TE OGH 1986/3/6 12Os195/85

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Veröffentlicht am 06.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, HONProf. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gruber als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jakob P*** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mord nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Feldkirch vom 31.Oktober 1985, GZ 16 Vr 2442/84-88, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Stieldorf, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über sein Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 24-jährige Jakob P*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen (zu I/) des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mord nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB und (zu II/) des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Zu Punkt I/ des Urteilssatzes liegt ihm zur Last, in der Zeit von Anfang Jänner (1984) bis 17.Feber 1984 in Fußach und anderen nahegelegenen Orten Vorarlbergs versucht zu haben, Roland M*** durch wiederholte eindringliche Aufforderungen und Anleitungen sowie durch die Erklärung, daß sie beide 50.000 bis 100.000 S erhalten werden und er (Roland M***) im Weigerungsfall Standgeld für seine Prostituierte bezahlen müsse, dazu zu bestimmen, Josef P*** und mehrere weitere in dessen Wohnzimmer anwesende, namentlich nicht genannte Personen mit einer Handgranate vorsätzlich zu töten. Die Geschwornen hatten diesbezüglich die ihnen gestellte anklagekonforme Hauptfrage I/ im Verhältnis von 5 Ja- gegen 3 Nein-Stimmen bejaht. Nur diesen Punkt des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 6, 8 und 11 lit a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Schwurgerichtshof - entgegen seinem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag - keine Zusatzfrage in Richtung strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch in das Fragenschema aufgenommen hat, wiewohl eine solche indiziert gewesen sei, weil auch nach dem 17.Feber 1984 Kontakte zwischen dem Angeklagten und Roland M*** stattgefunden hätten, bei denen es aber weder zu weiteren "Aufforderungshandlungen" noch zu der in Aussicht gestellten Übergabe einer Handgranate gekommen sei.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Stellung einer Zusatzfrage (§ 313 StPO) an die Geschwornen ist, daß in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden. Von einem Vorbringen derartiger Tatsachen kann aber nur dann gesprochen werden, wenn in der Verantwortung des Angeklagten oder im Ergebnis des in der Hauptverhandlung abgeführten Beweisverfahrens Umstände konkretisiert wurden, die, wenn sie zutreffen, die Annahme eines Straflosigkeitsgrundes in den näheren Bereich der Möglichkeit rücken (ÖJZ-LSK 1978/139 = EvBl 1978/119; ÖJZ-LSK 1980/182 = SSt 51/29 ua). Grundlage einer Zusatzfrage können stets nur konkrete Beweisergebnisse, nicht aber bloß abstrakt denkbare Möglichkeiten sein (ÖJZ-LSK 1984/100). Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet das, daß die reklamierte Zusatzfrage nach (freiwilligem) Rücktritt vom (Bestimmungs-)Versuch dann zu stellen gewesen wäre, wenn in der Hauptverhandlung ein solches Maß konkreter Tatsachen vorgebracht wurde, daß darin der in Rede stehende Strafaufhebungsgrund volle Deckung findet (vgl. KH 3063 ua). Dies traf indes - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - nicht zu. Denn in der Hauptverhandlung haben sich - wie der Schwurgerichtshof zutreffend erkannte - keine (konkreten) Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Angeklagte aus eigenem Antritt (freiwillig) von seinem Vorhaben, Roland M*** zur Begehung eines Mordes zu bestimmen, Abstand genommen hat: Der Angeklagte stellte überhaupt in Abrede, jemals versucht zu haben, Roland M*** zum Mord an Josef P*** und weiteren Personen zu verleiten (S 619 ff); Roland M*** hinwieder gab an, daß er auf das immer drängender werdende Ansinnen des Angeklagten "hinhaltend" reagiert, jedoch niemals beabsichtigt habe, den ihm angesonnenen Mordanschlag tatsächlich auszuführen; nach der Flucht des Angeklagten in die Schweiz (am 17.Feber 1984) habe dieser ungeachtet weiterer loser "Kontakte" (vgl. S 623, 628) "nichts mehr getan" (S 627). Dieser Darstellung zufolge nahm der Angeklagte daher wegen seiner Flucht ins Ausland, sohin auf Grund äußerer Umstände, von weiteren Einwirkungen auf Roland M*** Abstand, nicht aber auf Grund eines auf inneren Erwägungen beruhenden, eigenständigen Willensentschlusses.

