TE OGH 1986/3/25 14Ob23/86

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Veröffentlicht am 25.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dipl.Ing. Otto Beer und Johann Friesenbichler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther P***, Zimmerer, Linz, Memhardstraße 3, vertreten durch Dr. Heinrich E***, Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich in Linz, dieser vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei F***-BETONIT-WERKE A*** in Linz, Rainerstraße 17,

vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 28.444,63 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 23. Oktober 1985, GZ 12 Cg 24/85-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Linz vom 12. Juni 1985, GZ 1 Cr 84/85-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 257,25 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Folgender Sachverhalt steht außer Streit: Der Kläger war von April 1980 bis 2. Jänner 1985 ununterbrochen als Zimmererfacharbeiter im Unternehmen der beklagten Partei beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung, wobei dem Kläger die Wiedereinstellung ohne Nennung eines bestimmten Termins mündlich zugesichert wurde. Am 21. Jänner 1985 nahm der Kläger zu denselben Bedingungen wie zuvor seine Arbeit bei der beklagten Partei wieder auf. Am 22. Jänner 1985 kündigte er das Arbeitsverhältnis. Auf dieses war der Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe in der am 1.4.1983 geltenden Fassung anzuwenden.

Der Kläger begehrte mit der vorliegenden Klage die Zahlung einer Abfertigung von zwei Monatsentgelten in der außer Streit stehenden Höhe von S 27.950,38 sA. Er stützt dieses Begehren auf die von der beklagten Partei zum 2.1.1985 ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie brachte vor, daß das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages bis zu der durch den Kläger vorgenommenen Kündigung als Einheit anzusehen sei. Bei einer arbeitnehmerseitigen Kündigung stehe aber ein Abfertigungsanspruch nicht zu. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, der Kläger habe das Arbeitsverhältnis innerhalb von 120 Tagen nach der durch die beklagte Partei ausgesprochenen Kündigung fortgesetzt. Nach dem § 13 Z 7 KV sei die vor der Unterbrechung liegende Dienstzeit auf das neue Arbeitsverhältnis anzurechnen. Dieses sei jedoch vom Kläger gekündigt worden, sodaß ihm ein Abfertigungsanspruch nicht zustehe.

Der Kläger dehnte das Klagebegehren im Berufungsverfahren um den Betrag von S 494,25 sA auf den Betrag von S 28.444,63 sA mit der Begründung aus, er habe vor dem 2.1.1985 regelmäßig Überstunden im Ausmaß von 2,5 Stunden pro Monat geleistet, sodaß sich sein Abfertigungsanspruch entsprechend erhöhe. Die beklagte Partei bestritt dies.

Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Die Bestimmungen des § 13 KV über die Zusammenrechnung von an sich unterbrochenen Dienstzeiten seien günstiger als die eine Zusammenrechnung nicht vorsehenden Bestimmungen des Arbeiterabfertigungsgesetzes und der danach anzuwendenden Vorschriften des § 23 AngG.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt. Nach dem § 13 Z 7 KV erfolgt für den Fall, daß das zunächst aufgekündigte Arbeitsverhältnis innerhalb von 120 Tagen nach der Beendigung beim selben Arbeitgeber fortgesetzt wird, anstelle der Auszahlung der Abfertigung die Anrechnung der dem Abfertigungsanspruch zugrunde liegenden anrechenbaren Dienstzeiten. Der Anspruch auf Abfertigung, der durch die seinerzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden ist, ist gemäß dem § 13 Z 6 KV, soweit die Abfertigung nicht den Betrag des dreifachen Monatsentgelts übersteigt, 120 Tage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Für die Anrechnung der Dienstzeiten genügt, soweit sie den Zeitraum nach dem 31.3.1979 betreffen und nicht andere, hier nicht in Betracht kommende Ausnahmsfälle vorliegen, eine mündliche Zusicherung der Wiedereinstellung (§ 13 Z 3 und 4 KV). Wenn nun ein Arbeitnehmer innerhalb von 120 Tagen nach der letzten Beendigung des Arbeitsverhältnisses dieses beim selben Arbeitgeber fortsetzt und damit die oben dargelegte Anrechnung der alten Dienstzeiten nach dem § 13 Z 7 KV erfolgt, liegt für den in Zukunft entstehenden Abfertigungsanspruch und die beim selben Arbeitgeber zurückgelegte Dienstzeit ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis im Sinne des § 23 Abs 1 AngG vor.

