TE OGH 1986/4/8 14Ob42/86

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Veröffentlicht am 08.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Anton Haschka und Franz E.Niemitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** E*** Allgemeine Versicherungs Aktiengesellschaft, Wien 1., Bösendorferstraße 13, vertreten durch Dr. Götz Schattenberg, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Franz R***, kaufmännischer Angestellter,

Piesendorf 294/6, vertreten durch Dr. Robert Eder, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 79.783,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 22. November 1985, GZ 21 Cg 22/85-32, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Vöcklabruck vom 27. Dezember 1984, GZ Cr 37/84-19 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 385,80 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt, gestützt auf die Legalzession des § 67 Abs1 VersVG, vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von S 79.783,-- sA. Sie sei Kaskoversicherer eines der Hildegard B*** gehörigen PKW der Type Peugeot 305, der im Haus des Lebensgefährten der Versicherungsnehmerin Adolf F*** in Vöcklamarkt abgestellt gewesen sei. F*** habe den Beklagten beauftragt, ihn in seinem Geflügelgroßhandelsunternehmen in der Zeit vom 9. bis 23.April 1983 während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit zu vertreten. Obwohl der Beklagte diese Urlaubsvertretung hätte allein durchführen sollen, habe er Siegfried M*** eingestellt. Von diesem sei ihm bekannt gewesen, daß er keine Lenkerberechtigung besitze, und es dürfte ihm bekannt gewesen sein, daß dieser wegen Diebstahls und unbefugter Inbetriebnahme fremder Fahrzeuge insgesamt 6 Vorstrafen aufzuweisen habe. Dennoch habe der Beklagte dem Siegfried M*** unbeschränkten Zutritt in die Räumlichkeiten des Hauses des Adolf F*** gewährt und auch den Garagenschlüssel überlassen. M*** habe am 18.April 1983 den PKW, dessen Zündschlüssel im Zündschloß gesteckt sei, in Betrieb genommen. Kurze Zeit nach Eintritt der Fahrt habe er einen Unfall verschuldet, bei dem der Wagen beschädigt worden sei. Die klagende Partei habe ihrer Versicherungsnehmerin in diesem Zusammenhang den Klagsbetrag gezahlt. Der Beklagte hafte für den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden nach den Bestimmungen des ABGB, des EKHG und aus der Übertretung des § 102 Abs6 KFG sowie auch aus seinen vertraglich übernommenen Verwahrungspflichten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei zu Adolf F*** und dessen Lebensgefährtin in einem dienstnehmerähnlichen Verhältnis gestanden. Selbst wenn ihn ein Verschulden treffe, sei dies nur eine entschuldbare Fehlleistung. Er dürfe wegen einer Rückgratverletzung keine schweren Lasten heben und habe daher Siegfried M*** als Hilfskraft verwendet. Er habe wohl gewußt, daß dieser eine Lenkerberechtigung nicht erworben habe; von den Vorstrafen habe er aber keine Kenntnis gehabt. Der Zündschlüssel sei in der im Büro befindlichen Kasse gelegen; der Büroraum sei durch zwei scharf abgerichtete Hunde bewacht worden. Zur Lebensgefährtin des Adolf F*** sei er in keinen vertraglichen Beziehungen gestanden. Er habe die Garage versperrt gehalten und den Schlüssel des PKW verwahrt. Er sei weder Halter noch Lenker des PKW gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende noch wesentliche Feststellungen:

Adolf F*** betreibt in Vöcklamarkt einen Geflügelgroßhandel. Seine Lebensgefährtin Hildegard B*** ist bei ihm als Angestellte angemeldet und führt mit ihm das Unternehmen, ohne daran beteiligt zu sein. Der Beklagte, der mit den beiden vorgenannten Personen privat bekannt war, bot an, Adolf F*** während eines Urlaubs zu vertreten. Dieser vereinbarte schließlich mit dem Beklagten, daß dieser ihn während des Urlaubs in der Zeit vom 9. bis 23.April 1983 vertreten und dabei in dessen Haus wohnen solle. Seine Aufgabe sollte die Aufrechterhaltung des Betriebes, besonders die Auslieferung der Waren an die Kunden sein. Über die Entlohnung wurde nichts vereinbart, doch war es beiden Vertragsteilen klar, daß die Tätigkeit des Beklagten nicht unentgeltlich erfolgen solle. Über die Frage, ob sich der Beklagte einer Hilfskraft bedienen dürfe, wurde nicht gesprochen. Adolf F*** erklärte, daß der Beklagte seine Frau und seinen allenfalls auf Besuch weilenden Neffen in seinem Haus wohnen lassen könne. Der Beklagte leidet, wie Adolf F*** bekannt war, nach einem Verkehrsunfall zeitweise an Rückgratschmerzen. Da der Beklagte während der Urlaubsvertretung Kisten mit einem Gewicht zwischen 15 und 27 kg heben mußte, beabsichtigte er, eine Hilfskraft einzustellen. Als er den ihm bekannten Siegfried M*** traf, fragte er diesen, ob er ihm helfen wolle. Der Beklagte kannte M***, der sich mit dem Vorschlag einverstanden erklärte, schon seit rund einem Jahr, weil M*** ebenso wie der Beklagte bei der Firma F*** gearbeitet hatte. Dieses Arbeitsverhältnis des Siegfried M*** war etwa drei bis vier Wochen vor der Erstattung des vorerwähnten Vorschlages beendet worden, ohne daß dem Beklagten der Grund der Vertragsauflösung bekannt gewesen wäre. Ebensowenig war dem Beklagten bekannt, daß M*** bereits sechsmal wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen, davon dreimal wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 StGB, verurteilt worden war. Dem Beklagten war aber bekannt, daß M*** keine Lenkerberechtigung besaß. Aufgabe M*** war es, den Beklagten bei der Auslieferung und den Verladetätigkeiten zu unterstützen; er sollte aber kein Kraftfahrzeug lenken. Adolf F*** und Hildegard B*** hielten im Haus des Erstgenannten zwei scharf abgerichtete Schäferhunde. Als der Beklagte mit Siegfried M*** erstmals in diesem Haus erschien, um die Arbeit anzutreten, führte die Haushälterin Johanna S*** die beiden ins Büro, um einen Kontakt mit den Hunden herzustellen. Die Hunde, die den Beklagten schon kannten, fanden sich auch mit der Anwesenheit des Siegfried M*** ab. Sie hielten sich gewöhnlich im Büro auf.

Am Tage des Arbeitsantritts übergab Johanna S*** dem Beklagten die Schlüssel für das Haus und die Garage sowie die Schlüssel für den PKW der Hildegard B*** und den Lieferwagen des Adolf F***. M*** übernachtete in dessen Haus. Der Beklagte stellte den PKW an jedem Morgen derart in der Garage auf, daß Johanna S*** ohne Schwierigkeiten die Garage mit dem PKW verlassen konnte, wenn sie zweimal am Tag mit den Hunden wegfuhr. Am 18.April 1983 übernachtete auch die Frau des Beklagten im Haus des Adolf F***. Der Beklagte begab sich mit ihr am Abend dieses Tages in den Büroraum und in die Garage, um zu überprüfen, ob die Räume abgesperrt seien. Er versperrte auch den PKW und den Lieferwagen und legte die Schlüssel dieser Fahrzeuge in eine unversperrte, im Büroraum befindliche Kassette. Die beiden Hunde hielten sich im Büro, dessen Türe nicht verschlossen war, auf. Das Garagentor ließ sich nur von innen öffnen. Ob auch der Schlüssel zum Seitentor der Garage in die Kassette gelegt wurde, kann nicht festgestellt werden. Die Garage kann auch über drei weitere, unversperrte Türen vom Hof aus betreten werden. Dies wurde auch von Adolf F*** und Hildegard B*** so gehandhabt.

