TE OGH 1986/3/17 1Ob536/86

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Veröffentlicht am 17.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** L*** V*** O***, Linz,

Auf der Gugl 3, vertreten durch Dr.Eckhard Pitzl, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Z-EXPORT- UND H*** Gesellschaft mbH, Wien 1., Operngasse 6, vertreten durch Dr.Hans Frieders, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2,720.000 S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28.November 1985, GZ 2 R 209/85-16, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20. Juni 1985, GZ 18 Cg 64/84-10, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in vollem Umfang wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 47.185,85 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (hievon 3.562,35 S Umsatzsteuer und 8.000 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Otto M*** betreibt den Viehhandel. Er stand mit dem klagenden Verband derart in Geschäftsverbindung, daß er über ihn von seinen Mitgliedern Schweine ankaufte, um sie weiterzuveräußern. Der Kaufpreis wurde von Otto M*** der klagenden Partei bezahlt, die dann die Verrechnung mit ihren Mitgliedern vornahm. Als Otto M*** Mitte 1983 in Zahlungsschwierigkeiten geriet, verlangte die klagende Partei von ihm als Voraussetzung für die weitere Belieferung mit Schweinen die Beibringung einer Bankbestätigung über die zu erwartende Überweisung des Preises der gekauften Schweine. Otto M*** stand damals mit der G*** Z***

AG in Geschäftsverbindung. Über Verlangen des Otto M*** richtete die G*** Z*** AG jeweils

Fernschreiben an die Bankverbindung der klagenden Partei, die R***, in denen das Vorliegen eines

unwiderruflichen Überweisungsauftrages bestätigt wurde; der Geschäftsführer der klagenden Partei Dr.Josef M*** faßte diese Auftragsbestätigungen als Bankgarantien auf; sie wurden von der G*** Z*** AG auch als solche behandelt. Der Inhalt der Auftragsbestätigung der G*** Z***

AG war der klagenden Partei nicht bekannt. Im November 1983 erreichten die offenen Verbindlichkeiten des Otto M*** gegenüber der klagenden Partei den Betrag von mehr als 8,8 Mio. S. Die klagende Partei hielt in einem an Otto M*** gerichteten Schreiben vom 15.November 1983 (Blg. V) fest, daß sich dieser bereit erklärt habe, ab Jänner 1984 neben den laufenden Zinsen monatlich eine Kapitalabstattungsrate von 100.000 S und ab Jänner 1985 eine solche von 150.000 S zu bezahlen, der klagenden Partei Sicherheiten einzuräumen und zur Vereinfachung des Geschäftsverkehrs eine Bankgarantie beizubringen, die den laufenden wöchentlichen Umsatz garantiere, so daß sich die bisherige Praxis der Einholung von Bankzusagen für einzelne Lieferungen erübrige und eine reibungslose Abwicklung der Käufe gewährleistet sei. Etwa zur selben Zeit trat Otto M*** mit der beklagten Bank in Geschäftsverbindung. Die beklagte Partei räumte ihm am 1.Dezember 1983 einen Kontokorrentkredit bis zum Betrag von 500.000 S ein. Zur Sicherstellung verpfändete Otto M*** zwei Sparbücher mit einem Einlagestand von insgesamt 494.759,17 S. In der Folge erklärte sich die beklagte Partei damit einverstanden, daß Otto M*** den Kredit um 500.000 S überzieht. Am 28.November 1983 teilte Otto M*** der klagenden Partei mit, daß er nunmehr mit der beklagten Partei in Geschäftsverbindung stehe und die klagende Partei künftig Überweisungszusagen von der beklagten Partei erhalten werde. Am selben Tag erhielt die klagende Partei eine telefonische Zusage der beklagten Partei in Ansehung der am 1.Dezember 1983 durchzuführenden Überweisung eines bestimmten Betrages. Dr.Josef M*** erklärte Otto M***, eine telefonische Mitteilung genüge ihm nicht, die Bestätigung müsse fernschriftlich erfolgen. Dr.Josef M*** sprach noch am selben Tag mit Alfred S***, einem Angestellten der beklagten Partei, und verlangte von ihm fernschriftliche Bestätigungen der von der beklagten Partei für Rechnung des Otto M*** an die klagende Partei durchzuführenden Überweisungen. Der Text der Fernschreiben wurde bei diesem Telefongespräch einvernehmlich festgelegt. Auf Grund dieser Vereinbarung richtete die beklagte Partei an die klagende Partei eine Reihe von Fernschreiben, in welchen die Überweisung bestimmter Beträge angekündigt wurde. Die Fernschreiben hatten nicht immer denselben Wortlaut, in allen diesen Fernschreiben hieß es: "Bestätigen wir Ihnen per .... den Überweisungsbetrag von S....". In den Fernschreiben wurde auf die telefonische Vereinbarung zwischen Dr.Josef M*** und Alfred S*** Bezug genommen, nur im Fernschreiben vom 28.März 1984 betreffend eine Überweisung von 600.000 S unterblieb dieser Hinweis. Den fernschriftlichen (bzw. telefonischen) Bestätigungen der beklagten Partei ging jeweils eine Mitteilung des Otto M*** an die klagende Partei voraus, in welchem er bekanntgab, daß die beklagte Partei auf Grund seines Auftrages die Überweisung eines bestimmten Betrages bestätigen werde. Die Fernschreiben der beklagten Partei ergingen jeweils am Tage des von Otto M*** der beklagten Partei erteilten Auftrages, jedoch ohne Rücksicht darauf, ob Deckung auf dem Konto des Otto M*** vorhanden war oder nicht. Falls erforderlich mußte Otto M*** in der Zeit zwischen der Erteilung und der Ausführung des Überweisungsauftrages für Deckung sorgen. Es ist nicht erweislich, daß dies der klagenden Partei bekannt gewesen wäre. Die Fernschreiben der beklagten Partei wurden über Weisung des Alfred S***, der bei der beklagten Partei als provisorischer Abteilungsleiter der S*** tätig ist, abgefertigt;

