TE OGH 1986/4/3 6Ob679/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel sowie Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Johanna R*****, und 2.) Anneliese S*****, denen als Erben nach dem am 10. März 1984 verstorbenen Johann K*****, dessen Nachlass zu zwei beziehungsweise einem Drittel mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichts Tulln vom 10. August 1984, GZ A 144/84-11, eingeantwortet worden ist, beide vertreten durch Dr. Karlheinz Oplusstil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei 1.) Franz F*****, und 2.) Waltraud F*****, beide wohnhaft in *****, beide vertreten durch Dr. Werner Hetsch, Rechtsanwalt in Tulln, wegen Feststellung des Bestandes einer Grunddienstbarkeit und Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung (Streitwert 25.000 S), infolge der Revisionen der beklagten Partei und der Nebenintervenienten gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 4. Mai 1984, GZ R 79/84-67, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Tulln vom 1. August 1983, GZ 2 C 178/81-52, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Soweit mit der Revisionsschrift der Nebenintervenienten Nichtigkeit geltend gemacht wurde, wird die Revision verworfen.

2.) zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.718,23 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 247,11 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der seinerzeitige Kläger Johann K***** ist während des Berufungsverfahrens gestorben. Sein Nachlass wurde mit der in Rechtskraft erwachsenen Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichts Tulln vom 10. August 1984, GZ A 144/84-11, den erblasserischen Schwestern Johanna R***** zu zwei Drittel und Anneliese S***** zu einem Drittel eingeantwortet. Damit sind die Beiden als Universalrechtsnachfolger des seinerzeitigen Klägers Johann K***** als Parteien in den Prozess eingetreten. Dieser Umstand war auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen wahrzunehmen und die Parteienbezeichnung auf der Klagsseite daher entsprechend richtig zu stellen (EvBl 1981/199, S 577; 6 Ob 553/82, 2 Ob 511/83, 4 Ob 76/84; RZ 1985/8, S 42 mit weiteren Nachweisen).

Johann K***** war zur Zeit der Klagszustellung Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehört unter anderem das 1.765 m2 große Grundstück 1649/1. Dieses Grundstück liegt am rechten Ufer des Haselbaches. Es wird nach den Katasterangaben landwirtschaftlich genutzt, hat aber in der Natur Waldbestand. Am linken Bachufer liegen zwischen Bachbett und Landesstraße Grundstücke der Katastralgemeinde *****, darunter die Grundstücke 290/14 und 290/17. Das zweitgenannte Grundstück wurde erst nach Zustellung der Klage und ihrer grundbücherlichen Anmerkung von der im Eigentum des Beklagten gestandenen Liegenschaft EZ ***** KG ***** abgeschrieben und in die neu eröffnete Einlage ***** übertragen, an der zu je einem Hälfteanteil das Eigentum der beiden Nebenintervenienten einverleibt wurde. (An der EZ ***** KG ***** mit dem Gutsbestand des restlichen Grundstücks 290/14 wurde das Eigentum anderer Käufer einverleibt.)

