Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Carl. D. E***, Student, 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 4-8, vertreten durch Dr. Norbert Kosch, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, wider die beklagte Partei Monika E***, Haushalt, 1050 Wien, Brandmeiergasse 30/19, vertreten durch Dr. Helmut Hoppel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 528.000 s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21.Juni 1983, GZ 12 R 112/83-49, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 7.Februar 1983, GZ 39 f Cg 372/80-44, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.
Der Kläger hat der Beklagten die mit S 18.144,- bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 1.344,- Umsatzsteuer) und die mit S 13.873,20 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten S 1.261,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Nach dem Klagsvorbringen hat Franz E***, der Vater des Klägers, diesem im Jahre 1977 erklärt, er werde ihm "sozusagen als vorweggenommenen Erbteil" die in 1010 Wien, Walfischgasse 9/2/8/47, gelegene, zu 279/13.671-Anteilen in der EZ 677 KG Innere Stadt Wien verbücherte Eigentumswohnung kaufen und schenken. Der Kläger habe dieses Geschenk freudig angenommen und sich hinsichtlich der Durchführung ganz auf seinen Vater verlassen. Im sodann geschlossenen Kaufvertrag vom 20.7.1977 sei zwischen dem Kläger als Käufer und der Verkäuferin Eleonore D*** ein durch Bankkredite aufzubringender Kaufpreis von 2,000.000 S vereinbart worden, die Kreditrückzahlung habe Franz E*** übernommen. In der Folge sei Franz E***, welcher mit Einwilligung des Klägers fallweise die Wohnung prekaristisch benützt habe, seiner Rückzahlungsverpflichtung nicht nachgekommen, und der Kläger, ein vermögensloser Student, habe sich die Möglichkeit, die Kredite selbst zurückzuzahlen, durch Vermietung und dadurch gegebene Einnahmen zu verschaffen versucht. Franz E*** habe die Wohnung aber nicht geräumt, weshalb es zum Räumungsprozeß 47 C 512/79 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gekommen sei. In diesem Rechtsstreit sei am 20.2.1980 erstmals behauptet worden, der Stiefmutter des Klägers, das ist die nunmehrige Beklagte, stünden Mietrechte an dieser Wohnung zu. Tatsächlich habe diese, wie aus ihrer Zeugenaussage hervorgehe, mit der Voreigentümerin Eleonore D*** seinerzeit einen Mietvertrag abgeschlossen gehabt und einen Mietzins von monatlich S 12.000 gezahlt. Dem Kläger habe die nunmehrige Beklagte niemals Mietzins geleistet. Im Hinblick auf diesen bestehenden Mietvertrag schulde sie ihm somit aber für die Zeit für August 1977 bis Juli 1980 an Mietzins einschließlich Betriebskosten den Klagsbetrag von S 512.717,82. Der Klagsanspruch wurde zuletzt auf die Zeit bis Juli 1981 und auf S 528.000 ausgedehnt (AS 215).
