TE OGH 1986/4/8 10Os11/86

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Veröffentlicht am 08.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert P*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, soweit sie gegen den Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage II und gegen den darauf beruhenden Schuldspruch laut Punkt II. des Urteils des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Wiener Neustadt vom 9.Oktober 1985, GZ 12 a Vr 1663/84-94, gerichtet ist, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Breuer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage II und gegen den darauf beruhenden Schuldspruch laut Punkt II. gerichtet ist, wird sie verworfen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die den erfolglos gebliebenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

In teilweiser Stattgebung der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 11. März 1986, GZ 10 Os 11/86-6, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung das angefochtene Urteil, mit dem Robert P*** der Verbrechen (I.) des Mordes nach § 75 StGB sowie (II.) der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt wurde, im Schuldspruch wegen Mordes und im Strafausspruch gleichermaßen wie den Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage I aufgehoben sowie die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen; mit seiner Berufung wurde der Angeklagte darauf verwiesen. Die der Erledigung im Gerichtstag vorbehaltenen Teile der Nichtigkeitsbeschwerde betreffen den Wahrspruch zur Hauptfrage II und den darauf beruhenden Schuldspruch wegen schwerer Nötigung. Darnach hat der Beschwerdeführer am 15.November 1984 in Baden Josef K*** durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu Handlungen und Unterlassungen genötigt, und zwar (1.) durch die Aufforderung "Herr K***, gehen Sie auf die Seite, das ist die gefährlichste Waffe, die es gibt", wobei er eine Vorderschaft-Repetierflinte in der Hand hielt - dazu, von Willibald M*** einen Schritt wegzugehen; (2.) durch die Ankündigung "noch einen Zentimeter, und Sie sind tot", wobei er die soeben bezeichnete Waffe aus einer Entfernung von etwa einem halben Meter gegen ihn richtete - dazu stehen zu bleiben; und

(3.) durch den Zuruf "flüchten Sie sofort, sonst sind Sie tot; letzte Chance, rennen Sie, sonst schieße ich", wobei er abermals die Waffe gegen ihn richtete - dazu davonzulaufen.

Rechtliche Beurteilung

Insoweit kommt der auf § 345 Abs. 1 Z 5, 6 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten keine Berechtigung zu. In seinen Verteidigungsrechten mit Bezug auf den hier aktuellen Beschwerdegegenstand beeinträchtigt (Z 5) fühlt er sich zum einen deswegen, weil der Schwurgerichtshof zwei Fragen seines Verteidigers an den Sachverständigen Dr. H*** darnach, ob auf Grund bestimmter Aussagen des Zeugen K*** die Möglichkeit bestehe, daß sich bei jenem (gemeint: zur Tatzeit) "eine Schocksituation ergeben" - in der Verfahrensrüge ungenau: ob bei dem Zeugen ... eine Schocksituation vorgelegen - habe, und ob die betreffenden Angaben "mit einer Schocksituation in Einklang zu bringen" seien, nicht zuließ (S 274 f./II).

Darin, daß zur Beantwortung dieser Fragen allgemeine Lebenserfahrung ausreicht, ist aber den - eine entsprechende prozeßleitende Verfügung des Vorsitzenden (§ 232 Abs. 2 StPO), wie sie primär angebracht gewesen wäre, substituierenden - ablehnenden Zwischenerkenntnissen (§ 238 StPO) umsomehr beizupflichten, als der genannte Zeuge selbst ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß das Tatgeschehen für ihn eine Schocksituation bedeutet habe (S 169/II).

Soweit der Beschwerdeführer indessen gerade mit Bezug darauf

mehrfach und weitwendig bemängelt, daß der Schwurgerichtshof eine

amtswegige Abklärung der Frage unterlassen habe, ob der Zeuge K***

"in eine solche zweifellos psychiatrisch zu beurteilende Verfassung

geriet, die eine Bewußtseinseinengung ... im Sinne einer

signifikanten Beschränkung seiner Wahrnehmungs- und

Erinnerungsfähigkeit ... zur Folge hatte", die "einer umfänglichen

Beantwortung durch den psychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr.

H*** hätte zugeführt werden müssen und zu der sich "parallel ... auch die psychiatrisch zu beurteilende Frage der Verdrängung eines Sachverhaltes stellen" würde, ist er - ohne daß es einer Prüfung der Notwendigkeit und der Zulässigkeit eines derartigen Vorgehens bedarf - schon mangels einer dementsprechenden Antragstellung seinerseits in erster Instanz zur Verfahrensrüge gar nicht legitimiert.

Ebensowenig vermag der Angeklagte in Frage zu stellen, daß die von ihm angestrebten Erörterungen darüber, ob ein (gemeint: mit der Tatwaffe unter Verwendung der Tatmunition) aus einer Entfernung von eineinhalb Metern abgegebener Schuß dann, wenn er das Opfer im Bereich des Oberkörpers getroffen hätte, tödlich gewesen wäre (S 248 f./II), die Hauptverhandlung nur ohne Nutzen für die Aufklärung der Sache verzögert hätten (§ 232 Abs. 2 StPO). Denn jene Prämisse, die er im hier aktuellen Zusammenhang für seine Behauptung einer Unverläßlichkeit der Aussagen des Zeugen K*** daraus abzuleiten trachtet, daß seiner Auffassung nach im Fall der Richtigkeit von dessen Darstellung schon der erste Schuß tödlich gewesen sein müßte, besteht ja nicht darin, daß bloß diese sekundäre Schuß-Folge unbestrittenermaßen nicht eintrat, sondern schon in der gleichfalls unstrittigen primären Tatsache, daß der betreffende Schuß das Tatopfer gar nicht in der Brustgegend traf! Ob die Frage des Verteidigers an den Sachverständigen Dr. S*** nach den hypothetischen Folgen eines derartigen Schußerfolges vom Schwurgerichtshof tatsächlich nicht zugelassen oder aber - wie aus dem (offenbar zu verschiedener Zeit zweimal) korrigierten Protokoll (S 249/II) nicht eindeutig hervorgeht - lediglich bis zur ergänzenden Vernehmung des Zeugen K*** (S 271-273/II) vorläufig zurückgestellt und in der Folge nicht erneuert wurde, kann demnach hier unerörtert bleiben, weil der Beschwerdeführer insoweit im einen wie im anderen Fall mit Sicherheit in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt wurde.

Gleiches schließlich gilt auch für die Ablehnung eines vom Verteidiger beantragten Augenscheins am Tatort (S 276-278/II), gegen die der Angeklagte aus mehreren Gründen zu Unrecht remonstriert:

1. Die Bezugnahme des Schwurgerichtshofs darauf, daß die dem Antrag ausdrücklich zugrunde gelegte und im vorliegenden Fall für dessen Sinnhaftigkeit in der Tat unerläßliche Voraussetzung einer Durchführung des Augenscheins "zu vergleichbaren Sichtverhältnissen" wie im Tatzeitpunkt nicht gegeben sei, weil man die damaligen Sichtbedingungen nicht genau kenne, trifft nach der Aktenlage zu. Denn durch die seinerzeitige Bekundung des Zeugen K***, daß es im Tatortbereich zum Teil "stockdunkel" gewesen sei (S 14/I), allein waren die natürlichen Lichtverhältnisse zur Tatzeit am Tatort im Hinblick darauf, daß selbst in "stockdunkler" Nacht die Sichtweite in bezug auf eine zumindest "schemenhafte" (vgl. S 169/II) Wahrnehmbarkeit von Menschen bekanntlich witterungsbedingt durchaus verschieden sein kann, keineswegs für eine Rekonstruktion ausreichend objektiviert; eine in der Beschwerde relevierte Auskunft des Instituts für Meteorologie und Geodynamik aber, die dazu unter Umständen brauchbare Kriterien hätte bieten können, lag nicht vor und war auch nicht Ziel eines vom Beschwerdeführer gestellten Erhebungsantrags.

2. Zur Beurteilung der Wahrnehmbarkeit des Angeklagten bei und unmittelbar nach der Abgabe des letzten Schusses für den Zeugen K***, und zwar auch in bezug auf das in diesem Zusammenhang inkriminierte Hantieren mit der Tatwaffe, standen den Geschwornen im Hinblick darauf, daß die Position der öffentlichen Straßenbeleuchtung und ihrer Distanz zur Lage der Leiche des Tatopfers auf Lichtbildern und Skizze (vgl. S 395, 399, 441/I) festgehalten worden waren, jedenfalls hinlängliche Unterlagen zur Verfügung. Darauf aber, daß umgekehrt infolge der Dunkelheit er gar nicht in der Lage gewesen wäre, den Zeugen K*** unmittelbar nach der Tat von seinem Standplatz aus wahrzunehmen, hat sich der Beschwerdeführer selbst in keiner Phase des Verfahrens berufen (vgl. ON 3; ON 91/S 139-164, 172; ON 93/S 227-230, 278-283); insoweit zielte die Antragstellung des Verteidigers demnach auf die Durchführung eines reinen Erkundungsbeweises ab.

3. Alle für die Relevanz der gewünschten Beweisaufnahme ins Treffen geführten Umstände lagen vor dem Beginn der Hauptverhandlung und insbesondere bei deren Vertagung am 20.September 1985 bereits vor; daraus, daß die Durchführung des Augenscheins nichtsdestoweniger und ungeachtet der Überreichung mehrerer anderer schriftlicher Anträge am 27.September 1985 (ON 92) erst kurz vor dem Schluß des Beweisverfahrens am 9.Oktober 1985 beantragt wurde, erhellt unzweifelhaft, daß dieser Antrag offenbar nur zur Verzögerung gestellt worden ist (§§ 199 Abs. 2 aE, 222, 248, 302 StPO; vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 55-57). Einen Verstoß gegen § 313 StPO (in der Beschwerde irrig: StGB) erblickt der Angeklagte in Ausführung einer auf beide Hauptfragen gemünzten, infolge der mittlerweiligen Aufhebung des Wahrspruchs zur Hauptfrage I jedoch nur noch in bezug auf die Hauptfrage II aktuellen Rüge (Z 6) im Unterbleiben von Zusatzfragen nach Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB; auch mit diesen Einwänden ist er indessen nicht im Recht.

Gewiß enthebt ein Sachverständigen-Gutachten, wie der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Verfahren schon mit der Entscheidung vom 11. März 1986, GZ 10 Os 11/86-6, klargestellt hat, selbst dann nicht von der Verpflichtung zur Stellung einer Zusatz- oder Eventualfrage, wenn es im Endergebnis einem anderen in der Hauptverhandlung erstatteten Vorbringen zuwiderläuft, welches im Fall seiner Richtigkeit seinerseits - sei es direkt oder sei es im Weg seiner gutächtlichen Auswertung - zumindest im Zweifel eine der in den §§ 313, 314 StPO bezeichneten Rechtswirkungen zur Folge haben müßte. Diesfalls ist es aber jenes andere Verfahrensergebnis, welches die Fragestellung indiziert, und nicht - wie der Beschwerdeführer vermeint - das ihm entgegenstehende Gutachten, welches als "in der Hauptverhandlung ... vorgetragenes Beweismittel" trotzdem auf jeden Fall "der freien Beweiswürdigung der Geschwornen anheim gegeben" werden müsse: ohne ein im Fall seiner Richtigkeit zumindest im Zweifel die im Gesetz bezeichneten Konsequenzen nach sich ziehendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung ist der Schwurgerichtshof zur Stellung von Zusatzoder Eventualfragen gar nicht berechtigt; nichts anderes gilt folgerichtig umso mehr dann, wenn überhaupt nur gegenteilige Verfahrensergebnisse vorliegen. Verfehlt ist aber auch die der Beschwerde zugrundeliegende Auffassung des Angeklagten, daß selbst ein im Endergebnis negatives Gutachten allein immer schon dann eine derartige Fragestellung indiziere, wenn es sich mit "in der Hauptverhandlung behandelten Sachverhaltsfragen" auseinandersetze, zu deren faktischer (hier psychiatrischer) Relevanz erst auf Grund der Begutachtung Stellung genommen werden kann; auch in solchen Fällen bedeutet die (insgesamt negative) Expertise als solche kein Tatsachen-Vorbringen, welches im Fall seiner Richtigkeit eine der hier aktuellen rechtlichen Konsequenzen nach sich zöge und deshalb zu einer entsprechenden Fragestellung an die Geschwornen verpflichten würde; auch diesfalls kommt es daher ausschließlich darauf an, ob in den im Gutachten (mit negativem Ergebnis) erörterten anderen Verfahrensergebnissen ihrerseits ein zumindest im Zweifel dahin wirksames Tatsachenvorbringen zu erblicken ist.

Der Beschwerdeeinwand, daß das Gutachten des Sachverständigen Dr. H*** schon wegen der darin enthaltenen Hinweise auf ein mögliches Affektgeschehen, auf eine mit der Persönlichkeit des Angeklagten vereinbare ernsthafte Selbstmordabsicht und auf ein mögliches kurzfristiges Umschlagen einer Selbstaggression in eine Fremdaggression jedenfalls im Weg einer Zusatzfrage der freien Beweiswürdigung durch die Geschwornen hätte zugeführt werden müssen, geht dementsprechend fehl: im Hinblick darauf, daß der genannte Sachverständige sowohl in seinem schriftlichen (ON 22) als auch in seinem mündlichen Gutachten (S 255, 264/II) keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 StGB fand, war durch diese Expertisen die Stellung einer Zusatzfrage in diese Richtung hin tatsächlich nicht indiziert.

Keineswegs aber ist jener Formulierung des einen dahingehenden Antrag des Angeklagten (S 286/II) abweisenden Zwischenerkenntnisses des Schwurgerichtshofs, wonach eine Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit durch das "unbekämpft gebliebene" Sachverständigen-Gutachten nicht indiziert sei (S 289/II) - womit (an sich überflüssigerweise) ersichtlich nur darauf hingewiesen werden sollte, daß offenbar auch der Beschwerdeführer selbst keine Bedenken gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens hege, weil er es andernfalls doch sicherlich angefochten hätte -, etwa eine "Beweisregel" des Inhalts zu entnehmen, daß ein Gutachten "nur unter der Voraussetzung seiner Bekämpfung der freien Beweiswürdigung der Entscheidungsträger anheimgestellt werden" könne.

Ebensowenig hat der Schwurgerichtshof mit der Begründung, daß eine Zusatzfrage in Richtung § 11 StGB auch durch eine "darauf abzielende" Verantwortung des Angeklagten nicht indiziert sei, die - von letzterem demnach zu Unrecht bekämpfte - Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß zu einer derartigen Fragestellung ein bestimmtes (gemeint: fachterminologisch oder rechtlich subsumierendes) Vorbringen seinerseits vorauszusetzen wäre; gewiß hätte dazu nach dem zuvor Gesagten die Behauptung einer derartigen psychischen Verfassung des Beschwerdeführers zur Tatzeit genügt, derzufolge im Fall ihrer Richtigkeit zumindest im Zweifel angenommen werden müßte, daß er darnach wegen einer der in der angeführten Gesetzesstelle bezeichneten geistigen Defekte außerstande war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Einwände dieses Inhalts - zu deren sachbezogener Erörterung eine bestimmte Bezeichnung der damit relevierten Passagen aus der Verantwortung des Angeklagten notwendig wäre - sind jedoch der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Dem Erfordernis einer den Geschwornen für jede Frage gesondert zu erteilenden Rechtsbelehrung (§ 321 Abs. 2 StPO) schließlich hat der Schwurgerichtshof bei den Erläuterungen zur Hauptfrage II in Ansehung des bedingten Vorsatzes durch die Verweisung auf die Erklärung dieses Begriffs im Rahmen der Belehrung zur Hauptfrage I (S 300/II iVm S 298/II), der Rechtsrüge (Z 8) des Beschwerdeführers zuwider, durchaus zureichend entsprochen (vgl. Mayerhofer/Rieder aaO ENr. 5 zu § 321, ENr. 53 zu § 345 Abs. 1 Z 8).

Die Beschwerdeargumente gegen den Wahrspruch zur Hauptfrage II und gegen den darauf beruhenden Schuldspruch laut Punkt II. erweisen sich demnach durchwegs als nicht stichhältig.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich aber auch der Auffassung des Angeklagten nicht anzuschließen, daß die Relevanz jenes Nichtigkeitsgrundes, dessen Vorliegen die Aufhebung des Verdikts zur Hauptfrage I nach Mord (und des dementsprechenden Schuldspruchs laut Punkt I.) nach sich ziehen mußte, und zwar die Nichtstellung einer Eventualfrage hiezu nach fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen, gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung der Hauptfrage II gezeitigt habe, weil mit der den Geschwornen für den Fall, daß sie ihn wegen der Tötung seines Schwiegervaters nicht freisprechen wollten, allein verbliebenen Möglichkeit zur Bejahung der Hauptfrage I zwangsläufig eine Würdigung der Aussage des Zeugen K*** als richtig und damit die Bejahung der ausschließlich auf dessen Aussage gestützten Hauptfrage nach schwerer Nötigung verbunden gewesen sei.

Denn dementgegen ergab sich ungeachtet der chronologischen Verflechtung des Tatgeschehens aus der Annahme einer vorsätzlichen Tötung des Willibald M*** durch den Beschwerdeführer weder logisch noch empirisch-faktisch die beweismäßig zwingende Notwendigkeit, auch die ihm in mehrfacher und etappenweiser Begehung angelastete vorsätzliche schwere Nötigung des Josef K*** als erwiesen anzunehmen. Aus der Niederschrift der Geschwornen (§ 331 Abs. 3 StPO), die sich wohl bei der Bejahung der Hauptfrage II, nicht aber bei ihrem Wahrspruch zur Hauptfrage I auf die Aussage des Zeugen K*** gestützt haben (S 313 a/II), ist für einen derartigen Zusammenhang gleichfalls keinerlei Anhaltspunkt zu gewinnen. Da demnach eine Sonderung des Verdikts zur Hauptfrage II, welches von dem vorerwähnten Nichtigkeitsgrund nicht getroffen wird, sehr wohl möglich ist (§ 349 Abs. 2 StPO), bestand kein Anlaß, diesen vom Angeklagten erfolglos bekämpften Teil des Wahrspruchs bloß aus Gründen des Zusammenhangs ebenfalls zu kassieren. Die Strafbemessung zum demgemäß rechtskräftigen Schuldspruch laut Punkt II. ist der Verfahrenserneuerung im zweiten Rechtsgang zugeordnet.

Anmerkung

E08073

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00011.86.0408.000

Dokumentnummer

JJT_19860408_OGH0002_0100OS00011_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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