Johann K***** behauptete in seiner Klage, seine Rechtsvorgänger im Eigentum des Grundstücks 1649/1 hätten seit Menschengedenken zur Bewirtschaftung des genannten Grundstücks sowie weiterer auf der rechten Bachseite gelegener Waldgrundstücke einen Weg befahren, der nach der Übersetzung des Baches auf dessen linker Seite längs des (ufernahen) südlichen Randes des Grundstücks 290/14 verlaufen sei. Der Beklagte habe im Februar 1978 von den Österreichischen Bundesforsten das Eigentum an dem letztgenannten Grundstück erworben, wegen der Befahrung seines Grundes gegen den Kläger Besitzstörungsklagen erhoben, am 13. Jänner 1981 aber das von Johann K***** in Anspruch genommene Wegerecht ausdrücklich anerkannt und sich zur Duldung von Planierungsarbeiten (auf der Wegetrasse) verpflichtet. In der Folge habe der Beklagte jedoch eine Durchführung der Planierungsarbeiten verhindert. Johann K***** begehrte die Feststellung, ihm und allen künftigen Eigentümern des Grundstücks 1649/1 der EZ ***** KG ***** als des herrschenden Guts stehe die Dienstbarkeit des Fahrtrechts gegenüber den jeweiligen Eigentümern des Wiesengrundstücks 209/14 der EZ ***** KG ***** als des dienenden Grundstücks in der Weise zu, dass zur Bewirtschaftung zu jeder Jahreszeit längs des südlichen Randes des Wiesengrundstücks 290/14 mit Traktorfahrzeugen gefahren werden dürfe. Ferner wurde das Begehren gestellt, den Beklagten schuldig zu erkennen, binnen 14 Tagen zu erklären, dass er in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit in der EZ ***** KG ***** einwillige.

Der Beklagte bestritt jedes Anerkenntnis. Er behauptete, Johann K***** und seine Rechtsvorgänger seien während der letzten 20 Jahre niemals über das nun als dienendes Gut in Anspruch genommene Grundstück gefahren. Darin erblickte der Beklagte einen schlüssigen Verzicht auf ein etwa ersessenes Wegerecht. Überdies wendete der beklagte ein, zur Übersetzung des Baches müsste nun eine Furt aufgebaut werden. Dem Johann K***** stünde aber eine andere Wegeverbindung über den Hang auf der rechten Bachseite zur Verfügung; daher sei eine allfällig bestandene Dienstbarkeit erloschen. Der Beklagte machte letztlich geltend, er habe sich, als er erstmals von der Benützung seines Grundes zur Ausübung einer Wegedienstbarkeit Kenntnis erlangt habe, heftig zur Wehr gesetzt; eine etwa bestandene Dienstbarkeit wäre gemäß § 1488 ABGB untergegangen.

Die Nebenintervenienten machten geltend, dass rund neun Monate vor der Klagszustellung eine öffentlich angekündigte Bauverhandlung über ihr Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für eine Garage an der Stelle stattgefunden habe, die Johann K***** nun als Einmündung des Dienstbarkeitswegs in das öffentliche Wegenetz beanspruche. Kein Anrainer habe Einwendungen gegen den geplanten Garagenbau erhoben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab. Dazu sprach es aus, dass der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteigt.

Aus dem vom Berufungsgericht zugrundegelegten Sachverhalt ist hervorzuheben:

Noch in den ersten Jahren des sechsten Jahrzehntes unseres Jahrhunderts überquerte eine Holzbrücke den Bach, dessen Bett im Eigentum der Österreichischen Bundesforste steht und der mit seinem linken Rand die Katastralgemeindengrenze bildet. Zu dieser Brücke führte am rechten Bachufer durch das teilweise steil abfallende Gelände ein Weg. Der Verlauf dieses Wegs ist heute noch in der Natur erkennbar. Er deckt sich vermutlich mit der mappenmäßigen Darstellung des zur Liegenschaft EZ ***** KG ***** gehörigen, vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 9. August 1982, ON 29 des Akts, und in dem von ihm verfassten Plan als Weg bezeichneten Grundstücks 1650/2 (dieses Grundstück ist im Grundstücksverzeichnis Seite 93 des Akts als Wald angegeben). An diesen Weg grenzt einerseits in Richtung flussabwärts das Ufergrundstück 1649/1, das bis vor wenige Jahrzehnte als Wiese landwirtschaftlich genutzt worden war; weiter höher am Hang liegt an der anderen Seite des Wegs das Waldgrundstück 1650/1. Auch diese beiden Grundstücke gehören zur Liegenschaft EZ ***** KG *****. Auf dem zum rechten Bachufer abfallenden Hang liegen im Übrigen forstwirtschaftlich genutzte Gründe der Österreichischen Bundesforste. Einzelne dieser Grundstücke liegen an dem erwähnten Weggrundstück 1650/2 an.

