück (ON 49).
Nach Rechtsbelehrung durch den Erstrichter brachte die Betroffene eine von ihr als Verbesserungsschriftsatz zu ihrem Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 37 bezeichnete Eingabe ein, die am 25.10.1985 beim Erstgericht einlangte (und nach dem nur teilweise leserlichen Poststempel frühestens am 20.10.1985 zur Post gegeben worden sein konnte). Die Ausführungen der Betroffenen in dieser Eingabe richten sich - soweit überhaupt erkennbar ist, welche Erledigung die Betroffene anstrebt - auch gegen den Beschluß ON 20, weshalb das Erstgericht diese Eingabe auch als Rechtsmittel gegen diesen Beschluß vorlegte.
Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs zurück. Die vierzehntägige Frist zur Bekämpfung des Beschlusses ON 20 sei bei Einbringung des Rechtsmittels längst verstrichen gewesen. Zwar gelange § 11 Abs2 AußStrG auch im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters zur Anwendung, doch sei als Dritter im Sinne dieser Gesetzesstelle auch der mit eigenem Rechtsmittelrecht ausgestattete Sachwalter zu verstehen, dessen gesamte verfahrensrechtliche Stellung hiedurch berührt werde. Im übrigen gelte der vorläufige Beistand gemäß Art. X Z.4 SachwalterG als einstweiliger Verwalter. Den Beschluß, mit dem das Erstgericht Dr.Ingrid R*** zum vorläufigen Beistand bestellt habe (ON 10), sei vom Rekursgericht bereits bestätigt worden. Da insoweit keine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten sei, ermangle das Rechtsmittel aller Beschwerdepunkte. In der Sache selbst könnte dem Rekurs deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes - wie schon im Beschluß ON 37 ausgeführt - für die Rekurswerberin ein Sachwalter bestellt werden müsse.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß von der Betroffenen erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Dem Rekursgericht kann zwar darin nicht beigepflichtet werden, daß im erstinstanzlichen Verfahren das Übergangsrecht des Art. X Z.4 SachwalterG wirksam wurde; das Erstgericht hat nämlich mit Beschluß ON 20 den vorläufigen Beistand zum einstweiligen Sachwalter bestellt und somit selbst den Beschluß ON 10 durch einen anderen ersetzt (vgl ON 49). Es trifft auch entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht zu, daß der einstweilige Sachwalter als Dritter im Sinne des § 11 Abs2 AußStrG anzusehen ist; der Oberste Gerichtshof hat vielmehr bereits ausgesprochen, daß der Sachwalter durch die Bestellung keine Rechte erworben hat, in welche eingegriffen werden könnte, weil er nicht im eigenen Interesse, sondern nur in jenem des Betroffenen tätig zu werden hat (2 Ob 625/84; 1 Ob 542/82). Hat jedoch das Rekursgericht seiner Entscheidung, mit der es den Rekurs als verspätet bzw. mangels Beschwer zurückgewiesen hat, hilfsweise eine meritorisch bestätigende Begründung beigefügt, so kann über den (Revisions-)Rekurs, wenn die Zurückweisung wegen Verspätung (bzw.mangelnder Beschwer) unberechtigt war, im Sinne des § 16 AußStrG, der auch im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters anzuwenden ist, entschieden werden (5 Ob 17/80; 6 Ob 28/66). Da weder eine offenbare Aktenwidrigkeit noch eine Nichtigkeit geltend gemacht wurde und sich der letztere Beschwerdegrund auch der Aktenlage nicht entnehmen läßt, bleibt nur zu prüfen, ob die Auffassung des Rekursgerichtes, die Betroffene bedürfe wegen des Verdachts, daß sie geisteskrank sei, in dem deshalb einzuleitenden Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters eines einstweiligen Sachwalters, offenbar gesetzwidrig ist. Die Frage, ob begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für die Betroffene vorliegen und ob es das Wohl derselben erfordere, daß ihr das Gericht zur Besorgung sonstiger dringender Angelegenheiten für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Sachwalter bestellt, ist im Gesetz im einzelnen nicht geregelt; es kann daher nicht gesagt werden, daß im vorliegenden Fall an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann und trotzdem anders entschieden wurde, nur unter dieser Voraussetzung könnte der erwähnte Anfechtungsgrund des § 16 Abs1 AußStrG gegeben sein. Der Revisionsrekurs ist deshalb zurückzuweisen.
Anmerkung
E07599European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00532.86.0305.000Dokumentnummer
JJT_19860305_OGH0002_0010OB00532_8600000_000