Der Beklagte litt auch an diesen Tagen unter Kreuzschmerzen und begab sich deshalb früh ins Bett. Da Siegfried M*** auswärts essen gehen wollte, gab ihm der Beklagte den Schlüssel zum Haus mit. M*** konsumierte in einem Gasthaus zwei bis drei Krügel Bier und ein Glas Schnaps. Auf dem Rückweg beschloß er, mit dem PKW der Hildegard B*** eine "Schwarzfahrt" zu unternehmen. Er begab sich in das Büro, in welchem sich die beiden Hunde befanden, entnahm der Kassette die Autoschlüssel sowie einen Barbetrag von S 3.000,--, öffnete dann das Garagentor, verlud die beiden Hunde in den PKW und verließ mit diesem die Garage. Schon nach kurzer Fahrt übersah er eine Kurve, fuhr geradeaus weiter, durchstieß die Leitschiene und landete im Straßengraben. Der PKW wurde dabei total beschädigt. Die klagende Partei zahlte an Hildegard B*** einen Schadensbetrag von S 79.783,-- und machte sodann ihre Forderung in dieser Höhe dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 5.September 1983 geltend. Siegfried M*** wurde wegen dieser Tat (unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen) nach dem § 136 Abs1 und 3 zweiter Fall StGB rechtskräftig verurteilt.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, zwischen dem Beklagten und Adolf F*** sei ein Arbeitsvertrag zustandegekommen. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Betrieb des Adolf F*** während dessen Abwesenheit aufrechtzuerhalten. Er habe in dem Haus wohnen dürfen und den Gebäudekomplex beaufsichtigen und die Türen versperrt halten müssen. Der Beklagte habe daher auch Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber den im Haus befindlichen Sachen dritter Personen, insbesondere auch hinsichtlich des PKW der Hildegard B*** übernommen. Wenngleich bei Vertragsabschluß über ein Recht des Beklagten, zur Erfüllung seiner Pflichten einen Gehilfen heranzuziehen, keine Vereinbarung getroffen worden sei, habe F*** gewußt, daß der Beklagte zeitweise Kreuzschmerzen habe, aber relativ schwere Lasten werde tragen müssen. Da der Beklagte ohne einen Gehilfen die übernommenen Pflichten nicht hätte vollständig erfüllen können, sei er berechtigt gewesen, eine dritte Person beizuziehen. Eine Haftung des Beklagten nach dem § 1313 a ABGB scheide aus, weil er nicht damit habe rechnen müssen, daß M*** den PKW in Betrieb nehmen werde. Der Beklagte hafte aber auch nicht nach dem § 1315 ABGB, weil er die Gefährlichkeit des Siegfried M*** weder gekannt habe noch habe kennen müssen. Der Beklagte habe auch nicht Schutznorm des § 102 Abs6 KFG übertreten, weil das Garagentor und die Seitentüre der Garage verschlossen gewesen seien. Die in den Hof führenden drei Tore der Garage seien zwar nicht versperrt gewesen, doch hätten auch Adolf F*** und Hildegard B*** dies so gehandhabt. Der Beklagte habe schließlich die Fahrzeuge versperrt und die Fahrzeugschlüssel in einer Kassette im Büro verwahrt, in welchem sich die beiden scharf abgerichteten Schäferhunde befanden. Daß sich M*** dennoch der Schlüssel bemächtigen könnte, habe der Beklagte nicht voraussehen können. Die Überlassung der Haustorschlüssel könne dem Beklagten ebenfalls nicht vorgeworfen werden, weil M*** in der Nacht vom Inneren des Hauses in die Garage gelangen und das Garagentor von innen hätte öffnen können. Da dem Beklagten erlaubt gewesen sei, seine Frau und seinen Neffen im Haus wohnen zu lassen, könne ihm nicht vorgeworfen werden, diese Erlaubnis auf M*** ausgedehnt zu haben, zumal er keinen Grund gehabt habe, an dessen Redlichkeit zu zweifeln. Es sei im Interesse F*** gelegen gewesen, daß täglich am frühen Morgen mit der Auslieferung begonnen werden könne. Da der Beklagte Hildegard B*** gegenüber für den ihr von M*** zugefügten Schaden nicht hafte, habe auch keine derartige Schadenersatzforderung auf die klagende Partei übergehen können.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs1 Z 3 ArbGG neu durch, traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht und ergänzte diese wie folgt:

Der Beklagte arbeitet als Vertreter der Firma F*** in Westösterreich. Er war im März und April 1983 auf verschiedenen Fachmessen in Tirol und anschließend einige Tage in Vorarlberg tätig. Er kommt durchschnittlich zwei- bis dreimal monatlich ins Büro der Salzburger Zweigstelle der Firma F***. Vor allem während Messebesuchen kommt es vor, daß er längere Zeit hindurch die Zweigstelle in Salzburg nicht besucht. In dieser Zweigstelle arbeiten 10 bis 15 Fleischhauer, drei bis vier Kraftfahrer, die Büroangestellte H*** sowie der Lagerleiter N***. Dieser hatte Siegfried M*** im November 1982 als Lagerarbeiter aufgenommen. M*** war jedoch sehr unverläßlich, neigte zum Alkoholkonsum und erschien einige Male verspätet oder alkoholisiert zur Arbeit. In den Morgenstunden des 4.März 1983 nahm M*** eigenmächtig einen Kühlwagen seines Arbeitgebers in Betrieb und beschädigte dessen Aufbau während der anschließenden Fahrt bei einer Eisenbahnunterführung. Er stellte den Kühlwagen daraufhin wieder auf das Gelände der Firma F***, verschwieg seine Täterschaft und entrüstete sich sogar in einem mit N*** geführten Gespräch über den Vorfall. Am 8.März 1983 gestand er aber vor der Polizei die unbefugte Inbetriebnahme und Beschädigung des Kühlwagens. Ob Siegfried M*** schließlich wegen seiner schlechten Arbeitsmoral oder wegen der unbefugten Inbetriebnahme entlassen wurde, kann nicht festgestellt werden. Ebensowenig kann festgestellt werden, daß der Beklagte schon vor dem 18.April 1983 von der unbefugten Inbetriebnahme des Kühlwagens durch Siegfried M*** gewußt hat. Nicht erwiesen ist, daß dieser den Aufbewahrungsort der Schlüssel in der Kassette gekannt und der Beklagte dennoch den Zündschlüssel dort verwahrt habe. Der Beklagte konnte nicht wissen, daß Siegfried M*** die Schlüssel in der Kassette im Büroraum suchen würde. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, ein Verfall des Schadenersatzanspruchs im Sinne des § 6 DHG sei nicht eingetreten, weil die sechsmonatige Fallfrist erst mit der Leistung der klagenden Partei an die geschädigte Versicherungsnehmerin in Lauf gesetzt worden sei. Im übrigen teilte es im wesentlichen die Rechtsauffassungen des Erstgerichts.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Einen Verfahrensmangel erblickt die klagende Partei in der Unterlassung der von ihr beantragten Vernehmung der Zeugen Dr. Ernst M***, Josef H*** und Karl W***. Mit diesen Zeugen soll bewiesen werden, daß die Nachricht von der unbefugten Inbetriebnahme des Kühlwagens schon wenige Tage nach dem 5. März 1983 bei den Arbeitnehmern der Firma F*** bekannt geworden sei. Damit will die klagende Partei indirekt beweisen, daß auch der Beklagte als Vertreter der Firma F*** schon damals davon hätte erfahren müssen. Das Berufungsgericht hat jedoch ausführlich und sorgfältig begründet, daß die von den Zeugen zu beweisenden Umstände keinen Beweis dafür zuließen, daß auch der zu dieser Zeit in Tirol und Vorarlberg arbeitende Beklagte von der Täterschaft M*** Kenntnis erlangt habe, so daß sich eine Einvernahme dieser Zeugen erübrige. In dieser Auffassung ist ein Akt der Beweiswürdigung zu erblicken, der im Revisionsverfahren nicht bekämpft werden kann. Der Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs3 ZPO).

In der Rechtsrüge vertritt die klagende Partei weiterhin die Auffassung, der Beklagte hafte wegen Übertretung der Schutznorm des § 102 Abs6 KFG, ferner nach den §§ 1313a und 1315 ABGB sowie weil er sich nach den zwischen Adolf F*** und ihm getroffenen Vereinbarungen einer Hilfskraft nicht hätte bedienen dürfen. Diesen Auffassungen kann nicht zugestimmt werden.

Vorauszuschicken ist, daß die Bestimmungen des DHG auf den vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen, weil der den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Schaden nicht dem Arbeitgeber, sondern dessen Lebensgefährtin und Angestellten im Betrieb (der Hildegard B***) zugefügt wurde. Daß Adolf F*** verpflichtet gewesen wäre, seiner Lebensgefährtin den Schaden zu ersetzen, ist weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen; der Schaden wurde vielmehr von der klagenden Partei als Kaskoversicherer liquidiert. Die Frage des Verfalles nach dem DHG stellt sich daher nicht.