Der von dem bei der ehemals vorhanden gewesenen Brücke am rechten Bachufer ansteigenden Gelände abgehende Weg führt nach Überwindung einer wesentlich steileren Uferböschung auf einer Strecke von rund 200 m mit einer durchschnittlichen Steigung von 12,7 % bis zu einem Geländepunkt, an dem er auf eine Forststraße trifft. Dieser forstliche Bringungsweg wurde vor mehreren Jahren durch die Österreichischen Bundesforste angelegt. Der von der ehemaligen Brücke zur Forststraße führende Weg weist zwar Stellen auf, die geringfügig von der festgestellten Durchschnittssteigung (12,7 %) abweichen, diese Stellen ließen sich jedoch durch den Einsatz einer Schubraupe an die Durchschnittssteigung angleichen. (Das Erstgericht traf die weitere, allerdings von Johann K***** in seiner Berufung bekämpfte Feststellung, dass ein Anschluss des erwähnten Weges an die Forststraße leicht herzustellen wäre.)

Auf dem linken Bachufer steigt das Gelände im Bereich der seinerzeit vorhanden gewesenen Brücke flach an. Die dort gelegenen Landteile bilden das bei Eintritt der Streitanhängigkeit im Eigentum des Beklagten gestandene (ungeteilte) Grundstück (290/14). Auf dieser Grundfläche bestand entlang des Bachufers ein von der Brücke bachaufwärts bis zur Landesstraße führender Fahrweg. Diese Trasse liegt fast zur Gänze auf dem nach der Grundstücksteilung im Eigentum der Nebenintervenienten stehenden Teilstück (290/17).

In den Jahren 1922 bis 1956 waren Max und Anna W***** Eigentümer des erwähnten, am linken Bachufer gelegenen Grundstücks. Am 10. März 1956 wurde es in das Eigentum der Österreichischen Bundesforste übertragen. Diese übereigneten das Grundstück am 13. Jänner 1976 dem Beklagten, der seit 1959 ihr Dienstnehmer war und dem die Benützung des Grundstücks als Holzlagerplatz der Österreichischen Bundesforste bekannt war. Eine Feststellung, dass dem Beklagten auch die Benützung der im Eigentum des Johann K***** stehenden Grundstücke bekannt gewesen wäre, wurde nicht getroffen.

Etwa im Jahre 1964 wurde die Holzbrücke infolge ihrer Schäden für Fuhrwerke unbenützbar. Bis dahin hatten Johann K***** und seine Rechtsvorgänger zum Abtransport land- und forstwirtschaftlicher Produkte von seinen bzw ihren Grundstücken auf der rechten Seite des Bachs den zur Brücke führenden Weg, die Brücke und dann auf der linken Seite des Baches die oben beschriebene Wegtrasse benützt. Vor der Errichtung der Forststraße taten dies auch die Österreichischen Bundesforste, die das am linken Bachufer gelegene Grundstück (290/14) als Holzlagerplatz verwendeten.

Die Mutter Johann K*****s ersuchte die Österreichischen Bundesforste, die Brücke wieder instandzusetzen. Sie erhielt mit dem Schreiben vom 10. Februar 1965 zwar die Mitteilung, dass die Österreichischen Bundesforste die Instandsetzungsarbeiten bereits angeordnet hätten, eine Ausführung der angekündigten Maßnahmen unterblieb aber, die Holzbrücke verfiel völlig, heute sind nur noch Reste des Brückengebälks vorhanden.

Seit die Brücke über den Bach für Fuhrwerke unbenützbar geworden war, ließ Johann K***** nur noch „vereinzelt“ Waldprodukte über die Brücke abtransportieren. Dazu führen Fahrzeuge von der Landesstraße über die Wegtrasse auf der linken Bachseite zur Brücke, wendeten dort, wurden dort mit dem Holz beladen, das zuvor vom rechten Bachufer über die Brücke geworfen worden war, und fuhren wieder die Wegtrasse zur Landesstraße zurück.

