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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Wirtschaftskammer Kärnten in Klagenfurt, vertreten durch Dr. Gerhard Fink, Dr. Peter Bernhart und Dr. Bernhard Fink, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 30. August 2004, Zl KUVS-K1-1559/2/2004, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin "gegen das Schreiben des Landeshauptmannes für Kärnten vom 2. Dezember 2003, Zl 7-G-KLAL- 18/19/2003," als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe des genannten Schreibens des Landeshauptmannes für Kärnten, der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin sowie der Bestimmungen der §§ 58 bis 61 und 18 Abs 4 AVG aus, dass dem Schreiben des Landeshauptmannes für Kärnten der normative Abspruch fehle, darin keine Person im Rechtssinn als Normadressat bezeichnet werde und eine rechtliche Begründung fehle. Weiters verwies die belangte Behörde darauf, dass eine Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen sei, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe. Die Frist beginne für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Das bekämpfte Schreiben sei an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt versendet worden, weshalb die Beschwerdeführerin aus dem (von der belangten Behörde unüberprüften) Erhalt dieses Schreibens keine Parteistellung ableiten könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdepunkt folgendermaßen ausgeführt wird:
"Wir erachten uns durch den angefochtenen Bescheid in unserem Recht auf Parteienstellung im gewerberechtlichen Feststellungsverfahren und Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens verletzt, wobei der Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet."
Im Rubrum der Beschwerde wird diese als "Beschwerde gemäß Art 131 Abs 1 Ziffer 1 B-VG wegen Verletzung des gesetzlich gewährleisteten Rechts auf Anhörung gemäß § 348 Abs 2 GewO 1994" bezeichnet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 348 Abs 1 und 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) in der Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 111/2002 lauten:
"(1) Wird eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Bewilligung zur Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes (§ 127) oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Bezirksverwaltungsbehörde oder beim Landeshauptmann die Feststellung beantragt, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des § 74 gegeben ist, bestehen aber Zweifel, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, so hat der Landeshauptmann über diese Frage zu entscheiden. Dies gilt auch für den Fall, wenn in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar sind.
(2) Vor der Entscheidung hat der Landeshauptmann die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft und die nach der Sachlage in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu hören, die ihre Gutachten binnen sechs Wochen abzugeben haben. Diesen steht gegen den Bescheid das Recht der Berufung zu, falls die Entscheidung ihren fristgerecht abgegebenen Gutachten widerspricht oder sie nicht gehört worden sind."
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid - im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes - in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl zB den hg Beschluss eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg Nr 10511/A).
§ 348 Abs 1 GewO vermittelt der Beschwerdeführerin nur ein Anhörungs- und Berufungsrecht, nicht jedoch die Stellung als Partei. Subjektive Rechte der Beschwerdeführerin könnten nur verletzt sein, wenn ihr das Recht auf Erstattung des Gutachtens, auf Erhebung der Berufung oder auf eine Entscheidung über ihre Berufung verweigert worden wäre (vgl den hg Beschluss vom 3. September 1996, Zl 96/04/0027).
Aus der Ausführung des Beschwerdepunkts - insbesondere im Zusammenhang mit dem Rubrum der Beschwerde - ergibt sich eindeutig, dass sich die Beschwerdeführerin in den ihr durch die Bestimmung des § 348 GewO 1994 eingeräumten prozessualen Rechten als verletzt erachtet. Diese prozessualen Rechte stellen subjektive öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin dar, sodass ihr diesbezüglich Beschwerdelegitimation gemäß § 131 Abs 1 Z 1 B-VG zukommt.
3. Die Beschwerdeführerin wäre in dem ihr gemäß § 348 Abs 2 GewO 1994 eingeräumten Berufungsrecht auch verletzt, wenn über diese Berufung eine unzuständige Behörde entschieden hätte, sodass zunächst auf die in der Beschwerde behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde einzugehen ist.
3.1. Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt den Landeshauptmann von Kärnten ersucht, gemäß § 348 Abs 1 GewO 1994 festzustellen, ob auf die Tätigkeit des Vereins G. die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 bzw des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 anzuwenden seien. Der Anfrage zu Grunde lag eine an die Bezirkshauptmannschaft erstattete Anzeige gegen den Verein G. wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Ausübung des Personenbeförderungsgewerbes mit Pkw (Taxigewerbe) und damit einer Übertretung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes in Verbindung mit der Gewerbeordnung.
In der Folge erging (ua) das von der Beschwerdeführerin als Bescheid bezeichnete, an die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt gerichtete Schreiben des Landeshauptmannes von Kärnten vom 2. Dezember 2003, in dem auf das bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen des Vereines G. im Hinblick auf eine Übertretung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes Bezug genommen wird. Wörtlich heißt es sodann:
"Im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens darf seitens der Abteilung 7 - Wirtschaftsrecht und Infrastruktur als für Gewerbeangelegenheiten zuständige Oberbehörde festgehalten werden, dass nach eindeutiger Feststellung der Gewerbebehörde des Amtes der Kärntner Landesregierung mit 28. August 2003, Zahl: 7-G-KLAL- 18/11/2003, Klarheit darüber geschaffen wurde, dass der paraöffentliche Verkehr ‚G' nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung oder des Gelegenheitsverkehrsgesetzes unterliegt.
