TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/1 2005/03/0048

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Veröffentlicht am 01.07.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs2;
ZustG §17;
ZustG §21;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des I V in W, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. März 2002, Zl SD 37/00, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung gegen ein Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Dezember 1999 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 29. November 1999, mit dem ihm gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz, BGBl I Nr 12/1996 (WaffG) in Verbindung mit § 57 AVG der Besitz von Waffen und Munition verboten worden war, gemäß § 57 Abs 2 AVG zurückgewiesen. Der Bescheid vom 29. November 1999 sei dem Beschwerdeführer am 2. Dezember 1999 durch Hinterlegung zugestellt worden, weshalb die am 23. Dezember 1999 eingebrachte Vorstellung verspätet sei.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde zunächst Folgendes aus:

"Mit Mandatsbescheid der Erstbehörde vom 29.11.1999 wurde dem Berufungswerber der Besitz von Waffen und Munition verboten. Einem Bericht vom 29.11.1999 zufolge wurde zunächst am selben Tag gegen

19.10 Uhr versucht, diesen Waffenverbotsbescheid zuzustellen. Der Berufungswerber konnte jedoch vom Beamten des Bezirkspolizeikommissariates Hernals nicht angetroffen werden bzw. wurde ihm die Wohnungstür nicht geöffnet. Aus vorangegangenen Amtshandlungen könne jedoch berichtet werden, dass der Berufungswerber, auch wenn er zu Hause ist, die Wohnungstür bzw. das Haustor nie öffne. Auch habe der Berufungswerber auf diverse Ladungen nie reagiert. Der nächste Zustellversuch erfolgte am 30.11.1999 in der Zeit von 09.25 bis 10.30 Uhr. Am selben Tag wurden in der Zeit von 19.40 bis 20.45 Uhr erneut Erhebungen vor Ort durchgeführt, wobei in zwei Fenstern des Hauses ein Lichtschein wahrgenommen werden konnte. Auch beim erneuten Zustellversuch am 01.12.1999 wurde Licht im Haus wahrgenommen, da jedoch die Haustüre nicht geöffnet wurde, hinterlegte der Beamte ein Schriftstück mit dem Vermerk, 'RSa-Brief konnte nicht zugestellt werden' und der gleichzeitigen Ankündigung eines zweiten Zustellversuches für 02.12.1999 im Briefkasten. Anlässlich des vergeblichen zweiten Zustellversuches stellte der Beamte fest, dass die am Vortag hinterlegte Ankündigung des Zustellversuches nicht mehr am Briefkasten war. Daraufhin wurde das zu eigenen Handen zuzustellende behördliche Schriftstück - der Waffenverbotsbescheid - am Bezirkspolizeikommissariat Hernals am 02.12.1999 hinterlegt."

Erst in der Berufung habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, sich vom 1. bis zum 12. Dezember 1999 in Ungarn aufgehalten zu haben, weshalb keine rechtswirksame Zustellung erfolgt sei. Dem stehe im Wesentlichen entgegen, dass ein derart wichtiges Vorbringen schon früher zu erwarten gewesen wäre, hätte es den Tatsachen entsprochen. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer anlässlich seiner Befragung am 22. Dezember 1999 auf die Frage, warum er nach erfolgter Verständigung durch die Polizei nicht den Bescheid behoben habe, erklärt, "den Kopf in den Sand gesteckt" zu haben. Noch dazu habe er in seiner Vorstellung ausgeführt, er habe "dieses Schreiben deshalb nicht übernommen bzw von der Post abgeholt, da er der Annahme gewesen sei, es handle sich um einen anwaltlichen Brief seiner Frau". Damit habe er selbst eingestanden, das Schreiben nicht übernommen bzw abgeholt zu haben, ohne irgend einen Hinweis auf einen Aufenthalt in Ungarn. Die Angabe, sich vom 1. bis zum 12. Dezember 1999 in Ungarn aufgehalten zu haben, werde deshalb als "Schutzbehauptung" gewertet, woran auch die Bestätigung seiner Schwester nichts ändern könne. Davon ausgehend sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, einen Zustellmangel geltend zu machen. Da der Bescheid über die Verhängung des Waffenverbots also am 2. Dezember 1999 durch Hinterlegung zugestellt worden sei, erweise sich die erst am 23. Dezember 1999 eingebrachte Vorstellung als verspätet.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 137/2001 (ZustG) lauten:

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

...

Zustellung zu eigenen Handen

§ 21. (1) Dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen dürfen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.

(2) Kann die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen."

Der Beschwerdeführer rügt, eine Hinterlegung (am 2. Dezember 1999) sei unwirksam gewesen, weil er wegen seines Aufenthaltes in Ungarn vom 1. Dezember 1999 bis 12. Dezember 1999 ortsabwesend gewesen sei. Durch die in unzulässig vorgreifender Beweiswürdigung erfolgte Unterlassung der zu diesem Beweisthema beantragten Einvernahme seiner Schwester als Zeugin sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde habe überdies weder die Vorschrift des § 21 Abs 2 ZustG noch die des § 17 ZustG eingehalten. So fehle es an der gebotenen Ankündigung eines zweiten Zustellversuches, aber auch an der Verständigung über die erfolgte Hinterlegung.

Dieses Vorbringen ist zielführend: Die belangte Behörde hatte von Amts wegen die Rechtswirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung zu prüfen. Dafür standen ihr nach der Aktenlage Berichte über die (versuchte) Zustellung (AS 36 bis 40) und die Kopie einer "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes" (AS 41) zur Verfügung.

Aus diesen Urkunden ist aber nicht erkennbar, ob der Beschwerdeführer dem § 17 Abs 2 ZustG entsprechend von der Hinterlegung verständigt wurde, ob diese Verständigung also in den Briefkasten eingelegt, an der Abgabestelle zurückgelassen oder an der Eingangs- (Wohnungs-, Haus- oder Gartentüre) angebracht wurde.

Wenn die belangte Behörde von weiteren Erhebungen zu dieser Frage Abstand nahm, so belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er schon deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003. Wien, am 1. Juli 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005030048.X00

Im RIS seit

04.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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