Gelegentlich benützte Johann K***** die erwähnte Wegtrasse auf der linken Seite des Baches zu Fuß.

Mitte Juni 1980 ließ Johann K***** die Wegtrasse auf der linken Seite des Baches abmähen und säubern. Der Beklagte nahm dies wahr und ließ eine Tafel mit der Aufschrift aufstellen, dass Fremden der Zutritt verboten sei. Ungeachtet dieser Tafel wurde Ende Juni der Weg über den Grund des Beklagten mit einem Traktor befahren. Der Beklagte brachte gegen Johann K***** wegen der Benützungshandlungen vom Juni 1980 Besitzstörungsklagen ein. Aus diesem Anlass kam es am 13. Jänner 1981 im Gerichtsgebäude zu Vergleichsgesprächen. (Nach den erstrichterlichen Feststellungen kam es dabei zu keiner endgültigen sachliche Einigung. Diese Feststellung bekämpfte Johann K***** in seiner Berufung. Das Berufungsgericht führte in seiner Entscheidung zu den Gesprächen vom 13. Jänner 1981 aus, sie seien „so zu qualifizieren, dass dabei Ausgangspunkt das Bestehen eines Wegerechts war und nur geklärt werden sollte, inwieweit eine Vereinbarung hinsichtlich Lage und Breite des Wegs getroffen werden könnte. Es war also das 'ob' gar nicht streitig, sondern nur das 'wie'“.). Eine vereinbarte Fortsetzung der Gespräche an Ort und Stelle scheiterte am Widerstand der Nebenintervenienten, denen der Beklagte mit Vertrag vom 16. September 1980 das nunmehrige Grundstück 290/17 verkauft hatte.

Die Klagsseite beabsichtigt, die als Dienstbarkeitsweg in Anspruch genommenen Flächen auf der linken Bachseite im Zuge einer Wegeverbindung zwischen ihrem auf der rechten Bachseite gelegenen Grundstück zu benützen, die das Gewässer an der Stelle der früher vorhanden gewesenen Brücke durch eine herzustellende Furt durchquert.

Das Erstgericht hatte in rechtlicher Beurteilung gefolgert, eine die in der Klage genannte Dienstbarkeit anerkennende Vereinbarung sei nicht zustandegekommen; Johann K***** habe die nach dem Urteilsbegehren in Anspruch genommene Dienstbarkeit aber schon deshalb nicht ersitzen können, weil die früher tatsächlich benützte Wegtrasse mit der als Dienstbarkeitsweg in Anspruch genommenen nicht übereinstimme und die in Aussicht genommene Befahrung des Wegs nach Durchfahrung einer Furt wegen der damit verbundenen Verschmutzung der Räder und der zu erwartenden schlechteren Spurhaltung gegenüber der früheren Wegbenützung nach Überquerung des Baches über eine Brücke eine erhebliche Erweiterung des Dienstbarkeitsrechts und der Belastung der Liegenschaft des Beklagten darstellen würde. Dies brauche der Beklagte nicht zu dulden.

