TE OGH 1986/4/3 7Ob559/86

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Veröffentlicht am 03.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert S***, Immobilienmakler, Kitzbühel, Marchfeldgasse 45, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien 1.) Stefan W***, Holzfäller, 2.)Hildegard W***, Hausfrau, beide Jenbach, Rotholzerweg 8. beide vertreten durch Dr. Walter Kerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restlicher S 53.100,- s.A. infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. November 1985, GZ. 2 R 275/85-24, womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Juni 1985, GZ. 6 Cg 230/84-17, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das nur in seinem abändernden Teil bekämpfte Urteil wird im Umfang der Anfechtung und im Kostenausspruch dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 53.100,- samt 5 % Zinsen seit 11.10.1983 zuzüglich 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz werden gegenseitig aufgehoben."

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.337,09 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 600,- Barauslagen und S 339,74 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte die Verkäufer- und Käuferprovision von zusammen S 106.200,- s.A. für die Vermittlung eines Hauskaufes. Er behauptet, den Beklagten den Kauf des Hauses Going, Sonnseite 102, vermittelt zu haben. Die Beklagten seien jedoch grundlos vom Kaufvertrag zurückgetreten. Schon im Kaufvorvertrag sei vereinbart worden, daß von einer Vertragspartei beide Provisionen zu bezahlen sind, wenn sie vom Vertrag zurücktritt oder das Rechtsgeschäft sonst vereitelt.

Die Beklagten bestreiten den rechtswirksamen Abschluß eines Kaufvertrages und daß sie an der Nichtausführung des Rechtsgeschäftes ein Verschulden treffe.

Das Erstgericht sprach dem Kläger S 53.100,- s.A. zu und wies das Mehrbegehren ab. Nach seinen Feststellungen stand das Kaufobjekt im Miteigentum der Edith F*** und ihres mj. Sohnes Rene G***. Edith F*** beauftragte den Kläger mit der Vermittlung des Verkaufes. Aufgrund einer Zeitungsannonce des Klägers meldeten sich die Beklagten. Nach Besichtigung der Liegenschaft wurde im Büro des Klägers ein Kaufvorvertrag errichtet und von den Beklagten unterschrieben. Der Kaufvorvertrag weist die Stampiglie des Klägers auf. Nach dem Inhalt dieses Vertrages bestätigen die Beklagten die sofortige Fälligkeit der nach der Immobilienmaklerverordnung zu berechnenden Provision. Tritt eine Partei vom Vertrag zurück oder vereitelt sie sonst das Rechtsgeschäft, sind von ihr beide Provisionen zu bezahlen. Der Notar Dr. Rudolf L*** errichtete in der Folge auf Wunsch der Beklagten den Kaufvertrag, der von Edith F*** und von den Beklagten am 29.4.1983 unterzeichnet wurde. Der vereinbarte Kaufpreis betrug S 1,5 Mill. Am 6.5.1983 unterzeichnete auch die zum Kollisionskurator bestellte Großmutter des mj. Rene G***, Barbara G***, den Kaufvertrag. Dr. Rudolf L*** suchte am 6.7.1983 um die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages an. Vom Bezirksgericht Kitzbühel war der Edith F*** mitgeteilt worden, daß die pflegschaftsbehördliche Genehmigung erteilt würde, wenn sie eine Wohnung in St. Johann auf den Minderjährigen "überschreibt". Diese Bedingung war von Edith F*** erfüllt und hierüber am 9.5.1983 bei Notar Dr. Rudolf L*** ein Notariatsakt errichtet worden. Nach Abschluß des Kaufvertrages hat Edith F*** die Beklagten mehrmals zur Zahlung des Kaufpreises aufgefordert. Die Zweitbeklagte vertröstete Edith F*** immer wieder und erklärte, daß das Geld in den nächsten Tagen eintreffen werde. Mit Schreiben vom 12.8.1983 setzte Dr. Rudolf L*** den Beklagten eine Frist zur Zahlung des Kaufpreises. Die Zweitbeklagte antwortete, daß sie den Kaufpreis nicht bezahlen könne, weil sich ihr Mann, der Erstbeklagte, in Untersuchungshaft befinde. Eine unter Androhung des Rücktrittes von Edith F*** den Beklagten gesetzte weitere Nachfrist zur Zahlung des fälligen Kaufpreises blieb unbeantwortet. Edith F*** erklärte daher den Rücktritt vom Vertrag. Nach der Meinung des Erstgerichtes sei die Vereinbarung zwischen den Streitteilen, daß die Beklagten im Falle der Vereitlung des Kaufvertrages beide Provisionen zu bezahlen hätten, als Vereinbarung einer Konventionalstrafe anzusehen. Die Beklagten hätten die Erfüllung des Kaufvertrages schuldhaft vereitelt und seien daher zur Zahlung der Konventionalstrafe verpflichtet, die jedoch unter Berücksichtigung aller Umstände auf die Hälfte des begehrten Betrages zu mäßigen sei.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Teile Berufung. Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Es erklärte die Revision für nicht zulässig. Nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes sei die Vereinbarung über die Tragung der gesamten Vermittlungsprovision im Falle der Vertragsvereitlung nur zwischen der Verkäuferin und den Beklagten getroffen worden. Der Kläger als außerhalb des Vertrages stehender Dritter könne daraus keine Ansprüche ableiten. Eine Provisionsvereinbarung zwischen dem Kläger und den Beklagten sei überdies nicht einmal behauptet worden. Ein schlüssig zustandegekommener Vermittlungsvertrag sei nach den Verfahrensergebnissen zu verneinen. Die Inanspruchnahme der Vermittlungsdienste eines Maklers sei kein schlüssiger Vertragsabschluß, wenn der Makler bereits ersichtlich für einen anderen Auftraggeber handle. Letzteres sei hier der Fall gewesen. Der Anspruch des Klägers lasse sich auch nicht unmittelbar aus der Immobilienmaklerverordnung ableiten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene ao. Revision des Klägers ist berechtigt.

