TE OGH 1986/3/5 3Ob524/86

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Veröffentlicht am 05.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Rudolf D***, Hauseigentümer, Linke Gasse 11/4, 2351 Wiener Neudorf, und 2. Monika D***, Hauseigentümerin, Linke Gasse 11/4, 2351 Wiener Neudorf, beide vertreten durch Dr. Walter Böhm, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Gertrude K***, Angestellte, Thaliastraße 149/1/34, 1160 Wien, 2. Hannelore M***, Hauseigentümerin, Füchselhofgasse 6/19, 1120 Wien, beide vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien,

3. W*** Gesellschaft m.b.H., Triester Straße 5, 2351 Wiener Neudorf, vertreten durch Dr. Hartmut Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ersatz der Prozeßkosten, infolge Rekurses der erstbeklagten und zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 29. November 1985, GZ 13 R 268/85-29, womit ihr Kostenrekurs gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28. August 1985, GZ 18 Cg 400/83-24, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kläger überreichten am 20. Dezember 1983 die gegen die Beklagten gerichtete Klage mit dem mit 50.000 S bewerteten Begehren auf Unterlassung bestimmter Immissionen auf das Nachbargrundstück der Kläger. Nach Zugang der Klagebeantwortungen überreichten die Kläger beim Prozeßgericht am 3. Februar 1984 einen vorbereitenden Schriftsatz, in welchem sie "zur Klagebeantwortung der erst- und zweitbeklagten Parteien" erklärten, sie schränkten das Klagebegehren "im Hinblick auf den am 9.1.1984 festgestellten Zustand auf Kostenersatz ein".

Daß dieser Schriftsatz in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vorgetragen oder sonst die Einschränkung des Begehrens auf den Ersatz der Prozeßkosten erklärt wurde, ist den Verhandlungsprotokollen nicht zu entnehmen. In Protokollen wie Beschlüssen ist der Streitgegenstand weiter durch Verweisung auf die Klagsschrift oder sonst mit "Unterlassung, Streitwert S 50.000,-" oder überhaupt falsch mit "S 50.000,-" bezeichnet (ON 6 AS 25, AS 27; ON 12 AS 41, AS 43; ON 16; ON 23 AS 83, AS 91). In dem nach § 415 ZPO gefällten Urteil ging das Erstgericht davon aus, daß die Kläger ihr Begehren in der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung auf Kostenersatz eingeschränkt hatten (in diesem Sinn erging auch der Beweisbeschluß AS 28). Es entschied daher nur über den Ersatz der Prozeßkosten und verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand, den Klägern die Kosten dieses Rechtsstreites zu ersetzen.

Die Ausfertigung dieses Urteils wurde dem Rechtsvertreter der Kläger am 11. September 1985 und den Rechtsvertretern der Beklagten am 10. September 1985 zugestellt.

Am 8.Oktober 1985 gaben die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte einen als Berufung bezeichneten Schriftsatz zur Post. Sie erklärten, "das Urteil seinem gesamten Umfange nach wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Kostenbestimmung anzufechten" und beantragten, das Urteil dahin abzuändern, daß "das Klagebegehren abgewiesen und den Klägern der Ersatz der Prozeßkosten auferlegt werde", wobei sie vorbrachten, die in dem Schriftsatz ON 4 von den Klägern erklärte Einschränkung des Begehrens sei nicht wirksam geworden, weil ein Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung unterblieben sei. Das Erstgericht habe festgestellt, daß nun keine Immissionen mehr drohen. Da das Unterlassungsbegehren nicht auf Kostenersatz eingeschränkt wurde, sei schon deshalb der Anspruch nicht gegeben und das Klagebegehren abzuweisen.

Das Gericht zweiter Instanz wies das Rechtsmittel der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten zurück. Es meinte, es liege ein Kostenrekurs vor, weil die Kläger mit dem am 3. Februar 1984 überreichten Schriftsatz ON 4 ihr Begehren auf Kosten eingeschränkt hätten und das Erstgericht im Sinne der herrschenden Ansicht im Urteil allein über das aufrechte Kostenersatzbegehren entschieden habe. Das Urteil habe daher nur mittels Rekurs bekämpft werden können. Das Rechtsmittel der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten sei verspätet, weil die Rekursfrist schon am 24.September 1985 abgelaufen sei, aber auch unzulässig, weil durch § 517 ZPO ein Rekurs gegen die Kostenentscheidung überhaupt ausgeschlossen werde. Der Wert des Streitgegenstandes sei mit der Einschränkung auf Kostenersatz auf Null gesunken und übersteige nicht 15.000 S, weil die Nebenforderungen nach § 54 Abs 2 JN bei der Wertberechnung unberücksichtigt bleiben.

