Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter G*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 27.Jänner 1986, GZ 25 Vr 3612/85-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angekalgten die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Walter G*** (zu 1.) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und (zu 2.) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit a WaffG schuldig erkannt. Darnach hat er in Jenbach
1. am 7.September 1985 dem Ludwig K*** mit Gewalt gegen dessen Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er dem Genannten im Toilettenvorraum des Nachtlokales "OLD S***" Faustschläge und Fußtritte versetzte, ihn sodann durch einen Hinterausgang auf den Parkplatz schleifte, ihn dort neuerlich mit Fäusten schlug und mit Füßen trat und ihm daraufhin seine Geldtasche mit 5.400 S Bargeld, eine Taschenuhr mit Kette, eine Krawattennadel und Manschettenknöpfe wegnahm;
2. bis zum 20.Juli 1985, wenn auch nur fahrlässig, eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine zum Verfeuern von Projektilpatronen umgebaute Schreckschußpistole, unbefugt besessen.
Vom weiteren Anklagevorwurf, im Juli 1985 in Jenbach die unter Punkt 2. des Schuldspruches angeführte Faustfeuerwaffe dem zu deren Besitz nicht befugten Herwig M*** überlassen zu haben (§ 36 Abs. 1 lit e WaffG), wurde er gemäß § 259 Z 2 StPO freigesprochen. Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer lediglich auf die Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unbegründet ist.
Nach den Urteilsfeststellungen haben die Tätlichkeiten des Angeklagten sowie des (insoweit abgesondert verfolgten) Herwig M*** gegen Ludwig K*** im Toilettenvorraum des Nachtlokals "OLD S***", die in unmittelbarer Folge vom Angeklagten
allein - nunmehr mit Raubvorsatz - außerhalb des Lokals fortgesetzt wurden, etwa zwischen 22,15 Uhr und 22,30 Uhr begonnen. Der Angeklagte hatte sich in der Hauptverhandlung damit verantwortet, zu diesem "Zeitpunkt" nicht im (Toiletten-)Vorraum, sondern in der Discothek gewesen zu sein. Wohl sei er dann von der Discothek zur Toilette gegangen, von wo ihm Herwig M*** blutig und mit zerrissenem T-Shirt entgegengekommen sei. Dieser habe ihm von einer Auseinandersetzung mit Ludwig K*** erzählt, den er (M***) danach über einen lebenden Zaun geworfen hätte. Er (Angeklagter) habe sich dann diese "Mauer" angesehen, doch der Mann (K***) sei nicht mehr da gewesen. Er habe sich hierauf seine Sachen aus der Discothek geholt und sei mit Herwig M*** gemeinsam in seine Wohnung gefahren (S 376).
Mit dieser Darstellung - der das Schöffengericht im Rahmen der Beweiswürdigung an sich den Glauben versagte - räumt der Angeklagte aber selbst die Möglichkeit ein, im unmittelbaren zeitlichen Bereich jenes nicht exakt eingrenzbaren, jedenfalls aber nicht unerheblichen Zeitraumes, innerhalb dessen die ihrerseits nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen nicht besonders zeitaufwendige eigentliche Tatausführung außerhalb des Lokals stattgefunden haben muß, zweimal (zunächst kurzfristig, dann endgültig) das Lokal verlassen zu haben. Mit Rücksicht auf die aufgezeigten zeitlichen Unsicherheitsfaktoren und die vom Angeklagten selbst dargetane Unmöglichkeit einer dauernden Beobachtung durch den beantragten Zeugen Otto B*** (allenfalls ident mit dem "Ober O***" lt S 191) im fraglichen Zeitraum, hätten aber im Beweisantrag zwecks Beurteilung der realen Chance eines positiven Beweisergebnisses jene Umstände angeführt werden müssen, wonach der Zeuge im konkreten Fall dennoch in der Lage gewesen wäre, zu bestätigen, daß der Beschwerdeführer "zum Raubzeitpunkt in der Bar bzw in der Disco war" (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 19, 71 und 83 zu § 281 Abs. 1 Z 4).
In Ansehung der zum selben Beweisthema beantragten Zeugin Brigitte G*** ergibt sich aus deren mit der Anzeige verlesenen (S 383) Gendarmerieaussage (S 158), aber noch deutlicher aus ihrer Aussage vor dem Untersuchungsrichter (ON 33) - die zwar mangels Einverständnisses des Angeklagten (§ 252 Abs. 1 Z 4 StPO) nicht verlesen werden durfte, nichtsdestoweniger aber zur Beurteilung der Relevanz des Beweisantrages herangezogen werden kann (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 20 und 20 a zu § 281 Abs. 3) -, daß diese zur Führung eines Alibibeweises gänzlich ungeeignet wäre; hat doch die Zeugin unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie nach ihrem (vom Angeklagten nicht bestrittenen) Zusammentreffen im Toilettenvorraum ins Lokal zurückgegangen und den Angeklagten in weiterer Folge nicht mehr gesehen hat.
Rechtliche Beurteilung
Der Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin Brigitte E*** zum Nachweis dafür, daß der Angeklagte die Faustfeuerwaffe (vgl Schuldspruchfaktum 2.) nicht dem Herwig M*** überlassen, sondern daß M*** diese Pistole entwendet habe, zielte eindeutig auf die Widerlegung jenes Anklagevorwurfes (wegen § 36 Abs. 1 lit e WaffG) ab, von dem der Angeklagte ohnedies freigesprochen worden ist. Wenn nunmehr in der Beschwerde - erstmals - auf eine durch die Aussage dieser Zeugin zu erwartende Erschütterung der Glaubwürdigkeit der den Angeklagten im Raubfaktum belastenden Depositionen des Zeugen Herwig M*** abgestellt wird, so kann dieses neue Vorbringen im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht mehr berücksichtigt werden (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 40 und 41 zu § 281 Abs. 1 Z 4).
Nicht zielführend war schließlich auch der beantragte Sachverständigenbeweis, wonach es nicht möglich wäre, daß der Angeklagte den Zeugen Ludwig K*** über eine Hecke geworfen hätte, ohne sich dadurch seine Kleidung mit Blut zu beflecken. Festgestelltermaßen hat der Angeklagte das Raubopfer dabei an den Füßen erfaßt, während Herwig M*** es an der Kopfseite ergriff (US 8). Geblutet hat aber der Zeuge K*** vornehmlich im Gesichts- und Schädelbereich, worin das Erstgericht auch die Erklärung für den Umstand erblickt, daß die Bekleidung M***'s "erheblich blutverschmiert" war, wogegen an jener des Angeklagten "keine oder nur unwesentliche Blutspuren zu finden waren" (US 18). In diesem Zusammenhang ist auch auf das - zufolge Widerspruches des Angeklagten zwar gleichfalls nicht verlesene bei der Relevanzprüfung aber dennoch verwerfbare (vgl abermals Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 20 und 20 a zu § 281 Abs. 3) - Gutachten des Instituts für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck zu verweisen, wonach K*** aus Mund und Nase geblutet hat (S 85, 89). Dieser Beweisantrag geht somit ganz eindeutig und klar erkennbar ins Leere. Da somit in keinem Fall Verteidigungsrechte des Angeklagten durch Abweisung seiner Beweisanträge verletzt worden sind, war schon bei einer nichtöffentlichen Beratung die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen.
Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).
Anmerkung
E08309European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00048.86.0408.000Dokumentnummer
JJT_19860408_OGH0002_0100OS00048_8600000_000