Alfred S*** ist nicht vertretungs- und zeichnungsberechtigt. In der Zeit von Dezember 1983 bis März 1984 erhielt die klagende Partei laufend die von der beklagten Partei zugesagten Beträge; es handelt sich dabei um Beträge in der Höhe von ca. 31 Mio. S. Am 5. März 1984 wurde der klagenden Partei mitgeteilt, daß der Fernschreiber der beklagten Partei außer Betrieb sei und die nächsten Bestätigungen daher nur telefonisch erfolgen könnten, womit Dr.Josef M*** einverstanden war. In der Zeit zwischen dem 5. und 21. März 1984 erhielt die klagende Partei elf telefonische Bestätigungen über von der beklagten Partei zu überweisende Beträge; diese Beträge sind auch tatsächlich überwiesen worden. Die beklagte Partei erhielt folgende weitere Auftragsbestätigungen:

Datum der Auf-    Datum der vorge-       Betrag

tragsbestätigung  sehenen Überweisung

23.3.1984          3.4.1984              S 1,000.000,--

26.3.1984          4.4.1984              S   720.000,--

27.3.1984          4.4.1984              S   400.000,--

28.3.1984          4.4.1984              S   600.000,--

2.4.1984           4.4.1984              S   450.000,--

Die Auftragsbestätigungen erfolgten telefonisch, die Bestätigungen in Ansehung der Teilbeträge über 600.000 S und 450.000 S wurden am 28.März und 2.April 1984 fernschriftlich bestätigt. Das Fernschreiben vom 28.März 1984 hat folgenden Wortlaut: "Wir bestätigen Ihnen den Überweisungsbetrag von S 600.000 per 4.4.1984. Auftraggeber Otto M***". Im zweiten Fernschreiben heißt es: "Im Sinne unserer Vereinbarungen bestätigen wir Ihnen den Überweisungsbetrag von S 450.000 per 6.4.1984 zugunsten VLV Linz". Die in der Zeit vom 23.3.1984 bis 2.4.1984 bestätigten Überweisungen im Gesamtbetrag von S 3,170.000 wurden von der beklagten Partei mangels Deckung auf dem Konto des Otto M*** nicht effektuiert. Als Dr.Josef M*** am 2.4.1984 die Bestätigung der beklagten Partei in Ansehung des am 4.4.1984 zu überweisenden Betrages von 450.000 S bei der beklagten Partei urgierte und dabei von einer garantierten Überweisung sprach, erklärte ihm Alfred S***, daß es sich bei den Mitteilungen der beklagten Partei lediglich um die Bekanntgabe des Vorliegens eines Überweisungsauftrages handle, nicht aber um eine Garantie bzw. um die Mitteilung einer unwiderruflichen Überweisung. Wenn Dr.Josef M*** eine solche wünsche, müßte die Vereinbarung zwischen der beklagten Partei und Otto M*** geändert werden. Am selben Tag unterfertigte Otto M*** auf Ersuchen des Alfred S*** einen Aktenvermerk folgenden Wortlauts:

"Auf Grund meines Telefonats mit Herrn Dr.M*** wird Herrn M*** von mir nochmals zur Sache VLV befragt und bestätigt, daß er niemals eine Garantieerklärung bzw. unwiderrufliche Überweisungen zugunsten der VLV von uns verlangt hat. Die gegebenen Fernschreiben waren und sind lediglich als Bestätigung für das Vorliegen von Überweisungsaufträgen bestimmt." Hiebei erklärte Alfred S***, er brauche die Unterschrift des Otto M*** auf diesem Schriftstück, "damit er aus dem Schneider sei". Über das Vermögen des Otto M*** wurde das Ausgleichsverfahren eröffnet.

Die klagende Partei begehrte den Betrag von 3,170.000 S s.A. und brachte vor, sie habe die Geschäftsabschlüsse mit Otto M*** von einer jeweils beizubringenden Bankzusage über die Bezahlung des voraussichtlichen Kaufpreises abhängig gemacht. Der Geschäftsführer der klagenden Partei habe mit der beklagten Partei Rücksprache genommen und dabei zum Ausdruck gebracht, daß er auf einer fernschriftlichen Bestätigung des Überweisungsbetrages bestehen müsse, weil die Schweinelieferungen an Otto M*** nur dann erfolgen könnten, wenn das Einlangen des Kaufpreises durch die Bank garantiert werde. In der Folge seien auch laufend fernschriftliche Überweisungsbestätigungen der beklagten Partei eingelangt. Die telefonisch bzw. fernschriftlich bestätigten Überweisungen von insgesamt 3,170.000 Mio. S seien nicht ausgeführt worden. Die beklagte Partei habe dies damit begründet, daß Deckung auf dem Konto des Otto M*** nicht vorhanden gewesen sei. Sie habe sich auf den Standpunkt gestellt, daß eine Garantie der Überweisungen nicht gegeben worden sei. Die beklagte Partei hafte auf Grund ihrer Zusage für die Überweisung der Beträge; hilfsweise sei die Haftung der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes gegeben, weil ihr bekannt gewesen sei, daß auf Grund ihrer Bestätigungen Leistungen an Otto M*** erfolgten.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Otto M*** habe am 30.November 1983 bei ihr ein Konto eröffnet und mitgeteilt, daß er in Geschäftsbeziehung mit der klagenden Partei stehe. Er habe ersucht, Überweisungsaufträge zugunsten der klagenden Partei schriftlich zu bestätigen. Diese Vorgangsweise sei auch zwischen Dr.Josef M***, dem Geschäftsführer der klagenden Partei, und dem Mitarbeiter der beklagten Partei Alfred S*** vereinbart worden. Die von der beklagten Partei gegebenen Bestätigungen hätten nur zum Inhalt gehabt, daß Otto M*** einen Überweisungsauftrag in bestimmter Höhe zugunsten der klagenden Partei erteilt habe. Die Durchführung des Überweisungsauftrages sei selbstverständlich davon abhängig gewesen, daß das Konto des Otto M*** die entsprechende Deckung geboten habe; eine solche Deckung sei in Ansehung der klagsgegenständlichen Überweisungsaufträge nicht gegeben gewesen. Eine Garantie habe die beklagte Partei niemals übernommen; Alfred S*** wäre zur Abgabe einer Garantieerklärung auch nicht legitimiert gewesen. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 2,720.000 S s.A. zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zuspruch von weiteren 450.000 S s.A. wies es ab. Es stellte fest: Dr.Josef M*** habe bei dem Gespräch mit Alfred S*** über die Notwendigkeit fernschriftlicher Bestätigung erteilter Überweisungsaufträge darauf hingewiesen, daß Otto M*** nur auf Grund einer solchen Bankbestätigung die von ihm gekauften Schweine ausgeliefert bekomme. Hierauf sei Alfred S*** auch in der Folge, als es zu Verzögerungen der Überweisungen gekommen sei, hingewiesen worden. Alfred S*** leite die Zweigstelle Z*** ST. M*** der beklagten Partei