Diesen Beschluß bekämpfen Erst- und Zweitbeklagte mit Rekurs. Sie beantragen, den Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung in der Sache aufzutragen. Die Einschränkung sei nie wirksam erfolgt, Streitgegenstand sei immer noch das Begehren auf Unterlassung der Immissionen, das die Kläger mit 50.000 S bewertet hätten. Die Kläger hätten sich wegen der Nichterledigung des Sachantrages durch das Erstgericht statt für den Antrag auf Ergänzung des Urteils für die ihnen offen stehende Berufung nach § 496 Abs 1 Z 1 ZPO entschieden, das angerufene Berufungsgericht habe die Berufung aus formellen Gründen zurückgewiesen, ohne in die Prüfung der Sache einzugehen (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus den folgenden Erwägungen nicht zulässig:

Nach § 528 Abs 1 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig, soweit sie über den Kostenpunkt (Z 2) oder über einen 15.000 S an Geldeswert nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand (Z 5) ergehen.

Eine Entscheidung über den Kostenpunkt liegt auch vor, wenn das Gericht zweiter Instanz eine meritorische Erledigung eines Rechtsmittels gegen die Kostenersatzentscheidung ablehnt. Hat das Erstgericht die in der Verhandlungstagsatzung vorgenommene Beschränkung des Klagebegehrens auf Kostenersatz (§ 235 Abs 4 ZPO) nur nicht im Verhandlungsprotokoll festgehalten, worauf die Ausführung im Urteil des Erstgerichtes, die Einschränkung sei "in der ersten mündlichen Streitverhandlung" erfolgt, deutet - der Gegenbeweis auf Unvollständigkeit des Verhandlungsprotokolls ist ungeachtet der Bestimmung des § 215 Abs 1 ZPO wegen Nichtbeurkundung abgegebener Erklärungen nach § 292 Abs 2 ZPO zulässig (Fasching, ZPR, Rz 633; EvBl 1964/231; ZBl. 1930/331) -, so hatte schon das Gericht zweiter Instanz nur mehr über einen 15.000 S an Geldeswert nicht übersteigenden Streitgegenstand zu entscheiden. Das Unterlassungsbegehren wäre durch die Beschränkung weggefallen und die Nebenforderung an Kosten bleibt nach § 54 Abs 2 JN bei der Wertberechnung unberücksichtigt. War das Gericht zweiter Instanz jedoch wegen Unwirksamkeit der Klagseinschränkung (vgl. hiezu EvBl 1982/141) angerufen, auch in der Hauptsache zu entscheiden, muß jedenfalls davon ausgegangen werden, daß der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag bestand. Es hätte daher des Ausspruches bedurft, ob der Wert des Streitgegenstandes, über den das Gericht zweiter Instanz entschieden hat, 15.000 S übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz ist in dem nun angefochtenen Beschluß davon ausgegangen, daß das ursprünglich erhobene Begehren wirksam im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO durch Zurücknahme des Begehrens in der Hauptsache auf den Kostenersatzanspruch beschränkt wurde. Es konnte, von dieser Annahme ausgehend, keinen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO, § 527 Abs 1 Satz 2 und § 526 Abs 3 ZPO in seinen Zurückweisungsbeschluß aufnehmen, weil schon die Zurückweisung darauf gegründet war, daß der Streitgegenstand an Geldeswert nicht den Betrag von 15.000 S übersteigt (§ 517 ZPO Einleitungssatz). Diese Bewertung kann, weil zwingende Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN nicht verletzt wurden und bei Beurteilung der Anfechtbarkeit der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz die Geldsumme nicht maßgebend ist, die von den Klägern als Wert des Streitgegenstandes angegeben wurde, vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden (JBl. 1985, 113, vgl. auch EvBl 1955/221). Die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO verhindert daher, daß auf das Rekursvorbringen sachlich eingegangen werden kann, auch soweit die Rechtsmittelwerber sich nicht gegen die schon nach § 528 Abs 1 Z 2 ZPO unanfechtbare Entscheidung im Kostenpunkt sondern deren Verweigerung in der Hauptsache wenden, weil sie meinen, daß diese weiter Gegenstand des Verfahrens sei. Das unzulässige Rechtsmittel ist zurückzuweisen.

Anmerkung

E07621

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00524.86.0305.000

Dokumentnummer

JJT_19860305_OGH0002_0030OB00524_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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