Schließlich brachte der Kläger noch vor, seine Räumungsklage gegen Franz E*** sei abgewiesen, der von ihm gegen die nunmehrige Beklagte zu 47 C 115/81 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien erhobenen Räumungsklage jedoch mit Urteil vom 5.8.1981 rechtskräftig stattgegeben worden. Die von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen beträfen Zahlungen, welche sie für Franz E*** im Rahmen seiner Kreditrückzahlungsverpflichtung an den Kläger geleistet habe.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe hinsichtlich der gegenständlichen Wohnung mit ihrem Ehemann Franz E*** einen mündlichen Mietvertrag abgeschlossen. Der Kläger sei von diesem beim Wohnungskauf nur als Strohmann vorgeschoben worden, weil damals gegen Franz E*** ein Finanzstrafverfahren anhängig gewesen sei. Sämtliche Kosten des von Franz E*** ohne nähere Information des Klägers durchgeführten Kaufes der Eigentumswohnung sowie auch die folgenden Betriebskosten habe Franz E*** getragen. Der Kaufvertrag sei insoweit ein "Scheinvertrag" und zwischen dem Kläger und der Beklagten liege kein Mietvertrag vor, weil Franz E*** die Wohnung der Familie des Beklagten zur Verfügung gestellt habe. Eine Vorausleistung auf den Erbteil des Klägers sei bei der damaligen finanziellen Situation des Franz E*** und die beiden Kinder aus ihrer Ehe mit diesem völlig unerklärlich. Beim Ankauf der Wohnung sei auch niemals geplant gewesen, dem Kläger Einkünfte aus Mieteinnahmen zu verschaffen, weshalb nach Ankauf der Wohnung zwar das Mietverhältnis gegenüber Franz E***, dem faktischen Eigentümer der Wohnung, aufrecht belassen, die Miete aber von diesem auf die anfallenden Betriebskosten reduziert worden sei. Da ein Mietzins sohin von der Beklagten nicht dem Kläger, sondern höchstens dem Franz E*** zu leisten gewesen sei, erscheine das Klagebegehren ungerechtfertigt. Die Beklagte habe Rückzahlungen für den Kläger im Gesamtbetrage von S 162.632,69 geleistet, welche gegen die Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet würden. Das Erstgericht wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wendet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Aufhebung und Bestätigung des erstgerichtlichen Urteiles.
In seiner Rekursbeantwortung beantragt der Kläger, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Ergebnis berechtigt.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen kaufte der Kläger von Eleonore D*** die gegenständliche Eigentumswohnung. Zum Kaufzeitpunkt wurde sie von seinem Vater Franz E*** und dessen Ehefrau, der Beklagten, auf Grund eines zwischen dieser und Eleonore D*** geschlossenen Mietvertrages gegen einen Mietzins von S 12.000 (davon S 1.000 Betriebskosten und Bedienung) benützt. Die Verhandlungen beim Ankauf der Eigentumswohnung und über die Finanzierung führte Franz E***. Gegen diesen waren damals "mehrere Verfahren beim Finanzamt" anhängig, weshalb er beabsichtigte, diese Wohnung nicht selbst zu kaufen. Gegenüber dem Kläger gab er an, er möchte ihm diese Wohnung als vorweggenommenes Erbe verschaffen. Da er aber nicht das nötige Geld habe, müßten Kredite aufgenommen werden. Er beließ dabei den Kläger im Glauben, daß er selbst bisher der Mieter der gegenständlichen Wohnung gewesen sei. Der Kauf sollte derart erfolgen, daß der Kläger den Kaufvertrag unterfertigt und auch die zur Finanzierung des Kaufvertrages nötigen Kredite aufnimmt, diese aber sodann von Franz E*** zurückgezahlt werden. Gegenüber