Das Berufungsgericht befand dagegen, zugunsten der Eigentümer des im Klagebegehren als herrschend bezeichneten Grundes sei zufolge der festgestellten Wegebenützung die Dienstbarkeit des Fahrtrechts an dem Grundstück des Beklagten (schon vor dessen Eigentumserwerbs) ersessen gewesen. Das Unbenützbarwerden der Brücke sei keiner Widersetzlichkeit des Eigentümers des dienenden Grundstücks gleichzuhalten. Die Voreigentümer des Beklagten seien vielmehr im Jahre 1965 offenbar vom aufrechten Bestand der Dienstbarkeit ausgegangen. Soweit Handlungen des Beklagten im Jahre 1980 die Dreijahresfrist des § 1488 ABGB in Gang gesetzt hätten, sei diese Frist bis zur Klageerhebung Ende April 1981 keinesfalls abgelaufen gewesen. Entgegen der erstrichterlichen Ansicht müsse das Fehlen der Brücke nicht zwangsläufig zu einer Erweiterung der Belastung des dienenden Guts führen. Im anhängigen Rechtsstreit sei nur über das Bestehen des Wegerechts im Umfang der bisherigen Übung, nicht über mögliche künftige Probleme zu entscheiden.

Der Beklagte und die beiden Nebenintervenienten rechten das abändernde Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit einem auf Wiederherstellung des Urteils erster Instanz zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag, die Nebenintervenienten überdies wegen Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 6 ZPO an.

Die Klagsseite strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die in der Revisionsschrift der Nebenintervenienten gerügte Nichtigkeit liegt nicht vor.

Das Begehren der Klagsseite ist nicht auf Einräumung, Änderung oder Feststellung eines Rechts auf Bringung im Sinne des § 58 ForstG oder § 1 des NÖ Güter- und Seilwegelandesgesetzes 1973, NÖ LGBl 6620-0, sondern auf Feststellung und Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung einer Grunddienstbarkeit im Sinne der §§ 477, 492 ff ABGB gerichtet. Verfahrensgegenstand ist nach dem von der Klagsseite zur Anspruchsbegründung vorgetragenen Sachverhalt und der rechtlichen Ableitung des gestellten Begehrens eine bürgerliche Rechtssache, in Ansehung der die Rechtsverfolgung nach § 523 ABGB im streitigen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten offensteht. Soweit mit der Berufungsschrift der Nebenintervenienten Nichtigkeit geltend gemacht wurde, war das Rechtsmittel zu verwerfen.

Im Übrigen sind die Revisionsausführungen nicht stichhältig:

Johann K***** hat seine klageweise erhobenen Begehren auf Feststellung und grundbücherliche Einverleibung einer näher umschriebenen Wegedienstbarkeit auf deren Ersitzung gegründet und dazu vorgebracht, aufgrund einer Einantwortungsurkunde vom 21. Februar 1965 Eigentümer des nach dem Klagebegehren herrschenden Guts zu sein, wobei seine Eltern als Rechtsvorgänger vor ihm durch mehr als 30 Jahre Eigentümer des erwähnten Grundes gewesen seien; sowohl seine Eltern als auch er selbst hätten während der ganzen Dauer des Besitzes den Grund des Beklagten in einer der in Anspruch genommenen Dienstbarkeit entsprechenden Weise benützt. Der Beklagte habe den von Johann K***** und seinen Rechtsvorgängern seit Menschengedenken befahrenen Grund von den Österreichischen Bundesforsten als deren Forstarbeiter günstig erworben, sein Eigentum sei am 21. Februar 1978 einverleibt worden. Der Beklagte hat zwar die von Johann K***** behaupteten Ersitzungsvoraussetzungen bestritten, zunächst jahrzehntelange Nichtausübung eingewendet, dies aber in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. November 1981 dahin eingeschränkt, dass Johann K***** (und dessen Rechtsvorgänger) „jedenfalls in den letzten 20 Jahren, seit die Brücke nicht mehr vorhanden ist“ keine Ausübungshandlungen gesetzt habe; der Beklagte hat mit diesen Ausführungen neben seinem Verjährungseinwand ausdrücklich Verzicht geltend gemacht. Überdies wendete er Verjährung gemäß § 1488 ABGB ein. Niemals machte der Beklagte aber in erster Instanz (ebensowenig wie seine Nebenintervenienten) einen auf § 1500 ABGB gestützten Rechtsverlust des Johann K***** geltend.

