Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Dipl.Ing.Otto Beer und Johann Friesenbichler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter H***, Handelsvertreter, Wien 1., Bösendorferstraße 5, vertreten durch Dr.Walter Franek, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagte Partei T*** Wärmetechnik Gesellschaft mbH in Kematen an der Ybbs, 1. Straße 51, vertreten durch Dr.Helmar Feigl, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen 283.200 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 7.Mai 1985, GZ 7 Cg 25/84-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes St.Pölten vom 19.März 1984, GZ Cr 81/83-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 11.158,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind 960 S an Barauslagen und 927,15 S an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung eines Betrages von 283.200 S sA als Ersatz eines ihm in der Zeit vom Oktober 1981 bis einschließlich Jänner 1982 infolge Provisionsentganges entstandenen Schadens. Er habe mit der beklagten Partei am 30.September 1981 einen Handelsvertretervertrag mit Gebietsschutz abgeschlossen. Seine Aufgabe habe im Vertrieb eines von der beklagten Partei herzustellenden Heizkessels bestanden, wofür er ein Vertriebsnetz durch Einrichtung von sogenannten Referenzzentren und Beschäftigung von Subvertretern hätte errichten sollen. Dazu sei es in der Folge nicht gekommen, weil die beklagte Partei an Frau Anna H*** nicht den von dieser Kundin durch Vermittlung des Klägers bestellten, sondern einen von der Bestellung abweichenden Heizkessel geliefert habe. Bei dieser Kundin hätte jedoch der Kläger ein der Werbung für diese Heizkessel dienendes Referenzzentrum einrichten wollen. Die beklagte Partei habe durch diese schuldhafte mangelhafte Lieferung sowie durch die Unterlassung der Übergabe von zur Unterstützung der Tätigkeit des Klägers bestimmten Unterlagen diesen vertragswidrig daran gehindert, Provisionen zu verdienen. Der Kläger hätte in der Zeit von Oktober 1981 bis einschließlich Jänner 1982 pro Monat ca. 15 Heizkessel verkaufen und insgesamt 320.000 S an Provisionen verdienen können. Er begehre vorerst die Zahlung eines Betrages von 240.000 S zuzüglich 43.200 S an Umsatzsteuer. Mit Schreiben vom 27.Jänner 1982 habe die beklagte Partei das Vertragsverhältnis zum 30.September 1982 gekündigt und erklärt, bis zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage zu sein, Aufträge auszuführen. Der Kläger habe hierauf mit Schreiben vom 3.Februar 1982 das Vertragsverhältnis vorzeitig aufgelöst. Er stütze seine Schadenersatzansprüche insbesondere auf den § 24 HVG.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe die dem Vertrag zugrunde liegende Gewerbeberechtigung für eine Handelsagentur bereits seit 1974 als ruhend gemeldet gehabt. Die für Anna H*** bestimmte Heizungsanlage sei nicht vom Kläger, sondern vom Geschäftsführer der beklagten Partei verkauft worden. Der Kläger habe keine einzige Anlage verkauft. Die beklagte Partei wendete Gegenforderungen in der Höhe von 3.337,58 S an Inseratenkosten und von 33.512 S für einen vom Kläger nicht zurückgestellten Heizkessel compensando ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren im wesentlichen mit der Begründung ab, die beklagte Partei habe den Kläger weder willkürlich noch in Schädigungsabsicht daran gehindert, Provisionen zu verdienen. Im übrigen stehe nicht fest, daß der Kläger 15 Kessel pro Monat hätte verkaufen können.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende noch wesentliche Feststellungen:
Die beklagte Partei entwickelte im Jahr 1981 - ebenso wie ihre Konkurrenzbetriebe - für die von ihr erzeugten Heizkessel eine Rauchgasverbrennung, die sich aber in der Praxis dann nicht bewährte. Die von ihr erzeugten 30 Kessel dieser Art wurden im zweiten Halbjahr 1981 vom Geschäftsführer der beklagten Partei und von Josef B*** verkauft. Die beklagte Partei tauschte diese Kessel in den Jahren 1982 und 1983 aus.