Gemäß dem § 102 Abs6 KFG hat der Lenker dafür zu sorgen, daß das Kraftfahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann. An die Sorgfaltspflicht müssen, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, strenge Anforderungen gestellt werden (ZVR 1983/343; ZVR 1980/44 ua). Der Lenker muß bis zur Grenze des unabwendbaren Zufalles alles tun, was zugemutet werden kann. Entscheidend sind die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles. Der Lenker ermöglicht eine Schwarzfahrt daher immer schon dann, wenn er günstige Bedingungen hiefür schafft (vgl. ZVR 1983/343 mwN). Der Beklagte war, wenngleich nicht Halter des PKW, auf Grund des mit Adolf F*** geschlossenen Vertrages zur ordnungsgemäßen Verwahrung der in der Garage befindlichen Kraftfahrzeuge verpflichtet. Er war auch Lenker des PKW der Hildegard B*** iS des § 102 Abs6 KFG, weil er ihn täglich in der Garage so aufzustellen hatte, daß ihn die Haushälterin S*** ohne Schwierigkeiten aus der (beengten) Garage fahren konnte. Diesen Verpflichtungen ist der Beklagte auch bei Anlegung des erforderlichen strengen Maßstabes nachgekommen. Er hat nicht nur den Zündschlüssel abgezogen und den Wagen versperrt, sondern überdies die Wagenschlüssel in einer Kassette im Büro verwahrt. Daß Siegfried M*** dieser Aufbewahrungsort bekannt gewesen wäre, wurde nicht als erwiesen angenommen. Da das Büro zwar nicht abgeschlossen, aber von zwei scharf abgerichteten Schäferhunden ständig bewacht war, lagen insgesamt besonders wirksame Maßnahmen gegen einen Fahrzeugdiebstahl vor. (vgl. zur Bewachung eines Kraftfahrzeuges durch einen Wachhund ZVR 1983/343). Der Beklagte hatte nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen auch keinen Anlaß, an der Redlichkeit des Siegfried M*** zu zweifeln, und wußte nicht, daß M*** der Aufbewahrungsort der Schlüssel bekannt sei. Den Vorinstanzen ist aber auch darin beizustimmen, daß der Beklagte berechtigt war, sich bei der Verrichtung der Verladetätigkeiten und der Auslieferung eines Gehilfen zu bedienen. Gemäß dem § 1153 ABGB hat der Arbeitnehmer die Dienste persönlich zu erbringen, es sei denn, daß sich aus dem Arbeitsvertrag oder aus den Umständen etwas anderes ergibt. Die letztgenannte Voraussetzung liegt hier vor, weil der Beklagte infolge seines - dem Adolf F*** bekannten - Leidenszustandes nicht in der Lage war, die schweren Kisten einzuladen. Da diese Arbeiten in den frühen Morgenstunden zu verrichten waren und der Beklagte die Erlaubnis hatte, seine Frau und seinen Neffen im Haus wohnen zu lassen, kann eine Haftung auch nicht auf die vom Beklagten an Siegfried M*** erteilte Erlaubnis, im Haus zu nächtigen, mit Erfolg gestützt werden, solange nicht gegen dessen Person Bedenken beständen. Dem Beklagten waren nach den Feststellungen aber weder die einschlägigen Vorstrafen Siegfried M*** noch die Umstände, die zu dessen Entlassung geführt hatten bekannt. Eine Verpflichtung, Erkundigungen über das Vorleben Siegfried M*** einzuholen, bestand unter den gegebenen Umständen nicht. Eine Haftung aus der mitübernommenen Verwahrung des PKW der Hildegard B*** besteht daher mangels Verschuldens des Beklagten nicht. Ebensowenig haftet der Beklagte nach dem § 1315 ABGB, weil diese Haftung die - hier nicht gegebene - wissentliche Beschäftigung einer gefährlichen Person voraussetzt.

Schließlich liegen auch die Voraussetzungen einer Haftung nach dem § 1313 a ABGB nicht vor. Der Beklagte stand ausschließlich zu Adolf F*** in einem Vertragsverhältnis. Ob dieses ein Arbeitsverhältnis oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis war, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Selbst wenn man den vom Beklagten zu seiner Unterstützung beigezogenen Siegfried M*** als dessen Erfüllungsgehilfen ansieht, dessen sich der Beklagte zur Erfüllung seiner dem Adolf F*** gegenüber bestehenden Verpflichtung bedient hat, haftet er nicht für einen Schaden, den dieser Erfüllungsgehilfe nicht durch die Erfüllung seiner in der Verrichtung von Ladetätigkeiten bestehenden Verpflichtungen, sondern in seiner Freizeit und ohne Zusammenhang mit der - ordnungsgemäß erfolgten - Erfüllung der Hauptleistung einer dritten Person zugefügt hat. Siegfried M*** war in bezug auf den PKW nicht Erfüllungsgehilfe des Beklagten, weil seine Dienstleistungen damit in keinerlei Zusammenhang ständen. Er hatte den PKW weder zu verwahren noch zu benutzen (Koziol-Welser, Grundriß 7 I 416f sowie Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1313a mwH; SZ 54/65, SZ 48/23).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E07880

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00042.86.0408.000

Dokumentnummer

JJT_19860408_OGH0002_0140OB00042_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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