Ungeachtet des Vorbringens der Klagsseite über den Eigentumserwerb des Beklagten vom 21. Februar 1978, der nach den erstrichterlichen Feststellungen tatsächlich am 13. Jänner 1976 erfolgt ist, sowie ungeachtet der gesetzlichen Vermutung nach dem zweiten Satz des § 328 ABGB hätte sich der Beklagte ausdrücklich auf sein Vertrauen auf das öffentliche Buch im Sinne des § 1500 ABGB in der Tatsacheninstanz berufen müssen, wenn er daraus Folgerungen für seinen Rechtsstandpunkt abgeleitet wissen wollte. Mangels einer auf § 1500 ABGB stützbaren Einwendung war ein sich etwa aus dem genannten Rechtsgrund ergebendes Hindernis gegen das Klagebegehren nicht Prozessgegenstand. Die Klagsseite brauchte nicht damit zu rechnen, eine – im Falle tatsächlich erhobener Einwendung – ihr oblegene Beweisführung antreten zu müssen, dass es dem Beklagten an dem nach § 1500 ABGB erheblichen guten Glauben gefehlt habe. Die Revisionsausführungen zum Eigentumserwerb des Beklagten im guten Glauben auf die Freiheit von einer durch die Klagsseite bereits ersessenen oder doch im Ersitzungsbesitz ausgeübten Wegedienstbarkeit sind daher als Neuerung unbeachtlich. In dieser Hinsicht unterlief den Vorinstanzen weder die gerügte Mangelhaftigkeit, noch bestehen die geltend gemachten Feststellungsmängel.

Aus derselben Erwägung liegen auch zur Frage eines Gutlaubenserwerbs der Republik Österreich im März 1956 keine Feststellungsmängel vor.

Zur Ersitzungsvoraussetzung Besitzausübung während der Ersitzungszeit hat die Klagsseite eine Benützung seit Menschengedenken, jedenfalls seit dem Eigentumserwerb der Eltern des während des Rechtsstreits verstorbenen Johann K*****, also seit mindestens Jahresbeginn 1935 behauptet; bestritten wurde die Befahrung der in Anspruch genommenen Wegflächen des Beklagten in der länger zurückliegenden Vergangenheit nicht, so dass die erstrichterliche Feststellung über die „ehedem“ erfolgte Wegebenützung im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Beweiswürdigung über eine um die Mitte der Fünfzigerjahre erfolgte letzte große Schlägerung trotz des Fehlens einer einigermaßen genauen Datierung des Beginnszeitpunkts jedenfalls die Zeiten seit den letzten Jahren der Zwischenkriegszeit abdeckt. Dass seit dieser Zeit jemals in Ansehung der nach dem Klagebegehren herrschenden und dienenden Grundstücke Eigentümergleichheit bestanden habe, wurde niemals behauptet. In dieser Hinsicht reicht der festgestellte Sachverhalt zur erschöpfenden rechtlichen Beurteilung hin. Es liegen keine Feststellungsmängel vor, umsoweniger die gerügten Verfahrensmängel. Wenn auch die Ausübung des Dienstbarkeitsbesitzes durch Johann K***** und seine Rechtsvorgänger während der Zeit von 19 Jahren und 10 Monaten, in denen die Republik Österreich als eine gemäß § 1472 ABGB begünstigte Person Eigentümer des nach dem Klagebegehren dienenden Grundstücks war, auf eine gemeine ordentliche Ersitzungszeit von 30 Jahren nur mit 14 Jahren und 11,5 Monaten anzurechnen ist (SpR 12; 8 Ob 41/66; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1472), war doch jedenfalls im Februar 1980 eine mit Jahresbeginn 1945 begonnene Ersitzungszeit vollendet und demgemäß eine Ende 1940 begonnene bereits im Jänner 1976, als der Beklagte Eigentümer wurde.