Angesichts dieser Ergebnisse der Hauptverhandlung mangelt es an einem tatsächlichen Vorbringen, das die Annahme eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch, Roland M*** zum Mord zu bestimmen, zumindest für möglich erscheinen läßt, sodaß die reklamierte Zusatzfrage nicht indiziert war. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Es versagt aber auch der weitere Beschwerdeeinwand, mit welchem eine einer Unrichtigkeit gleichkommende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung (Z 8) mit der Begründung releviert wird, den Geschwornen sei der Unterschied zwischen (strafbarer) versuchter Bestimmung und deren (strafloser) Vorbereitung nicht hinreichend erläutert worden, zumal es der Schwurgerichtshof unterlassen habe, "eine Konkretisierung vorzunehmen, wann eine bestimmungsnahe Handlung vorliege". Denn der Beschwerdeführer übergeht dabei die rechtsrichtigen (vgl. SSt 47/15 sowie Kienapfel AT E 6 RN 9 ff, 23 ff mwN) und auch für Laien verständlichen Darlegungen in der schriftlichen Rechtsbelehrung (S 680 ff), insbesondere dahin, daß die auch für den Bestimmungsversuch vorausgesetzte "Ausführungsnähe" nicht an "der Nähe zur Tat, sondern an der Nähe zur Bestimmung eines anderen zur Tat" zu messen (S 681) und Bestimmungsversuch dann anzunehmen ist, "wenn das Verhalten des Bestimmenden nach seiner Vorstellung (zu ergänzen: sich) bereits als Bestimmungshandlung darstellt oder dieser doch entsprechend dem konkreten Tatplan unmittelbar vorangeht" (S 682). Welcher weiteren "Konkretisierung" es angesichts der in der Rechtsbelehrung darüber hinaus enthaltenen Aufzählung der "Fälle der versuchten und strafbaren Bestimmung" (S 681) noch bedurft hätte, bleibt unerfindlich. Sollte der Beschwerdeführer jedoch bei seinem bezüglichen Einwand eine Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Falles im Auge haben, so übersieht er, daß in der schriftlichen Rechtsbelehrung auf den konkreten Sachverhalt nicht Bezug genommen werden darf (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 18,19 zu § 345 Z 8). Die Rechtsrüge (Z 11 lit a) schließlich entbehrt der prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie nicht vom Wahrspruch der Geschwornen ausgeht, sondern wahrspruchsfremd unterstellt, der Angeklagte habe lediglich (straflose) Vorbereitungshandlungen unternommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist damit zur Gänze unbegründet, weshalb sie zu verwerfen war.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie die Vorstrafen des Angeklagten, als mildernd hingegen, daß beide Straftaten beim Versuch geblieben sind und daß der Angeklagte "beim Verbrechen des Mordes nur Bestimmungstäter war". Nachdem der Angeklagte seine Berufung im Gerichtstag zurückgezogen hat, war nur mehr über die Berufung der Anklagebehörde zu entscheiden, die mit ihrem Rechtsmittel die Verhängung einer höheren Strafe anstrebt.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Staatsanwaltschaft ist zwar einzuräumen, daß eine Tatbegehung als Bestimmungstäter - entgegen der Auffassung des Erstgerichts - keinen Milderungsgrund darstellt; die Verführung eines anderen zu einer strafbaren Handlung wirkt vielmehr grundsätzlich erschwerend (§ 33 Z 3 StGB). Auch wenn daher die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe in diesem Sinn (zu Lasten des Angeklagten) zu korrigieren sind, so ändert dies nichts daran, daß die in erster Instanz ausgesprochene Strafe auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs der Schuld des Angeklagten und dem Unwert seiner Straftaten angemessen ist, weshalb der Berufung der Anklagebehörde im Ergebnis kein Erfolg beschieden sein kann. Es war demnach insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E07690

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00195.85.0306.000

Dokumentnummer

JJT_19860306_OGH0002_0120OS00195_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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