seiner Ehefrau Monika E***, der nunmehrigen Beklagten, erklärte Franz E*** dagegen, er wolle die Wohnung, die schon bisher von ihm und ihr benützt wurde, von Eleonore D*** kaufen, er könne dies jedoch nicht im eigenen Namen, da er mit dem Finanzamt Schwierigkeiten habe. Der Kläger sei informiert und werde sich als Strohmann zur Verfügung stellen. Tatsächlich werde er, Franz E***, aber selbst Eigentümer der Wohnung werden und diese solle von ihm und der nunmehrigen Beklagten bewohnt werden. Das Kaufgeschäft zwischen Eleonore D*** und dem Kläger sei somit ein Scheingeschäft, die Wirkungen des Kaufes sollten allein Franz E*** treffen. Zwischen den Streitteilen wurde über den Ankauf der Wohnung nicht gesprochen, ebensowenig über deren Benützung. Der Kläger hielt seinen Vater "für den Mieter der Frau D***" und erwartete, daß dieser - wenngleich lediglich zur Absicherung der Kreditrückzahlung (siehe die Parteienaussage des Klägers AS 88) - mit ihm einen Mietvertrag abschließen würde. Die Beklagte hielt Franz E*** für den Eigentümer und sich selbst für den Mitbenützer aus familienrechtlichen Gründen. Zur Finanzierung des Ankaufes der Wohnung wurden vom Kläger drei Kredite in der Höhe von ca. 1,2 Mio., ca. 500.000 und ca. 350.000 S aufgenommen. Hinsichtlich jenes über S 500.000 wurde vom Kläger ein Wechsel unterfertigt und von Christa-Maria K***, einer Bekannten des Franz E***, sowie diesem als Bürgen mitunterfertigt. Mangels Rückzahlung ergingen schließlich gegen den Kläger ein Wechselzahlungsauftrag und ein Versäumungsurteil über insgesamt rund S 1,760.000 s.A. Eine Mietzinsvereinbarung war zwischen den Streitteilen niemals getroffen worden. Von Mietzins war überhaupt nie die Rede. Der Kläger sollte auch niemals Mietzins bekommen, sondern Franz E*** sollte ihn bezüglich der Rückzahlung der Kredite schad- und klaglos halten. Auf Grund der zwischen dem Kläger und seinem Vater getroffenen Vereinbarung hat sich ersterer um die Rückzahlung der Kredite und Zahlung der Betriebskosten nicht gekümmert. Als die Banken schließlich wegen der Kreditrückzahlung an ihn herantraten, setzte er sich mit seinem Vater in Verbindung, um die Wohnung verkaufen zu können, weil er annahm, daß eine leere Eigentumswohnung leichter als eine vermietete Eigentumswohnung verkauft werden könne. Da Franz E*** die Wohnung nicht räumte, klagte er diesen auf Räumung und erfuhr im Zuge des Räumungsprozesses, daß nicht sein Vater, sondern die nunmehrige Beklagte Mieterin sei. Auch die nunmehrige Beklagte wurde durch Franz E*** erst im Zuge des Räumungsprozesses darauf aufmerksam gemacht, daß sie Mieterin sei, nachdem sie ihn im Zuge des Räumungsprozesses erstmals gefragt hatte, ob er keine Vereinbarung wegen der Nutzung der Wohnung mit Karl E*** getroffen habe. Anläßlich dieser Befragung war Franz E*** auf die Idee gekommen, der Mietvertrag mit Eleonore D*** könnte noch Gültigkeit haben. Nachdem die Klage gegen Franz E*** abgewiesen worden war, klagte der Kläger die nunmehrige Beklagte auf Räumung. Diese bestritt das Klagebegehren, wußte aber weiter nicht, worum es ging, da sie im Räumungsverfahren vom bisherigen Rechtsanwalt ihres Ehemannes vertreten wurde und ihr unbekannt war, welche Weisungen ihr Ehemann diesem erteilt hatte. Das klagsstattgebende Urteil gegen die Beklagte im Räumungsstreit ist in Rechtskraft erwachsen, nachdem im Zuge des Zwangversteigerungsverfahrens hinsichtlich der Wohnung bereits der Zuschlag erteilt worden war.
