TE OGH 1986/3/18 5Ob24/86

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Veröffentlicht am 18.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Dr.Hubert A***, Wien 4., Schleifmühlgasse 18/1a, vertreten durch Elfriede A***, ebendort, diese vertreten durch Michael Auer, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, Wien 5., Siebenbrunnenfeldgasse 15, wider die Antragsgegner 1.) Mendel (Max) W***, Pensionist, Wien 19., Lannerstraße 24/26, 2.) Gertrude W***, Geschäftsfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr.Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17. Dezember 1985, GZ41 R 1196/85-8, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23.September 1985, GZ42 Msch 73/84-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist auf Grund des Mietvertrages vom 18.10.1960 Mieter der Wohnung top.Nr.1a in dem den Antragsgegnern gehörenden Haus Wien 4., Schleifmühlgasse 18. Der gesetzliche Hauptmietzins (§ 2 Abs1 lita MG) beträgt 222 S monatlich. Gemäß § 3 Z 3 des Mietvertrages ist nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu zahlen. Ab dem 1.8.1984 schrieben die Antragsgegner dem Antragsteller unter Berufung auf die genannte Mietvertragsklausel und die zu 2 Ob 513/84 ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (inzwischen unter anderem in MietSlg.36.132 veröffentlicht) - davon ausgehend, daß die Wohnung in die Kategorie B gehöre und eine Nutzfläche von 110 m 2 aufweise - einen monatlichen Hauptmietzins von 2.013 S (= 18,30 S x 110 m 2 ) vor. Der Antragsteller zahlte den vorgeschriebenen Hauptmietzins.

Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle durch Anrufung des Erstgerichtes seitens der Antragsgegner außer Kraft getreten war, stellte das Erstgericht mit Sachbeschluß fest, daß die Antragsgegner durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von 2.013 S zu den Zinsterminen 1.8.1984 bis einschließlich 1.11.1984 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um jeweils 1.791 S (= 2.013 S minus 222 S) überschritten hätten; es trug den Antragsgegnern die Rückzahlung eines Betrages von 7.164 S (= 1.791 S x 4) samt 4 % Zinsen seit 2.11.1984 auf. Das Erstgericht vertrat die Auffassung, daß die Vorschreibung des für Wohnungen der Ausstattungskategorie B erlaubten Hauptmietzinses im gegenständlichen Fall unzulässig sei, weil § 3 Z 3 des Mietvertrages keinerlei Anhaltspunkte dafür biete, nach welchen Kriterien der neue Hauptmietzins zu vereinbaren wäre.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte aus:

Wenn das Erstgericht der von den Antragsgegnern zum Anlaß für die Mietzinserhöhung genommenen Vertragsklausel die Wirksamkeit mit der Begründung abgesprochen habe, diese vertragliche Vereinbarung reiche zu einer Bestimmbarkeit des neu zu vereinbarenden Mietzinses nicht aus, sei ihm ein Rechtsirrtum nicht unterlaufen. Wohl seien nach der Rechtsprechung schon vor dem Zeitpunkt einer Lockerung oder Liberalisierung der Mietzinsbildungsvorschriften für den Fall des Wegfalls oder der Aufhebung des Verbotes einer freien Mietzinsvereinbarung geschlossene Vereinbarungen als zulässig anzusehen, wenn das gesetzliche Verbot nur die Zeit des Vertragsabschlusses erfasse. Hiebei müsse jedoch die Einigung über den aufschiebend bedingten zukünftigen Zins bereits im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses vorliegen, der vereinbarte freie Zins müsse also bereits in diesem Zeitpunkt bestimmt oder objektiv bestimmbar sein. Diese Voraussetzung sei in der Rechtsprechung dann bejaht worden, wenn im Vertrag als zukünftiger Zins ein unter Hinweis auf Vertragsobjekte angemessener Mietzins, ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter Zins, ein ortsüblicher Zins oder der höchstzulässige Mietzins angeführt gewesen sei (MietSlg.36.131). Zutreffend habe das Erstgericht erkannt, daß die vorliegende Vertragsbestimmung, mit welcher sich der Mieter verpflichtet habe, nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung einen (nicht näher umschriebenen) neu zu vereinbarenden Mietzins zu zahlen, diesen an die objektive Bestimmbarkeit eines aufschiebend bedingten zukünftigen Zinses zu stellenden Anforderungen nicht entspreche. Ob die vorliegende vertragliche Vereinbarung aber als ausreichend bestimmbar angesehen werden könnte, um den Mieter für verpflichtet zu halten, einer Abänderung seines Vertrages in Richtung seiner Verpflichtung zu Zahlung des Kategoriezinses seiner Wohnung zuzustimmen, was der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.9.1985, 1 Ob 633/85, in einem ähnlich gelagerten Fall bejaht habe, könne dahingestellt bleiben, weil der Vermieter ein solches, nur im streitigen Verfahren zu erledigendes Begehren nicht gestellt, sondern ohne Abschluß der im Mietvertrag vorgesehenen neuen Vereinbarung einseitig den Mietzins erhöht habe, wozu er aber nach den vorstehenden Erwägungen jedenfalls nicht berechtigt gewesen sei. Der weitere Rekurs sei für zulässig zu erklären gewesen, weil die Frage, ob die vorliegende Vertragsklausel einen Vermieter ohne Abschluß einer neuen Vereinbarung zur einseitigen Anhebung des Mietzinses berechtige, von grundsätzlicher Bedeutung sei und diese Frage in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht einhellig beantwortet worden sei.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Abweisung des Feststellungsantrages des Antragstellers abzuändern.

Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Der erkennende Senat hat bereits in mehreren Entscheidungen (5 Ob 107/85, 5 Ob 113/85, 5 Ob 2/86, 5 Ob 15-17/86) zum Ausdruck gebracht, daß der Klausel, es sei nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu zahlen, - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - die erforderliche Bestimmbarkeit des neu zu vereinbarenden Mietzinses als Gültigkeitsvoraussetzung fehlt, weil darin in keiner Weise festgelegt worden ist, nach welchen Kriterien der Hauptmietzins bestimmbar sein solle. Es kann daher entgegen der Auffassung der Antragsgegner nicht gesagt werden, mit dieser Vertragsbestimmung sei bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Einigung über den künftig zu zahlenden Zins vorgelegen. Am 1.1.1986 trat das Bundesgesetz vom 12.12.1985, BGBl.559, mit dem unter anderem das Mietrechtsgesetz geändert worden ist, in Kraft. Gemäß Abs1 des durch dieses Gesetz in das Mietrechtsgesetz eingefügten § 16 a sind Vereinbarungen in einem vor dem 1.1.1982 geschlossenen Vertrag, die eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsehen, rechtsunwirksam, wobei unter diesen Vereinbarungen auch solche zu verstehen sind, in denen sich der Mieter für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses zum Abschluß einer neuen Mietzinsvereinbarung verpflichtet hat. Nach Art.IV Z 7 des Bundesgesetzes vom 12.12.1985, BGBl.559, ist § 16 a MRG auch auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen streitigen und außerstreitigen Verfahren anzuwenden. Damit wird, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals entschieden hat (6 Ob 660/85, 5 Ob 112/85, 8 Ob 633/85, 5 Ob 18/86 u.a.), in eindeutiger Weise eine Rückwirkung des § 16 a MRG auf die dem genannten Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalte angeordnet (ebenso Rieder in der 120.Sitzung des Nationalrates, Stenographische Protokolle der 16. Gesetzgebungsperiode 10.626 rSp unten; ImmZ 1986,28 Punkt 1 litd; Würth-Zingher, MRG '86,39 Anm 3 zu § 16 a MRG). Die von den Antragsgegnern zitierten, Dauerrechtsverhältnisse betreffenden Entscheidungen (MGA 2 32 Entscheidungen 13 und 14 zu § 5 ABGB) stehen dieser Auffassung nicht entgegen, weil sie nur in Ermangelung einer anderen Anordnung des Gesetzgebers gelten, die hier eben vorliegt. Auch die spezielle Regelung der Kostenfolgen in Art.IV Z 7 Satz 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 12.12.1985, BGBl.559, vermag an der dargelegten Rückwirkungsanordnung nichts zu ändern (vgl. dazu den Bericht des Justizausschusses, 800 BlgNR 16.GP 3, welcher darauf hinweist, daß die Klage auch noch im Verfahren zweiter und dritter Instanz unter Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen werden kann - § 483 Abs3 Satz 2 und § 513 ZPO -, daß dies analog auch im Rekursverfahren gilt - Fasching, Lehrbuch Rdz 1250 - und daß auch im Außerstreitverfahren die Zurücknahme des verfahrenseinleitenden Antrages in jeder Lage des Verfahrens zulässig ist - 2 Ob 598/82). Die von Iro in RdW 1986,37 f geäußerte Rechtsansicht, Zinsanpassungsklauseln bzw. daran anknüpfende Mietzinsvereinbarungen seien nach § 16 a MRG generell, also auch in am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, nur hinsichtlich der nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 12.12.1985, BGBl.559, liegenden Zinsperioden unwirksam, träfe nach Meinung des Obersten Gerichtshofes nur dann zu, wenn sich der Gesetzgeber auf die allgemeine Anordnung des Inkrafttretens des genannten Gesetzes mit 1.1.1986 (Art.IV Z 1) beschränkt und die spezielle Anordnung für die am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (Art.IV Z 7) unterlassen hätte. Gegen diese spezielle Anordnung bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Bedenken; es ist nicht unsachlich, im Bereich noch nicht rechtskräftig abgeschlossener Verfahren die Rückwirkung zwingender gesetzlicher Vorschriften zu normieren, eine Rückwirkung solcher Vorschriften auf rechtskräftig entschiedene Fälle aber nicht vorzusehen. Dadurch, daß § 16 a MRG außerhalb des Anwendungsbereiches des Art.IV Z 7 des Bundesgesetzes vom 12.12.1985, BGBl.559, erst am 1.1.1986 in Kraft getreten ist, wurden im Sinne der eingangs zitierten Rechtsprechung (5 Ob 107/85 u.a.) von Anfang an ungültige Zinsanpassungsklauseln wie die gegenständliche auch nicht - wie die Antragsgegner meinen - bis zum 31.12.1985 (rückwirkend) gültig (im Ergebnis ebenso bereits 5 Ob 15-17/86, 5 Ob 18/86). Es war daher dem Revisionrekurs ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E07787

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00024.86.0318.000

Dokumentnummer

JJT_19860318_OGH0002_0050OB00024_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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