vollkommen selbständig, nur er sei auf Seite der beklagten Partei über die Geschäftsverbindung informiert gewesen; Alfred S*** habe gegenüber Dr.Josef M*** in einem Telefongespräch vom 28. November 1984 erklärt, daß er in der Sache Otto M*** der Gesprächspartner sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die von der beklagten Partei der klagenden Partei übermittelten Bestätigungen könnten nicht als Bankgarantien angesehen werden, weil auf eine Verbindlichkeit des Bankkunden Otto M*** gegenüber der klagenden Partei in keiner Weise Bezug genommen worden sei. Den Bestätigungen der beklagten Partei lägen Anweisungen des Otto M*** im Sinne des § 1400 ABGB zugrunde. Mit den telefonischen bzw. fernschriftlichen Verständigungen habe die beklagte Partei die Annahme der Anweisung erklärt. Damit habe die klagende Partei einen unmittelbaren Anspruch gegen die beklagte Partei erlangt. Nach Lehre und Rechtsprechung werde im bankgeschäftlichen Überweisungsauftrag zwar keine Anweisung im Sinne des § 1400 ABGB gesehen, die Auftragsbestätigungen seien jedoch im Hinblick auf die zwischen Dr.Josef M*** und Alfred S*** mündlich getroffenen Vereinbarungen als Verpflichtungserklärung der beklagten Partei zu qualifizieren. Da Alfred S*** die Zweigstelle Z***

St. M*** der beklagten Partei vollkommen selbständig leite, habe die beklagte Partei einen äußeren Tatbestand geschaffen, aus dem die klagende Partei die Berechtigung des Alfred S***, rechtsverbindlich für die beklagte Partei zu handeln, habe ableiten können. Nur in Ansehung des Teilbetrages von 450.000 S komme dem Klagebegehren Berechtigung nicht zu, weil der klagenden Partei im Zeitpunkt der Entgegennahme des Fernschreibens der beklagten Partei vom 2.April 1984 der Standpunkt der beklagten Partei, es handle sich bei der Auftragsbestätigung um keine Verpflichtungserklärung der beklagten Partei, bekannt gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichts erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge und wies dieses Teilbegehren ab. Der Berufung der klagenden Partei gegen den abweisenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes blieb der Erfolg versagt. Die Feststellung, Alfred S*** leite die Zweigstelle Z*** der beklagten Partei selbständig, entbehre jeder aktenmäßigen Grundlage; sie könne daher nicht übernommen werden und habe ersatzlos zu entfallen. Im übrigen übernahm das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters. Alfred S*** sei für die beklagte Partei nicht vertretungs- und zeichnungsberechtigt gewesen. Dies bedeute allerdings nur, daß ihn die beklagte Partei nicht ausdrücklich bevollmächtigt habe. Eine Bevollmächtigung kraft äußeren Tatbestandes sei aber möglich. Ein solcher von der beklagten Partei geschaffener äußerer Tatbestand, auf den die klagende Partei habe vertrauen können, liege aber nicht vor. Es treffe nicht zu, daß Alfred S*** selbständiger Leiter einer Zweigstelle der beklagten Partei gewesen sei; die Benützung des Fernschreibers der beklagten Partei könne nicht als äußerer Tatbestand gewertet werden, der die Zurechnung rechtsgeschäftlicher Erklärungen an die beklagte Partei rechtfertigen würde. Auch daraus, daß die beklagte Partei vielfach nach Erteilung von Überweisungsbestätigungen tatsächlich geleistet habe, lasse sich für die klagende Partei nichts gewinnen. Vertragliche Ansprüche stünden der klagenden Partei demnach nicht zu. Aber auch ein Schadenersatzbegehren sei nicht gerechtfertigt. Die genannten Bestätigungen stellten nur eine Wissenserklärung der beklagten Partei dar, daß Otto M*** einen Überweisungsauftrag erteilt habe. Soweit die Erklärungen der beklagten Partei in dem Sinne verstanden wurden und verstanden werden konnten, daß die beklagte Partei in Zukunft entsprechende Beträge überweisen werde, handle es sich um eine Willenserklärung, die von Alfred S*** nicht mit Wirksamkeit für die beklagte Partei habe abgegeben werden können.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der klagenden Partei, die sich gegen die Abweisung des Klagebegehrens auf Zuspruch von 2,720.000 S s.A. wendet, kommt Berechtigung zu.