In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, auf Grund der Bindungswirkung des im Verfahren 47 C 115/81 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ergangenen rechtskräftigen Urteiles sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger in den zwischen der Beklagten und Eleonore D*** geschlossenen Mietvertrag eingetreten sei. Vorliegendenfalls erscheine entscheidungserheblich, daß eine ausdrückliche Vereinbarung der Streitteile über den Mietzins nicht vorliege. Somit müsse der diesbezügliche Parteiwille erforscht werden. Nach dem Willen der Beklagten habe sie auf Grund familienrechtlicher Berechtigung in der Wohnung des Franz E*** gewohnt. Der Wille des Klägers sei darauf gerichtet gewesen, daß ihn Franz E*** hinsichtlich der Kreditrückzahlung für die in seinem Eigentum stehende Wohnung schad- und klaglos halten sollte. Nach der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung sollte Franz E*** die Kreditrückzahlung durchführen, der Kläger aber - zumindest für diese Dauer - keinen Mietzins bekommen. Somit habe einerseits zwischen dem Kläger und seinem Vater und andererseits zwischen dem Kläger und der Beklagten jeweils ein Bestandvertrag sui generis bestanden, wobei für die Dauer der von Franz E*** zu tragenden Kreditrückzahlung weder von Franz E*** noch der Beklagten ein Benützungsentgelt zu leisten gewesen sei. Demgemäß erscheine das Klagebegehren nicht gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht hielt die Verfahrens- und Beweisrüge sowie die Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung nicht, dagegen die Rechtsrüge des Klägers für berechtigt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts bestehe im vorliegenden Prozeß hinsichtlich der Frage des Bestehens eines Mietverhältnisses und von Mietzinsrückständen im Sinne der Lehre und Judikatur keine Bindung an das im Räumungsverfahren 47 C 115/81 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegen die beklagte ergangene Urteil, weil nur der Urteilsspruch maßgebend erscheine und ein Räumungsbegehren Z B. auch auf eine titellose Benützung gegründet werden könne. Somit hätte das Erstgericht auch die Frage des Bestehens eines Mietvertrages zwischen den Streitteilen prüfen müssen. Die gegebene Sachverhaltsgrundlage reiche indes für eine diesbezügliche Beurteilung aus. Maßgebend sei zunächst, daß auch der Erwerber einer Eigentumswohnung gemäß § 1120 ABGB spätestens mit der Verbücherung seines Eigentums in den Bestandvertrag über diese Wohnung eintrete und zwar selbst dann, wenn er beim Erwerb vom Mietrecht Dritter nichts gewußt habe. Der Eintritt beziehe sich auf alle Bestimmungen des Mietvertrages mit Ausnahme jener über die Dauer des Mietverhältnisses und über längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen, sodaß der Erwerber auch Anspruch auf den vereinbarten Mietzins habe. Somit sei vorliegendenfalls der Kläger in den zwischen der Beklagten und Eleonore D*** geschlossenen Mietvertrag eingetreten. Für die Annahme einer konkludenten Auflösung des Mietvertrages bei Ankauf der Wohnung, wie dies in der Berufungsbeantwortung behauptet würde, biete das Beweisverfahren keine Anhaltspunkte, eine solche wäre auch mit dem Vorbringen der Beklagten in erster Instanz nicht vereinbar. Der Umstand, daß der Kläger gegenüber seinem Vater als vermeintlichem Mieter auf Mietzinszahlung verzichtet habe, habe im Verhältnis zur tatsächlichen Mieterin keine Wirkung entfaltet. Ein Vertrag zugunsten Dritter fordere gemäß § 881 ABGB, daß sich der Versprechende der Verschiedenheit von Versprechensempfänger und Leistungsempfänger bewußt sei. Auch ein Rechtsverlust durch Verzicht sei nicht eingetreten, weil ein solcher notwendigerweise die Kenntnis vom aufzugebenden Recht voraussetze und nur dem Vertragspartner gegenüber erklärt und von diesem angenommen werden könne. Dafür, daß der Vater des Klägers als Vertreter der Beklagten als Bestandnehmerin gehandelt habe, mangle es an einem hervorgekommenen Vertretungsverhältnis. Zur Frage des Scheingeschäftes genüge der Hinweis, daß der Dritte nur ausnahmsweise auf die den abgegebenen Erklärungen widerstreitenden Intentionen der Vertragspartner vertrauen könne, wenn er nämlich von der diesbezüglichen Willenseinigung sämtlicher Scheinvertragspartner Kenntnis habe. Davon könne vorliegendenfalls aber nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte selbst zugegeben habe, nicht sagen zu können, ob der Kläger gewußt