Ein Provisionsanspruch des Vermittlers setzt das Vorliegen eines Vermittlungsvertrages voraus, der aber nicht nur ausdrücklich, sondern auch schlüssig abgeschlossen werden kann. Letzteres ist etwa der Fall, wenn der Interessent die Vermittlung duldet oder sich sonst der Tätigkeit des Vermittlers nutzbringend bedient, um den von ihm gewünschten Geschäftserfolg herbeizuführen (HS 11.688 f., 9804, 6710 f je mwN). Selbst ein Verstoß gegen die Standesregeln für Immobilienmakler durch Unterlassung einer schriftlichen Auftragsbestätigung steht der Rechtswirksamkeit eines schlüssig abgeschlossenen Vermittlungsvertrages nicht entgegen (SZ 56/15). Bei Vorliegen eines zumindest schlüssigen Vermittlungsvertrages und unter der Voraussetzung der Verdienstlichkeit und der Kausalität der Tätigkeit des Vermittlers für den Geschäftsabschluß wurde ein Provisionsanspruch sowohl gegen den Verkäufer als auch gegen den Käufer anerkannt (HS 9766, 6711 mwN), dies allerdings nur für den Bereich der gewerblichen Immobilienmakler, in deren Geschäftszweig als Besonderheit die provisionspflichtige Tätigkeit für beide möglichen Vertragspartner Handelsbrauch ist (EvBl. 1967/368; SZ 25/168; SZ 15/204). Dieser wurde nunmehr auch im § 10 Abs. 1 ImmMV für den Regelfall festgeschrieben (1 Ob 588/85). Ein Provisionsanspruch des Immobilienmaklers soll aber ausgeschlossen sein, wenn der Immobilienmakler erkennbar bereits für einen anderen Auftraggeber handelte (MietSlg. 35.714, 35.704, 35.703; Schwerdtner, Maklerrecht 26). Dieser Rechtsatz entstammt der älteren deutschen Rechtsprechung. Seine Berechtigung im österreichischen Rechtsbereich erscheint wegen der dargelegten abweichenden Rechtslage in dieser allgemeinen Form jedenfalls zweifelhaft. Schwerdtner (aaO) weist auch zutreffend darauf hin, daß in der Rechtsprechung zwischen dem ersten und dem zweiten Maklervertrag nicht immer exakt unterschieden werde. Ein Makler, der bereits mit einem Auftraggeber in einem die Provisionspflicht regelnden Vertragsverhältnis stehe und nunmehr für diesen Auftraggeber tätig werde, müsse, um einen Provisionsanspruch gegen den Interessenten zu begründen, diesem gegenüber deutlich zum Ausdruck bringen, daß er auch von ihm eine Provision verlangen wolle. Der Hinweis des Maklers auf seine Provisionserwartung könne jedoch auch schriftlich, etwa in einem Exposü oder dgl. erfolgen (Münch.Komm-Schwerdtner 2 , Rdz 17 f, insbesondere Rdz 31 und 33 zu § 652). Auch in der deutschen Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, daß zwischen dem von einem anderen bereits beauftragten Makler und einem Interessenten ein schlüssiger Vertragsabschluß dann anzunehmen ist (Doppelvertretung), wenn der Makler dem Interessenten zu erkennen gegeben hat, daß er auch von ihm eine Provision verlange (NJW 1984, 232, Soergel-Mormann 11 , Rdz 8 zu § 652 und die dort zitierte Rechtsprechung). Der Makler, der ersichtlich bereits für einen anderen Auftraggeber handelt, kann sich seinen Provisionsanspruch gegen den Interessenten jedenfalls durch den Hinweis auf seine Provisionserwartung wahren. Im vorliegenden Fall steht fest, daß nach der vom Kläger vermittelten Besichtigung der Liegenschaft im Büro des Klägers zwischen den Streitteilen eine mit dem Stampiglienaufdruck des Klägers versehene Vertragsurkunde errichtet wurde, in der die Beklagten die sofortige Fälligkeit der nach der Immobilienmaklerverordnung zu berechnenden Provision bestätigen. Außerdem ist in dieser Urkunde festgehalten, daß von einer Partei, falls sie vom Vertrag zurücktritt oder sonst das Rechtsgeschäft vereitelt, beide Provisionen zu bezahlen sind. Damit hat aber der Kläger hinreichend deutlich klargestellt, daß er von beiden Vertragsparteien eine Provision beansprucht. Daß der Hauptgegenstand dieser Urkunde den Abschluß des vermittelten Rechtsgeschäftes betrifft, schadet nicht, weil es auf die Form, in der der Makler seinem Provisionsverlangen Ausdruck gibt, nicht ankommt. Hat aber der Vermittler dem Interessenten gegenüber sein Provisionsverlangen deutlich zum Ausdruck gebracht, kann sich dieser jedenfalls nicht darauf berufen, daß der Vermittler bereits ersichtlich für einen anderen Auftraggeber handelte. Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht einen Provisionsanspruch des Klägers aus dem Grunde verneint, daß dieser bereits für einen anderen gehandelt habe. Provisionen dürfen nach § 8 Abs. 3 der ImmMV soweit nicht gefordert werden, als sie nicht vereinbart werden dürfen. Von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, dürfen Provisionen für Vermittlungen nach § 8 Abs. 1 ImmMV nur für den Fall vereinbart werden, daß die Vermittlung erfolgreich ist. Erfolgreich ist eine Vermittlung dann, wenn das Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Auftraggeber und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustande gekommen ist (§ 8 Abs. 3 ImmMV). Im vorliegenden Fall wurde der vom Kläger vermittelte Kaufvertrag abgeschlossen, er bedurfte nur der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung. Der Kaufvertrag war somit unter Bindung beider Vertragsteile schwebend unwirksam (Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 17 zu den §§ 154, 154a; Koziol-Welser 7 48). Wäre die gerichtliche Genehmigung nicht erteilt worden, wäre der Kaufvertrag schlechthin unwirksam (Pichler aaO). Ein rechtswirksamer Kaufvertrag im Sinne des § 8 Abs. 2 ImmMV läge dann nicht vor, die Tätigkeit des Klägers wäre nicht erfolgreich und ein Provisionsanspruch nicht begründet. Hier steht jedoch fest, daß die gerichtliche Genehmigung erteilt worden wäre, weil die Miteigentümerin der Liegenschaft die vom Pflegschaftsgericht für die Genehmigung des Kaufvertrages verlangte Wohnungsübertragung an den Minderjährigen vorgenommen hat. Wäre die gerichtliche Genehmigung erteilt worden, kam es aber dazu nur deshalb nicht, weil der Käufer einen Grund zum Vertragsrücktritt des Verkäufers gegeben hat, ist wegen der bereits vorhandenen Bindung der Vertragsteile ein rechtswirksamer Geschäftsabschluß im Sinne des § 8 Abs. 2 ImmMV und ein Provisionsanspruch des Vermittlers gegen den Käufer gegeben, es sei denn, der Käufer kann nachweisen, daß die Ausführung des Rechtsgeschäftes ohne sein Verschulden infolge einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar geworden ist (vgl. SZ 25/248; HS 7573; 7 Ob 582/82 ua). Die Ausführung des vom Kläger vermittelten Kaufvertrages unterblieb hier, weil die Beklagten nicht in der Lage waren, den aufgrund der Vereinbarung bereits fällig gewordenen Kaufpreis zu bezahlen. Die mangelnde Vorsorge für die Finanzierung des Kaufes befreit den Käufer aber nicht von seiner Provisionspflicht (5 Ob 305,306/78; 7 Ob 582/82).

Die vom Berufungsgericht infolge seiner unrichtigen Rechtsansicht nicht behandelte Mängel- und Beweisrüge der Beklagten rechtfertigt keine Aufhebung in die zweite Instanz, weil der dem Berufungsverfahren anhaftende Verfahrensmangel nicht wesentlich ist. Eine Mitteilung des Beweisthemas bei der Ladung zur Parteienvernehmung ist infolge Aufhebung des zweiten Satzes des § 375 Abs. 2 ZPO durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 nicht mehr erforderlich. Den gerügten Feststellungen kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Der gegen den Erstbeklagten eröffnete Konkurs wurde bereits vor Einbringung der Klage, am 8.3.1984 gemäß § 166 Abs. 2 KO aufgehoben.

Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs. 1 ZPO und auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E07920

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00559.86.0403.000

Dokumentnummer

JJT_19860403_OGH0002_0070OB00559_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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