TE OGH 1986/3/20 12Os191/85

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Veröffentlicht am 20.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.März 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gruber als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jakob K*** wegen des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6.November 1985, GZ 11 Vr 1188/85-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Rzeszut, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Prasthofer zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht nach § 43 StGB aus dem Urteil ausgeschaltet.

Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Jakob K*** des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach § 209 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, welche gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung war erschwerend die einschlägige Vorstrafe, mildernd hingegen die verlockende Gelegenheit und der Umstand, daß eine psychische Schädigung des Tatopfers Hans Hermann T*** nicht anzunehmen ist.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß vom 20. Februar 1986, 12 Os 191/85-6, welchem auch der nähere Inhalt des Schuldspruchs zu entnehmen ist, zurückgewiesen. Im Gerichtstag war daher nur noch über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe bzw. Verhängung einer (unbedingten) Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe begehrt, während die Anklagebehörde eine Ausschaltung des Ausspruchs nach § 43 StGB anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Lediglich der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.

Weitere Milderungsgründe werden vom Angeklagten nicht aufgezeigt: Dem Umstand, daß er hinsichtlich des Alters des Zeugen T*** nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, wurde vom Erstgericht offenkundig bei Wertung der Schuld des Angeklagten und Verhängung einer nur an der Untergrenze des Strafsatzes des § 209 StGB liegenden Freiheitsstrafe Rechnung getragen. Weil die Schuld tatbezogen zu verstehen ist, der Täter seinen konkreten Tatentschluß zu verantworten hat, jedoch nicht nach seinem individuellen Maßstab, sondern an der Modellfigur des maßgerechten Menschen gemessen wird und kriminelle Persönlichkeitszüge ihn nicht entlasten, sondern belasten (Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 32 RZ 7), kann - entgegen dem Beschwerdevorbringen - die homosexuelle Veranlagung des Angeklagten nicht als mildernd gewertet werden. Die verhängte Strafe ist im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) nicht überhöht ausgemessen worden, sodaß eine Strafherabsetzung nicht angebracht war.

Gegen die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der im Gesetz vorgesehenen Freiheitsstrafe sprechen im Hinblick auf die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafe des Berufungswerbers spezialpräventive Erwägungen, wie sie in § 37 StGB ausdrücklich verankert sind, sodaß der Berufung auch in diesem Umfange ein Erfolg zu versagen war.

Hingegen war der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben. Der rasche Rückfall nach einer einschlägigen

Vorverurteilung - der Angeklagte wurde vom Landesgericht für Strafsachen Graz, AZ 4 Vr 3172/83, am 12.Jänner 1984 wegen Verbrechens nach § 209 StGB schuldig erkannt und ist noch während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens Ende April oder Anfang Mai 1984 rückfällig geworden - weist auf eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten gleichgültige Einstellung hin und spricht gegen die Annahme, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher Folge zu geben und der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht aus dem Urteil auszuschalten.

Anmerkung

E07960

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00191.85.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19860320_OGH0002_0120OS00191_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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