Dem Argument, nach dem Unbenützbarwerden der Brücke habe sich die Benützung des nach dem Klagebegehren dienenden Grundes in einer das Wesen der behaupteten Dienstbarkeit ändernden Weise geändert, ist zu entgegnen: Zweck und Art der durch Johann K***** ausgeübten Befahrung des nach dem Klagebegehren dienenden Grundes sind gleich geblieben: Es wurde mit Fuhrwerken gefahren, um Waldprodukte wegzuführen. Für das in diesem Rechtsstreit allein erhebliche Befahren ist die nach der Unbenützbarkeit der Brücke erfolgte Beladung auf dem Grund des Beklagten – die eine unzulässige Benützungserweiterung dargestellt haben mag – außer Ansatz zu lassen, der Abtransport von Waldprodukten auf Fahrzeugen über den am linken Bachufer gelegenen Grund blieb gleich. Ein im Laufe der Zeit etwa erfolgter Übergang von pferdegezogenen Wagen zu traktorgezogenen Anhängern wäre innerhalb der vom Eigentümer des dienenden Grundes hinzunehmenden allgemeinen technisch-wirtschaftlichen Änderungen gelegen. Dass nach dem Unbenützbarwerden der Brücke auf dem nach dem Klagebegehren dienenden Grund eine andere Trasse befahren worden wäre als vor dem, kann dem zugrundezulegenden Sachverhalt nicht entnommen werden. Es wurde immer eine Fahrspur entlang des Bachufers benützt. Wenn dieser Grundstücksrand nach den Himmelsrichtungen nicht immer einheitlich bezeichnet wurde, handelte es sich dabei um bloße Abweichungen in der Bezeichnung, nicht jedoch in der beschriebenen Tatsache des Fahrens auf einem bestimmten Grundstücksteil. Davon abgesehen würde selbst eine vom Eigentümer des dienenden Grundes nicht hinzunehmende Verlegung der Trasse nicht den von den Revisionswerbern gezogenen Schluss auf die Inanspruchnahme eines inhaltlich neuen Rechts rechtfertigen, sondern nur die Ausübung des behaupteten Rechts in einer unzulässigen Weise darstellen, an der Fortdauer der Ausübung des Rechts an sich aber nichts ändern.

Das Berufungsgericht ist daher ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen zur Dienstbarkeitsersitzung erfüllt wurden.

Zu den einzelnen Einwendungen der Anspruchsaufhebung hat das Berufungsgericht mit Recht weder die behauptete Untätigkeit des Johann K***** in der Bauverhandlung über ein Ansuchen der Nebenintervenienten zur Bauführung auf einem von Johann K***** für die Dienstbarkeit in Anspruch genommenen Grundstücksteil noch die behauptete Unterlassung eines Einspruchs gegen die Aufstellung der Verbotstafeln als schlüssigen Verzicht auf die im Klagebegehren umschriebene Dienstbarkeit gewertet. Johann K***** hat das mit der Tafelaufschrift kundgemachte Verbot nicht auf sich bezogen und es jedenfalls nicht beachtet, dem vom Beklagten deshalb erhobenen Besitzstörungsbegehren ist er mit dem Einwand rechtmäßiger Ausübung der von ihm in Anspruch genommenen Dienstbarkeit entgegengetreten. Die Bauverhandlung fand erst nach Erhebung der erwähnten Einwendungen im Besitzstörungsverfahren statt. Der auf das Baubewilligungsverfahren gestützte Einwand war unschlüssig. Dazu bedurfte es keiner Beweisaufnahmen und Feststellungen.

Den Rechtsstandpunkt, dass die in Anspruch genommene Wegedienstbarkeit einer besseren Nutzung des im Klagebegehren bezeichneten Grundes der Klagsseite gar nicht mehr dienlich sein könne, weil die Klagsseite über den vom rechten Bachufer aufsteigenden Hand eine Wegeverbindung zur Forststraße der Österreichischen Bundesforste herstellen lassen könnte und deshalb ein weiterer Bedarf an der Benützung des Dienstbarkeitswegs weggefallen wäre, haben der Beklagte und seine Nebenintervenienten in ihren Revisionsschriften nicht mehr aufrechterhalten. Die bloße Möglichkeit einer anderen Wegeverbindung wäre auch noch kein Erlöschungsgrund.