Mit der Eröffnung eines Girokontos für Otto M*** hat die beklagte Partei mit Otto M*** einen Girovertrag abgeschlossen, worunter in Lehre und Rechtsprechung eine Vereinbarung verstanden wird, in der sich ein Kreditinstitut dei der Eröffnung eines Kontos dem Kunden gegenüber zur Durchführung von Gutschriften auf diesem Konto und von Überweisungen, Scheckeinlösungen und Barzahlungen zu Lasten des Kontos verpflichtet (EvBl. 1976/79; SZ 46/70; SZ 38/169; Schinnerer-Avancini, Bankverträge 3 I 76; Ertl in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 1400; Schlegelberger-Hefermehl HGB 5 Rz 13 im Anh. § 365). Die rechtliche Natur des Girovertrages ist umstritten. Zum Teil wird er Auftragsrecht unterstellt (Gschnitzer im Klang 2 IV/1, 641), andere erblicken darin einen freien Dienstvertrag, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (Schinnerer-Avancini aaO 79; Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 14 im Anh. § 365; Schönle, Bank- und Börsenrecht 323; Canaris Großkomm. HGB 3 III/3, 2. Bearbeitung, Rz 315). Es handelt sich jedenfalls um einen entgeltlichen Vertrag, der ein Dauerschuldverhältnis begründet (Schönle aaO 321; Canaris aaO Rz 316, 317). Im Rahmen des Girovertrages hat der einzelne Überweisungsauftrag keine selbständige Bedeutung. Die Verpflichtung der Bank zur Durchführung von Giroüberweisungen ist bereits durch den Girovertrag begründet worden, so daß der Überweisungsauftrag nicht auf die Begründung von Vertragspflichten, sondern auf die Ausführung bereits begründeter Pflichten gerichtet ist. Der Überweisungsauftrag stellt demnach lediglich eine Weisung, d.h. eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar (BGHZ 10, 319, 322; Schinnerer-Avancini aaO 81; Ertl aaO Rdz 5 zu § 1400; Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 17 im Anh. § 365; Canaris aaO Rz 320). Das Kreditinstitut ist, ausgenommen den Fall der Einräumung eines Kredits, nicht verpflichtet, einer Disposition, durch die das Konto ins Debet kommt, zuzustimmen (EvBl. 1976/79; Schinnerer-Avancini aaO 76). Es wird auch die Auffassung vertreten, daß der Überweisungsauftrag keine Anweisung im Sinne des § 1400 ABGB darstellt, weil diese in einer doppelten Ermächtigung, der Ermächtigung des Anweisungsempfängers zur Empfangnahme der Leistung und des Angewiesenen zur Erbringung der Leistung im eigenen Namen aus eigenem Vermögen für Rechnung des Anweisenden, bestehe (SZ 52/183), eine Verwandtschaft zum Rechtsinstitut der Anweisung bzw. ein Sonderfall der Anweisung wird aber anerkannt (Koziol, Die Gutschrift, JBl. 1984, 120, 122; Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 19 im Anh. § 365). Der Überweisungsauftrag stellt, da ihm Vertragsnatur nicht zukommt, keinen Vertrag zugunsten eines Dritten dar. Der Überweisungsempfänger erwirbt allein auf Grund des Überweisungsauftrages noch keinen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen das Geldinstitut, das die Überweisung auszuführen hat (SZ 52/183; BGH LM § 328 BGB Nr. 19; Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 17 und 51 im Anh. § 365; Canaris aaO Rz 398). Die Annahme, der Girovertrag lasse mit der Erteilung des Überweisungsauftrages ein Recht des begünstigten Dritten gegen das Kreditinstitut entstehen, wird abgelehnt (Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 51 im Anh. § 365; Schönle aaO 324), was nur nicht im Einzelfall ausschließt, daß die Anwendung der Bestimmungen über den Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) aus anderen Gründen zum Tragen kommt (Schinnerer-Avancini aaO 81). Im vorliegenden Fall wurden der klagenden Partei von der beklagten Partei jeweils telefonische oder fernschriftliche Auftragsbestätigungen übermittelt. Im Regelfall handelt es sich bei der Mitteilung (Bestätigung) eines erteilten Überweisungsauftrages nur um die Ankündigung einer in Aussicht genommenen Überweisung, der keine Verpflichtungswirkung zukommt (Schinnerer-Avancini aaO 94; Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 52 im Anh. § 365). Nur im Einzelfall kommt bei unwiderruflichen Überweisungsaufträgen eine Treuhandfunktion der Bank in Betracht; ob eine Kreditunternehmeung unter analoger Anwendung des § 1402 ABGB durch eine einfache Mitteilung an den Dritten bereits verpflichtet ist, hängt von der Lage des einzelnen Falles ab und ist unter sorgfältiger Prüfung der Wortfassung zu entscheiden (Schinnerer-Avancini aaO 94). In der Regel ist darin jedoch nur die Ankündigung bzw. Inaussichtstellung der Gutschrift, nicht aber die Begründung einer selbständigen, vom Deckungsverhältnis unabhängigen Verpflichtung zu erblicken (EvBl. 1976/79; Canaris aaO Rz 403). In der Abhängigkeit der Ausführung des Überweisungsauftrages vom Deckungsverhältnis liegt die charakteristische Schwäche des Anspruchs auf die Gutschrift und der wesentliche Unterschied zum Anspruch aus der erteilten Gutschrift (Canaris aaO Rz 400). Die von der beklagten Partei der klagenden Partei übermittelten Bestätigungen über einen bestimmten "Überweisungsbetrag" reichen zur Annahme einer selbständigen Verpflichtung nicht hin. Da Otto M*** keinen unwiderruflichen Überweisungsauftrag erteilt hat, kann darin auch nicht die Übernahme einer Treuhänderfunktion durch die beklagte Partei erblickt werden. Es ist aber heute allgemein anerkannt, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten aus Schuldverhältnissen nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die durch die Vertragserfüllung in erhöhtem Maße gefährdet werden und der Interessenssphäre eines Partners angehören.

