Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** DER
D*** I*** VaG, D-3000 Hannover 51, Riedhorst 2, vertreten durch Dr. Peter Zumtobel, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Firma SEE & E*** Internationale Transportgesellschaft m.b.H., A-4531 Kematen an der Krems, Piberbach 60, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wegen DM 30.644,34 (S 217.000,--) s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Juni 1985, GZ 3 b R 36/85-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 31. Dezember 1984, GZ 3 Cg 167/82-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.588,25 (darin S 660,-- Barauslagen und S 720,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Firma Philipp H*** AG in Frankfurt beauftragte die Beklagte mit dem Transport von 16 Colli Baumaterial von Neu-Isenburg nach Riyadh. Bei der Ankunft in Riyadh am 15. April 1981 wurde der Verlust von zwei Kisten festgestellt. Die Firma Philipp H*** AG war sowohl Absender als auch Empfänger des Frachtgutes. Nach dem Klagsvorbringen habe die Klägerin der Firma Philipp H*** AG als deren Versicherer den durch den Verlust eingetretenen Schaden in Höhe von DM 30.644,34 ersetzt, sodaß sowohl kraft Gesetzes als auch auf Grund einer Abtretungserklärung des Versicherungsnehmers sämtliche Rechte aus dem Beförderungsvertrag auf sie übergegangen seien. Nach Modifizierung des Klagebegehrens begehrte die Klägerin den Zuspruch des DM-Gegenwertes von 12.411,70 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds, höchstens aber den Betrag von DM 30.644,34 samt 5 % Zinsen seit 15. April 1981. Die Beklagte bestritt das Klagsvorbringen, beantragte Klagsabweisung und wendete vorerst mangelnde Aktivlegitimation der Klägerin ein, weil der anspruchsberechtigte Empfänger in Riyadh keine Schadenersatzansprüche an die Beklagte gestellt habe und keine Abtretung an die Klägerin erfolgt sei. Weiters wurden Haftungsbefreiungsgründe geltend gemacht und hiezu behauptet, der eingetretene Güterschaden sei ausschließlich auf die Ungeschicklichkeit des Zollpersonals an der arabischen Grenze zurückzuführen und es habe dieser Schade auch durch die äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt und die dem Fahrer vernünftigerweise zumutbaren Vorkehrungen nicht abgewendet werden können. Der Höhe nach wendete die Beklagte ein, gemäß Art. 23 CMR sei die Frächterhaftung mit 25 Goldfranken je Kilogramm beschränkt, was maximal einem Schadensbetrag von ungefähr DM 12.000,-- entspreche.
Das Erstgericht sprach der Klägerin den DM-Wert von 12.261,76 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds, höchstens aber den Betrag von DM 30.644,34 zuzüglich 5 % Zinsen seit 27. Mai 1981 zu, zahlbar in österreichischen Schilling nach dem Umrechnungskurs Devisenkurs höherer Wert am Zahlungsort und Zahlungstag. Ein Mehrbegehren von 149,94 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds im DM-Gegenwert samt Anhang wurde abgewiesen.
