Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*** L***, 6105 Leutasch, vertreten durch Dr. Josef Heis und Dr. Markus Heis, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Werner K***, Wirtschaftsingenieur, Flachskampstraße 86, D 4000 Düsseldorf, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Santer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Entfernung eines Zaunes und Unterlassung der Benützung eines Grundstückes (Streitwert S 100.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. Jänner 1986, GZ. 1 R 345/85-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 26. September 1985, GZ. 8 Cg 57/85-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag übermittelt, den in dem Urteil vom 14. Jänner 1986, GZ. 1 R 345/85-32, fehlenden Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes (§ 500 Abs. 2 ZPO) nachzutragen oder sonst, sollte es sich hiebei nur um die Abweichung der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung handeln, mit der Berichtigung vorzugehen und sodann die Akten wieder vorzulegen.
Text
Begründung:
In der auf Entfernung eines Zaunes und Unterlassung der Benützung bestimmter Grundflächen gerichteten Klage hat die Klägerin den Wert des Streitgegenstandes mit S 100.000,-- angegeben (§ 56 Abs. 2 JN). Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtskraftvorbehalt das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte und sprach nach § 500 Abs. 3 ZPO aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei, weil den in diesem Rechtsstreit zu lösenden Rechtsfragen keine erhebliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung zukomme. Der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, besteht nicht in einem Geldbetrag, hat aber einen Vermögenswert. Nach § 500 Abs. 2 ZPO hat das Berufungsgericht, wenn der Streitgegenstand, über den es entscheidet, nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, im Urteil auszusprechen, ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- übersteigt, wenn es der Berufung ganz oder teilweise stattgibt, und ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- übersteigt, wenn es das Urteil erster Instanz ganz oder teilweise bestätigt. Ergibt sich aus dem Ausspruch nicht schon, daß dies nicht der Fall ist, ist auch noch auszusprechen, ob der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000,-- übersteigt. Nach § 502 Abs. 3 Satz 2 ZPO gilt das Berufungsurteil nicht als bestätigend, wenn das Urteil der ersten Instanz vor Rechtskraft des Beschlusses des Berufungsgerichtes, das ein früheres Urteil der ersten Instanz gemäß dem § 496 Abs. 1 Z 2 und 3 ZPO aufgehoben hatte, gefällt worden ist und wegen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten wird, von der das Berufungsgericht in jenem Beschluß ausgegangen ist (§ 499 Abs. 2 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, das der Berufung der Klägerin nicht stattgegeben hat, erhob die Klägerin die außerordentliche Revision. Das Erstgericht verfügte die Zustellung einer Ausfertigung der Revisionsschrift an den Gegner (§ 507 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und legte die Revision samt allen Akten dem Revisionsgericht unmittelbar vor (§ 508 Abs. 2 ZPO). Im Urteil des Berufungsgerichtes fehlt jeder Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes, obwohl § 500 Abs. 2 ZPO den zur Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erforderlichen Bewertungsausspruch zwingend anordnet. Der nach § 500 Abs. 3 ZPO erfolgte Ausspruch, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei, spricht zwar für die Annahme des Berufungsgerichtes, daß die Revision nicht schon nach § 502 Abs. 2 oder 3 ZPO jedenfalls unzulässig oder nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig ist. Dennoch kann auf den Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes nicht verzichtet werden. Es könnte vorkommen, daß ein Berufungsgericht meint, die Bewertung werde durch die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes in der Klage entbehrlich, obwohl nach § 500 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes zwar die §§ 54 bis 60 JN sinngemäß anzuwenden sind, jedoch keine Bindung an die Geldsumme eintritt, die der Kläger als Wert des Streitgegenstandes angegeben hat. Wegen der Einschränkungen, die bei der Anwendung des § 502 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorzunehmen sind (Fasching ZPR Rz 1877), ist zur Beurteilung, ob die Revision nicht jedenfalls unzulässig ist, von Bedeutung, ob der Wert des Streitgegenstandes (hier zugleich Beschwerdegegenstand nach § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO) S 15.000,-- und ob er S 60.000,-- übersteigt und ob er schließlich S 300.000,-- übersteigt. Übersteigt der Wert des Streitgegenstandes nicht S 15.000,--, ist die Revision nach § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO unzulässig; übersteigt der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- nicht aber S 60.000,-- ist zunächst zu prüfen, ob die ausnahmsweise Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs. 3 Satz 2 ZPO anzunehmen ist und sodann, ob die Voraussetzungen nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliegen. Übersteigt der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, aber nicht S 300.000,-- ist die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision nur nach dem letzten Gesichtspunkt zu beurteilen und übersteigt der Wert des Streitgegenstandes schließlich S 300.000,--, so wäre das Rechtsmittel als Revision ohne die Beschränkung auf Revisionsgründe nach § 503 Abs. 2 ZPO zu behandeln.
Solange der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes, das hier wohl auch auf § 502 Abs. 3 Satz 2 ZPO Bedacht zu nehmen und zweckmäßig auszusprechen haben wird, ob der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 60.000,-- oder auch S 60.000,-- nicht aber S 300.000,-- oder aber auch S 300.000,-- übersteigt, fehlt, kann in die Prüfung der Zulässigkeit der Revision nach § 508 a ZPO nicht eingegangen werden. Es ist daher der Nachtrag des fehlenden Ausspruches zu veranlassen (vgl. Fasching ZPR Rz 1831; MietSlg. 35.798 uva.).
Anmerkung
E07887European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB01511.86.0318.000Dokumentnummer
JJT_19860318_OGH0002_0050OB01511_8600000_000