Begünstigte Personen in diesem Sinne sind Dritte, die der

Vertragspartner durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigen oder

an denen er selbst ein unmittelbares eigenes Interesse hat

(SZ 54/65; SZ 53/169 und 13; SZ 51/97; SZ 50/102 und 34; JBl. 1978,

479; SZ 49/47 und 14; SZ 48/23; SZ 47/72; SZ 43/236 ua; Koziol,

Österreichisches Haftpflichtrecht 2  II 85; Koziol-Welser,

Grundriß 7  I 277; Bydlinski, JBl. 1960, 359 ff; Gschnitzer aaO

236). Auch aus dem mit einem Kreditinstitut abgeschlossenen Vertrag

können sich solche Sorgfaltspflichten zugunsten eines Dritten

ergeben (Canaris aaO Rz 21), deren Verletzung

schadenersatzpflichtig, grundsätzlich auf das negative Interesse,

macht (Canaris aaO Rz 34). Es soll jedoch das bloße Vermögen dritter

Personen nicht in den Schutzbereich einbezogen sein, sondern nur

deren ohnehin absoluten Schutz genießenden Güter (Koziol aaO 87),

weil die Beziehung zwischen dem Schuldner und dem Dritten schwächer

sei als jene mit dem Gläubiger und nur Schuldner und Gläubiger in

rechtsgeschäftlichem Kontakt stehen, so daß auch nur zwischen diesen

Personen wirklich umfassende Schutzpflichten gerechtfertigt seien;