Das Erstgericht legte seiner Entscheidung folgende wesentliche Feststellungen zugrunde:
Mit internationalem Frachtbrief vom 27. März 1981 beauftragte die Firma Philipp H*** AG in Frankfurt die Beklagte als Frachtführer mit dem Transport von 16 Colli Baumaterialien von Neu-Isenburg in der Bundesrepublik Deutschland zu ihrer Baustelle in Riyadh in Saudi-Arabien. Bei der Ankunft der Fracht am Bestimmungsort wurde das Fehlen zweier Kisten festgestellt, nämlich der Kiste Nr. 28255/1 und der Kiste Nr. CC 290. Ein nachfolgender oder Subfrachtführer ist im Frachtbrief nicht angeführt. Den Transport hat die Firma L*** Internationale Transportgesellschaft m.b.H. als Subfrächter der Beklagten ausgeführt. Die Beladung erfolgte durch die Beklagte. Der Kraftfahrer Josef W*** sicherte die Fracht mit sechs Spanngurten ab und transportierte unter Plane und Zollverschluß die Ladung bis zur saudiarabischen Grenzstelle Al Haditha anstandslos, dort wurde von Zollwacheorganen die Fracht abgeladen, durchsucht und wieder aufgeladen, nach Ansicht des Josef W*** allerdings nicht so geordnet wie vorher. Josef W*** war bekannt, daß die Beladung durch die arabischen Hilfskräfte nicht so sorgfältig vorgenommen wird wie von europäischen Arbeitern und daß seinen Anordnungen nur teilweise entsprochen wird. Josef W*** überwachte die neuerliche Beladung und stellte deren Vollständigkeit fest; die Plane brachte er nicht mehr über die Ladung, er band sie mit den Spanngurten, welche eine Zugkraft von etwa 4500 bis 5000 Kilogramm haben, fest und sicherte sie. Auf der Weiterfahrt hielt er etwa alle 100 km an und kontrollierte die Ladung. Auf einem kurvenreichen Straßenstück zwischen Ara und Raffa, auf dessen einer Seite eine Böschung steil abfiel, bemerkte Josef W***, daß ein Haltegurt durchgescheuert und gerissen war. Hiedurch dürften, von ihm unbemerkt, die beiden Kisten heruntergefallen sein, deren Verlust er mit Sicherheit erst bei der Entladung durch den Empfänger feststellte. Der Verlust wurde im Frachtbrief festgehalten. Die verlorengegangene Kiste Nr. CC 290 hatte ein Bruttogewicht von 442 Kilogramm (netto 286 kg) und beinhaltete verschiedene elektrische Artikel und Bestandteile im Gesamtwert von ca. DM 26.367,--. Die Kiste Nr. 24255/1 hatte ein Bruttogewicht von 1030 Kilogramm (netto 930 kg) und beinhaltete Natursteinplatten römischen Travertins im Gesamtwert von rund DM 1.762,--. Die gesamte Fracht hatte ein Bruttogesamtgewicht von 14.610 Kilogramm. Laut Verrechnung der Beklagten stellte die Fracht einen Gesamtwarenwert von DM 231.474,-- dar und die Beklagte stellte dem Absender Firma Philipp H*** AG für die Transportkosten einen Pauschalbetrag von DM 19.857,37 in Rechnung. Mit Schreiben vom 14. Mai 1981 reklamierte die Firma Philipp H*** AG bei der Beklagten den Schaden in Höhe von DM 30.644,34. Bei Berechnung dieses Schadensbetrages ging sie von einem Schadensbetrag von DM 27.894,-- plus 9,85 % Gewinnbeteiligung = DM 2.750,34 aus. Von der Klägerin als Versicherer wurde durch ihren bevollmächtigten Vertreter Firma F***, W*** und H*** GmbH die Schadenssumme von DM 30.644,34 am 27. Mai 1981 überwiesen und gleichzeitig die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 1981 zur Regreßzahlung aufgefordert. Die Firma Philipp H*** AG unterfertigte am 13. Juli 1981 eine Abtretungserklärung bezüglich des gegenständlichen Schadens an die von der Klägerin bevollmächtigte Versicherungsfirma. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Klägerin sei sowohl ex lege gemäß § 67 Abs 1 VersVG als auch auf Grund der Abtretungserklärung aktiv klagslegitimiert. Die Haftung der Beklagten gründe sich auf Art. 17 Abs 1 und 34 CMR. Ein Haftungsausschluß im Sinne des Art. 17 Abs 2 bis 5 CMR könne nicht zugebilligt werden. Dem Fahrer Josef W*** sei der Umstand der nicht sachgerechten Beladung durch die arabischen Zollhilfskräfte bekannt gewesen und er hätte sich daher schon von vornherein entsprechende Instruktionen einholen oder für eine Abstellung dieses Umstandes Sorge tragen müssen. Ihn treffe jedenfalls eine Nachprüfungspflicht bezüglich der Verstauung der Fracht und es wäre ihm bei seinen Bedenken die Möglichkeit im Sinne des Art. 14 CMR offengestanden, entsprechende Weisungen einzuholen. Die Fortsetzung der Fahrt auf die Weise, daß er alle 100 Kilometer anhielt, die Ladung kontrollierte und hoffte, daß dazwischen nichts passieren würde, müsse als fahrlässig angesehen werden und exkulpiere den Frachtführer nicht von seiner Haftung. Der Höhe nach sei der zu ersetzende Schade gemäß Art. 23 CMR auszumessen. Primär bestimme sich der Schade nach dem Wert des verlorengegangenen Gutes. Dieser Preis erstelle sich auf Grund des Sachverhaltes mit DM 28.129,-- zuzüglich der anteiligen Frachtkosten und Zölle. Es stünden die Transportkosten fest, ferner auch der prozentuelle Anteil der in Verlust geratenen Waren zur gesamten Fracht. Bei Hinzurechnung dieses abzuziehenden prozentuellen Anteiles von den bezahlten Frachtkosten und Berücksichtigung der gemäß Art. 24 Abs 1 CMR seit 15. April 1981 zustehenden Zinsen stelle sich der Klagsbetrag unabhängig von den vom Geschädigten angestellten Berechnungen als gerechtfertigter Schadensbetrag dar. Die Entschädigungsleistung sei allerdings limitiert gemäß Art. 23 Abs 3 CMR auf 25 Franken Gold pro Kilogramm fehlendes Rohgewicht. Unter Rohgewicht sei das Bruttogewicht zu verstehen. Für die Berechnung der Haftungshöchstsumme der in Verlust geratenen Waren sei dabei auf das Gesamtgewicht der Sendung abzustellen und nicht auf die Werte einzelner Artikel oder in einer Rechnung oder in Verpackungseinheiten zusammengefaßter Stücke. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Kisten, wie die Beklagte wolle, nämlich auf die eine Kiste die eben erwähnten Grundsätze anzuwenden und bei der anderen Kiste den wahren Wert zugrundezulegen, sei unzulässig. Da es sich im vorliegenden Fall um eine unechte Fremdwährungsschuld handle, habe die Beklagte der Klägerin gemäß Art. 8 Nr. 8 der
4. EVzHGB und Art. 27 Abs 2 CMR den Gegenwert in Schilling am Zahlungstag und Zahlungsort zu leisten, und zwar den nach der Rechtsordnung in der Bundesrepublik Deutschland zu ermittelnden Schadensbetrag. Dort sei das Protokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr schon vor dem gegenständlichen Schadensfall in Kraft getreten, wonach statt 25 Goldfranken pro Kilogramm Fracht 8,33 Rechnungseinheiten, welche den Sonderziehungsrechten entsprechen, zu veranschlagen sind. Auf den gegenständlichen Fall angewendet, entspreche daher 1.472 kg 12.261,76 Sonderziehungsrechten, sodaß dem modifizierten Klagebegehren in diesem Umfang stattzugeben gewesen sei. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten InstanZ Es erklärte die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig. Das Berufungsgericht führte aus, nach dem Anwendungsbereich der CMR sei der Frachtführer von der Haftung für Verlust des Frachtgutes befreit, wenn es ihm auch durch Anwendung äußerster, nach den Umständen des Falles möglicher und vernünftigerweise zumutbarer Sorgfalt nicht möglich war, den Schadenseintritt zu verhindern. Die Bestimmung des Art. 17 Abs 2 CMR schließe die Haftung nicht nur bei höherer Gewalt aus, sondern der gesamte Haftungsbefreiungsgrund knüpfe an den Begriff des unabwendbaren Ereignisses an, wie er insbesondere auch im § 9 EKHG verwendet werde. Unabwendbarkeit des Ereignisses bedeute demnach nicht dessen absolute Unvermeidbarkeit. Maßstab sei das Verhalten eines besondes gewissenhaften Fahrers. Von einem solcherart unabwendbaren Ereignis könne jedoch im konkreten Fall