Die Festlegung, dass das G nicht der Gewerbeordnung oder dem Gelegenheitsverkehrsgesetz unterliegt, wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt - nämlich dem Jahre 1999 - getroffen und hat sich seit dieser Beurteilung keine Änderung ergeben."
3.2. § 1 Abs 1 und 2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 (GelverkG), BGBl Nr 112/1996, lauten:
"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, ausgenommen die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes 1952, BGBl. Nr. 84.
(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten."
Da das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz keine besonderen Bestimmungen über ein Feststellungsverfahren über die Anwendbarkeit der gewerberechtlichen Vorschriften enthält, sind die diesbezüglich in der Gewerbeordnung enthaltenen Bestimmungen, insbesondere § 348 GewO 1994, auch im Hinblick auf die dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz unterliegenden Gewerbe anzuwenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 375 Abs 4 GewO 1994 in der Fassung BGBl I Nr 111/2002 vorsieht, dass bis zu einer entsprechenden Neuregelung im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 und im Güterbeförderungsgesetz 1995 die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 111/2002 weiter gelten.
Soweit daher - wie in dem der vorliegenden Beschwerde von der Beschwerdeführerin zugrundegelegten Sachverhalt - in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 GewO 1994 Zweifel bestehen, ob eine unbefugte Ausübung eines dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz unterliegenden Gewerbezweigs vorliegt, hat der Landeshauptmann darüber gemäß § 348 Abs 1 GewO 1994 zu entscheiden. Der Beschwerdeführerin kommt gemäß Abs 2 leg cit das Recht zu, vor der Entscheidung angehört zu werden und - wenn die Entscheidung dem fristgerechten abgegebenen Gutachten widerspricht oder sie nicht gehört worden ist - Berufung zu erheben.
Gemäß § 16 Abs 6 GelverkG - der als besondere Bestimmung im Sinne des § 1 Abs 2 GelverkG den Bestimmungen der GewO 1994 vorgeht - entscheiden in den Fällen, in denen gegen den Bescheid des Landeshauptmannes eine Berufung zulässig ist, über Berufungen in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes - zu denen auch jene Angelegenheiten zu zählen sind, die nach § 1 Abs 2 GelverkG von den insoweit subsidiär geltenden Bestimmungen der GewO 1994 erfasst sind - die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Da die Beschwerdeführerin gegen ein von ihr als Bescheid bezeichnetes Schreiben des Landeshauptmannes - in einer Angelegenheit des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes - Berufung erhoben hat, erweist sich der Einwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde daher als unbegründet.
4. Gemäß § 58 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut oder ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (vgl dazu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, E 36 zu § 58 AVG zitierte hg Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall enthält das verfahrensgegenständliche Schreiben des Landeshauptmannes weder einen Spruch noch ist es ausdrücklich als Bescheid bezeichnet. Die Beschwerdeführerin vermeint, dass das Schreiben dennoch "alle inhaltlichen Kriterien eines Bescheides" erfülle. Sie leitet dies aus dem Umstand ab, dass der Landeshauptmann in dieser Erledigung ausdrücklich festgehalten habe, "dass der paraöffentliche Verkehr ‚G' nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung oder des Gelegenheitsverkehrsgesetzes unterliegt"; auch der in der Erledigung verwendete Begriff "Feststellung" belege, dass ein Feststellungsbescheid vorliege. Mit diesem Vorbringen lässt die Beschwerdeführerin jedoch den Sinnzusammenhang der von ihr zitierten Teile der verfahrensgegenständlichen Erledigung des Landeshauptmannes von Kärnten außer Betracht. Wie sich aus dem oben bereits wiedergegebenen Wortlaut der Erledigung ergibt, bezieht sich der Landeshauptmann von Kärnten nämlich ausdrücklich auf eine bereits zu einem früheren Zeitpunkt getroffene "Feststellung der Gewerbebehörde" und betont, dass die "Festlegung", dass eine bestimmte Tätigkeit nicht dem Gelegenheitsverkehrsgesetz unterliege, "bereits zu einem früheren Zeitpunkt - nämlich dem Jahre 1999 - getroffen" worden sei. Gerade aus den von der Beschwerdeführerin zitierten Teilen der verfahrensgegenständlichen Erledigung, wenn sie in ihrem Gesamtzusammenhang gelesen werden, ergibt sich sohin, dass darin über eine bereits früher getroffene Entscheidung berichtet wird, nicht aber aktuell eine bescheidmäßige Feststellung getroffen werden sollte. Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde daher zutreffend das verfahrensgegenständliche Schreiben des Landeshauptmannes von Kärnten nicht als Bescheid beurteilt und die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 333.
Wien, am 1. Juli 2005
Schlagworte
Gewerberecht Instanzenzug Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004030202.X00Im RIS seit
02.08.2005