habe, daß er nur "pro forma Eigentümer" sein sollte. Aus allen diesen Gründen sei die Beklagte als Bestandnehmerin ab dem Zeitpunkt der Verbücherung des Eigentumsrechtes des Klägers zur Bezahlung des bisherigen Mietzinses an ihn verpflichtet. Da über die von ihr eingewendeten Gegenforderungen keine Feststellungen getroffen worden seien, erscheine die Rechtssache noch nicht spruchreif, sondern bedürfe es der entsprechenden Verfahrensergänzung. Auch die genauen Mietzinsbeträge seien vom Erstgericht noch festzustellen. In ihrem auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten Rekurs erklärt die Beklagte, die Beurteilung, ob eine konkludente Vertragsauflösung erfolgt sei, betreffe die von einem Parteivorbringen ganz unabhängige Lösung einer Rechtsfrage. Vorliegendenfalls ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt zweifellos eine solche konkludente Vertragsauflösung. Dem Kläger sei beim Kauf der Wohnung jedenfalls bekannt gewesen, daß die Benützung dieser durch die Familie E*** bisher auf Grund eines Mietvertrages erfolgt sei, und er habe seinen Vater für den Mieter gehalten. Nach den zwischen ihnen beim Ankauf getroffenen Vereinbarungen sollte der Kläger keinen Mietzins bekommen. Die Beklagte, welche festgestelltermaßen Franz E***, ihren Ehemann, für den wahren Käufer gehalten habe, habe sich trotz des vorangegangenen Mietvertrages mit Eleonore D*** nunmehr als Mitbenützerin aus familienrechtlichen Gründen gehalten. Auch sie habe keinesfalls die Absicht und den Willen gehabt, weiterhin Mieterin zu sein und Miete zu zahlen, da die (Mit-)Benützung der Wohnung durch den Ankauf gesichert erschienen sei. Beide Streitteile hätten somit vom Mietvertrag mit der Voreigentümerin gewußt, aber keine Fortsetzung dieses Mietverhältnisses und keine Mietzinszahlung gewollt. Tatsächlich sei auch niemals Mietzins bezahlt worden. Angesichts der Erklärungen und des Verhaltens beider Streitteile bestehe kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln, daß auf Grund des Ankaufes der Wohnung durch den Kläger der Mietvertrag, welcher zuvor die Benützung der Wohnung durch die Familie E*** gesichert habe, aufgelöst worden sei. Demgemäß könne der Kläger aber von der Beklagten keine Mietzinszahlung fordern. Schließlich sei dem Berufungsgericht auch insoweit nicht zu folgen, als es die Wirkungen eines zwischen dem Kläger und seinem Vater erfolgten Verzichtes auf Mietzinszahlung zugunsten der Beklagten verneine, weil einer solchen Wirkung der Wortlaut des § 881 ABGB nicht entgegenstehe. Dem Standpunkt der Rekurswerberin ist im Ergebnis zu folgen. Das Vorbringen der Beklagten erscheint zwar teilweise widersprüchlich, doch würde dies entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes grundsätzlich der Möglichkeit einer rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes auch in der Richtung der von ihr behaupteten konkludenten Vertragsauflösung nicht entgegenstehen. Ob anläßlich des Ankaufes der Wohnung durch den Kläger ein früherer, gemäß § 1120 ABGB übergegangener Benützungstitel konkludent zum Erlöschen gebracht wurde, kann jedoch aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:
Nach den unbekämpften und vom Berufungsgericht übernommenen
erstgerichtlichen Feststellungen hat sich Franz E***, der Vater
des Klägers, diesem gegenüber verpflichtet, die Rückzahlung der
Bankkredite zu übernehmen und ihn diesbezüglich schad- und klaglos
zu halten. Der Kläger sollte aber keinen Mietzins bekommen. Franz
E*** hatte dem Kläger erklärt, daß dieser die Wohnung als
vorausgegebenen Erbteil erhalte. Der Zweck dieses von Franz E***
zu finanzierenden Kaufes war somit eindeutig ausschließlich der, dem
Kläger als seinem Sohn aus erster Ehe einen Vermögenswert in Form
der festgestelltermaßen bisher von Franz E*** und seiner
Ehefrau, der Beklagten, auf Grund eines Mietverhältnisses benutzten
Wohnung, nicht aber darüber hinaus auch noch Einnahmen zu
verschaffen. Diesbezüglich hat der Kläger in seiner
Parteienvernehmung auch selbst erklärt, daß ihm keinerlei Einkünfte
aus der Wohnung zukommen sollten (AS 217). Hinsichtlich der Nutzung
der Wohnung brachte er in der Klage vor, sie sei nach dem Ankauf mit
seiner Einwilligung fallweise noch von seinem Vater prekaristisch
benutzt worden, im einzelnen gab er in seiner Parteienvernehmung
hiezu an: "Ich sollte die Wohnung benützen.... Über eine Benützung
der Wohnung durch die Beklagte wurde ausdrücklich nicht gesprochen.