nicht die Rede sein. Zunächst sei davon auszugehen, daß die Voraussetzungen des von der Beklagten ebenfalls herangezogenen Haftungsbefreiungsgrundes nach Art. 17 Abs 4 lit c CMR nicht gegeben seien. Der Frachtführer habe nämlich Fahrlässigkeit zu verantworten, wenn er eine Beförderung durchführe, obwohl er entdeckt habe, daß die Verladung oder Verstauung der Ware offenbar so mangelhaft sei, daß sie zu Beschädigungen oder zum Verlust Anlaß gebe. In einem solchen Fall würde auch eine eingeholte Weisung, den Transport mit dem unvorschriftsmäßig beladenen Fahrzeug durchzuführen, nicht bindend sein. Die Haftungsbefreiung komme daher dann nicht zum Zuge, wenn der Frachtführer bzw. seine Leute nach einer Überprüfung durch eine Zollbehörde nicht dafür Sorge tragen, daß das Gut wieder richtig zugeladen werde, und daraus ein Schade entstehe. Es sei nämlich Angelegenheit des Frachtführers, das Gut nach der Abladung anläßlich der Zollkontrolle wieder so zu verstauen, wie er es vom Absender übernommen habe. Der Einwand der Beklagten, für sie sei die nicht ordnungsgemäße Beladung durch die Hilfskräfte ein unabwendbares Ereignis gewesen, treffe nicht zu. Selbst wenn nämlich die arabischen Arbeiter den Anordnungen des Fahrers nur teilweise entsprochen und Josef W*** allein die Ladung nicht mehr ordnungsgemäß verstauen konnte, hätte für ihn doch die Möglichkeit bestanden, unter Inanspruchnahme anderer Hilfskräfte die Ladung wieder wie vorher zu verstauen und vor allem die Plane über die Ladung zu spannen. Selbst wenn dies nicht gelungen wäre, hätte Josef W*** bei der Weiterfahrt von der Grenzstelle besonders aufmerksam und insbesondere bei der kurvenreichen Strecke besonders vorsichtig fahren müssen, um ein Abrutschen der Kisten zu verhindern. Konkrete Behauptungen, wonach Josef W*** derartige Maßnahmen gesetzt habe, seien von der hiefür beweispflichtigen Beklagten gar nicht aufgestellt worden. Im übrigen könne eine Kontrolle nur etwa alle 100 Kilometer, wenn der Fahrer annehme, daß die Ladung nicht ordnugsgemäß verstaut sei, nicht als ausreichend erachtet werden. Von einem besonders gewissenhaften Fahrer müsse verlangt werden, daß er derartige Kontrollen jedenfalls in weit kürzeren Abständen vornimmt. Da sohin der Beklagten der Beweis für das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses im konkreten Fall nicht gelungen sei, sei die Haftung der Beklagten für den Verlust des Frachtgutes dem Grunde nach zu bejahen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung, allenfalls im Sinne des Zuspruches von nur S 80.525,-- s.A. und Abweisung des Mehrbegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig.
Die Frage der Ermittlung der Schadenshöhe im Sinne des Art. 23 CMR im vorliegenden Fall stellt nämlich eine entscheidungswesentliche Rechtsfrage des materiellen Rechtes dar, der erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt, weil diesbezüglich eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Soweit die Beklagte im Rahmen der Rechtsrüge der Revision einen Mangel des Berufungsverfahrens rügt, liegt dieser nicht vor, was nicht weiter zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Beklagte führt sodann in der Rechtsrüge aus, sie könne sich als Frachtführer auf die Haftungsbefreiung gemäß Art. 17 Abs 2 CMR berufen, weil die Beschädigung des Gutes auch durch die äußerste, nach den Umständen gebotene Sorgfalt oder durch alle vernünftigerweise dem Halter und dem Fahrer zumutbaren Vorkehrungen objektiv weder abgewendet noch in ihren Folgen hätte unschädlich gemacht werden können; es liege daher ein unabwendbares Ereignis vor, das die Haftung der Beklagten ausschließe.
Daß auf den gegenständlichen Beförderungsvertrag die Bestimmungen der CMR anzuwenden sind, ergibt sich aus deren Art. 1 und ist auch unbestritten.