Der Kläger hatte mit 31.Dezember 1974 das Ruhen seiner Gewerbeberechtigung als Handelsagent angezeigt. Am 30.September 1981 schlossen die Parteien unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Gewerbeberechtigung des Klägers einen Handelsvertretungsvertrag, mit welchem der Kläger die Alleinvertretung aller Erzeugnisse der beklagten Partei für das Gebiet der Republik Österreich mit Ausnahme näher bezeichneter Teilgebiete übernahm. Die Parteien vereinbarten ua eine Provision von 30 % des Bruttofakturenbetrages. Sollte die beklagte Partei infolge Betriebseinstellung, Brandschaden, Arbeitsüberhäufung, höhere Gewalt oder aus sonstigen Gründen zeitweise nicht in der Lage sein, neue Aufträge anzunehmen, sollte sie den Kläger hievon unverzüglich in Kenntnis setzen. Der Kläger durfte sich bei seiner Arbeit geeigneter Personen bedienen. Der Kläger hatte keine technische Vorbildung und keine praktische Erfahrung im Vertrieb von Heizkesselanlagen. Er wurde von Josef B*** eingeschult. Die beklagte Partei übergab dem Kläger alles ihr zur Verfügung stehende Prospektmaterial samt Preislisten. Der Kläger beabsichtigte, sogenannte Referenzzentren bei Kunden einzurichten, welche einen Kessel erworben hatten; er sprach darüber mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei. Der Kläger wollte den Interessenten bei diesen Kunden im Betrieb stehende Anlagen vorführen. Versuche des Klägers, einen Vertrieb auch über den Fachhandel aufzubauen, scheiterte an der ablehnenden Haltung der Händler.
Der Kläger bahnte mit Anna H*** den Verkauf eines Kessels an. Dieses Geschäft wurde am 2.November 1981 in Anwesenheit des Geschäftsführers der beklagten Partei, den der Kläger für technische Auskünfte benötigte, abgeschlossen. In der Folge wurde aber an Anna H*** nicht der bestellte, sondern ein größerer Kessel geliefert, der sich dann als ungeeignet erwies. Die Kundin demontierte hierauf den Kessel und kaufte ein anderes Produkt. Der Plan des Klägers, bei ihr ein Referenzzentrum zu errichten, konnte daher nicht verwirklicht werden. Der Kläger beabsichtigte weiters, bei Adolf H***, der bereits im Sommer 1981 über Vermittlung des Josef B*** von der beklagten Partei einen Kessel gekauft hatte, ein solches Zentrum einzurichten. Diese Anlage funktionierte aber ebenfalls nicht. Ob dies auf einen Mangel des Brenners oder der Installation zurückzuführen war, kann nicht festgestellt werden. Dem Kläger gelang es bis zum 3.Februar 1982 nicht, einen weiteren Auftrag zu erhalten. Josef B*** verkaufte in der Zeit von Juni bis Oktober 1981 26 bis 28 Kessel.
Die beklagte Partei kündigte mit Schreiben vom 27.Jänner 1982 das Vertragsverhältnis zum 31.Juli 1982 auf. Sie gab in diesem Schreiben dem Kläger bekannt, daß sie zumindest bis zum letztgenannten Zeitpunkt produktionsbedingt nicht in der Lage sei, Aufträge auszuführen. Mit Schreiben vom 23.Februar 1982 löste der Kläger das Vertragsverhältnis gemäß dem § 23 HVG vorzeitig auf. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Kläger mache mit der vorliegenden Klage ausschließlich Ansprüche auf Ersatz von Provisionen geltend, die ihm in der Zeit von Oktober 1981 bis Jänner 1982 entgangen seien, nicht aber Ansprüche aus der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses. Die sohin nach dem § 10 (und nicht nach dem § 24 HVG) zu beurteilenden Ansprüche setzten aber eine vertragswidrige Verhinderung, Provisionen zu verdienen, voraus. Eine derartige Verhinderung sei aber nicht schon dann anzunehmen, wenn der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelsvertreters erschwere oder behindere; sie setze vielmehr Maßnahmen des Geschäftsherrn voraus, die willkürlich, ohne vertretbaren Grund oder gar in Schädigungsabsicht getroffen werden. Derartige Maßnahmen habe die beklagte Partei nicht ergriffen. Sie habe dem Kläger alle ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen für den Verkauf zur Verfügung gestellt; eine mangelhafte Erfüllung des mit Anna H*** abgeschlossenen Kaufvertrages sei keine Maßnahme im vorerwähnten Sinn. Der Klagsanspruch sei auch nach allgemeinen Schadenersatzgrundsätzen nicht berechtigt, weil die beklagte Partei den Kaufvertrag nicht in der Absicht mangelhaft erfüllt habe, den Provisionsverdienst des Klägers zu beeinträchtigen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die vom Verfahrenshilfevertreter "über ausdrückliches Verlangen des Klägers" der Revisionsschrift beigelegten "Stellungnahme" des Klägers vom 30.Dezember 1985 und "Information" des Klägers vom 15. September 1984 können nicht berücksichtigt werden, weil die Revision gemäß dem § 506 Abs 1 Z 4 ZPO die Unterschrift eines Rechtsanwalts enthalten muß. Den Parteien selbst ist es nicht gestattet, die von ihrem Vertreter unterfertigte Rechtsmittelschrift durch eigene Ausführungen zu ergänzen.
Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, macht der Kläger trotz der Berufung auf § 24 HVG nicht etwa Ersatzansprüche aus der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses, sondern ausschließlich einen Entschädigungsanspruch wegen "Verhinderung am Verdienst" im Sinne des § 10 HVG für die Vertragszeit (Oktober 1981 bis einschließlich Jänner 1982) geltend. Ob er zur vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses berechtigt war und ob ihm allenfalls daraus ein Anspruch erwachsen ist, ist daher nicht Gegenstand dieses Prozesses.
Nach § 10 HVG gebührt dem Handelsvertreter eine angemessene Entschädigung, wenn er vom Geschäftsherrn vertragswidrig gehindert wird, Provisionen in dem vereinbarten oder in dem nach den getroffenen Vereinbarungen zu erwartenden Umfang zu verdienen. Diese Bestimmung wiederholt lediglich allgemeine Grundsätze des Schadenersatzrechts, wonach schuldhafte Erfüllungsvereitelung nach dem § 920 ABGB zu Schadenersatzansprüchen führt. Eine Vertragswidrigkeit im vorerwähnten Sinn liegt vor, wenn sich der Geschäftsherr während des Vertragsverhältnisses dauernd der Möglichkeit begibt, die vermittelten Geschäfte abzuschließen, oder wenn er den Handelsvertreter im Erwerb einer Provision dadurch hindert, daß er ihm die erforderlichen Muster oder Preislisten nicht rechtzeitig übergibt. Ein vertragswidriges Verhalten kann aber nicht schon darin erblickt werden, daß der Geschäftsherr die vermittelten Geschäfte mangelhaft oder nicht rechtzeitig erfüllt, es sei denn, daß im Vertrag für diesen Fall besondere Vereinbarungen getroffen werden (EvBl 1961/120; SZ 46/110; SZ 51/14).
Diese Voraussetzungen treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Der Kläger hat nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen alle der beklagten Partei zur Verfügung stehenden Unterlagen für den Verkauf der Kessel erhalten, und besondere Vereinbarungen im vorerwähnten Sinn wurden nicht getroffen. Die nach den Feststellungen mangelhafte Erfüllung des mit Anna H*** abgeschlossenen Kaufvertrages durch die beklagte Partei erfüllt die Voraussetzung eines vertragswidrigen Verhaltens dieser Partei dem Kläger gegenüber nicht. Ob die mangelhafte Erfüllung in einer Abweichung von der Bestellung oder in einem konstruktions- oder produktionsbedingten Mangel ihre Ursache hatte, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Im übrigen hat Josef B***, wenn auch einige Monate früher, eine große Anzahl von Kesseln verkauft, wogegen es dem Kläger nur gelungen ist, (im Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei) einen einzigen Kessel zu verkaufen. Der Geschäftsfall H*** ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil der Kessel an diesen Kunden nicht vom Kläger, sondern von Josef B*** verkauft wurde und weil die technische Ursache der mangelnden Funktionstüchtigkeit nicht feststellbar ist. Da die Einrichtung von sogenannten Referenzzentren nicht Gegenstand des Vertrages, sondern eine vom Kläger beabsichtigte Werbemaßnahme war, kommt dem Umstand, daß der Kläger solche Zentren nicht einzurichten vermochte, für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 HVG keine Bedeutung zu.
Entgegen der Meinung des Revisionswerbers ist der Klagsanspruch auch nicht in den Grundsätzen des allgemeinen Schadenersatzrechts begründet. Ein solcher Schadenersatzanspruch wäre nur dann zu bejahen, wenn die beklagte Partei die Kundin Anna H*** vorsätzlich schlecht beliefert hätte, um den Kläger um seine Provisionsansprüche zu bringen (EvBl 1961/120; SZ 46/110). Eine solche Absicht wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E07760European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00027.86.0325.000Dokumentnummer
JJT_19860325_OGH0002_0140OB00027_8600000_000