Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kießwetter, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Huber als Schriftführers in der Strafsache gegen Markus F*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. a.F. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 22.Juli 1985, GZ. 21 a Vr 538/84-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Der am 4.Juni 1962 geborene Markus F*** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. a.F. schuldig erkannt. Darnach hat er in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem bereits rechtskräftig abgeurteilten Mittäter Harald Rainer K*** am 2. Jänner 1982 den bestehenden Vorschriften zuwider 500 Gramm Cannabisharz, somit in solchen Mengen Suchtgift nach Österreich eingeführt und in der Folge durch Verkauf von 200 Gramm an unbekannte Personen in Salzburg und anderen Orten in Verkehr gesetzt, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Da der im Rahmen umfangreicher Erhebungen der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg gegen Suchtgiftkonsumenten und -händler erst im Jänner 1984 in den Verdacht des dem Schuldspruch zugrundeliegenden strafbaren Verhaltens geratene Beschwerdeführer leugnete und nur zugab, mit dem mitangeklagten Harald Rainer K*** und dessen Freundin Marianne R*** den Jahreswechsel 1981/1982 in Neapel verbracht und dort zwei- oder dreimal Haschisch geraucht zu haben, gründete das Gericht den Schuldspruch auf die voll geständige Verantwortung des Mittäters K***. Es verwies bei Abwägung der Glaubwürdigkeit der beiden Angeklagten auf die im Zug des Verfahrens gleichbleibenden Angaben des K***, dessen Beteuerung, er habe "reinen Tisch" machen wollen, auch in der Aussage der Zeugin R*** und im Gutachten des Sachverständigen, wonach K*** nur vorübergehende Drogenkontakte hatte, eine Bestätigung fand (S. 179, 180).
Rechtliche Beurteilung
Wenn nun die Mängelrüge (Z. 5) breit darzulegen versucht, daß sich aus dem Sachverständigengutachten (ON. 22) bedenkliche Charaktereigenschaften K***, wie neurotische Persönlichkeitsmerkmale und Verstimmbarkeit, ergäben und sämtliche von ihm genannten Abnehmer dessen Beschuldigung bestritten, weshalb der Verantwortung dieses Mittäters (zumindest im Zweifel) nicht das Gewicht zukäme, die leugnende Verantwortung F*** zu widerlegen, bekämpft sie unverblümt und ausschließlich die unanfechtbare Beweiswürdigung des Schöffensenats. Die Tatrichter haben sich nämlich mit den genannten Beweismitteln - wie erwähnt - auseinandergesetzt und trotzdem mit durchaus denkrichtiger Begründung dem Angeklagten K*** volle Glaubwürdigkeit zugebilligt. Die einzeln herausgegriffene und als vollkommen unbegründet gerügte Konstatierung, wonach F*** die ihm zugeteilten 200 Gramm Cannabisharz an unbekannte Abnehmer weiterverkauft hat (S. 179), findet aber in dieser Feststellungsgrundlage ebenfalls Deckung. Die Beschwerde verkennt nämlich das Wesen der freien Beweiswürdigung, wenn sie anklingen läßt, daß es zur Feststellung des Weiterverkaufs einer entsprechenden Aussage bedürfte. Vielmehr sind die Richter ermächtigt und auch verpflichtet, einen als erwiesen angenommenen Vorgang aus den vorliegenden Beweisergebnissen, notorischen Tatsachen und allgemeinen Erfahrungssätzen denkrichtig zu erschließen (§ 258 Abs. 2 StPO.), wobei nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zulässig sind (SSt. 45/23, 13 Os 196/85 u.v.a.). Diesem Erfordernis entspricht aber der aus den Einlassungen K*** (S. 17 in Verbindung mit S. 171) festgestellte Vorsatz beider Täter, in Italien Suchtgift zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs in Österreich anzukaufen, und auch der aus der (nach dem Gelingen des illegalen Imports tatsächlich vorgenommenen) Aufteilung des eingeschmuggelten Cannabisharzes auf beide zum Weiterverkauf entschlossenen Komplizen gezogene Schluß, daß nicht nur K*** an die von ihm genannten Abnehmer, sondern auch F*** an K*** nicht bekannt gewordene Geschäftspartner Suchtgift weiterverkauft hat. Ein auf Beschaffung des Eigenbedarfs durch F*** hindeutendes Verhandlungsergebnis ist weder dem Akt zu entnehmen, noch zeigt die Beschwerde ein solches auf. Formelle Begründungsmängel im Rang eines Nichtigkeitsgrunds werden somit in Wahrheit nicht behauptet.
Soweit die Rechtsrüge durch Zitierung der Z. 9 des § 281 Abs. 1 StPO. einen Freispruch mangels erwiesener Täterschaft im Auge zu haben scheint, ist sie auf diese mängelfreien Feststellungen zu verweisen. Soweit aber unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. mit der Behauptung, die subjektiven Tatbestandserfordernisse des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. a.F. seien nicht festgestellt, auf eine Subsumtion nach § 16 SuchtgiftG. abgezielt wird, mißachtet die Beschwerde ebenfalls diese (auch zum Gefährdungsvorsatz) getroffenen Konstatierungen. Demnach war den einschlägig erfahrenen Angeklagten bewußt, daß sie durch die Einfuhr und das Inverkehrsetzen einer die Grenzmenge überschreitenden Suchtgiftmenge eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines größeren Personenkreises herbeiführen und nicht mehr in der Lage waren, diese Gefahr beliebig zu begrenzen (S. 179). Damit zeigt sich, daß die Beschwerde auch soweit sie materielle Nichtigkeitsgründe behauptet einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung entbehrt.
Die Beschwerde war daher insgesamt als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die Zuleitung der Akten zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch erhobene Berufung an den Gerichtshof zweiter Instanz beruht darauf, daß eine die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung (§ 296 StPO.) begründende Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde entfällt (RZ. 1970, S. 17, 18; 1973, S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a.).
Anmerkung
E07705European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00033.86.0306.000Dokumentnummer
JJT_19860306_OGH0002_0130OS00033_8600000_000