Das Berufungsgericht hat indes zutreffend und im Einklang mit der einhelligen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 50/40, SZ 56/113 ua.) dargelegt, daß im Anwendungsbereich der CMR der Frachtführer von der Haftung für den Verlust oder die Beschädigung des Frachtgutes gemäß Art. 17 CMR dann befreit ist, wenn es ihm auch durch Anwendung äußerster, nach den Umständen des Falles möglicher und vernünftiger Weise zumutbarer Sorgfalt nicht möglich war, den Schadenseintritt zu verhindern. Ob aber nach den Umständen des vorliegenden Falles der Beklagten der Beweis (Art. 18 CMR) gelungen ist, daß es dem Lenker ihres LKWs auch durch Anwendung der äußersten, nach den Umständen des Falles möglichen und vernünftigerweise zumutbaren Sorgfalt nicht gelungen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, stellt keine Frage dar, deren Lösung eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beizumessen ist. Das Urteil des Berufungsgerichtes beruht in diesem Punkt somit nicht auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes, der erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt, sodaß gemäß § 503 Abs 2 ZPO mangels gesetzmäßiger Ausführung der Revision insoweit auf die Rechtsmittelausführungen nicht einzugehen war (Petrasch, ÖJZ 1983, 178, 3 Ob 535/84 ua.). Zur Frage der Ermittlung der Schadenshöhe macht die Revisionswerberin lediglich geltend, daß grundsätzlich die Haftung des Frachtführers durch die Bestimmungen der CMR eingeschränkt werden sollte. Es hätte daher für jede der beiden verlorengegangenen Kisten entsprechend ihrem Marktwert und ihrem Gewicht eine Einzelberechnung des Entschädigungsbetrages vorgenommen werden müssen, sodaß insgesamt nur S 80.525,-- zuzusprechen gewesen wären. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Schon das Erstgericht hat richtig erkannt und darauf verwiesen, daß der Wert des Gutes nach Art. 23 CMR zu berechnen ist und daß gemäß Art. 23 Abs 3 CMR die Entschädigung 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm Rohgewicht nicht übersteigen darf. Diese Bestimmung spricht bloß vom fehlenden Kilogramm des Rohgewichtes der in Verlust geratenen Güter. Demgemäß ist bei der Berechnung der Entschädigung auf das Gesamtgewicht der Sendung und nicht auf die Werte einzelner Waren oder in Rechnungen oder Verpackungseinheiten zusammengefaßter Stücke abzustellen; bei Teilverlust wird die Haftungshöchstsumme nur nach dem fehlenden Rohgewicht berechnet (Glöckner, Leitfaden zur CMR 6 Anm. 5 zu Art. 23, S 179 f.; Heuer "Die Haftung des Frachtführers nach der CMR", S 117 f. insbes. 121; Precht-Endrigkeit "CMR-Handbuch" 103-104; ebenso sinngemäß Loewe "Europäisches Transportrecht" 569). Im übrigen würde eine derartige Unterteilung der Sendung dem Sinn und Zweck der Bestimmungen der CMR widersprechen. Dieses Übereinkommen will wie andere nationale und internationale frachtrechtlichen Regelungen die Rechtssicherheit fördern, die Risken überschaubar machen und die rasche Abwicklung von Schäden erleichtern. Bei konsequenter Anwendung der Auffassung der Beklagten müßte für jede beförderte Sache das Verhältnis von Gewicht und Wert ermittelt werden, obwohl diese Umstände im Frachtbrief nicht festgehalten sind, für den Transport keine Bedeutung haben und auch für das Rechtsverhältnis zwischen Versender und Empfänger in aller Regel ohne Bedeutung sind, deshalb auch kaum ermittelt und festgehalten werden. Die Schadensabwicklung würde daher zu Lasten des Geschädigten unzumutbar erschwert. Die pauschalierende Regelung, die Artikel 23 Abs 3 CMR vorsieht, würde weithin wirkungslos, wenn für jede einzelne Sache der Wert pro Kilogramm festgestellt werden müßte. Diese Auslegung des Art. 23 Abs 3 CMR kann zwar im Ergebnis allenfalls zu einer ungleichen Entschädigung gegenüber gleichwertigen Waren in einer anderen Sendung führen, dies muß aber im Rahmen der summenmäßigen Haftungsbeschränkung hingenommen werden (vgl. VersR 1981, 473 = MDR 1981, 556, VersR 1979, 637 ua.).
In der Ermittlung der Schadenshöhe durch die Vorinstanzen kann daher entgegen der Auffassung der Revision keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E07989European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00640.85.0318.000Dokumentnummer
JJT_19860318_OGH0002_0020OB00640_8500000_000