die zu ersetzenden Schäden könnten sonst eine unerträgliche Uferlosigkeit erreichen (Koziol aaO 87); dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof gefolgt (JBl. 1983, 205; SZ 51/169). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird jedoch gemacht, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen soll, insbesondere in Fällen von Verträgen zugunsten Dritter. Dafür wird ins Treffen geführt, daß sonst die spezifischen Sorgfaltspflichten niemandem gegenüber zu beachten wären, dem Gläubiger nicht, weil er die Leistung nicht erhält, dem Dritten nicht, weil er nicht Vertragspartner ist. Eine Haftung gegenüber dem Dritten wird dann bejaht, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten verfolgt und die Entschlüsse des Dritten beeinflußt wurden (SZ 43/236; Bydlinski, JBl. 1965, 321; Koziol aaO 88).

Nach den getroffenen Feststellungen war der beklagten Partei bekannt, daß die klagende Partei Otto M*** nur dann leistet, wenn die von Otto M*** zu erbringenden Zahlungen sichergestellt sind. Der von Otto M*** der beklagten Partei erteilte Auftrag, die künftigen Zahlungen zu bestätigen, diente daher - der beklagten Partei erkennbar - der reibungslosen Abwicklung des Rechtsgeschäfts zwischen der klagenden Partei und Otto M*** (vgl. SZ 51/26; Koziol aaO 79), woran auch Otto M*** schon wegen der bestehenden intensiven Geschäftsbeziehung ein besonderes Interesse haben mußte. Die klagende Partei war es, die durch die Zuwendung der Hauptleistung begünstigt wurde, sie gehörte auch der Interessenssphäre des Otto M*** an. Diese Erwägungen und der Umstand, daß die Leistung - auch wenn ein Vertrag zugunsten Dritter nicht vorliegt - der klagenden Partei zugute kommen sollte, rechtfertigt es, das reine Vermögen der klagenden Partei in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der beklagten Partei und Otto M*** einzubeziehen. Eine Uferlosigkeit der Haftung ist nicht zu befürchten, weil sie auf die Beträge zu beschränken ist, die Gegenstand der konkreten Überweisungsaufträge waren. Wenn die beklagte Partei den Standpunkt vertrat, daß die Auftragsbestätigungen keine vom Vorliegen des Deckungsverhältnisses unabhängige Verpflichtung für sie erzeugte, aber wußte, daß die klagende Partei dies anders, nämlich als Zusage verstand, daß sie leisten werde, und deswegen seine eigenen Leistungen an den Bankkunden erbrachte, war dann aber auch die beklagte Partei der klagenden Partei gegenüber verpflichtet, auf die Bedeutungslosigkeit dieser Bestätigungen hinzuweisen und die klagende Partei davon in Kenntnis zu setzen, daß die von ihr angenommene Sicherheit tatsächlich nicht bestand. Wenn sie dies unterließ, machte sie sich einer Verletzung auch der klagenden Partei gegenüber bestehender Sorgfaltspflichten schuldig, für die sie nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen einzustehen hat. Bei dieser Rechtslage kommt der Frage, ob Alfred S*** für die beklagte Partei vertretungsbefugt war, keine Bedeutung zu, weil die Haftung der beklagten Partei nicht aus einer übernommenen Leistungspflicht, sondern der Verletzung einer Aufklärungspflicht berechtigt ist und Alfred S*** jedenfalls für die Entgegennahme der Auffassungen des Otto M*** und der klagenden Partei und für die entsprechende Aufklärung zuständig war. Hätte die beklagte Partei rechtmäßig gehandelt und die klagende Partei darüber aufgeklärt, daß die Durchführung der bestätigten Überweisung vom Vorliegen der Deckung abhängig ist, so hätte die klagende Partei, wie angenommen werden kann, an Otto M*** nicht geliefert und damit den Schaden in der Höhe des noch streitverfangenen Betrages nicht erlitten. Demzufolge erweist sich das Klagebegehren als gerechtfertigt, so daß der Revision stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden ist. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E07977

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00536.86.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19860317_OGH0002_0010OB00536_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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