Zur Freiheitsersitzung wäre eine allgemeine Verjährungszeit von 30 Jahren erforderlich gewesen. Die Nichtausübung der Dienstbarkeit während eines solchen Zeitraums wurde nicht einmal konkret behauptet. Wie oft die Dienstbarkeit nach ihrem Zweck in der Zeit ausübbar gewesen wäre, ist daher keinesfalls beachtlich. Feststellungsmängel unter dem Gesichtspunkt des § 1484 ABGB liegen nicht vor.

Was aber die besondere Verjährung nach § 1488 ABGB anlangt, hat der Beklagte nach seinem Vorbringen in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 1. Oktober 1982 weder den Zeitpunkt angegeben, indem er erstmals von der Ausübung der in Anspruch genommenen Dienstbarkeit durch Johann K***** Kenntnis erlangt habe, noch näher konkretisiert, auf welche Weise er „sich dagegen vehement zur Wehr gesetzt habe“. Der in Anwesenheit seines anwaltlichen Prozessvertreters und des für die Nebenintervenienten einschreitenden Rechtsanwalts als Partei vernommene Beklagte sagte über die von ihm behaupteten Widersetzungshandlungen überhaupt nichts aus; nach den erstrichterlichen Feststellungen wurde die Verbotstafel zwischen dem 11. Juni 1980, an welchem Tag der Beklagte Tätigkeiten des Johann K***** wahrgenommen hat, und am 25. Juni 1980, an dem die festgestellte Befahrung des Wegs erfolgte, aufgestellt. Die Errichtung eines Zauns wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Revisionsausführungen über eine bereits im Jahre 1976 erfolgte Errichtung eines Holzzauns und über eine bereits damals erfolgte Aufstellung einer Verbotstafel stellen unbeachtliche Neuerungen dar. Die Revisionsausführung, das Erstgericht habe festgestellt, die Verbotstafel sei bereits vor dem 11. Juni 1980 aufgestellt gewesen, ist aktenwidrig. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nach dem Inhalt des zitierten Einwendungsvorbringens nicht vor. Der allgemeine Zivilprozess wird nicht vom Grundsatz amtswegiger Stoffsammlung beherrscht. Der Verhandlungsgegenstand wird vielmehr durch das beiderseitige Parteienvorbringen abgesteckt. Schlüssige Tatsachenbehauptungen dazu, dass Johann K***** durch drei aufeinanderfolgende Jahre nach einer Verhaltensweise des Beklagten, die als Widersetzung gegen die Ausübung der Dienstbarkeit zu werten gewesen wäre, das in Anspruch genommene Dienstbarkeitsrecht nicht geltend gemacht hätte, haben der Beklagte und seine Nebenintervenienten in erster Instanz nicht aufgestellt. Ein in erster Instanz unterbliebenes Vorbringen oder Beweisanbot hiezu hätte in der Berufungsverhandlung nicht mehr nachgeholt werden dürfen. Der im Sinne des § 486 Abs 4 ZPO gerügte Mangel ist nicht erkennbar.

Der Inhalt der am 13. Jänner 1981 geführten Gespräche ist nach den dargelegten Erwägungen nicht mehr erheblich.

Das angefochtene Berufungsurteil war daher zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Ausspruch des Berufungsgerichts über den Wert des Streitgegenstands ist für die Kostenbemessungsgrundlage ohne Bedeutung.

Schlagworte

kein Abo

Textnummer

E116581

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00679.840.0403.000

Im RIS seit

23.12.2016

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten