Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*** ART S*** L***, Basel, Steinenring 50, Schweiz, vertreten durch Dr.Helmut Payrits, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ABC's Durckformherstellung Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Wien 1., Coburgbastei 6, vertreten durch Dr.Gerhard Winterstein, Rechtsanwalt in Wien, wegen US-Dollar 11.304,56 und DM 35.316,56 (Streitwert S 435.013,52) s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. November 1985, GZ4 R 206/85-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. Dezember 1984, GZ25 Cg 302/83-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit S 16.090,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.288,25 Ust. und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei fordert von der beklagten Partei für Warenlieferungen den im Sinne einer behaupteterweise zwischen den Streitteilen zustandegekommenen, jedoch nur teilweise erfüllten Ratenvereinbarung noch offenstehenden Klagsbetrag.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Die von der klagenden Partei gelieferten Transfertech-Produkte (Abreibeschriften) und Maschinen seien nicht, wie von der klagenden Partei zugesagt, den Original-B***-Schriften gleichwertig, sondern hätten die im einzelnen dargestellten und sofort gerügten Mängel aufgewiesen. Hiedurch sei der beklagten Partei ein aufrechnungsweise eingewendeter Schaden von S 300.000,-- entstanden. Die klagende Partei habe zwecks Einführung ihrer Produkte durch die beklagte Partei auch die Übernahme von Werbekosten zugesagt, der diesbezüglich aufgewendete Betrag von mindestens S 500.000,-- werde ebenfalls compensando eingewendet. Ein weiterer Schaden sei der beklagten Partei dadurch entstanden, daß die Firma B*** es wegen der Urheberrechtsverletzungen der klagenden Partei abgelehnt habe, für die ihrerseits der beklagten Partei gelieferten Produkte Gewährleistungs- und Servicearbeiten durchzuführen. Die klagende Partei habe sich verpflichtet, diesbezüglich eine Klärung mit der Firma B*** herbeizuführen, tatsächlich sei jedoch keine Bereinigung erfolgt. Auch zur vereinbarten Rücknahme der mangelhaften Schriften und nicht ordnungsgemäß funktionierenden Maschinen durch die klagende Partei sei es noch nicht gekommen, weshalb der Klagsbetrag auch nicht fällig sei; schließlich liege auch bereits Verjährung vor. Die Ratenvereinbarung sei im übrigen nur auf Grund der zugesagten Mängelbehebung durch die klagende Partei abgeschlossen worden. Da diese nicht, wie vereinbart, Original-B***-Produkte, sondern lediglich "Raubkopien" geliefert habe, welche auf den B***-Maschinen nicht verwendet werden könnten, liege auch Irreführung vor.
Das Erstgericht stellte die Klagsforderung von
US-Dollar 11.304,56 und DM 35.360,56 als zu Recht bestehend, hinsichtlich der eingewendeten Gegenforderungen dagegen das Nichtbestehen fest und sprach der klagenden Partei die vorgenannten Beträge samt Zinsen zu. In seiner rechtlichen Beurteilung ging es davon aus, daß auf der Grundlage des erwiesenen Sachverhaltes der beklagten Partei die von ihr behaupteten Mängel der von der klagenden Partei gelieferten Waren schon weit vor dem 15.5.1981 bekannt gewesen, aber selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht geltend gemacht worden seien, sodaß die Ware als genehmigt gelte. Die eingewendeten Gegenforderungen bestünden schon deshalb nicht zu Recht, weil von der beklagten Partei weder die Entstehung eines Schadens aus einer Mangelhaftigkeit der von der klagenden Partei gelieferten Waren noch eine Vereinbarung, wonach sich diese zur Tragung von Werbekosten verpflichtet habe, nachgewiesen worden sei. Im übrigen erschienen die Gegenforderungen auch verjährt. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und hielt auch die von der beklagten Partei erhobene Beweisrüge und Rüge der unrichtigen Tatsachenfestellung nicht für gerechtfertigt. Nach den erstgerichtlichen, als Feststellungen zu wertenden und unbedenklichen tatsächlichen Schlußfolgerungen habe die beklagte Partei ursprünglich kostengünstigere Ware von der klagenden Partei anstelle von der Firma B*** beziehen wollen und nach Auftreten von Zahlungsschwierigkeiten die "anfangs geringfügig auftretenden Mängel" zum Anlaß genommen, die Zahlungen einzustellen. Auf die Rechtsrüge der beklagten Partei ging das Berufungsgericht nicht ein, weil sie nicht auf den festgestellten Sachverhalt gründe und daher nicht gesetzmäßig erscheine.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die beklagte Partei eine auf § 503 Abs1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. In ihrer Revisionbeantwortung beantragt die klagende Partei, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Unter dem Revisiongrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die beklagte Partei zum einen erstgerichtliche Verfahrensmängel, von welchen bereits das Berufungsgericht erkannte, daß sie nicht vorliegen. Eine solche neuerliche Rüge ist nach der ständigen Judikatur in dritter Instanz nicht zulässig. Zum anderen wird geltend gemacht, das Berufungsgericht hätte das erstgerichtliche Urteil aufheben und die Rechtssache zwecks amtswegiger Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Frage der Mangelhaftigkeit der von der klagenden Partei gelieferten Waren an das Erstgericht zurückverweisen müssen.
Die Frage, ob das Berufungsgericht weitere Beweise für erforderlich hält, fällt jedoch in den Rahmen seiner vor dem Revisionsgericht unanfechtbaren Beweiswürdigung. Der Revisionsgrund des § 503 Abs1 Z 2 ZPO liegt somit nicht vor.
Nach § 503 Abs1 Z 3 ZPO wird gerügt, die vom Berufungsgericht vorgenommene Interpretation der Zeugenaussage W*** und die daraus abgeleiteten Feststellungen und Schlußfolgerungen seien als aktenwidrig zu werten. Dem ist zu entgegnen, daß in der Gewinnung von tatsächlichen Feststellungen durch Schlußfolgerungen aus einer Zeugenaussage keine Aktenwidrigkeit liegt (JBL1954,73; ZVR 1962/64 uva.).
In der Rechtsrüge führt die Revisionswerberin aus, nach dem Inhalt der in englischer Sprache abgefaßten Beilage ./C hätten die Streitteile die Anwendung schweizerischen Rechtes vereinbart. Es sei daher zu erwägen, inwieweit das Schweizer Recht vom österreichischen Recht abweiche, insbesondere, ob nach ersterem Recht die von der beklagten Partei behaupteten Gegenforderungen noch nicht verjährt erschienen. Dem ist folgendes zu entgegnen:
Da die Rechtsrüge der Berufung vom Berufungsgericht als nicht gesetzmäßig ausgeführt gewertet und ihre sachliche Behandlung daher verweigert wurde, konnte eine Bekämpfung dieser berufungsgerichtlichen Ansicht nur unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erfolgen (5 Ob 706/81; 5 Ob 628/83; 6 Ob 695/85, 6 Ob 726/84 ua.). Eine solche Anfechtung der berufungsgerichtlichen Begründung enthält die Revision in keiner Weise. Somit ist aber davon auszugehen, daß der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig ausgeführt war. Im Sinne der ständigen Judikatur kann in diesem Falle eine Rechtsrüge - in deren Rahmen fällt auch die Frage des anzuwendenden Rechtes (ZfRV 1973,149; 1977,297; 8 Ob 174/73 ua.) - in der Revision nicht mehr wirksam nachgetragen werden (RZ 1966,204; 5 Ob 643,644/77, 7 Ob 518,519/81 uva.). Die Frage, ob nunmehr der Revisiongrund des § 503 Abs1 Z 4 ZPO gesetzmäßig ausgeführt erscheint, bedarf daher keiner Erörterung. Der Revision war vielmehr ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E07861European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00546.86.0408.000Dokumentnummer
JJT_19860408_OGH0002_0020OB00546_8600000_000