Der Revisionswerber hat infolge Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses bei der beklagten Partei innerhalb von 120 Tagen von der im Kollektivvertrag vorgesehenen Möglichkeit der Anrechnung der bisher bei der beklagten Partei zurückgelegten Dienstzeiten Gebrauch gemacht. Hätte er diese Rechtsfolge vermeiden wollen, hätte er dies entsprechend zum Ausdruck bringen und mit der beklagten Partei eine abweichende Vereinbarung anstreben müssen. Sein Arbeitsverhältnis ist daher infolge dieser Anrechnung für den Abfertigungsanspruch als ununterbrochen im Sinne des § 23 AngG anzusehen. Daraus folgt, daß der zunächst infolge der arbeitgeberseitigen Kündigung entstandene, allerdings noch nicht fällig gewordene Abfertigungsanspruch seine Grundlage verloren hat und erloschen ist. Die Rechtslage ist die gleiche, wie wenn die Parteien eines Arbeitsvertrages, der vom Arbeitgeber aufgekündigt worden ist, ohne daß der Arbeitnehmer zunächst seinen Abfertigungsanspruch geltend macht, in der Folge ein neues Arbeitsverhältnis und die Anrechnung der vor der Kündigung des alten Arbeitsverhältnisses zurückgelegten Dienstzeit auf die für die Bemessung der Abfertigung relevante Dienstzeit des neuen Arbeitsverhältnisses vereinbaren. Der Arbeitnehmer hat sich in beiden Fällen dafür entschieden, daß das Arbeitsverhältnis für den Abfertigungsanspruch als ununterbrochen anzusehen ist; der seinerzeit entstandene Abfertigungsanspruch ist durch die getroffene Vereinbarung beseitigt.

Ob die eine oder andere Variante für den Arbeitnehmer günstiger ist - Geltendmachung des Abfertigungsanspruchs für das alte Arbeitsverhältnis und Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses oder Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses unter Einrechnung der im alten Arbeitsverhältnis zurückgelegten Dienstzeit und daher Aufrechterhaltung der seinerzeit bestehenden Anwartschaft auf die Abfertigung - unterliegt seiner DispositiON Hat er sich für die zweite Variante entschieden, steht ihm ein Abfertigungsanspruch aus dem alten Arbeitsverhältnis, das nunmehr "fortgesetzt" wird, jedenfalls nicht mehr zu. Er kann sich daher nicht mehr auf das Gesetz (§ 23 AngG) berufen, sodaß die Frage, welche Norm günstiger ist, hier ohne rechtliche Bedeutung ist.

Der Kläger hat sich für eine solche Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses und die Anrechnung der alten Dienstzeiten auf einen künftigen Abfertigungsanspruch entschieden, indem er die Arbeit am 21.1.1985 innerhalb der im Kollektivvertrag hiefür vorgesehenen 120 Tage angetreten und nicht etwa erklärt hat, auf die Anrechnung der alten Dienstzeiten zu verzichten, um die Abfertigung aus dem alten Arbeitsverhältnis beanspruchen zu können. Damit ist sein früherer Abfertigungsanspruch erloschen. Ein neuer Anspruch konnte aber infolge der durch den Kläger am 22.1.1985 ausgesprochenen Kündigung nicht entstehen (§ 23 Abs 7 AngG iVm Art I § 2 Abs 1 ArbAbfG), sodaß dem Klagebegehren die Berechtigung fehlt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E07883

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00023.86.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19860325_OGH0002_0140OB00023_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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