Ich hätte ihr aber eine Benützung, da sie meine Stiefmutter ist,
nicht verwehren können.... Ab Juli 1977 - dem Zeitpunkt des Ankaufes
der Wohnung - habe ich sodann ständig in der gegenständlichen Wohnung gewohnt. In der Folge war auch mein Vater manchesmal im Bestandobjekt. Die Beklagte kam, so wie vor Abschluß des Kaufvertrages auch nach Abschluß desselben, einige Male an den Wochenenden in die Wohnung. Ihr "erster" Wohnsitz war in Attersee (AS 85). Als ich die Wohnung gekauft habe, wurde die weitere Benutzung dahin besprochen, daß ich sie benütze, so lange ich studiere. Wir haben auch darüber gesprochen, daß ein Mietvertrag mit meinem Vater abgeschlossen werden sollte. Dessen Zweck sollte lediglich die Absicherung sein, daß mein Vater alle Kosten trägt (AS 88)...Bewohnen sollte die Wohnung in erster Linie ich... Mein Vater hatte seinen Hauptwohnsitz am Attersee. Er hat in der gegenständlichen Wohnung gewohnt, wenn er nach Wien kam" (AS 216). Somit ist auf Grund des Vorbringens bzw. der eigenen Angabe des Klägers jedenfalls auch davon auszugehen, daß die Nutzung der Wohnung ab dem Ankaufszeitpunkt vereinbarungsgemäß ihm zustand und er diese sodann tatsächlich im wesentlichen allein benutzte. Bei Betrachtung dieses Sachverhaltes insgesamt besteht demnach aber kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln, daß nach der Absicht aller Beteiligten weder vom Vater noch von der Stiefmutter für die vor dem Ankauf von ihnen auf Grund eines von wem immer ageschlossenen Mietverhältnisses, nunmehr aber vom Kläger benützte Wohnung weiterhin ein Benützungsentgelt geleistet werden sollte. Daß dies nicht ausdrücklich besprochen worden war, steht dieser Annahme schon deswegen nicht entgegen, weil eine solche Lösung bei der gegebenen Sachlage geradezu selbstverständlich erscheinen mußte und im übrigen unter Familienangehörigen, so auch im Verhältnis eines erwachsenen Kindes zu seinem Vater und seiner Stiefmutter, keineswegs so hohe Anforderungen an die Form der Erklärungen zu stellen sind, wie dies im rechtsgeschäftlichen Verkehr im allgemeinen der Fall ist. Bedenkt man den Geschäftszweck der zwischen dem Kläger und seinem Vater getroffenen Vereinbarung, nämlich ausschließlich die Verschaffung der Eigentumswohnung, dann ist die Auslegung, dem Kläger sollten aus einem Mietverhältnis mit der zweiten Ehefrau seines Vaters auch noch Mietzinseinnahmen zukommen, obwohl er die Wohnung im wesentlichen allein benützte, unter dem Gesichtspunkt der Übung des redlichen Verkehrs nicht zulässig.
In Abänderung des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses (§ 519 Abs2 letzter Satz ZPO) war daher das erstgerichtliche Urteil wiederherzustsellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E07726European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00575.84.0318.000Dokumentnummer
JJT_19860318_OGH0002_0020OB00575_8400000_000